Schläfrige Geschichten
Ein dutzend kurzer Geschichten auf 158 Seiten. Die meisten umfassen mehrere Jahrzehnte, und die Helden erleben verschiedene politische Epochen (Nationalsozialismus, Sozialismus, Nachwendezeit). So sucht eine Frau nach 50 Jahren den damals verlassenen Mann auf. Oder eine Geisteskranke, die zu Nazizeiten Protituierte war, geht einem Ferienarbeiter in der Psychiatrie (!) sehr nahe. Ein geplantes Kino-Rendevous endet am Sterbebett der Oma des Mädchens. In der Titelgeschichte lässt sich der Protagonist von einer Vietnam-Nutte entjungern, weil das Objekt seiner Begierde ihn nicht beachtet. Diese ändert ihre Meinung, er bekommt von der Nutte Filzläuse und löst mit der Ansteckung der Angebeteten ein Missverständnis aus. Ein Siebzehnjähriger wird vom Führer höchstselbst zu einem gemeinsamen Foto aufgefordert und regt sich als 77jähriger darüber auf, dass selbiger ihn von dem Foto hat wegretouchieren lassen. Generell geht es um Ostbiographien, Liebe und Wiederbegegnungen.
Torsten Schulz erzählt alles und zeigt nichts. Die Figuren sind eigenschaftslose Strichmännchen, sie erleben skizzenhafte Geschichten, die frei von Dynamik, historischem Tiefgang und Originalität geschrieben sind. Manche wie die über das Hitlerfoto sind einigermaßen blödsinnig. Dazu gibt es grobe sachliche Fehler und treudoofe Dialoge. Bei den Enden hatte ich dumpfe Gefühl, dass sie lakonisch oder gar komisch gemeint sind. Sie wirken so schläfrig wie das ganze Buch, das man nicht hätte drucken müssen.
ASIN/ISBN: 3550078986 |