Beiträge von Tom

    Im Klappentext steht als Zitat: „Es ist anzunehmen, daß Niemi eine Menge Spaß hatte, als er dieses Buch geschrieben hat.“
    Das mag zwar sein, aber er hat es nicht geschafft, diesen Spaß zu transportieren.


    Okay: Niemi hat das wundervolle „Populärmusik aus Vittula“ geschrieben, und dafür muß man ihm zeitlebens dankbar sein. Wie schlecht dieser Nachfolger auch immer sein mag, und er ist schlecht – es wird nicht gelingen, den Vittula-Bonus aufzuzehren. Dennoch. Ein ganz so böser Griff ins Klo hätte nicht sein müssen.


    „Das Loch in der Schwarte“ erzählt vordergründig von der Zukunft, in der die Raumfahrt möglich ist, in der Welten und ihre Bewohner aufeinandertreffen, in der sich unsere Grenzen öffnen über alles vorstellbare hinaus. Zu den Menschen, die sich in die Weiten des Alls begeben, gehören die sogenannten „Roader“, mehr oder weniger freiberufliche Raumfahrer. Über deren Leben und Nöte erzählen einige der Episoden dieser Sammlung, andere – die Zusammenstellung hat keine Dramaturgie – wiederum lassen sich über subatomare Teilchen namens „Kurt“ aus, die letztlich dafür verantwortlich sind, daß Dinge mißlingen. Ach ja, und dann gibt es noch diese Kneipe mitten im Nichts mit dem Namen „Schwartenloch“. Dieser Kneipe ist ebenfalls ein Kapitel gewidmet. Erstaunlich, denn vieles, was es hier und in anderen Abschnitten zu lesen gibt, keinen wir (in nicht-satirischer Form) aus „Star Wars“ oder (in satirischer Form) aus „Per Anhalter durch die Galaxis“. Keine der Ideen ist neu, aber viele sind bereits wesentlich besser umgesetzt worden. Und auch den hintergründig-andeutenden Humor, den Bezug zur Jetztwelt, den haben andere schon umgesetzt. Um Welten besser in diesem Fall.


    Niemi versucht sich in Douglas Adams’ Fußstapfen, aber die sind ihm einige Nummern zu groß. Die Satire scheitert an der fehlenden Originalität, an der erzählerischen Beliebigkeit und, vor allem, am Fehlen jedweder Handlung. Schade drum.

    ASIN/ISBN: 3442751543

    Updike hat bereits mit „Gegen Ende der Zeit“ (2002) eine Art Alterswerk vorgelegt, einen Lebensrückblick, wenn auch gekleidet in eine Endzeit-Utopie. Mit „Landleben“ variiert er das Thema; der Roman ist ein Rückblick auf ein mediokres Leben zwischen geschäftlichem Erfolg, Familie, ländlichem Umgang und einer überschaubaren Anzahl Affairen.


    Owen Mackenzie ist über siebzig, lebt mit seiner zweiten Frau Julia in einem dieser Käffer, einer beschaulichen Kleinstadt irgendwo in Conneticut, und er blickt zurück auf die Zeit und, vor allem, die Frauen vorher. Da waren die Mädchen an seiner Schule, die ihn auch mal absichtlich unter ihre Shorts blicken ließen, da war Phyllis, seine erste Frau, eine duldsame Intellektuelle, da waren Faye, Karen und einige andere, die sich anboten und willig genommen wurden. Zwischen diesen Seitensprüngen, deren direkte Beschreibungen insbesondere der Sexualität zuweilen das „Ekelbä“ aus den Kindheitsbeschreibungen in Erinnerung rufen, erzählt Updike von den fragilen Strukturen ländlichen Lebens, von den kleinen Machtspielen, vom Klatsch und der zurückgezogenen Beschaulichkeit des Seins. Owen ist Computerexperte, und deshalb meint Updike, parallel die Entstehung des Computerzeitalters beschreiben zu müssen. Hier gibt es Abschnitte, die mit aneinandergereihten Fakten vollgestopft sind, und von denen man beim Lesen meint, sie entstammten nicht Updikes Feder.


    Dieser Roman hat eigentlich alles, was man erwarten kann: Er schildert eine Kindheit, die Zeit der Adoleszenz, das Erwachsenwerden, das irgendwie niemals wirklich eintritt, bietet eine Vielzahl von Figuren und Schauplätzen, die intensiv, eindringlich, manchmal ein bißchen zu akribisch beschrieben werden. Aber das Buch hat Brüche, zum Beispiel stilistische, wenn es um Sex und Technik geht, und es bietet so gut wie keine Dramatik, denn die Handlungsstränge sind bestenfalls Fäden, die über das genaugenommen nicht sehr dicke, aber sehr gedehnt wirkende Buch bis zum Zerreißen ausgedünnt werden. Außerdem ist es fast völlig konfliktfrei.


