Beiträge von Anja

    Als ich beim "Bayerischen Fernsehen" gearbeitet habe, gab es für besonders abgegriffene (Mode)Formulierungen den Tipp, sie doch mal für eine Weile ins Sanatorium für erholungsbedürftige Wendungen/Wörter zu schicken. Manche gehörten auch einfach nur in den Müll, weil sie die sprachliche Zumutbarkeitsgrenze definitiv überschreiten.


    Und tatsächlich passieren diese abgenutzten Begriffe und Wendungen wahrscheinlich jedem von uns irgendwann mal, auch wenn man noch so sehr darauf achtet, immer neu und unverbraucht zu formulieren.

    Dazu gibt es noch diese scheußlichen Modewendungen, die jeder total "in" findet und meint, er müsse sie jetzt unbedingt auch noch strapazieren. Mit dem Ergebnis, dass die einen sich damit total angesagt fühlen und die anderen beim Zuhören/Lesen Ohrenkrämpfe bekommen.


    Sammeln wir doch mal!

    Werde ich dann mitangeklagt, weil Acki Strunzböld aus Jena-Paradies nach der Axt gegriffen hat, nachdem er zuvor einen satirischen Text von mir über einen vergleichbaren Vorgang gelesen, aber nicht verstanden hat?

    Damit befändest Du dich, wenn auch in etwas anderer Form, in ziemlich prominenter Gesellschaft: Nachdem Goethe seinen "Werther" geschrieben hatte, kam es zu einer Suizidwelle unter jungen Männern. Goethes Schuld?

    Ich würde sagen, nein.


    Andererseits kann man ja durchaus einen Zusammenhang bemerken zwischen Gewaltfilmen oder -videos und der Verrohung der Gesellschaft. Da wäre vielleicht manchmal eine Art Selbstzensur der Filmemacher oder Spieleerfinder gar nicht so schlecht. Es hat eben doch alles zwei Seiten.

    Dann müssten sie aber Grimms Märchen erst recht entkanonisieren. Die Hexe hat grundsätzlich rote Augen. Und gewaltfrei ... naja.

    Ich würde eher sagen, das Tat und Bestrafung in etwa auf einer Ebene stehen.

    Nehmen wir mal "Hänsel und Gretel": Die böse Hexe will Hänsel braten, dafür wandert sie selber direkt in den Ofen.


    Und: Kinder finden das VÖLLIG in Ordnung, wenn man ihnen das vorliest!


    Dabei könnte man genauso gut mit der Hexe einen therapeutischen Gesprächskreis gründen und mal darüber reden, ob Kannibalismus wirklich zum guten Benehmen gehört. Ok, sie in den Ofen zu schieben, natürlich auch nicht. Aber Hänsel und Gretel müssten an dem Gespräch ja teilnehmen.


    Da fällt mir ein: Ein Bekannter von mir hat lange als Solist (Tenor) in Stockholm an der Oper gearbeitet. Die Hexe in Humperdincks Oper "Hänsel und Gretel" wird meines Wissens IMMER mit einem Tenor besetzt. Und in diesem Fall war er als Dame im Chanel-Kostüm zurechtgemacht. 1a fies zur Frau geschminkt, mit Hütchen und Handtäschchen.


    Vielleicht sehen die das Schweden ja etwas cooler. Oder die Inszenierung ist schon ein bisschen älter.:)

    Wenn man nämlich nur diese Frage stellt, folgt man der Unterstellung, dass jede negative Darstellung eines Einzelnen immer für die gesamte Gruppe gelten soll.

    Darum geht es ja. Dann darf es nämlich auch überhaupt keine Psychopathen mehr geben, erst recht nicht als Täter (schlechte Karten für Herrn Fitzek:D). Und es darf keine überforderten, alleinerziehenden Mütter mehr geben. Und keine prügelnden Väter. Und und und.

    Wo landen wir denn dann? Was für Geschichten darf man da noch erzählen?

    Übrigens hat ja der Darsteller des Mörders im Wien-Tatort auch in die Rolle eingewilligt. Das nur mal als Gegenargument, wenn man Christine Urspruchs Argumente gelten lässt. Gut, sie ist tatsächlich selber kleinwüchsig, der Darsteller des Wiener Mörders wird sich in seiner Freizeit aber vielleicht keine Frauenkleider anziehen und ein Psychopath dürfte er wohl auch nicht sein.


