Beiträge von Siegfried

    Ich schlage vor, sich erstmal überlegen, was es überhaupt heißt, ein Recht auf etwas zu haben, bevor staatliche und moralische Rechte munter durcheinander geworfen werden.


    "Ich glaube, ich habe auf gar nichts ein Recht" (Zitat Heike).
    Doch, wir haben eine ganze Menge Rechte. Zum Beispiel ein Recht auf mein Haus oder meine Wohnung. Das ist im Grundbuch eingetragen, oder beruht auf einem Mietvertrag. Wir ein Recht auf eine bestimmten Lohn, oder auf Tantiemen oder womit auch immer wir unser Geld verdienen. Das ist in Arbeitsverträgen, Verlagsverträgen usw. festgelegt. die Reihe kann beliebig verlängert werden. Letztendlich führen alle diese "Rechte" auf eine Rechtsordnung zurück, die in einer Unmenge von Gesetzen niederlegt ist.
    Auf einer metaphysischen Ebene hat der Satz schon einen Sinn. Denn "an sich" hat niemand ein Recht auf etwas. So etwas nennt man traditionell einen Naturzustand, den Kampf aller gegen alle. So wie er zeitgemäß mit wohligem Grusel in Serien wie "Walking Dead" ausgemalt wird. Alles Recht ist Menschenwerk. Und dass Rechtsordnungen kollabieren können und Gesellschaften in die Anarchie eines Naturzustandes zurückfallen können, dafür gibt es genügend Beispiele. Eine Rechtsordnung ist etwas sehr Fragiles. Bei allen Mängeln, die das Recht in der Praxis hat, ist es etwas sehr Wertvolles. Das ist das Recht, das innerhalb von Staaten gilt.


    "Diese Schutzrechte gelten als Menschenrechte natürlich global ... Insofern wir Menschen außerhalb unserer nationalen Grenzen diesen Schutz nicht gewähren, machen wir uns der Menschenrechtsverletzung mitschuldig." (Zitat Jürgen)
    Wie "haben" wir Menschenrechte? In Deutschland gelten manche Grundrechte zugleich als Menschenrechte. Innerhalb Europas gibt es eine verbindliche Menschenrechtskonvention, deren Rechte ich einklagen kann. Aber das sind jetzt wieder gesetzte Rechte. Die eigentliche Stoßrichtung von Menschenrechten geht gegen Staaten, die sie eben nicht gewähren. Menschenrechte sind damit im Grunde moralische Rechte, die moderne Form eines Naturrechts, Ausdruck des Gedankens, dass bestimmte Staatsordnungen oder Verhältnisse nicht "gerecht" sind. Egal wie oft man Menschenrechte anruft, es gibt kein global anerkanntes Konzept von Menschenrechten. Menschenrechte sind ein Leitbild, an dem sich eine tatsächliche Gesetzgebung orientieren sollte. Man sollte aber mit dem Begriff "Menschenrecht" auch nicht zu inflationär umgehen.
    Wenn ich Jürgens Satz ernst nehme, dann heißt das, ich müsste mich gegen jede Menschenrechtsverletzung auf der ganzen Welt einsetzen, sonst werde ich schuldig. Ernsthaft jetzt? Schuldig? Das toppt sogar die Erbsündentheorie von Augustinus. Ich werde also jeden Tag, jede Minute und jede Sekunde vieltausendfach schuldig, weil ich mich nicht dauernd engagiere. Das Irre an diesem Konzept ist ja, dass es nie einholbar ist. Die Wiederkehr von christlichem Sündenschwulst in unserem zeitgenössischen Migrationsdiskurs ist ein bemerkenswertes Phänomen.
    Damit sage ich nicht, vergiss die Menschenrechte. Die Idee von Menschenrechten ist eine Grundlage unserer Zivilisation, das Menschenrecht ist die Geburt des Rechts aus der Gewalt. Der Einsatz für Menschenrechte soll Antrieb unserer Politik bleiben, weil es zu unserem Selbstverständnis gehört. Ich halte es nur einen Irrweg, diesen Diskurs mit den Kategorien von Schuld und Sühne zu führen.

    Fraglos sind mit den Flüchtlingen, Geflüchteten, Asylsuchenden oder wie man die Menschen nun zusammengefasst nennen will, auch einige Arschlöcher unterwegs.