    All die großen Erzähler wie Roth, Updike, Eugenides, Franzen und die vielen anderen, sie vermitteln Lebensgeschichten, erzählen Familiensagas. Irgendwann ist alles beschrieben, alles gesagt, und die Variationen beginnen dann zu nerven. Leider gehört „Landleben“ in diese Kategorie. Nicht eigenständig genug, um zu überraschen, und zu vorhersehbar, um Spaß zu machen. Da täuscht die zweifelsohne enorme erzählerische Fertigkeit nicht drüber hinweg.


    ASIN/ISBN: 3498068830

    Morgans dritter Roman läßt den ehemaligen Envoy-Soldaten Takeshi Kovacs, den wir bereits aus den Vorgängern „Das Unsterblichkeitsprogramm“ und „Gefallene Engel“ kennen, auf seinen Heimatplaneten „Harlans Welt“ zurückkehren. Dort herrscht die Oligarchenfamilie Harlan, unangetastet und unangreifbar, und das Tagesgeschäft teilen sich die Familienoberhäupter der organisierten Kriminalität, repräsentiert durch die Yakuza und die Haidcui. Durch einen Zufall, so es derlei überhaupt gibt, trifft Kovacs auf eine Frau, in der sich die seit dreihundert Jahren totgeglaubte Rebellenführerin Quellcrist Falconer zu manifestieren scheint, der einzige Mensch, der es je schaffte, eine Bedrohung für die festgefügten Machtstrukturen zu sein.


    Morgan zeichnet eine düstere, gewalt- und sexreiche Welt, in der Menschen nach ihrem Tod „resleevt“ werden können, indem man ihren Leichen den „Stack“ aus der Wirbelsäule schneidet und ihn einem neuen Körper implantiert – sofern sich der Stack-Besitzer derlei leisten kann. Der „tägliche“ Tod hat hierdurch seinen Schrecken verloren, einzig der „reale Tod“ durch Einschmelzen des Stacks wirkt als ernsthafte Bedrohung – sofern es kein Backup gibt. Und offensichtlich haben sich diverse Interessengruppen eines älteren Backups von Kovacs’ Stack bemächtigt, denn einer seiner Gegner in diesem Roman ist kein geringerer als er selbst.


    Der Autor gibt sich nur selten mit Erklärungen ab, und so rätselt man seiten-, manchmal kapitellang, worum es gerade geht, technisch wie dramaturgisch. Einige dieser Rätsel scheinen sich auch am Ende nicht aufzulösen, aber das nimmt dieser vortrefflich verfaßten Cyberpunk-Odyssee nichts von ihrem Reiz, und der ist groß. Neben Dan Simmons, Richard Morgan und einigen wenigen anderen gibt es momentan kaum SF-Autoren, die es immer noch schaffen, originelle, überraschende und anspruchsvoll geschriebene Romane zu verfassen. Sehr lesenswert, wenn auch zuweilen etwas anstrengend.

    ASIN/ISBN: 3453521307

    Huhu, Michael.


    Das hier käme auf Dich zu:


    Bernhard Lassahn wird das Zitat "Ein Tag ist vierundzwanzig Stunden lang, aber verschieden breit" zugeschrieben. Wenn Bodo "Mufti" Morten bierselig in der Hamburger "Glucke" abhängt und mit dem "Filosophn" Sprüche austauscht, klingt das so: "Ein Tach iß fianzfanzich Schdund lang aba faschiedn breid."


    Das Zitat faßt den Inhalt von "Kolks blonde Bräute" vortrefflich zusammen. Ende der Achtziger sind Kolki und Bodo aus dem "Kaff" nach "Hambuich" umgezogen; Kolki arbeitet für die Post, während Frührentner Bodo hauptsächlich säuft. Kolki säuft natürlich auch, sogar während seiner Arbeitszeit, und das ist letztlich der Auslöser für eine Kette von Mißverständnissen, in deren Zentrum eine strapstragende Blondine steht, der Kolki schweinische Postkarten zustellen muß, außerdem "Rudi, der Arsch", ein schmieriger "Jubbi" und die "ßgahd"-Runde aus dem heimatlichen Kaff, will sagen: Neben Kolki und Bodo noch Satschesatsche, Heiner und der "Panzerknacker".


