Beiträge von bettina

    Dann wird die Sängerin möglicher Weise Biermann's Tochter (Nina Hagen) sein können? Tja ich stimme dir zu, es ist schwer DDR-Zustände von außen verstehen zu können. Und noch schwerer die ganzen Kram um Biermann.....Es gibt bei den ex-DDR-Bürgerbewegten eine Fraktion die sich tatsächlich etwas mehr Rechts zuordnen lässt, die hatten vor ca. 1/2 Jahr auch irgendein Bürgerbegehren ausgelöst, es gibt ne Webseite dazu, auch einigermaßen bekannte Leute, hab ich nicht mehr ganz in Erinnerung... Ex-CDU-Abgeordnete glaube ich... Ob und was Monika Maron mit dieser Fraktion zu tun hat, weiß ich nicht... Ich empfehle in diesem Bezug: Katja Lange Müller, die hat auch nen DDR-Hintergrund, ist auch ausgereist (wie man damals so sagte), und ist auch Literatin. Katja Lange Müller bringt wirklich frischeren Wind (ist freilich Ansichtssache) . Tendenziell sehe ich dass so, dass mich der Roman wohl nicht interessieren muss.


    Guten Abend

    Hallo Jochen, es geht hier in keiner Weise um die DDR, sondern um unsere heutige Bundesrepublik, mit der sich Monika Marion auseinandersetzt. Biermann und Nina Hagen kannst du in diesem Zusammenhang vergessen. Die Sängerin in Marons Roman ist weiter von Nina Hagen entfernt als ein Pissoir vom Kölner Dom, diese Sängerin trällert Operetten. Und sie ist auch nur der Kristallisationspunkt für den eigentlichen Konflikt, der unter den Bewohnern der Straße ausgetragen wird - heute, nicht damals in der DDR. Was hier evtl. "rechts" sein könnte, ist die Meinung des Taxifahrers als Vertreter eines Teils der Bevölkerung, die die Politik von Angela Merkel ablehnt. Was du "links" nennen könntest, ist die Meinung des Professors, der hinter der Politik der Bundesregierung steht - wenn man Monika Maron denn so interpretieren könnte/sollte. Darin sehe ich die Quintessenz des Romans, was ihn neben aller literarischen Qualität etwas plakativ erscheinen lässt.

    Hallo Kaelo, ich sehe den Fred auch erst jetzt, habe aber reichliche Erfahrung mit Ost-Paketen. Tom schreibt, dass es Päckchen seines Wissens nicht gab. Es gab sie schon, aber der West-Bürger schickte lieber Pakete, weil er sie von der Steuer absetzen konnte. Der Staat subventionierte einen Großteil der milden Gaben an die Ossis, was uns viele heute noch unter die Nase reiben. Außen wurden die Pakete beschriftet mit "Geschenksendung, keine Handelsware. Inhaltsverzeichnis inliegend" . Man durfte die Pakete nicht verkleben, sondern lose verschnüren, d.h. nicht verknoten. Dann ließen sie sich besser kontrollieren! Medikamente kamen tatsächlich immer an, obwohl man sie eigentlich nicht schicken durfte. Beliebt war die Westware als Tauschobjekt gegen Sachleistung oder "organisiertes" Baumaterial. Meine Tante hat ihr Haus damit immer in Ordnung gehalten, Farbe gab's gegen Zigaretten (West).

    Hallo Jochen, Monika Maron ist meine Generation, da hast du recht. Der Ex-DDR hat sie allerdings den Rücken gekehrt. Sie unterstützt die Ideologie der DDR nicht, wird heute eher der rechten Mitte zugeordnet, wenn man denn will. Unter Linken hat sie einen Touch von Rechts, was sie ideologisch in die Naziecke rückt. Tellkamp lässt grüßen. Leider ist das Schwarz-Weiß-Denken zur Norm geworden. Wer nicht links ist, ist rechts. Diese Auffassung teile ich nicht.

    Ich habe M.Maron schon vor ca 15 In Hamm gehört, als ich noch in NRW wohnte. Ich glaube, es war "Endmoränen". Seitdem liest sie regelmäßig in Potsdam. Ihre Rolle in "Munin" sehe ich durchaus als Vermischung von Ich-Erzählerin und Autorin. Das sollte man eigentlich nicht, aber hier verbirgt sich die Autorin so wenig hinter dem "Ich", dass man kaum umhin kommt, das anzunehmen. Die Sängerin ist auf keinen Fall Bettina Wegener, denn die kann singen und schmettert keine Operetten. Sie ist einfach nur der Stein des Anstoßes, an dem sich sehr bald eine Diskussion um brisante tagespolitische Themen entwickelt: Taxifahrer, rechts, dumm, schlecht - Journalist/Professor, links, intelligent, gut. Diese beiden Lager treffen aufeinander, wie im echten Leben. Das ist das Thema des Romans, und es spiegelt die zweigeteilte Gesellschaft, die z.T. unversöhnlich gegeneinander agiert. Nie hat sich M.Maron so eindeutig positioniert wie in diesem Roman.