    Ich fürchte ja wirklich, was Google mit dem SEO-Texten nicht schafft, das schafft die PC-Bewegung mit ihren Tabus.8)


    Da lob ich mir ja die Antike. Ich schreibe gerade an meinen Römischen Sagen: Mann, ging es da zu: Männer mit Männern, Frauen mit Frauen, hetero ohnehin. Betrug, Inzest, Sodomie ... Letzteres will ich natürlich nicht rechtfertigen, aber irgendwie ist es gerade recht entspannend, über diesen Lotterladen zu schreiben.


    Noch zur Ergänzung: Wenn man sich mal die ganzen Metamorphosen des Herrn Jupiter anschaut, nur damit er jemanden flachlegen kann, der/die das eigentlich nicht will, dagegen kann die ganze Transgender-Debatte einpacken. Geschlechterwechsel ist da noch eine seiner leichtesten Übungen.;)

    Und ich würde es mir tatsächlich inzwischen zweimal überlegen, ob ich heute noch versuchen würde, Schriftsteller zu sein.

    Bis auf diesen letzten Satz kann ich Deinen Ausführungen folgen. Aber was meinst Du damit? Wenn mich nicht alles täuscht, BIST Du bereits Schriftsteller.

    Ich glaube Dir zwar, dass vieles mittlerweile mit Verweis auf Verstöße gegen PC abgelehnt wird. Andererseits gehe ich auch davon aus, dass die Mehrheit der Leser von Kritiken wie der aus der Zeit nur noch den Kopf schüttelt über so viel an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen.


    Und warum nimmt dann niemand Anstoß an der Figur der Silke Haller alias Alberich im Münster-Tatort? Wenn das keine Diskriminierung ist ... Die Diskussion (nicht mit Dir, sondern die öffentlich geführte) ist völlig absurd, finde ich.

    Was ich bei der ganzen Entrüstung nicht verstehe: Sind denn alle Männer, die sich einen Rock anziehen, eine Perücke mit langen Haaren aufsetzen und sich die Lippen anmalen, deshalb zwingend transgender? Der Mann in diesem Film hat für mich nicht mal ganz exakt in das Bild gepasst, denn außerhalb der Wohnung hat er sich ja als Mann gezeigt. Oder wechseln Transgender-Menschen ihre Zugehörigkeiten?


    Und mal ganz nebenbei: Bezieht sich diese ganze Debatte eigentlich nur auf Männer in Frauenoutfit? Was ist denn mit Frauen? Da gibt es eine nicht ganz unbeträchtliche Anzahl, die tragen tatsächlich Hosen, haben kurze Haare und verzichten auf Make-up (analog zu den geschminkten Männern). Solche Frauen erregen keinerlei Ärgernis in Filmen:D.


    Und überhaupt, wenn wir schon beim politisch Korrekten sind: Wieso gibt es dann dermaßen inflationär Psychopathen in Krimis? Das trägt ja nun auch nicht gerade dazu bei, Menschen mit einer psychischen Krankheit zu ent-stigmatisieren ...


    Am besten, wir lassen nur noch Alltagsmenschen mit Alltagsgeschichten auf der Bühne, in Büchern und in Filmen auftreten. Die regen niemanden auf. Oder ... halt. Da hätten wir dann die Macho-Klischees, das Hausfrauen-Stereotyp, den renitenten Teenie. Nein, geht auch nicht.:P

    Hallo Tom,


    da könntest Du Recht haben - fürchte auch ich.

    Dieser "Tatort" hatte Schwächen, die lagen für mich allerdings eher in anderen Aspekten. Ich fürchte, diese ganze (Trans)Gender-Debatte engt die Kunst demnächst komplett ein.

    Denken wir das mal weiter: Es ist ja auch wirklich frauenfeindlich, wenn Frauen als Mörderinnen dargestellt werden (außer, sie killen ihren prügelnden Alten, dann passt das schon). Oder schwule Männer. Oder ... weiß nicht. Aber das kann man ewig so weiterführen.


    Als ich die erste Kritik (ja, ich glaube, es war aus der "Zeit") mit Bezug auf Transgender-Diskriminierung gelesen habe, fand ich das einfach nur absurd. Denn ich habe am Sonntag tatsächlich an die eine oder andere Unstimmigkeit bei diesem Krimi gedacht, aber dass sich jemand über einen Mann in Frauenkleidung aufregt, weil Diskriminierung etc., daran habe ich als Letztes gedacht. Alte, weiße Frau?

