Mein erster Gedanke war, als ich @Petras Beitrag gelesen hatte, auch: Fernsehwerbung!
Über Weihnachten haben wir uns zu Hause einen Scherz daraus gemacht, jedes Mal zu brüllen, wenn ein "Quoten-Afro" in einem Werbeclip auftauchte. Nicht, dass wir ein Problem mit Schwarzen in der Werbung haben, oder mit Diversität. Das ist toll und richtig. Unsere Gesellschaft ist nicht nur weiß. Aber: Sie besteht auch nicht aus 40% Schwarzen mit Afro-Haarschnitt.
Was hier betrieben wird, ist das Ausschwingen des Pendels in die falsche Richtung. Ja, wir brauchen auf dem Bildschirm mehr Vielfalt, die auch die vielfältige Realität der heutigen Gesellschaft darstellt. Wir brauchen vielleicht auch eine Vorreiterrolle (wo wir wieder bei Petra wären), die uns die Normalität dieser neuen Wirklichkeit vor Augen führt.
Doch was die Werbefuzzis irgendwie vergessen haben: Wir sind hier nicht in den USA. Wo sind die vielen türkischen Mitbürger, die Italiener, Griechen, Syrer, Vietnamesen usw., die ich hier tagtäglich auf der Straße sehe? Warum sind sie nicht unsere Werbefiguren? Ich befürchte, die bittere Wahrheit ist die: Sie sind nicht cool genug. Und hier ist das eigentliche Problem: Wir sind mit der Diversität noch keinen Schritt weiter, es funktioniert noch nicht mal als Werbemechanismus, denn die Werbeleute scheinen sich zu fürchten, dass ein Produkt nicht angenommen wird, wenn es "Aisha aus Neukölln" bewirbt. Und das ist echt traurig.
Ähnliches ist auch im Bereich LGBTQIA+ zu beobachten. Jeder gefühlt fünfte Clip hat nun ein schwules Pärchen. Das ist total schön und ok so, finde ich. Aber es ist zu viel. Und diese Übersteigerung führt die ganze Sache wieder ad absurdum. Es gibt momentan nur einen Werbespot, wo ich das gelungen umgesetzt finde: eine Teewerbung mit zwei Frauen. Denen habe ich es echt abgekauft. Alles andere ist meist ein Zusammenschnitt verschiedener Lebensrealitäten, und da kommt dann auch IMMER das schwule Pärchen mit vor. Und das ist dann wieder Diversität auf alle Kosten.
Ich denke, ich weiß, was hier passiert. Ein, zwei große Werbeagenturen in Deutschland setzen sich mit ihren Klienten an einen großen Tisch und erzählen ihnen was von Diversität und Weltoffenheit. Und weil die Firmen Angst davor haben, abgehängt zu werden, nicht als cool und weltoffen zu gelten, nicht die junge Käuferschaft anzusprechen, usw. willigen sie ein und vergessen dabei, dass das, was sie da als Idee einkaufen, eigentlich ein Kunstbild ist, das die eigentliche Aussage nicht nur verwässert, sondern kaputt macht.
Mit dem Casting von andersfarbigen Schauspielern in historischen Rollen habe ich persönlich echt starke Probleme. Man denke da an den Duke in Bridgeton (was ich weder gelesen noch gesehen habe). Das kann ich nicht nachvollziehen, und ich werde auch wohl niemals so farbenblind werden können. Im Fantasybereich hingegen finde ich es total toll und liebe die Möglichkeiten. Andersherum natürlich genauso: Jesus sollte nicht aussehen wie ein Ire, und Cleopatra nicht wie eine Amerikanerin. Und Scarlett Johansen ist nun mal nicht japanisch. Da finde ich es extrem schade, wenn talentierten Schauspielern die Rollen weggenommen werden, obwohl sie optisch viel besser reinpassen würden. Und: Sollten zwei heterosexuelle Männer zwei schwule Cowboys spielen und dafür auch noch einen Oscar erhalten, wo es doch so viele homosexuelle Schauspieler gibt, die sich dafür gar nicht mal so hätten verbiegen müssen? Das wäre mal eine interessante Frage.
Im Übrigen interessiert es mich nicht die Bohne, welche Präferenz irgendjemand im Bett hat. Das ist nämlich seine Privatsache. Und ich würde mir niemals anmaßen, deswegen über ihn zu richten. Und deshalb ist es für mich auch kein Thema, das jedes Mal ausdiskutiert werden muss, sobald jemand von der gesellschaftlichen Norm abweicht.
Und im Übrigen wünsche ich, dass Periodenflüssigkeit wieder blau gemacht wird.
(Wahrscheinlich bereue ich bald, dass ich das hier geschrieben habe, denn ich bin nicht gut im Argumentieren, also reißt mir nicht den Kopf ab)