    Lieber Jochen, in einem wirklich guten Roman hätte sich die Autorin diskreter verhalten (müssen). Hier agiert sie mit dem Holzhammer. Bei ihrer Lesung fiel das allerdings nicht ins Gewicht, denn dort hat sie dem Publikum fast nur die humoristischen Passagen vorgelesen. Die kamen, gemessen am Gelächter, beim Publikum gut an.

    Ich habe jetzt „Munin“ von M.Maron zuende gelesen und bin der Meinung, dass es ein hoch politischer Roman ist, eine Parabel auf die Situation unserer gegenwärtigen Gesellschaft. Im Nachbarschaftsstreit um die nervtötende Sängerin bilden sich bald zwei Fraktionen, deren Meinungen sich widersprechen. Der Kampf gege die Sängerin tritt zurück hinter den Kampf der Nachbarn untereinander. Gewalt, Angst, Sprachlosigkeit sind die Folge. Die eigene Meinung wird aus Angst vor Diffamierung verschwiegen. Hier spiegelt die Verfasserin den Zustand unserer Gesellschaft in Zeiten der Flüchtlingskrise. Ihre Protagonistin hält mit zeit-und gesellschaftskritischen Bemerkungen nicht hinterm Berg. Selbst wenn man den Fehler der Identifikation von Ich-Erzähler und Autor nicht begeht, fällt es schwer, hier nicht die Autorin selbst zu vermuten, zumal wenn man die Position der Autorin kennt. Obwohl M.Maron ihre Prota vorschickt, erscheint mir der Versuch etwas zu durchschaubar. Weniger Holzhammer hätte mir besser gefallen.

    Hallo Nifl, Nein hab ich nicht. Aber ich bin dir dankbar für den Hinweis und hab mir das Liter.Quartett gerade angesehen. Ich bin hier ganz bei Philipp Tingler.

    Ich lese gerade "Munin oder Chaos im Kopf" von Monika Maron. Sie hat das Buch im letzten Herbst hier in Potsdam vorgestellt. Noch überzeugt es mich nicht ganz, aber ich lese tapfer weiter.

    Stoner hat mich ungeheuer beeindruckt. Das Geschehen und die Zeit scheinen so weit weg von uns und sind doch erstaunlich nah. Heute sind die Strukturen, die Mechanismen und Hierarchien an den deutschen Universitäten verblüffend ähnlich. Aber nicht nur das Univeritätsleben, sondern auch das persönliche Schicksal Stoners hat mich sehr berührt. Ein großartiges Buch.

    Ich hab es schon. Das Ruhrgebiet von seiner "Geist" reichsten Seite, spannende Geschichten von Teufeln, Hexen und frommen Frauen. Hier findet jeder was für seine dunkle Seele oder eifach nur für ein herzliches - teuflisches - Gelächter.

    Nur als Idee in den Raum geworfen: Wie wäre es mit komplexeren Geschichten? Solchen, die sich nicht auf 30 Seiten erzählen lassen, wegen viel Handlung oder vieler Figuren? So nach Art von Ilias und Odyssee?


    Gute Idee, an etwas in der Art arbeite ich im Moment. Aber das ist sehr komplex und dadurch schwierig. Es gibt eine Person, die die Geschichte der Protagonistin erzählt. Noch kennt sie deren Geschichte nicht und muss sie mühsam zusammenpuzzeln. Ich kenne die Geschichte - sie ist real - und sie ähnelt tatsächlich einer Odyssee. Ob ich das alles schaffe, weiß ich nicht. Es ist eine Herausforderung und ich wage es einfach. An Stoff mangelt es nicht, und drei Seiten wären eine starke Untertreibung.

    Eckard Andersson, Mein Thomas Bernhard


    [buch] 3896886126[/buch]

    Mir fiel es häufig schwer, Zugang zu den Werken Thomas Bernhards zu bekommen, es sei denn, er wurde mir auf der Bühne präsentiert und durch die Darsteller gewissermaßen interpretiert. Dem schmalen Band von E. Andersson ist es tatsächlich gelungen, aus Th.Berhard ebenso „meinen“ Th. Bernhard zu machen. Ein Längsschnitt durch sein Leben, seine Herkunft und die dazugehörigen Landschaften erhellen, was mir bisher verborgen blieb. Auf wenigen Seiten entwirft Andersson ein komplexes Bild, in dem er das Wesentliche zu zeichnen vermag: die Mutter, die ihn weggegeben hat, den Großvater, der dem geliebten Enkel den Nonkonformisten und Künstler sieht, der er selbst gern gewesen wäre, und nicht zuletzt die Liebe zur Musik. Schreiben ist für Bernhard Gestalten der Musik mit Worten. Zur Musik hat es ihn immer gezogen, doch seine Fähigkeiten reichten wohl nicht aus und so verlegte er sich aufs Komponieren mit Worten, indem er schrieb. Gestalten wollte er immer, auch mit den Händen. Beim Ausbau seines geliebten Vierkanthofes wurde er sprichwörtlich von einer „Baugierde“ erfasst. Je länger ich in Andessons Essay las, desto mehr zog es mich hinein in das Leben Th.Bernhards. Er wurde lebendig, ich begann ihn zu verstehen, zu lieben. Dem schmalen, aber inhaltsreichen Buch habe ich es zu verdanken, dass ich mich sehr bald schon in das Werk des österreichischen Dichters hineinlesen werde und ihn dann hoffentlich besser verstehe.