    Frank Schulz läßt Bodo Morten dreizehn Jahre danach von diesen Mißverständnissen und ihren Implikationen erzählen, in deren Folge Kolki vermeintlich das Gehör auf dem linken Ohr verloren hat. Ob das stimmt und inwiefern, das spielt letztlich keine große Rolle, denn Schulz beschreibt in der Hauptsache die Kultur des gemeinschaftlichen Saufens, vom "kleinen" bis zum "mittelschweren Lollimann" (Zustände des Besoffenseins), von der Erhabenheit des Kotzens, von Furz-Raps, die sich "Rudi, der Arsch" ausgedacht hat, von der feinen Differenzierung zwischen "Biberismus" und Alkoholismus. Er zeichnet seine abgefuckt-normalen Hauptfiguren mit liebevoller Hingabe, beobachtet mit mikroskopischer Genauigkeit, ohne je pedantisch zu werden; ganz im Gegenteil zu seinen Protagonisten setzt Schulz wohldosiert ein, was in der Übertreibung zur Satire würde - eine Satire ist "Kolks blonde Bräute" nämlich mitnichten. Sondern ein liebevolles Lesebuch über Freundschaft, das Erwachsenwerden und, natürlich, das Saufen in all seinen Facetten, mit all seinen Folgen, hauptsächlich aber seinen Reizen. Zu kritisieren gibt es nichts, wiewohl die zumindest teilweise Läuterung nicht zuletzt aus gesundheitlichen und oder sozialen Gründen am Ende des viel zu kurzen Buches steht.


    "Lokalkolorit" in all seinen Bedeutungen ist das Oberthema, und Schulz erzeugt dies insbesondere dadurch, daß er seine Figuren lautsprachlich wiedergibt, was den Leser gelegentlich dazu zwingt, sich Sätze selbst laut vorzulesen, um dem Sinn wenigstens nahe zu kommen. Wenn sich ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt hat, erkennt man schließlich beim ersten Hinsehen, welche Speise sich z.B. hinter "Tschiggknmägnaggedß" verbirgt.


    Läßt man sich darauf ein (und die Zielgruppe ist eingeschränkt), ist "Kolks blonde Bräute" ein wunderbares, extrem spaßiges Buch, eine gute Vorbereitung für "Morbus fonticulli", die kongeniale Fortsetzung, und man versteht, warum Harry Rowohlt über Schulz sagt: "Sowieso mein Lieblingsautor.

    Zitat

    aber dir scheints ja gut bekommen zu sein.


    War gegen Ende etwas grenzwertig. Würde mich der Empfehlung anschließen, Henscheid in kleineren Häppchen zu genießen.


    Zitat

    dass er sich selber nicht kaputtgelacht hat beim schreiben..


    =) Jo. Der Gottvater der gepflegten, höheren Kneipenliteratur. Wenn Dir Henscheid gefällt, könnte es sein, daß Dir Frank Schulz ("Kolks blonde Bräute", "Morbus Fonticulli oder Die Sehnsucht des Laien") Spaß macht.


    ASIN/ISBN: 3861505576

    Hallo, Michael.


    Ich habe vor gut einem halben Jahr "Die Vollidioten", "Geht in Ordnung ... sowieso ... genau" und "Die Mätresse des Bischoffs" quasi in einem Rutsch nacheinander gelesen. "Geht in Ordnung" hat mir am besten gefallen, aber Henscheid ist insgesamt göttlich, da kann ich Dir nur zustimmen. Seine Sprachwahl und -melodie pendelt zwischen töricht, spitzfindig und extrem intelligent, seine Figuren sind großartig, die Handlung (welche?) ist zwar unter aller Kanone, aber das interessiert nicht. Ein Heiden-Spaß. Aber wirklich nur für die. Otto Normalleser sollte sich nicht in diese Abteilung verirren, das kann nur schiefgehen.

    Ich bin mit einer Story in der ersten Ausgabe dabei. Robert Zobel, den ich meines Wissens nach bis dato nicht kannte, hatte mich darauf angesprochen. Allerdings gibt es weder Honorare, noch Autorenexemplare (hab bisher keins bestellt). Bin mal gespannt, wie das Ding aussieht. Und ob die Auflage von 40.000 Stück (!) auch tatsächlich gedruckt wird. Hohe Ambitionen und so. 8) Von den Autoren der ersten Ausgabe kenne ich nur per Buch nur Christoph Marzi ("Lycidas", "Lilith"); einige der anderen Namen meine ich in dem einen oder anderen Autorenforum schonmal gelesen zu haben.

    Hallo, Wolf.


