Donnerstag, 05.12.2013
Der erste Tag begann mit einer Verwirrung. Wenn man nämlich glaubt, dass man in der Schanzenstraße in Köln Mühlheim irgendwo die Hausnummer „6 bis 20“ findet, ist
man schief gewickelt. Man musste auf das Gelände gehen, das einem eigentlich als „Schauspielschule Köln“ präsentiert wird. Die ganz Aufmerksamen entdecken allerdings schon von weitem ein turmähnliches Gebäude, auf dem oben der Schriftzug „Bastei Lübbe“ angebracht ist. Ja, hier ist man schon mal richtig.
Unten am Empfang sagt man einer netten Dame, dass man sich zum Seminar angemeldet hat. Man darf sich dann an der Wand auf einer Sitzecke niederlassen. Dort kann man mit den anderen wartenden Teilnehmern diskutieren, wie schwer es war, den Seminarort zu finden. Manche waren nämlich tatsächlich mit dem Auto angereist – das würde ich niemals empfehlen! Die Kölner haben nämlich offensichtlich nichts von der Links-Abbiegerei verstanden, als sie ihre Straßen gebaut haben. Das ist hier sehr verwirrend. Memo an alle Interessierten: In Köln ist es immer entspannender, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Es sei denn, das Stadtarchiv stürzt wegen eben diesen wieder ein …
Kann schon mal vorkommen.
Am Empfang wird man von Michelle Zongo abgeholt. Ich glaube, sie ist die Sekretärin von Herrn Wielpütz und Frau Schwarz. Sie ist auf jeden Fall sehr nett und hilfsbereit. Der gute Geist des Hauses. Sollte man Schwierigkeiten beim Gehen haben, muss man Frau Zongo an dieser Stelle darauf hinweisen, denn sie jagt einen gnadenlos (aber sehr freundlich) am Aufzug vorbei, zwei Treppen hinauf. Mein Gesicht färbt sich bei der geringsten sportlichen Aktivität in einem dezenten zinnoberrot – was auch die seltsamen Blicke der anderen Teilnehmer in diesem Moment erklären könnte …
Als Erstes präsentierte uns Frau Zongo die Teeküche. Hier kann man Tee und Kaffee tanken – nicht nur vor dem Seminar, auch in den Pausen. Herr Wielpütz und Frau Schwarz zapften auch gerade und haben uns freundlich begrüßt.
Der Seminarraum war ausreichend groß. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sitzen an einem großen, breiten Tisch, der mit Obst, Keksen (Juchhu!), Kaffee, Wasser, Cola (noch mal: Juchhu!) und Cola light gedeckt ist. Während meine nette Sitznachbarin eine Orange nach der anderen entkleidete, muss ich gestehen, dass ich mich ausschließlich über das ungesunde Naschwerk hergemacht habe. Was soll's – es war immerhin Adventszeit!
Wir haben alle Seminarunterlagen erhalten, in denen einige Stichpunkte vermerkt sind. Einen Block zum Schreiben sollte man sich aber selbst von zu Hause mitbringen, auch wenn in den Unterlagen Platz für einige Notizen ist. Vorne in den Unterlagen ist auch ein ambitionierter (!) Zeitplan vermerkt. Herr Wielpütz hat direkt darauf hingewiesen, dass wir den bestimmt nicht einhalten können. Er sollte recht behalten.
Die Vorstellungsrunde lief anders als gedacht: Jeder sollte sich einen Partner suchen. Jedes Team hatte eine Viertelstunde Zeit, sich und sein Buchprojekt einander vorzustellen. Das war die Vorbereitung. DANN kam der Hammer: Herr Wielpütz hat uns gebeten, dass wir uns mal Folgendes vorstellen: Wir treffen Herrn Lübbe im Aufzug und haben während der Fahrt Zeit, ihn von uns und unserem Projekt zu überzeugen. Wenn Herr Lübbe den 5. Stock erreicht, muss er Blut geleckt haben. Soweit, so gut – dann kam unsere Aufgabe: Jeder bekam DREI MINUTEN Zeit, um seinen Teampartner und DESSEN PROJEKT vorzustellen. Die Zeit stoppte Herr Wielpütz mit seinem Handy. Das war der erste Kontakt mit einem liebenswerten Tierchen namens „Pitch“.
Am Anfang stand vielen Teilnehmern die Panik ins Gesicht geschrieben, aber hinterher haben wir alle gesagt, dass das eine wertvolle Erfahrung war. Außerdem waren drei Minuten
nicht soooo kurz.
Info am Rande: Drei Tage vor dem Seminar hatten wir alle eine E-Mail bekommen. Frau Zongo wollte wissen, ob sie unsere Exposés an die anderen Teilnehmer schicken darf; zur Vorbereitung. Nach der Vorstellungsrunde haben wir so manches Projekt besser verstanden, als zu dem Zeitpunkt, zu dem wir das bloße Exposé gelesen haben. Daran konnten viele schon Verbesserungspotential erkennen.
Ermüdend war es nur, als eine Teilnehmerin partout an ihrem Plot festhalten wollte, obwohl sie uns nicht einmal sagen konnte, wer denn jetzt – verdammt noch mal – ihr Antagonist war.
Dem Exposé wurde in diesem Seminar viel Raum gegeben. Wir haben erfahren, wie ein Exposé aufgebaut sein und was drin stehen muss. Ich habe viel dazu gelernt. Ich hatte zuvor das Buch von Hans Peter Roentgen gelesen: „Drei Seiten für ein Exposé“. Das ist wirklich ein hilfreiches Buch, aber ich hatte den Autor falsch verstanden. Ich habe gedacht, man müsste das Exposé absolut neutral und mit Abstand zu seiner Geschichte schreiben. Herr Wielpütz hat aber betont, dass sich die Stimmung der Geschichte auch im Exposé widerspiegeln müsse. Wie sollte der Lektor sonst eine Ahnung vom Projekt erhalten?
Das schien mir einleuchtend.
Für die Mittagspause hatte man mehrere Möglichkeiten. In der Nähe befinden sich einige Türken, ein Subway – irgendwo soll auch ein McDonald's gewesen sein. Ich persönlich habe den Italiener, der sich auf dem Gelände befindet, bevorzugt. Das Essen war echt lecker. Ich habe mir also immer ein paar Teilnehmer unter den Arm geklemmt und bin mit denen dorthin gegangen. Für die Mittagspause hatten wir eine Stunde Zeit.
Am Nachmittag sollten wir unsere Manuskripte einem Genre zuordnen. Herr Wielpütz und Frau Schwarz hatten uns zuvor die Genres erläutert, die Bastei Lübbe veröffentlicht. Außerdem sollten wir unseren Pitch verfassen: ca. sechs Zeilen (also nicht gerade viel), in denen man den Grundkonflikt der Geschichte darlegt und Lust auf mehr macht. Manchen Teilnehmern ist das auch echt gut gelungen! Ich hätte auf der Stelle anfangen können, deren Geschichten zu lesen.
Ende des ersten Tages: Wir haben alle unsere Pitches oder kurzen Exposés in der Gruppe vorgelesen und eifrig diskutiert. Damit sind wir allerdings nicht fertig geworden – das hatte Herr Wielpütz ja auch vorhergesehen.