    Das ist genau das, was ich meine. Warum muss man diese Menschen unbedingt zu einer gemeinsamen Gruppe zusammenfassen? Ein befreundeter Ingenieur aus Mexiko erzählte mir kürzlich, wie jemand gar nicht verstehen konnte, dass er sich nicht voll für Flüchtlinge und alle die behaupten, es zu sein, einsetze. Er sei doch selber Migrant.


    Und ich habe vor etwas längerer Zeit mal eine Umfrage gesehen, wo man ankreuzen sollte, ob die Flüchtlinge eine Bedrohung oder eine Bereicherung für uns Land sind. Wie dämlich ist das denn? Aber es geht eben immer um "die Flüchtlinge". Nicht nur bei den Rechten, sondern auch auf der anderen Seite. Und dann entstehen diese irren geistigen Verrenkungen. Für einen Pegida-Menschen ist jedes Verbrechen, das ein Flüchtling begeht, ein Beleg, dass die alle kriminell sind. Ein Flüchtlingseuphoriker sieht immer gleich das Ansehen aller Flüchtlinge bedroht.


    Ich schlage dann folgende Analogie vor: Die italienische Mafia ist eine Bedrohung für die Sicherheit. Sage ich jetzt was Schlechtes über die Italiener? Nein natürlich nicht. Und fast jeder unbescholtene Italiener wird mir zustimmen. Aber wenn jemand auf Probleme mit manchen Flüchtlingen hinweist, dann ist es ein Problem? Un genau aus diesem Unbehagen, Missstände zu benennen, beziehen rechte Gruppen ihr Angstideen.

    Ich bin erst jetzt dazu gekommen, mir das Video anzuschauen - und ich würde nicht jedes Wort unterschreiben. Ich finde jetzt aber auch keinen Ansatz, mich über etwas furchtbar aufzuregen. Das meiste, was Uwe Tellkamp sagt, hat man irgendwann schon gehört. Bei dem Gejammer, er dürfe nicht sagen, was er meint, kommt er am schwächsten rüber. Außerdem kann er kann er ja alles sagen.


    Er spricht aber auch ein paar Themen an, bei denen meiner Ansicht nach wirklicher Dikussionsbedarf besteht, z.B. bei der Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migranten. Es ist ein Unterschied, ob jemand Asyl bekommt, weil er persönlich an Leib und Leben bedroht ist, ob jemand als Kriegsflüchtling kommt, dem die Existenz zerbombt wurde und er wahrscheinlich auch Angehörige verloren hat, oder ob jemand in seinem Heimatland keine Perspektiven findet und sich in Deutschland ein besseres Leben verspricht. Jeder hat nachvollziehbare Motive, aber die einen sind dringlicher als die anderen, und es gibt auch rechtlich ganz andere Verfahren. Diesen Unterschied nicht machen zu wollen, ist eine Ursache, dafür, dass bei uns immer alle nur entrüstet sind.


    Ich kann jedem nur empfehlen sich mit der Diskussion über Migration in allen Facetten zu befassen, die im angelsächsischen Raum schon lange besteht. Vom Kommunitarismus bis zur Open-Border-Theorie findet man dort alles. Und die Leute argumentieren und finden die Gegenseite nicht einfach blöd. Da hinken wir Jahre hinterher.


    Es ist schade, dass man nur Tellkamp hört, der Dialog geht dabei verloren. Und ich habe den Eindruck, dass es wirklich ein Dialog war. Das sagt am Ende sogar die Veranstalterin.


    Genau. Das gilt nicht für ein seltsames Wir oder Uns, sondern für mich.
    Leider gehst du auf meine Argumentation bezgl. Sprachduktus und Stigmatisierung usw. nicht ein (oder auf Tom und Alexander), sondern eröffnest eine inhaltliche und sachliche Dikussion zum Umgang mit Flüchtlingen, die nicht als Verfolgte oder Schutzbedürftige anerkannt werden und hier evtl. einfach bessere Lebensverhältnisse suchen (was Migranten in allen Jahrhunderten und in alle Richtungen getan haben, es gibt einen klugen, wunderbaren Roman von Theodora Bauer dazu, "Chikago"). Ich behaupte dass Begriffe wie "95 % Einwanderung in unsere Sozialsysteme" nicht Teil einer sachlichen und notwendigen Diskussion sind, sondern Ausdruck von Hetze und Radikalisierung und dass diese Sprache der Instrumentalisierung von Angst und dem Schüren von Ressentiments dient. Abschied von der Differenzierung.
    Das ist ja die AFD-Strategie: Wir haben doch nur gesagt, dass... Eben nicht. Und einem Autor wie Uwe Tellkamp ist das ganz sicher auch bewusst. Ich möchte mit so jemandem nichts zu tun haben. Die Äußerung des Verlags liegt weit weit weg von diesem meinem Statement und ist ja vollkommen harmlos, wahrscheinlich auch ratlos.


