Beiträge von Marvin

    Ich bin da möglicherweise etwas voreingenommen. Ich habe aus einer Laune heraus vor Jahren schonmal an so einer Ausschreibung von einem großen Verlag mitgemacht, und zwar zur Schreibwerkstatt von Bastei-Lübbe.

    Ich habe da gewonnen und war bei dem mehrtägigen Seminar mit wirklich guten Leuten. Aus mir ist kein Auftragsschreiber für Lübbe geworden, aber das Seminar seinerzeit war echt ein Lichtblick. Interessante Leute, Innenansichten aus der Verlagswelt und man konnte sich endlich einmal ernst genommen fühlen.


    Das war nicht die schlechteste Erfahrung in meinem Autorenleben.


    (Ich sehe gerade, dass mein Link in den Vereinsbereich geht. Man muss also den 42ern beitreten, wenn man sehen will, was ich seinerzeit geschrieben habe :evil)

    Es ist wie immer in solchen Situationen überhaupt kein Diskurs gewünscht,

    Ja. Aber das ist nicht gut.

    Es geht um echte Menschen und echtes Leid. Und zwar auf beiden Seiten. Das ist ja kein intellektuelles Spiel, wer die besten Argumentationsfiguren bringen kann.


    Solche Sachen sind einfach auf Twitter und Konsorten nicht gut aufgehoben. Ich finde diese ganze Empörungsmaschinerie nicht gut. Und solange ich nicht weiß, wie man da raus kommt, oder noch nicht mal weiß, wie man das besser machen könnte, möchte ich das zumindest nicht noch schlimmer machen.

    Ich habe die Harry-Potter Bücher nach anfänglichem Zögern aufrichtig geliebt. Anfängliches Zögern deshalb, weil ich Hypes erst einmal misstraue und weil ich vor 25 Jahren eigentlich schon zu alt war für Kinderbücher. Aber dann habe ich alle Bände verschlungen und mir die Erstausgaben in englischer Sprache direkt bei Erscheinen gekauft.

    Was ich vor allem geliebt habe, war die tiefe Menschlichkeit in den Büchern und die Ermutigung, der zu sein oder der zu werden, der man ist (auch wenn man das für ein verschwurbeltes, wokes Konzept halten darf). Ich habe mich mit Leuten wie Neville Longbottom identifiziert, der gemobbte Kräuternerd, der am Ende eine coole Sau ist.

    Mir schien, dass die Benachteiligten, die vermeintlich Schwachen, die Minderheiten der Autorin immer besonders am Herzen gelegen haben.


    Und darum kam mir die ganze Diskussion um "Transfeindlichkeit" bei Rowling etwas, na ja, kontraintuitiv vor. Ich sehe ein, dass die paar Tweets, die in dieser ganzen Diskussion immer wieder zitiert werden, pointiert sind und den Konflikt eher suchen als ihm aus dem Weg zu gehen. Auch ist es möglicherweise nicht geschickt, sich als prominente Person in einer komplizierten Sache, bei der die Emotionen auf allen Seiten hochschlagen, in Form von Tweets oder sonstwie über Social-Media zu positionieren. Denn wenn man irgendeiner Sache gerecht werden will, dann reichen keine Tweets und eine Einteilung in zwei Lager.


    Es gibt eine ausführlichere Stellungnahme von Rowling von vor zwei Jahren auf ihrer Seite. Nach der Lektüre verstehe ich ihre Position zumindest etwas besser. Vielleicht kann hier jemand eine ähnlich ausführliche Stellungnahme posten, die vielleicht etwas genauer erklären kann, warum sich die gesamte Öffentlichkeit aktuell derart drastisch von der Ikone unserer Kinder abwendet.

    Die Geschichte von J.K. Rowling ist selbst ein Mythos, eine archetypische Geschichte ein Sehnsuchtsmärchen. Unbekannte Frau, der es noch dreckiger geht als dem Leser und der nie und nimmer jemand sowas zutraut, wird entdeckt und zu einem Star, der sich Schlösser in Schottland kaufen kann. Das ist die ewige Geschichte vom Erfolg, es gibt sie in jeder Branche, in der Literatur, in der Musik in der Malerei und heutzutage sogar in BWL und so Sachen.