    Aber das war jetzt auch schon wieder übel frauenfeindlich;).

    Sie ist immer wieder schön anzusehen und anzuhören: die rührende, traurige, kitschige Geschichte der Kurtisane Violetta Valery, sehr frei nach der "Kameliendame" Alexandre Dumas' zur Oper "La Traviata" ausgearbeitet . Violetta ist todkrank, sie liebt und - sie opfert ihre Liebe, weil ihr eigener schlechter Ruf dem Glück einer anderen Frau im Weg steht.


    Und da die Wiener Staatsoper, wie fast alle Opernhäuser, aktuell nicht vor Publikum spielen darf, stellt sie ihre Neuinszenierung als Stream online. So richtig elegant verlinken kann ich noch immer nicht, aber hier dürfte es hoffentlich trotzdem zum Stream gehen:


    https://tvthek.orf.at/profile/…iener-Staatsoper/14084437


    Die Inszenierung versetzt die Handlung vom 19. Jahrhundert in die Gegenwart: Violetta ist dementsprechend hier auch keine Kurtisane, sondern ein It-Girl, eine Influencerin, und das Handy spielt eine tragende Rolle in dieser Version.;)

    Einiges an der Umsetzung finde ich sehr gelungen, manches geht überhaupt nicht auf (die Liebe zu einer Influencerin gefährdet kaum den Ruf einer angesehenen Familie, würde ich meinen). Trotzdem, wie fast immer bei diesem Stück, große Oper in guter Besetzung. Detailkritik spare ich mir hier, mir persönlich hat der Vater nicht gefallen. Der Sänger soll in anderen Rollen schon sehr überzeugt haben, hier fehlts ihm an Ausstrahlung. Aber das ist, wie gesagt, meine eigene Meinung.


    Ein ehemaliger Kritikerkollege hat übrigens live dabei sein dürfen für seine Besprechung und mir erzählt, da wirke die gesamte Inszenierung wesentlich intensiver.

    Allen, die mal zwei Stunden die ganz großen Gefühle suchen, viel Spaß!

    Hallo Silke,


    ich hatte vor meinem ersten Roman schon jede Menge "Veröffentlichungen" als freie Journalistin (zehn Jahre für verschiedene Tageszeitungen, Online-Magazine etc.), aber ich vermute, die zählen im Verlagswesen wenig.


    Ob so eine Veröffentlichung im Kleinstverlag für jeden ein Türöffner ist, kann ich leider auch nicht sagen. Für mich wars einer, allerdings habe ich danach auch angefangen, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten. Übrigens schreibe ich selber nach wie vor mehr Sachbücher als Belletristik.:) Das kann gut nebeneinander funktionieren, ist zumindest meine Erfahrung.

    Hallo Silke,


    ich habe meinen ersten Roman bei einem Kleinstverlag unterbringen können. Ambitionierter und sehr rühriger Verleger, aber kaum Einnahmen durch Buchverkäufe wegen geringer Werbung. Aber natürlich auch keine eigenen Kosten. Für mich war das so eine Art "Türöffner" und ich würde den Verlag jedem Idealisten, für den das Honorar keine Rolle spielt, sofort empfehlen. Aber wenn Du bereits veröffentlicht hast, dann ist das eine ganz andere Entscheidung. Ich war damals einfach glücklich, dass ich überhaupt einen Verlag gefunden hatte, was ja bei einem ersten Roman und damals noch ohne Agentur gar nicht so einfach ist.

    Hallo Christian,


    ja und nein.

    Wenn ich da die Agentur anschaue, für die ich selber arbeite, dann achten die bei der Auswahl ihrer Texter besonders darauf, wie vertraut sie bereits mit dem SEO-Verfahren sind. Anscheinend spielt das eine mindestens so wichtige Rolle wie die Fähigkeiten, guten Content zu schreiben. Die Menge des Contents ist sicher auch entscheidend. Ich bekomme aber zunehmend mit, welche Rolle die richtige Verschlagwortung spielt.


    Das geht ja sogar so weit, dass bestimmte Schlagworte in einer bestimmten prozentualen Häufigkeit (gerechnet auf die Gesamtmenge der Wörter im Text) vorkommen müssen.