    Ich glaube, dass es nicht viel bringt, außer für einen selbst, sich nur auf den Sprachduktus zu konzentrieren, nach dem Motto: Mit dir rede ich nicht, nicht in diesem Ton. Dass halte ich für angemessen bei völligen Entgleisungen a la Bernd Höcke, Hr. Poggenburg mit seinem Türken-Bashing oder Akif Pirinci, der sich bei einer Pegida-Rede mal um Kopf und Kragen geredet hat. Ja, irgendwann diskutiert man nicht mehr. Bei Uwe Tellkamp sehe ich das nicht, und von "Schmarotzern" hat er ja gar nicht gesprochen. Dass er von Ressentiments getrieben ist, mag sein. Aber ich halte es für zielführender, bei jemandem der als wichtiger Literat gilt, seine Argumente zu dekonstruieren. Zum Beispiel diese ominösen 95%. Ich würde ihn fragen, was ihm denn vorschwebt, dann vielleicht darauf kommen, was für Implikationen seine Haltung hätte. Ob er wirklich so ein Mensch sein will. Natürlich bin ich nicht so naiv, dass ich glaubte, ich könnte ihn überzeugen. Aber die Veranstaltung war öffentlich, das Publikum ist doch der eigentlich Adressat.


    In dem Podcast wurde übrigens etwas gesagt, was ich sehr gut fand: es war ein guter Streit, sagt die Sprecherin. Das ist doch etwas. Das ist vor allem etwas eminent Politisches. Der politische Raum ist die Arena des Streits, der auch ein konstruktiver Streit sein kann. Leider bedauert die Sprecherin im nächsten Atemzug, dass es keinen Konsens gab. Mein Gott, muss es immer einen Konsens geben? Geht es nicht ohne Friede, Freude, Eierkuchen? Eine echte Streitkultur, das ist etwas, was uns in Deutschland fehlt.


    Wenn wir jetzt Tellkamp als Quasi-Nazi verteufeln, dann schaffen wir doch bloß einen neuen Märtyrer. Wenn wir so jemandem die Argumente zerlegen, dann steht er ohne Hosen da. Aber das erfordert eben, dass man wirklich auf eine Sachebene geht. Und das erfordert auch, dass ich mich darauf einlassen muss, was vorgebracht wird. Das kann auch unbequem für einen selbst sein.


    Ein Beispiel wie man es nicht machen sollte, waren die meisten Reaktionen in dieser Woche auf die Entscheidung bei der Essener Tafel. Das hatte auch was von Reflex. Erst mal kritisieren, ohne zu fragen, wo da das Problem liegt.
    Und ja, Kristin, ich würde die letzten Tomaten dem Mütterlein geben, übrigens nicht nur dem deutschen, sondern auch dem türkischen, wenn sie schon lange in dieser Gesellschaft lebt und hier vielleicht auch gearbeitet oder Kinder aufgezogen hat. Aber die Tafeln sind Vereine, keine öffentlichen Einrichtungen, die können selbst entscheiden.

    Eigentlich geht es doch hier um Uwe Tellkamp, einen Autor. Und der hat in einer Podiumsdiskussion diese Woche die Flüchtlingspolitik der Regierung Merkel III kritisiert. Und er hat im Anschluss an die letzte Frankfurter Buchmesse eine Erklärung unterschrieben, die sich dagegen ausspricht, rechte Verlage von der Buchmesse auszuschließen. Mehr konnte ich immer noch nicht finden, da die Diskussion offensichtlich nicht gefilmt wurde.


