Bevor man darüber redet, was das Verb bedeutet und wie man die entsprechende Tätigkeit ausübt, sollte man sich m.E. Gedanken über das ursächliche Substantiv machen. Ein Plot ist nichts weiter als eine Ereignislinie, also die Kausalitätenkette, von der eine Geschichte erzählt. Ein weicheiiger deutscher Mann verliebt sich in eine türkischstämmige Frau, erlebt in deren Familie einen Kulturschock, wandelt sich über seine Anpassungsversuche zum Hilfsmacho und verliert die Frau genau deshalb beinahe, um sie dann, zu seiner originären Persönlichkeitsstruktur zurückfindend, am Ende doch wieder zu gewinnen ("Macho-Man", Moritz Netenjakob). Das ist der Plot dieses Buches. (Am Rande die Prämisse: Bleibe Du selbst, dann wird alles gut.) Man kann auf verschiedene Weisen plotten, und die einfachste besteht darin, einfach draufloszuschreiben - auch am Ende dieser Variante steht ein Plot, möglicherweise ein ziemlich beschissener, vielleicht aber auch ein sehr guter. Oder man setzt sich, Monate bevor man die erste Zeile des Manuskripts schreibt, hin, entwirft haarklein jede Szene stichwortartig, skizziert die Verhaltensweisen der Figuren, listet deren Eigenschaften tabellarisch auf, malt auf tapengroße Papiere irgendwelche Grafiken, Zeitlinien und sonstwelchen Krempel, klebt Haftnotizen an die Wände usw. usf. Auch hier hat man am Ende einen Plot. Geplottet hat man in beiden Fällen (und in den vielen Zwischenvarianten). Es kommt auch darauf an, wie komplex man den Begriff "Plot" für sich selbst füllt. Wer mit einer Ein-Zeilen-Wiedergabe wie im o.g. Beispiel zufrieden ist und arbeiten kann, hat alles nötige getan. Wer etwas benötigt, an dem er sich Seite für Seite entlanghangeln kann, muss quasi die Auflösung erhöhen. Aber der Plot ist während der Schreibarbeit nicht tot, sondern manchmal sogar etwas zu Lebendiges. Wer figurenorientiert schreibt, und nicht umgekehrt die Figuren der Handlung unterordnet, wird möglicherweise einen sehr guten Text schreiben können, der keine Ähnlichkeit mehr mit dem ursprünglichen Plot hat.
Es gehört zur schriftstellerischen Entwicklung, herauszufinden, wie man am besten arbeitet. Ein wenig hängt es auch vom Genre ab - die Autoren historischer Romane etwa müssen meiner Einschätzung nach sehr viel exakter und verlässlicher an die Ablaufplanung ihrer Projekte gehen als etwa die Autoren von Lustigbüchern, die von ihrer Situationskomik leben.