Über Amazon zu schimpfen wird ja langsam zum Volkssport, auch unter Autoren. Spiegel-Online berichtet von einem offenen Protestbrief von 909 Autoren in der New York Times: http://www.spiegel.de/kultur/l…-jeff-bezos-a-985243.html und in der Zeit gab es kürzlich eine Umfrage unter 15 Autoren zu amazon: http://www.zeit.de/2014/30/buchhandel-amazon-autoren. Auch dort überwiegen die kritischen Stimmen eindeutig.
Manche der Autoren in der Zeit-Umfrage geben ganz verschämt zu, dass sie schon ab und zu mal bei amazon gekauft haben. Aber ganz selten und mit schlechtem Gewissen. So ähnlich klang das früher, wenn jemand zugab, auch schon mal einen Porno gekuckt zu haben. Nein, die meisten kaufen beim Buchladen um die Ecke. Ich finde es schon komisch, wie viele Leute einen Buchladen gleich um die Ecke haben. Ich hatte das nie. Ich kaufe auch Bücher in Buchläden, aber ich werde den Verdacht nicht los, dass diese geheimnisvollen Buchläden mit ihren so äußerst liebenswürdigen und überaus kenntnisreichen Buchhändlern ein modernes Märchen sind. Natürlich sind die meisten Buchhändlerinnen und Buchhändler freundlich und zuvorkommend, dass sind alle Menschen im Verkauf. Aber dieses Gewese und Geraune geht mit ehrlich gesagt auf die Nerven. Der normale Buchhändler versucht zu verkaufen, was er da hat und wenn es sein muss, bestellt er eben, was der Kunde will. So what? Für manche Leute in unserem schizophrenen Land ist offensichtlich nicht nur die Frage, was für Bücher sie lesen, sondern auch wo sie sie kaufen, eine moralische Frage.
Bei Amazon finde ich alles, was ich brauche und noch viel mehr. Die Lieferung ist schnell, der Service freundlich. Und ich habe überhaupt kein schlechtes Gewissen dort zu kaufen. Ich finde schon die Idee, dass dies irgendetwas anrüchiges haben sollte, im höchsten Grade absurd.
Aber das ist ja nur die eine Seite. Bei all dem Geschimpfe auf Amazon geht es ja auch um die Selbstverleger, die "Underdogs der Literaturszene" wie sie im Spiegel-Artikel so schön heißen. Zu den Unterzeichnern des offenen Briefes gehören u.a. Stephen King und John Grisham, die sich lieber durch Verlage vertreten lassen. Wer hätte das gedacht? Das sollen sie auch ruhig machen. Niemand wird einem Autor vorwerfen, bei einem Verlag zu veröffentlichen. Aber das sollte auch umgekehrt eine Selbstverständlichkeit sein.
Ich habe Bücher sowohl bei Verlagen wie auch bei Amazons Kdp veröffentlicht und die Einnahmen bei Kdp machen bei mir ein Vielfaches der Verlagstantiemen aus. Kdp war der größte Befreiungsschlag seit ich begonnen hatte, Manuskripte an Verlage zu schicken. Und hier im Forum gibt es einige Leute, die dort erfolgreich sind.
Bei der Self-Publisher-Bibel gibt es übrigens eine Replik auf die Zeit-Umfrage: 15 Autoren, die sehr wohl bei amazon kaufen und publizieren: http://www.selfpublisherbibel.…chreiben-die-fortsetzung/. Und mir kommen diese Statements weniger gezwungen vor.
Wir haben als Autoren unsere eigenen Interessen, und das sind nicht die der Verlage und nicht die der Buchhändler. Ich sehe Verlage und Buchhändler nicht als Gegner, sondern als potentielle Partner. Unsere Ziele decken sind zu einem Teil, aber sie unterscheiden sich auch. Und wenn die eine oder die andere Buchhandlung schließen muss, dann ist es eben so. Es gibt auch keine Kopisten und keine Drucksetzer mehr und die Literatur ist nicht untergegangen. Mir kommt das manchmal so vor, wie einstmals das Gejammer als die Tante-Emma-Läden verschwunden sind. Und ganz ehrlich: Ich kaufe lieber im Supermarkt als bei Tante Emma.