    Im Podcast, den Heike angehängt hat, ist auch mehr Interpretation als Zitat zu finden. Eine Stelle O-Ton gibt es, da spricht Tellkamp darüber, wie verschiedene Politiker, z.B. Sigmar Gabriel und Alexander Gauland den Begriff "entsorgen" verwenden, und dass dies von der Öffentlichkeit unterschiedlich gewertet wurde. Ein bisschen Rechthaberei halt. Der Vorwurf gegen Tellkamp zielt immer wieder darauf ab, dass er Themen und Argumente verwendet, die auch die AFD und Pegida verwenden. Im Prinzip folgen auch die meisten Beiträge hier diesem Muster. Er sagt was, was auch die AFD sagt, und die Glatzen und die Neonazis, alle Brauen und kurioserweise auch die CSU. Und irgendwie ist das alles pfui und damit wollen wir nichts zu tun haben. Ich möchte bitte nicht missverstanden werden: Ich vertrete keine Positionen der AFD, habe sie weder gewählt, noch habe ich vor, das zu tun.


    Aber ich möchte nicht nur Abscheu zum Ausdruck bringen, sondern mir geht es um Argumente. Deshalb möchte ich die ominösen 95% nochmals aufgreifen. Wenn man die Zahlen des Bamf in Nürnberg zugrunde legt, dann lag die Zahl der Ablehnungen 2017 bei 56,6% und im Januar 2018 bei 66,2%. Das sind also deutlich weniger als 95 % aber es sind eine Menge. Und darüber sollte man in unserem öffentlichen Diskurs mehr sprechen, finde ich. Die Differenzierung zwischen Flüchtlingen und Migranten findet bei uns zulande leider kaum statt. Entweder fast man alle pauschal als Flüchtlinge zusammen, oder man lehnt alle in Bausch und Bogen ab. Ich halte beides für verkehrt.


    Der Begriff "Wirtschaftsflüchtlinge" ist eher ein Schimpfwort, deshalb schreibe ich auch Migranten. Heike spricht sehr richtig von Menschen, die hierher kommen, um ein besseres Leben und Arbeit zu finden und Geld nach Hause zu schicken. Das soll man nicht diffamieren oder gar kriminalisieren. Es gibt zwar auch Leute darunter, die mit mehreren Identitäten Unterstützung abgreifen und die in der Tat kriminell sind, aber das will ich jetzt nicht thematisieren. Das Thema, das mir fehlt, und das leider Gottes weitgehend den "Rechten" überlassen wird, ist die Frage, wie unser Staat mit diesen "normalen" Migranten umgehen soll. Mit jenen Menschen, die für sich in ihrer Heimat keine Perspektive sehen und sich in Europa, vorzugsweise Deutschland, ein besseres Leben versprechen. Wollen wir die ernsthaft auch alle aufnehmen? ohne Begrenzung? Und uns dann supermoralisch fühlen? Ich bin überzeugt, dass wir nicht alle aufnehmen können und dafür eine Reihe von Kriterien aufstellen sollten. Und das bedeutet auch, dass einige wieder abgeschoben werden müssen. eigentlich ist das ja die bestehende Rechtslage. Oder sehe ich das falsch? Nur leider haben wir uns in den letzten Jahren so verrannt, auf fast allen Seiten übrigens, dass eine sachliche Diskussion kaum mehr möglich ist. Kommt es eigentlich niemandem komisch vor, dass kein anderes Land, unsere Flüchtlingspolitik teilt? Und ich meine jetzt nicht Polen und Ungarn. Selbst in Frankreich und Skandinavien schütteln sie eher den Kopf.


    Sicher hat das viel mit der deutschen Vergangenheit zu tun und manchmal habe ich das Gefühl, einigen Akteuren in öffentlichen Diskussionen geht es mehr darum, gegen Rechts zu kämpfen, als sich um das Wohl von Einwanderern zu kümmern, die Flüchtlinge sind manchmal eher ein Vehikel. Und um das noch eine Stufe weiterzutreiben: die Position, alle aufzunehmen und niemanden abzuschieben, ist in sich widersprüchlich. Ihre Vertreter sonnen sich in einem moralischen Maximalismus, von dem sie wissen, dass er niemals eingelöst werden muss. Weil irgendjemand es verhindern wird. So wie Frau Merkel die Balkanstaaten (inkl. Österreich) für ihre Grenzschließungen kritisierte und gleichzeitig froh war, dass jetzt weniger Flüchtlinge kamen. Ich nenne so etwas Heuchelei.