    Diese Geschichte taucht ohne Zweifel auch in "20 Masterplots and how to build them" auf. Ich erinnere mich nicht mehr genau.


    J.K. Rowlings Lebensgeschichte kennt jeder, der hier im Forum unterwegs ist, zumindest in Grundzügen, da möchte ich drauf wetten und für viele ist sie wahrscheinlich eine Teilmotivation, mit dem Schreiben nicht aufzuhören, auch wenn 20 Agenturen und 40 Verlage abgesagt haben mit den Worten "Das ist der größte Mist, gehen Sie mir nicht auf die Nerven." Weil - J.K. Rowling ist ja auch erst nach der soundsovielsten Absage entdeckt worden.


    Ich bin sicher, es gibt demnächst ein Biopic.


    Und zu der Frage ob Weltruhm Glück ist -

    Ich habe aus meinem Religionsunterricht (der lange zurückliegt und mich ansonsten nicht für das Leben entscheidend geprägt hat) einen interessanten Gedankengang zu Reich Gottes behalten: Einen Teil müssen wir selbst dazu beitragen und ein Teil wird uns von Gott geschenkt. Ich glaube viel genauer kann man die meisten Dinge nicht erklären.

    Ich versuche seit geraumer Zeit, mein letztes Projekt in irgendeiner Weise einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Das gestaltet sich aber in etwa so schwierig, wie ich es mir vorgestellt habe und auch in etwa so frustrierend.

    Ich selbst finde mein Zeug naturgemäß großartig. Aber weil ich ein kritischer Mensch bin, habe ich mich gefragt, ob ich nicht doch mit der Idee "Roman, Agentur, Publikumsverlag" auf der falschen Spur bin.

    Für die, die das Projekt nicht aus der BT-Runde kennen - es ist lustig und es hat einzelne Episoden. Ich bin aktuell an einem Punkt, an dem ich mich frage:

    Biete ich da die richtigen Sachen an der falschen Stelle an? Passe ich vielleicht gar nicht in den Verlagsbetrieb? Lässt sich das vielleicht einfach nicht verkaufen?

    Und dann fällt mir auf, dass es durchaus Leute gibt, die so ähnliche Geschichten schreiben wie ich und damit doch sehr erfolgreich sind. Lustig, intelligent (denke ich zumindest), einzelne Episoden. Leute wie der Kaminer zum Beispiel, oder der Meyerhoff, oder auch der Känguruh-Mann, äh, Marc Uwe Kling.


    Diese Leute haben nur alle eines gemeinsam - die waren erst live erfolgreich und erst im zweiten Schritt mit Büchern. Schlussfolgerung - ich muss auf die Bühne.


    Aber das ist auch nicht ganz trivial. Für Lesebühnen mit mehreren Leuten sind meine Texte einfach zu lang. Auch einzelne Kapitel würden >30 min brauchen, wenn sie noch zu verstehen sein sollen, und Slams haben meist Vorgaben von sechs Minuten oder so. Einzelne Teile von einzelnen Kapiteln könnte ich vorstellen (und habe das ja auch schon ab und an gemacht.) Das macht zwar wirklich Spaß, aber insgesamt scheint mir die große Zeit des spoken Word auch irgendwie vorbei. Die richtig gut besuchten, publikumswirksamen Veranstaltungen sind eher Stand-Up Comedy und da komme ich genau so wenig rein wie bei Diogenes.


    Die (Lese-)Bühnen hier in der Gegend liegen seit Corona auch oft platt oder haben echte Neustartschwierigkeiten.


    Ich weiß, es gibt hier den ein oder anderen Performer, habt ihr Tips, Ideen, Eindrücke?

    Woran scheitern Ratgeber? (Elf Jahre alte Diskussion, auch hier und zum gleichen Thema.)

    Das ist ja mal eine herrliche, alte Diskussion. Mich beschleicht die Wehmut, wenn ich die ganzen alten Namen lese. Ihr könntet alle gerne zurückkommen.