    Ich glaube, es kommt darauf an, mit welchem Zweck man diese Schlagwörter einsetzt. Ich arbeite ja viel für eine PR-Agentur. Die Texter dort verwenden die schon sehr kontextgebunden und können sie auch geschickt in ihre Texte einbinden. Sie haben sich auch ausschließlich auf Online-Texten spezialisiert.


    Ich finde nur die Vorstellung so erschreckend, dass das inzwischen von JEDEM verwendet werden muss, auch von Fachmagazinen wie dem, für das Alexander schreibt. Was macht man denn, wenn man ein Thema hat, das die gefragtesten Schlagworte gar nicht braucht? Die Magazine sind darauf angewiesen, möglichst oft aufgerufen zu werden, schon alleine, weil sie nur dann Werbekunden gewinnen können.


    Oder eben Buchautoren: Müssen Klappentexte irgendwann nur noch SEO-optimiert sein? Und weiter gedacht: Darf man irgendwann nur noch Texte schreiben, die möglichst gut bei Google zu finden sind. Führt das nicht letztlich zu einer Reduktion des Themenangebots?


    Ich bin mir da einfach nicht sicher.

    Sagt Euch das etwas? Man baut beim Schreiben von Online-Texten gezielt Schlagwörter ein, um bei Google möglichst weit oben gelistet zu werden und viele Leser zu bekommen.


    Alle Firmen arbeiten inzwischen mit diesen SEO-Suchmaschinen, Online-Magazine, PR-Agenturen ...


    Und ich frage mich, ob wir so langsam alle zu Sklaven von Google werden.

    Ich habe damals, offenbar zu einer Zeit, als wir unsere Texte noch in hübsche, große Steintafeln gemeißelt haben, gelernt, dass man beim Schreiben nach den unverbrauchten, neuen Wörtern und Formulierungen suchen soll. Das war zu Zeiten von Wolf Schneider und Co. Die Fossilien der Schreibzunft? Müssen wir demnächst bei den Klappentexten der Bücher nicht mehr darauf achten, dass die wenigstens ansatzweise etwas mit dem Inhalt des Buches zu tun haben, sondern nur darauf, dass sie alle Suchmaschinenkriterien erfüllen?:). Das heißt: Je geläufiger, je verbreiteter ein Wort ist, je mehr Menschen es inflationär oft benutzen, umso besser?


    Wohin führt das? Oder ist das eher ein "Seitenzweig" des Schreibens und führt an sich zu gar nichts als eben zur optimierten Platzierung bei Google?

    Hallo Basti,


    wenn ich Dir einen Tipp geben kann, dann den: Lies Dir Toms Beitrag noch mal gründlich durch. Die Selbstzweifel, die er dort anspricht, und vor allem diese Form von "Selbstbetrug", dass man so lange in der Illusion leben kann, ein Schriftsteller zu sein, bis man seinen Roman das erste Mal rausgeschickt hat, finde ich sehr wichtig.


    Ich denke auch, das Beste ist es, wenn Du den Text jetzt von anderen gegenlesen lässt.


    Tom: Ich gebe Dir insofern recht, als man im Stande sein sollte, bereits eine erste Fassung zu schreiben, die halbwegs druckreif ist. Aber mit Betonung auf "halbwegs". Ich bin selber eine große Überarbeiterin und mache das tatsächlich auch gerne. Allerdings habe ich mir da inzwischen ein Limit von maximal drei Überarbeitungsgängen gesetzt, danach wird es in der Regel nicht mehr besser, sondern höchstens noch anders.


    Bei Sachbüchern fällt es mir übrigens viel leichter, sie rauszuschicken, als bei fiktionalen Texten. Ich glaube, das hat damit zu tun, dass man selber eine völlig ungenaue Vorstellung vom sogenannten perfekten Text hat. Nur eben: Was macht einen Text "perfekt"? Das hat man sich dabei meisten selber gar nicht genau definiert, und damit jagt man einem unerreichbaren Ziel nach und kann in der Endlosschleife steckenbleiben.

    Noch eine Anmerkung von mir: Fass Dich bitte deutlich kürzer, Ostelbe. Wer schreiben will, muss das lernen. Wir sind ein Autorenforum, darum schreibe ich Dir diesen Tipp zum Thema "Schreiben".