    Inzwischen berichten scheinbar alle Zeitungen über den Fall. Ich kann aber nirgendwo finden, woran nun genau die enge Verbindung zur AFD festgemacht wird. Meistens wird erwähnt, dass Uwe Tellkamp in einer Podiumsdiskussion mit Durs Grünbein in Dresden gesagt habe, die meisten Flüchtlinge würden nicht vor Krieg und Verfolgung fliehen, sondern 95 Prozent kämen hierher um in die Sozialsysteme einzuwandern. Soll so ein Satz ernsthaft ausreichen, um jemanden der AFD zuzuordnen? Die Zahl von 95 % ist sicher zu hoch, das ist Polemik. Dann kann man ihm widersprechen oder ihn fragen, wie er auf die Zahl kommt. Aber dieses Skandal, der jetzt gemacht wird, bestätigt doch witzigerweise sogar Tellkamps Unterstellung von der "Gesinnungsdiktatur", die er nach den Ereignissen auf der Frankfurter Buchmesse erkennen wollte. Wenn jemand unangenehmen rechten Argumenten nichts anderes als ein Verbot entgegensetzen kann, dann kann er meiner Meinung nach gleich einpacken.

    Dazu passt doch die neueste Folge aus der Realsatire "Spaß mit Deutschland":


    Eine leibhaftige Frauenbeauftragte des Familienministeriums findet, man müsse die Nationalhymne zurecht gendern: Vaterland und brüderliche Hände geht ja gar nicht. Das Ganze wird immerhin so ernst genommen, dass nach Kanzlerin jetzt auch noch der Bundespräsident es für nötig hält, dazu Stellung beziehen zu müssen. :bonk


    Und was wird aus der Muttersprache? und Mutter Erde? :irre

    Vielen Dank euch allen. :chapeau:bitte


    Liebe Glückwünsche, ein rockiges Ständchen und einige Fläschchen Bier. Was braucht es mehr?


    Und das Wetter war auch ganz herrlich. :sonne


    Aber was feiert man eigentlich an einem Geburtstag? Die Tatsache, wieder ein Jahr älter zu sein? Oder dass man bis hierher überlebt hat? Am besten ist es, man feiert einfach die Tatsache, dass es einen gibt. Das mag zwar für manche Leute nervig sein, aber ich bleibe da ganz subjektiv.

    Dann würde ein Schrottbuch zum Beststeller. So was gab es schon, so was wird es immer wieder geben. Wobei ich glaube, dass der hier zur Diskussion stehende Text keine Chance hat, da er wirklich alle Latten reißt.


    Und wenn auf unserem Buchmarkt ganz überwiegend Texte dieser Couleur Erfolg hätten, dann hätten wir ganz andere Probleme als die Qualität von Büchern.

    Dem schließ ich mich an. Wirklich Danke für den genialen Tipp.


    Aber was besagt das nun? Dass man bei Amazon KDP schrecklichen Mist veröffentlichen darf. Und wie willst das verhindern, ohne es einfach zu verbieten? Aber wem tut das denn weh? Das E-Book hat 17 Ein-Stern-Bewertungen, wird also (zu Recht) in Grund und Boden verrissen. Die eine 5-Sterne-Bewertung ist eher satirisch, also ebenfalls ein Verriss. Der Verkaufsrang liegt bei 168.000. Das Ding kauft also keiner. So what? Genau so sollte ein Markt funktionieren.

    Ich finde das nachgerade unverschämt! Ein Buchpreis auszuloben! Und eine Jury einzusetzen, die aus vorgeschlagenen Titel auswählt. Das Ganze riecht doch von vornherein nach Korruption, denn es wird sogar noch ein Geldpreis verliehen. Man stelle sich vor: So etwas Eckliges und Abscheuliches wie Geld für so etwas Erhabenes, wie es die Literatur doch sein sollte.


    Wollen wir hoffen, dass das nicht Schule macht. Am Ende werden noch alle möglichen Vereine und Städte und Regionen Buchpreise verleihen. Vielleicht sogar noch in Form von Geld. Fehlt nur noch, dass wir 42er auch einen Preis anbieten. Aber so weit wird es wohl nicht kommen.


    Aber genau darum geht es doch. Egal, ob man nun was von SP hält oder nicht, dieses Modell ist einfach eine Frechheit. Verdienen tut damit niemand so gut wie Amazon. Eigentlich eine geniale, weil elegante Schmälerung der Ausgaben.