    Die Bezeichnung "Pop" betrifft nicht so sehr konkrete Stücke und/oder Künstler, sondern die eingesetzten Stilmittel, die Arrangements, die Art, zu produzieren, und den Klangteppich (und all das variiert natürlich, je nach Trend). Man macht auch dann Pop, also "populäre" Musik, wenn man nicht in den Charts ist, weil man sich der selben Werkzeuge bedient und aus den selben Quellen schöpft. Deshalb ist Tina Meier, die zeitlebens nur Supermärkte eröffnet und mit ihren einzigen Single, die Papa am heimischen Mac eingespielt hat, auf Platz 102.990 der deutschen Charts war, ebenso Pop wie RW oder Madonna.

    Hallo, TWJ.


    1.: http://de.wikipedia.org/wiki/Independent


    2.: http://de.wikipedia.org/wiki/House


    3.: Die Frage läßt naturgemäß nur sehr subjektive Antworten zu. Meiner Meinung nach ist "Gimme Fiction" von Spoon eines der besten Alben der letzten Jahre, aber mit der Meinung stehe ich ziemlich alleine da. Kommerziell betrachtet dürften Leute wie Coldplay ("X&Y", "A Rush Of Blood To The Head"), Robbie Williams ("Escapology", "Intensive Care") oder Norah Jones und Konsorten dazugehören, Depeche Mode ist, was Publikumserfolge anbetrifft, immer noch sehr weit vorne ("Playing The Angel", "Exciter"), was auch für die Dinosaurier U2 ("How To Dismantle An Atomic Bomb") zutrifft. Bei "reinem" Pop kenne ich mich wenig aus; zur Zeit werden bis zum Gehtnichtmehr Cover-Versionen älterer Pop- und Rocksongs aufgelegt. Tolle Alben gab es in den letzten Monaten von Jack Jones ("In Between Dreams"), System Of A Down ("Mezmerize"), I Am Kloot ("Gods And Monsters"), The White Stripes ("Get Behind Me Satan") und vielen anderen - aber das ist alles Geschmackssache.


    4.: Ich hatte am Rande mal was mit dem "Gewerbe" zu tun (Freunde von mir hatten ... so einen Laden), und die Mädels sind immer gerne zur üblichen Porschefahrer-Schnepfenmusik, also Whitney, Nora, Sade und anderen, aufgetreten.

    Hallo, Graham.


    Prinzipiell keine schlechte Idee, aber das dürfte an der knapp begrenzten Zeit scheitern. Ich habe allerdings darüber nachgedacht, Memorabilia zu verscheuern, etwa die Socken, die der Autor beim Verfassen seines letzten Buches getragen hat, oder Fetzten der Rauhfasertapete der Wand, gegen die er seinen Kopf immer gehauen hat, wenn keine Ideen kamen, sowas. Wenn ich allerdings sehe, daß uns Uve sein verdammtes signiertes Exemplar von "Idiotentest" für laue 6,40 bei amazon anbietet, fürchte ich, für derlei keine sonderlich hohen Preise erzielen zu können. 8)

    Der Ablauf ist so, daß sich die Gruppe irgendwo trifft (an einem literaturschwangeren Ort), dann die Autoren nacheinander besucht (ich bin um 16:00 Uhr dran), anschließend wird gemeinsam gegessen. Die Lesungen sollen mit Nachgespräch jeweils ungefähr anderthalb Stunden dauern, die Autoren sorgen für dezentes Catering (Kaffee, Softdrinks). Das Ganze soll "Werkstattcharakter" haben, wir tragen also auch Fragmente und in Arbeit befindliche Texte vor. Und natürlich das, was jeweils aktuell am Markt ist.


    Bernd: Nö, das macht mir nichts aus, fremde Leute in der Wohnung.


    Ich berichte natürlich, wie es war. Leider kann ich nicht zum Essen mitgehen, weil ich an diesem Abend noch einen Termin habe. Bei der nächsten Wohnraumlesung - so es weitere gibt - werde ich das aber sicher tun.

    Hallo, Helmut.


    Ich rede gerade mit dem Autor Felix Mennen, der das Projekt "Hörbar Berlin" betreibt (http://www.hoerbar-berlin.de), und der eigentlich Auszüge aus "Idiotentest" für die kommende Staffel nutzen wollte. Aufbau macht das grundsätzlich nur gegen Gebühren, obwohl die MP3-Player kostenlos und nur vorübergehend (und unentgeltlich) ausgegeben werden. Da ist auch nichts zu machen. Wir nehmen deshalb vermutlich eine Short Story von mir für das Projekt.

    Hallo, Christian.