    (So wie Achim - hey! Willkommen zurück!)


    Trotzdem - ich schätze es kommt darauf an, welcher Ratgeber einem wann in die Hände fällt.


    Jemand mit viel Gefühl und Begabung mag es vielleicht ungeheuer langweilig finden über Vor- und Nachteile von Adjektiven zu lesen. Oder Show und Tell und so. Ich fand das immer spannend und immer wenn ich irgendwo ein neues Konzept aufgeschnappt habe, wollte ich es ausprobieren.


    Und dann gibt es ja auch noch Ratgeber, die eher eine Art schriftstellerische Selbstfindung zum Ziel haben. Der Stephen King ist ein bisschen so, meine ich. Irgendwann hast du hier auch mal einen tollen Artikel von Richard Morgan verlinkt, der so war. Auch so etwas lese ich immer sehr gerne.


    Aber klar - das Schreiben muss man schon selbst übernehmen.


    Ich falle übrigens in die von Horst-Dieter beschriebene Kategorie. Ich plane nichts, überarbeite ständig und werde nie fertig. Na ja - fast nie.8)

    Ja. Heute ist Putlitz und schon seit gestern sind alle, die im Verein was auf sich halten in der Gegend.


    Nur ich wieder nicht. Schon wieder. Ich bin privat verhindert. Aber ich wünsche auch allen viel Spaß und Erfolg!

    Ich produziere auch gerne Kapitelüberschriften. Das hilft mir selbst als Orientierung, glaube ich. Ich habe dann das Gefühl, in Sinnabschnitten zu arbeiten, in einzelnen Geschichten und das kommt mir sehr entgegen.


    Für einen richtig zusammenhängenden Langtext scheint mir das als Leser aber meist entbehrlich. Ich habe da auch Kinderbuchassoziationen - der Jim Knopf hat auch ausladende Überschriften "Erstes Kapitel, in dem die Geschichte anfängt." usw. Ich habe mich schon als Kind gefragt, was das soll (auch wenn ich Michale Ende immer verehrt habe). Das ist mir immer entbehrlich erschienen, im schlimmsten Fall spoilert dann die Überschrift den Inhalt.


    Manchmal frage ich mich bei aktuellen Büchern auch, ob man die Einteilung in Kapitel nicht einfach komplett weglassen könnte. Schließlich kann man am Ende eines Kapitels sowieso nicht aufhören zu lesen, weil da meist ein Cliffhanger kommt.

    Hallo Lea,

    erst einmal herzlich willkommen unter einer Menge Leute mit ähnlichen Problemen.

    Es ist wirklich bemerkenswert, dass du einen abgeschlossenen Langtext von 400 Seiten geschrieben hast, das gelingt wirklich nur wenigen ohne Weiteres.

    Allerdings wärest du eine noch größere Ausnahme, wäre dieser Text so gut gelungen, dass er sich an eine Agentur oder einen Verlag vermitteln ließe. Die allermeisten Erstlingswerke kann man in zwanzig Jahren noch einmal aus der Schublade holen und sich darüber amüsieren, was man damals für lustige Sachen gemacht hat.


    Klar gibt es Ausnahmen. Vielleicht bist du eine. Wer weiß?


    Meine Empfehlung wäre, sich ein dickes Fell anzuschaffen und einen Teil des Textes einmal in die Rubrik hier zu stellen, die wir "BT" nennen. Das ist ein eigener Bereich, für den man sich extra freischalten lassen muss und in dem man dann in (namentlich bekannter) Runde über Texte sprechen kann. Wie Sören Prescher bereits angedeutet hat, ist das manchmal ganz schön hart, wenn die Kritik ungeschönt ist und manchmal vielleicht auch nicht nachvollziehbar. Aber wie soll man denn sonst seine Chancen auf dem Markt verbessern? Irgendjemand muss doch mal sagen - Perspektive ist schon doch auch irgendwie wichtig, oder dreißig Protagonisten auf den ersten vier Seiten, das wollen die Leser eher nicht so.