    Der häufigste Preis eines E-Books bei Selfpublishern beträgt 2,99 €. So billig bekommt das der Kunde. Von diesem Preis bleiben ca. 1,75 € beim Autor. Zeig mir bitte einen Verlag, der ähnlich hohe Tantiemen bietet. Wenn ich dieses E-Book zusätzlich zur Ausleihe anbiete, dann zahlt der Kunde im Rahmen seiner jeweiligen Pauschale (davon gibt es zwei: Kindle-unlimited, oder einfach Prime Kunde) nichts mehr extra. Der Autor erhält derzeit ca. 1,20 € pro Ausleihe. Dieser Betrag wird zukünftig vermutlich bei manchen Titel nach oben, bei manchen nach unten variieren.


    Wo genau siehst du jetzt eine Frechheit?


    Ich sehe nur eine Frechheit: Dass ich nämlich bei E-Books 19% MwSt einkalkulieren muss, sonst wäre meine Tantieme deutlich höher. Unsere maternalistische Bundesregierung ist aber nicht in der Lage den Steuersatz an Bücher und Hörbücher anzugleichen. Aber dafür kann Amazon nichts. Das liegt an unserer unfähigen Regierung. Das ist aber ein ganz anderes Thema.

    Die Vorstellung, dass eine Aufführung wegen mangelnder Originaltreue verboten wird, finde ich reichlich absurd. Und die Idee, dass ausgerechnet die Erben darüber bestimmen sollten, noch mehr. Eine Grenze kann nur da liegen, wo es beleidigend oder verunglimpfend wird, wenn also ein Autor misbraucht wird. Aber dafür gibt es vermutlich juristische Mittel.


    Gibt es überhaupt Theateraufführungen, die keine Interpretation sind? Der Text sollte stimmen, aber jede Inszenierung nimmt normalerweise Kürzungen vor. Oder sie legt die Betonung anders. Sonst kommen am Ende Endlosveranstaltungen wie der Steinsche 24-Stunden-Faust heraus.


    Kann man überhaupt, eine werkgetreue Aufführung machen? Selbst wenn ich mich an alle Regieanweisungen halten würde, wäre es etwas anderes. Wenn z.B. in "Kabale und Liebe" die Figuren Perücken tragen und von Kutschfahrten sprechen, dann war das zu Zeiten Schillers ein zeitgenössisches Ambiente, heute wäre es ein Historienstück.


    Aber ich sehe das nicht unter der Trennung von Entweder - Oder. Das Theater lebt vom Publikum. Es gibt Zuschauer, die sich möglichst werkgetreue Aufführungen wünschen und andere, die originelle Deutungen suchen. Die Zeiten, als das Theater seine Zuschauer erziehen wollte, sind vorbei. Was mir nicht gefällt, da gehe ich nicht rein, oder ich kann es hinterher kritisieren. Es werden Interpretationen angeboten, die sich der Kritik stellen müssen. Einen anderen Umgang sehe nicht.

    Heute vormittag druckfrisch eingetroffen: das Buch für alle, die hin und wiederAngst vorm Zahnarzt haben. Hier könnt ihr Trost finden, denn egal wie schlimm es ist, es könnte noch viel, viel schlimmer kommen.


    [buch]3862653935[/buch]


    Da die Autoren nicht auf den ersten Blick als 42er zu erkennen sind, oute ich mich mal als erster. Die anderen sollen es selber tun. Und nicht zu vergessen: Auch dieses Buch gäbe es nicht ohne einen hier allseits bekannten und gern gesehenen Agenten.:winner

    Platz 1: The Grand Budapest Hotel
    Das ist für mich der Film des Jahres. Der skurrile und eigenwillige Stil Wes Andersons ist nicht jedermanns Sache und manche seiner bisherigen Filme fand ich auch gelinde gesagt etwas überkandidelt. Aber er steigert sich mit kleinen Ausrutschern von Mal zu Mal. „Moonrise Kingdom“ war ausgezeichnet, „Grand Budapest Hotel“ ist perfekt. Jede Einstellung ist bis ins letzte Details durchstilisiert. Ich habe den Film inzwischen vier Mal gesehen und entdecke immer wieder neue Bezüge. Die Liste der Darsteller ist atemberaubend, selbst kleine Nebenrollen sind hochkarätig besetzt. In Monsieur Gustave hat Ralph Fiennes die Rolle seines Lebens gefunden. Aber das alleine ist es noch nicht. Waren Andersons Filme bisher meist perfekt komponierte Spielereien, so wagt er sich in „Grand Budapest Hotel“ mit den Mitteln seines extravaganten Humors an ein ernstes Thema: Diktatur und Gewalt. Und es funktioniert. Der Film ist ein unterhaltsames Plädoyer für reine Mitmenschlichkeit und die Besonderheit jedes Einzelnen.

