Beiträge von Michael Höfler

    Pardong, ich wollte dies hier rein kommentiert haben:



    "Vielleicht sollte die KI in Liebsbriefe ein paar Grammatik- und Rechtschreibfehler einbauen, um authentischer zu wirken.


    Ich versuche mich gerade an einem Text über Kunst und KI, der über (vermutete) bisherige Versuche hinaus geht."

    Für mich vielleicht so ein Beispiel, wie Debatten funktionieren, wenn sie den einen (Verlagen) dienen, um Aufmerksamkeit für die eigene Sache zu generieren und den anderen (Feuilleton) dazu, ihre Spalten voll zu kriegen; wo dann jede Meinungsgymnastik und jeder Rhetorikmove andere nach sich zieht. Siehe die ganzen selbstgebackenen Themen in der Politik: Pkw-Maut, darf Protest stören, ist Streik nicht vielleicht Erpressung?

    Tom, es geht hier nicht darum,. Werke umzugestalten (also manche Wörte im nachhinein zu ändern*), sondern um die Auswahl von Werken und v.a. (weiß nicht, wie sehr Reichl das thematisiert) deren Präsentation - und die Frage, wie man ein Werk in Kontext setzt. Also z.B. ein Drama von Schiller zu lesen und die Aufgabe zu stellen, das Frauenbild darin zu erörtern - mit der wahrscheinlichen Erkenntnis, dass sich das seit Schiller sehr geändert hat. Damit wäre die Frage der Auswahl gar nicht mehr so wichtig.


    * das finde ich auch nicht richtig. Es ist viel besser, das zu kommentieren und einzuordnen.

    Das erinnert mich daran, was der Titanic-Autor Stefan Gärtner (der Schriftgelehrte dort, der die politischen Texte dort schreibt) mal schrieb: "Bühne ist Bühne" o.s.ä. Meint: Sobald jemand auf der Bühne steht, spielt es keine Rolle, inwieweit die Bühnen-Figur mit der Person dahinter übereinstimmt; es zählt nur die Qualität des Werkes. Als Beispiel führte er Heinz Becker / Gerd Dudenhöffer an. Vielleicht ist das in Analogie mit Büchern zu sehen, das Werk auch dort vom Autor zu trennen und als allein als solches zu beurteilen. Das fällt zugegebenermaßen manchmal schwer, siehe zum Beispiel Benjamin vSB, wo unangenehm deutlich ist, wie aus dem Leben das Werk wurde.

    Ich versuche noch mal ein bisschen Dialektik: Reichl kritisiert, dass das Frauenbild in Schillers Figuren auf heute Einfluss nehme. Also vielleicht weniger Schiller-Werke oder das Frauenbild thematisieren. Wenn sich kein damals bedeutendes Werk einer Frau findet, dann vielleicht thematisieren, dass solche Werke damals schlechtere Chancen hatten, Bedeutung zu erlangen`. Dann vielleicht ein Werk einer Frau von ebenbürtiger Qualität suchen. So könnte man schön den Meta-Inhalt einbringen, den wir hier besprechen: Wonach sollte man Literatur beurteilen und auswählen?

    Eine andere m.E. gute Frage ist die nach der Qualität. Und was die mit dem Geschlecht zu tun hat, in positiver wie in negativer Hinsicht. Eine andere ist die nach den Fakten. Ich kann schwerlich einen Geschichtskurs über einflussreiche amerikanische Präsidenten und -innen geben und versuchen, den inhaltlich geschlechterparitätisch zu besetzen, weil es seit der Installation der U.S. of A. einfach noch keine einzige Frau in diesem Amt gab, man also in dieser Hälfte des Geschichtskurses stillschweigen müsste (was symbolpolitisches Handeln wäre). Das ist mehr als nur "bedauerlich", es ist aber zugleich ein unumstößliches Faktum. Es waren bis weit ins neunzehnte Jahrhundert fast ausschließlich Männer, die einflussreiche Literatur veröffentlicht haben, und darum geht es bei Kanonisierungen: Um Einfluss, um Bedeutung, um die Folgen für die Kultur. Es ist ebenfalls extrem bedauerlich, dass vor allem die westliche Kultur für eine unglaublich lange Zeit eine patriarchalische Kultur war, aber sie war es nun einmal. Das kriegt man nicht nachträglich dadurch geradegebogen, dass man irgendwas hervorkramt und mit Bedeutung aufpustet, die es nicht hatte.


    Ob Kanonisierungen wichtig sind, kann ich nicht entscheiden, will ich auch nicht, aber wenn ich etwas über Kulturgeschichte lernen oder vermitteln will, ist das wohl eines der verfügbaren Mittel.

    Da finde ich jetzt die Frage gut herausgearbeitet (und ich habe keine Antwort auf sie): Was sollte die Schullektüre bei früheren Epochen abdecken? Was damals Einfluss hatte? Verschiedene Perspektiven auf die damalige Zeit? (Reichls Position) Die beste Qualität?


    Horst-Dieter: Einen Schulkanon gibt es wohl dadurch, dass die Ministerien Lehrpläne und Materialien bereitstellen, dass die Werke bei Reklam verfügbar sein müssen (Antwort von Reichl, dass die Lehrerinnen nichts dafür können). Vielleicht auch anders vorstellbar alles, aber dafür müssten die Ministerien Macht abgeben, oder jemand darüber sie ihnen wegnehmen.