    Ich mache in dieser Runde immer gerne mit und alle, die in diesem Thread bisher geschrieben haben, haben da schon schöne und auch weniger schöne Besprechungen bekommen. Übrigens auch die mit echten Autorenkarrieren.8)

    Manche winzigen Verlage haben Kultstatus, da geht die Anerkennung nicht über die Anzahl verkaufter Exemplare, sondern eine Art In-Group-Status, der einem - wie gesagt, auf Genreliteratur bezogen - tatsächlich weiterhilft.

    Ok. Das ist nochmal ein Aspekt, der hier bisher nicht besprochen worden ist. Wobei die Frage ist, was das dann bedeutet, "weiterhilft". Für echte Paradiesvögel ist eine Veröffentlichung in einem Spezialverlag vielleicht auch einfach ein Erfolg an sich.


    Wurdack zB ist ja sogar mir ein Begriff, obwohl ich ein ziemlicher Spießer bin.

    Das stimmt auf jeden Fall. Sogar Richard Wagner hat schon gewusst, wie viel mühsamer es ist, kreativ zu sein, wenn man .. ähm ... erwachsen ist. Für Dinge, die mit Rebellion, Energie und Saft und Kraft zu tun haben, kann es mit zunehmendem Lebensalter nur bergab gehen. Aber dafür ist es in jungen Jahren schwer, glaubwürdig weise Sentenzen von sich zu geben.

    Manche Dinge werden eben auch erst mit zunehmendem Alter gut. Ich gebe zu, das sind nur wenige Dinge. Aber man muss sich ja irgendwodran festhalten wenn man die - nun - sagen wir mal - die dreißig überschritten hat.

    Zitat

    Sie stehn an jeder Ecke aber nicht bei mir
    denn das Gedudel dieser Säcke steht mir echt bis hier
    denn jede Sau kennt sie aus dem TV und aus dem Radio und so
    dringt ihr Gelall und ihre Show kurz überall
    umgeben sie Dich umzingeln Dich berieseln und umringen Dich
    die alten Sachen fand ich ja ganz gut die neuen nicht

    Das haben die in den 90ern geschrieben.

    Und jetzt sind sie selber so.

    So vergeht der Ruhm der Welt.

    Wenn man meint, das Handwerk draufzuhaben und auch etwas zu sagen zu haben, sehe ich keinen Grund dafür, das in der zweiten, dritten, vierten Reihe zu verheizen.

    Danke für diesen Einwurf.

    Es gibt ja einige hier, die sich regelrecht eine Karriere aufbauen und auch wirtschaftliche Interessen mit dem Schreiben verfolgen. Das ist zwar ein Berufsweg, zu dem ich meinen Kindern eher nicht raten würde, aber ich verstehe, dass man unter solchen Voraussetzungen zu Kompromissen bereit ist. Ich glaube zwischen "verheizen" und "sich etwas aufbauen" ist ein weites Feld.


    Ich befinde mich selbst ja durchaus auch in einer Situation, in der ich über diese Kleinverlagsgeschichte nachdenken könnte. Ich habe sogar kurz gedacht, Horst-Dieter hätte das extra meinetwegen hier eingestellt. Ich habe mich dementsprechend durch die Seiten geklickt und hier und da hereingelesen und bin zu dem Schluss gekommen, dass das für mich eher nichts ist. Da sind gute Sachen dabei, verrückte wie seriöse. Aber ich fühle mich trotzdem bei dem Gedanken nicht wohl, da dazwischen zu stehen. Vielleicht, weil ich mir finanziell und auch sonst erlauben kann, für immer in Warteposition zu bleiben, wenn es sein muss.

    Ob ich peinlich bin oder genial, das entscheidet sowieso entweder die Zukunft oder ich selbst. Am ehesten beides. Und beides8)


    Und dann muss ich noch was loswerden zu der Frage, ob die ersten Sachen, die man schreibt, die besten sind. Ich habe da ein Zitat aus den Meistersingern, das mir nicht aus dem Kopf gehen will und das geht so:


    Vielleicht ist das etwas tröstlich für die Älteren hier.