    Platz 4: Dallas Buyers Club
    Großes Darsteller-Kino: Matthew McConaughey und Jared Leto haben ihre Oscars verdient bekommen. Geschichten über AIDS sind immer tragisch, aber dieser Film schafft es das Thema ohne Pathos und Rührseligkeit und auch ohne Schwulen-Selbstbespiegelung rebellisch und streckenweise sogar witzig zu erzählen. Dabei wird aber nichts beschönigt oder verharmlost. Der Tod ist immer präsent, die Figuren kriechen nur nicht zu Kreuze.


    Platz 3: Interstellar
    Ein Film, den man am besten auf der größtmöglichen Leinwand sehen sollte. Chris Nolan hatte ganz offensichtlich vor, sich mit Kubricks „2001 – A Space Odyssee“ zu messen. Diese Dimension erreicht er zwar nicht, aber dennoch ist „Interstellar” ein großartiger Film, ein Science Film, der Endzeit- und Weltraum-Science-Fiction vereint, und der die Grenzen seines Genres überschreitet. Fantastische Bilder ohne Effekte-Schnickschnack, große Themen und tiefe Gefühle, und der Versuch allen Ernstes die Relativitätstheorie anschaulich werden zu lassen. An manchen Stellen wäre etwas weniger doch mehr gewesen, aber alles in allem drei überwältigende Stunden.


    Platz 2: Wolf of Wallstreet
    Martin Scorsese und Leonardo di Caprio in Höchstform. Der Film vermittelt den ganzen Irrsinn des Phänomens Wallstreet weil er völlig in der Perspektive der Hauptfigur bleibt und so sein Spiel mit dem Zuschauer treibt. Niemand schafft es wie Scorsese den Zuschauer in eine heimliche Komplizenschaft mit den gemeinsten Typen zu ziehen, und niemand kann Unsympathen so liebenswürdig darstellen wie Leonardo di Caprio. Da wird beschissen, gekokst und gef**ckt auf Teufel komm raus und alles auf höchst unterhaltsame Weise. Vom Stil her erinnert der Film am meisten an „Goodfellas", auch wenn er dessen Genialität nicht ganz erreicht.

    Platz 7: Nightcrawler
    Dieser Film ist definitiv kein Feel-Good-Movie, sondern handelt auf der dunklen Seite der Seele. Der Film lebt vor allem von seinem Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal, der hier als besessener Möchtegern-Reporter, der über Leichen geht, die bisher beste Rolle seiner Karriere spielt. Dazu kommen die Sensationsgier des Publikums und die Skrupellosigkeit der Fernsehsender, wobei die Dame vom Frühstücksfernsehen für meinen Geschmack etwas zu eindimensional geraten ist.


    Platz 6: Gone Girl
    Ein böser Thriller und ein echter Mindfucker. Wenn man glaubt, man weiß jetzt, was wirklich passiert, gibt es eine völlig überraschende Wendung, die alles anders erscheinen lässt. Und das nicht nur ein Mal. Zugleich ist der Film eine Mediensatire. Mehr will ich über die Handlung nicht sagen. Nur noch, dass ich das Ende genial finde. Und zwar genau aus dem gleichen Grund, warum viele es als unbefriedigend empfinden. Nur andersherum betrachtet. Wer den Film noch nicht kennt, sollte ihn beim Mal ersten möglichst unbelastet sehen.


    Platz 5: Who am I
    Den hatte ich ursprünglich gar nicht im Fokus. Aber meine Tochter war auf der Premierenvorführung und schwärmte in den höchsten Tönen davon. Nicht nur weil sie Fotos mit Elyas M'Barek, Tech-Nick und all den anderen mitbrachte. Deshalb gingen wir nochmals mit ihr rein. Für mich die Überraschung des Jahres. Ein deutscher Film, der witzig und spannend das Thema Computer-Hacking in einen Thriller verpackt und das Ganze ironisch mit etlichen Filmzitaten anreichert. Auch dieser Film ist ein Mindfucker. Nichts ist wie es scheint, oder vielleicht doch? Und auch hier sollte man über die Handlung vorher möglichst wenig wissen, dann wirkt er am besten.