ZitatOriginal von Maren
Genauso ist das bei mir auch. Ich spiele die Szenen im Kopf durch und fühle mit meiner Protagonistin - und auch meinem Prota und wenn er eine eigene Perspektive hat, meinem Anta - mit.
Ich verliebe mich mit ihr in den Menschen, den sie will, sehe ihn durch ihre Augen. Teile ihre anderen Gefühle und schreibe sie dann auf.
Wobei ich noch einen Schritt weiter gehe. Man muss selbst in die Rollen der weniger bedeutsamen Nebenfiguren schlüpfen, egal ob sie eine eigene Perspektive haben oder nicht. Und das nicht nur in dem Moment, in dem das Buch spielt. Man muss quasi permanent in den Köpfen aller beteiligten Figuren sein, denn die handeln, denken und leben ja weiter, auch wenn der Leser gerade nicht bei ihnen ist.
Wenn man das nicht tut, bleiben es hin- und hergeschobene Pappfiguren. Kulisse, aber keine Figuren mit Fleisch auf den Rippen.
Die Erkenntnis kam mir übrigens, nachdem mir eine Kritikerin in einer 7-Seiten-Mail eine Nebenfigur sezierte, die eine halbe Buchseite lang in Erscheinung tritt und genau zwei Sätze sagt.
Und ich beiß mir wahnsinnig in den Hintern, jetzt um das vergeudete Potential der Figur zu wissen, denn diese Nebenfigur besser zu machen, hätte ja vor allem meinem Prota neben ihr genutzt.
Aber das nur am Rande.
Zitat
Können aber nur die wenigsten Autoren, weshalb Romane in Ich-Form fast immer schlecht sind.
Man bekommt immer dann ein Problem, wenn die Ich-Erzähler-Figur keine gute Beobachtungsgabe hat. Dann kann man entweder
- entscheiden, die anderen Figuren konsequent durch die Augen der Figur zu zeigen, wodurch diese fast gezwungenerweise flach bleiben. Man mit der Stimme eines Ich-Erzählers, der oberflächlich ist und nicht hinsieht, einfach sehr schwer die Tiefe seiner Umgebung zeigen - das ist wie einen Blinden zu bitten, Farben zu erklären (kann seinen Reiz haben, ich stelle es mir aber schwer vor).
- oder man übergeht die Charakteristik des Ich-Erzählers und lässt ihn gut beobachten, was dann möglicherweise unglaubwürdig kommt und einen Störfaktor darstellt, den vermutlich nur wenige Leser als solchen herauskristallisieren können.
Ich wähle da die bequeme Variante: Ichse gibt es nur, wenn die Figur über eine sehr gute Beobachtungsgabe, extrem viel Neugier und einen wachen Geist verfügt. Alles andere wäre mir zu hoch.