ASIN/ISBN: 3596147700 |
Unter einem Dach mit Einsamkeit und Weltschmerz.
Der blaue Stempel „Mängelexemplar“ auf der oberen oder unteren Kante eines Buches ist für mich die Aufforderung, über meinen literarischen Horizont zu springen. So landete ich bei „Sommerhaus später“. Ein Euro schien mir gerade noch angemessen für ein Buch, über das Hellmuth Karasek auf dem Klappentext schreibt: „Der Sound einer neuen Generation“. „Sommerhaus später“ klingt nicht wie die neusten polyphonen Klingeltöne aus dem Jamba-Sparabo. Eher wie ein Album mit melancholischen Balladen. Vielleicht Morrisey oder „The Church“. Es fühlt sich an, wie eine erstklassige Popballade. Allerdings zu langsam abgespielt. Trotzdem hab ich gerne hingehört.
Judith Hermann schreibt stilistisch auf hohem Niveau. Aber ich verstehe nicht, worüber. Mal abgesehen davon, dass alle ihre Figuren – junge Frauen, junge Männer, alte Frauen, alte Männer – einsam sind, ihre Hoffnungen beerdigen und von einem Tief ins nächste stürzen. Dabei blieb mir der eigentliche „Sinn“ der Geschichten verschlossen. Sie wirken wie ein kryptischer Videoclip.
Tatsächlich konnte mir jede der neun Kurzgeschichten wie einen Film vorstellen. Allerdings einen, bei dem man den Ton ausgedreht hat. Filme riechen sowieso nicht und spüren kann man sie auch nicht. Genauso wenig wie die Geschichten in Sommerhaus später: Sie sehen nur aus, wirken deswegen sehr ätherisch.
Beim Lesen wünschte ich mir vor allem mehr Tempo und etwas mehr „Erdigkeit“ – und das es „Sommerhaus später“ in meiner Gruftie-Phase gegeben hätte. Ich hätte es mit Sicherheit geliebt. Sollte „Sommerhaus später“ wirklich der „Sound einer neuen Generation“ sein, dann werden Kirchen-Senioren-Kreise künftig mehr Schwung haben, als jeder Großstadtclub.