    MP3-Download für die Teilnehmer und/oder Mitglieder des Vereins halte ich für okay, aber einen Stream dürfte mindestens mein Verlag (der ja in Bezug auf "Pfaffenkönig" auch Iris' ist) ablehnen. Das ist aus rechtlichen Gründen nicht machbar, da der Verlag in Bezug auf Drittverwertung die alleinigen Rechte hat. Diejenigen, die ggf. downloaden, müßten darauf hingewiesen werden, daß sie die Audiodatei nicht weitergeben dürfen.

    So. Hier mein persönlicher Bericht.


    Obwohl ich mal - in den Achtzigern - eine Radiostation hatte und inzwischen auch dreißig, vierzig Lesungen hinter mir, machen mich "Auftritte" immer noch ziemlich fertig. Okay, eine Lesung in einer Buchhandlung ist vom Ambiente und Publikum her immer etwas entspannter - in dieser Hinsicht, denke ich, bin ich inzwischen ein wenig cooler geworden. Aber eine Live-Radiolesung auch noch vor Publikum - wow, das ist schon ein Schuh. Zumal "einslive" ja eine solide Reichweite hat, was man auch daran erkennen kann, daß der Raum proppenvoll war - und davon abgesehen mein "Idiotentest" inzwischen auf einem Amazon-Verkaufsrang um die 900 hängt, von etwa 10.000 kommend (was auch nicht so schlecht ist).


    Die Anfrage vor etwa sechs Wochen habe ich natürlich sofort bestätigt, aber je näher der Termin kam, umso hektischer wurde ich. Tatsächlich habe ich den ganzen Freitag über keinen Bissen runterbekommen, und obwohl ich am Nachmittag todmüde im Hotel ankam, konnte ich nicht schlafen. Ständig gingen mir Fragen durch den Kopf, die mir gestellt werden könnten. Und natürlich die Hauptfrage: Mögen mich die Leute? Kriege ich das hin?


    Ich lese generell immer sehr schnell. Manch einer mag sagen, daß ich zu schnell lese, und vielleicht stimmt das auch. Aber ich finde andererseits, daß meiner Art, Geschichten zu erzählen, ein sehr rasanter Vortrag irgendwie zuträglich ist. Okay, es muß immer noch verstanden werden können. Das ist wichtig. Ich hoffe, daß das am Freitag der Fall war.


    Jedenfalls. Ich kam um zehn, wie verabredet, in den Sender, und wurde zunächst vom Tresenteam des "Medienkult Café" sehr herzlich empfangen. Dann kam "meine" Gästebetreuerin, die mir den Ablauf erklärte und mich zwischen Soundcheck (ich habe das Programm des WDR für die kommende Woche vorgelesen) und Sendungsbeginn zu bespaßen versuchte. Um dreiviertel zehn bin ich dann ins Studio zu Mike Lütt gerufen worden, der mich kurz interviewte. Bis drei Minuten nach elf - ich konnte inzwischen beobachten, wie immer mehr Menschen kamen, um die Lesung zu erleben - wartete ich im Gästeraum, zittrig und kaum dazu fähig, ein Wasserglas zu halten.


    Dann wurde ich reingerufen. Glücklicherweise saßen gleich in der ersten Reihe BJ, Melkat, Bussi und Mariegod von den Büchereulen. Letztere kannte ich zwar noch nicht vom Sehen, aber der optimistische Gesichtsausdruck der Südkurve hat mich doch ziemlich beruhigt. Anschließend befagte mich Mike zu ein paar Dingen, aber ich habe nicht den blassesten Schimmer, was er gefragt hat oder ich geantwortet habe. =) Dann gab es vier Leseblöcke, die mit Interviewfragen begleitet wurden, zwischendrin Musik vom berühmten Hans Nieswandt. Die Frage, ob und wozu die Welt Idioten braucht, hat mich ziemlich aus der Fassung gebracht, wie man wohl gemerkt hat, aber ansonsten fand ich den Abend klasse. Die Reaktion des Publikums währenddessen und danach war sehr, sehr positiv. Gestern und heute waren jede Menge Mails von redlich angetanen Zuhörern in meiner Box, und das Buch hat, wie gesagt, einen ziemlichen Verkaufsrangsprung bei amazon gemacht.


    Ich kann BJ (bei uns: Jane), Melkat, Bussi, Mariegod und ihrer Freundin Barbara garnicht genug dafür danken, daß sie da waren und mich unterstützt haben. Außerdem war noch ein Freund vor Ort, den ich lange nicht mehr gesehen hatte. War, wie gesagt, aus meiner Sicht ein super Abend, aber es mag Leute geben, die das am Radio gehört haben und ganz anderer Meinung sind.