    Beim NDR spricht die Kabaretistin Theresa Reichl über ihr Buch Muss ich das gelesen haben?. Darin greift sie den Schulkanon deutscher Klassiker an, weil er fast auschließlich von christlichen weißen ... Männern geschrieben sei und damit nur einen Bruchteil auch der früheren Bevölkerung repräsentiere. Ich finde es richtig, diese Frage aus diesem Grund zu stellen, werde aber das Buch nicht lesen, weil mir die Sprache in der Vorschau nicht so zusagt. Schwache Meinung zum Thema: Die deutschen Klassiker haben qualitativ generell schon ihre Berechtigung, aber es gibt auch andere, v.a. von Frauen geschriebene Werke, für die das ebenso gilt, aber die wenig bekannt sind und gleichfalls in den Kanon gehören.

    Das gefällt mir richtig gut. Open AI DALL-E hat das nach dieser Anweisung produziert: "Create a photo in which you can see the broken German construction sites of BER Airport and the Elbe Philharmonic Hall. The point is to show how much money was wasted."

    Dateien

    Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass Schubladen und Verortungen eher rhetorische Mittel denn zutreffend sind. Wer weggepackt wird, der argumentiert aus einem engeren Raum heraus, dessen Freiheit ist eingeschränkt. Und erfahrungsgemäß meistens zu unrecht.

    Siehe das genannte Meta-Argument, dass jedes Argument pauschalisiert; gleiches für rhetorische Stilmittel wie Polemik. Sowas ist okay, wenn man recht hat, aber recht zu haben, muss immer wieder aufs Neue und in jedem Fall neu verhandelt werden. Ebenso die Frage, was Polemik auslöst, Reaktanz versus Bekräftigung der Ecke, in die sich jemand vielleicht selbst gestellt hat.


    Ansonsten finde ich, dass der Thread ganz gut herausgearbeitet hat, wo eindeutig die Nazi-Grenze überschritten ist. Toms Geschichte, um das nochmal zu sagen, konzentriert sich auf einen Fall, wo diese Eindeutigkeit gegeben ist (wo ich wohne, in Dresden, weisen sich leider viele sehr eindeutig mittels Tattoos, Kleidung, Autokennzeichen als Nazis aus.)

    Nun, die Sache mit den Ecken und Schubladen und Klischees hat natürlich auch eine Ursache: Manchmal sind die Leute nämlich tatsächlich so. Es ist nur, äh, ärgerlich, wenn Menschen in Schubladen eingeschlossen werden, obwohl sie da nicht hineingehören.

    Jedes Argument hat zwei Lesarten. Für mich ist halt die Erstere die Wichtigere, weil sie mir öffentlich zu kurz kommt. Damit meine ich, dass erwachsenen Menschen so oft nachgegeben wird, wenn sie nicht wissen, nicht reflektieren, keine Widersprüche aushalten, keine Verantwortung dafür übernehmen wollen, dass sie zur rechtsextreme Ecke dazu gesellen. Diese Dinge sind alle von erwachsenen Menschen einzufordern.

    Tut mir leid, aber dieser Abstufung und Richtungsdenke kann ich nicht folgen. Ich kenne Wertekonservative, die weitaus toleranter und intellektuell beweglicher als viele Leute sind, die derzeit meinen, die (in Teilen vollständig toleranzfreie) „Linke“ zu repräsentieren, und ich mag dem Narrativ nicht folgen, dass alles abseits der Linken automatisch irgendwo in der Nähe von Nazis ist - bzw. näher an ihnen. Oft stimmt sogar das Gegenteil.

    Diese Abstufungssache hatte ich doch deshalb angebracht, um den graduellen Aspekt des Naziproblems zu nennen und anzudeuten, wie schnell die Sache diffus wird und wie schwer es ist, in der Praxis klare Grenzen zu ziehen. Beste Idee zur Grenzziehung aber, wo man nicht mehr reden, nachgeben, verstehen wollen, relativieren lassen sollte: diese immer wieder genannten, historisch wohl recht stabilen 10-20%, die z.B. unbelehrbar gegen Demokratie und Toleranz und für Autoritäten sind und Menschen der eigenen Nation für überlegen halten. Oder kurz gesagt: Die natürliche Grenze der Toleranz ist die Intoleranz (nach Popper).


    Wertkonservative finde bzw. fände ich sehr wichtig für eine lebendigere Demokratie. Also z.B. Menschen, die sich aus konservativer Motivation für das Klima engagieren. Die Debatte ist z.B. dahingehend verquer, dass das als rein linkes Thema verhandelt wird. Das ist es genuin gar nicht (erst dann, wenn man es mit dem Sozialen verbunden sieht).

    Nein.Menschen werden in Ecken gestellt und stellen sich nicht in Ecken. Das kann man in jedem politischen Forum sehen, da die, die die Menschen in Ecken stellen, definieren, was die Ecken sind.

    Das ist wiederum eine sehr starke Pauschalisierung. (Jedes Argument ist natürlich eine Pauschalisierung und die Frage lautet, wie falsch sie im Vergleich zu der Erkenntnis ist, die das Argument liefert.)

    Zu fordern, dass Songtexte Sprache, Versmaß, Sinn enthalten müssten, ist doch, als würde man bei einem Gemälde wissen wollen, was es bedeutet, nicht wahr? Besprechung des Buchs "Mein Herz hat Sonnenbrand".


    Schlager dürfen für mich Stilblüten, wenn ein Schlager ehrlich gemeint ist. Also Frage des Anspruchs und der Fallhöhe. Angenommen z.B. dass die Sportfreunde Stiller ihre Texte für wertvoll halten, gehören sie daran gemessen.