Beiträge von Tom

    Ich habe von Karl, der ja Verlagskollege ist, nur seinen Erstling, "Das System", gelesen, und fand damals schon, dass seine enorme Expertise nicht immer mit seinen Fähigkeiten korreliert, eben diese Expertise in seinen Figuren richtig lebendig werden zu lassen. Es ist trotzdem sehr wissensreich und klug zu lesen, aber er ist nicht der allerallerallergrößte Erzähler. Und, ja, er versucht ein wenig, sich als Prophet zu verkaufen, aber das finde ich wieder sehr sympathisch.

    Mein "schlimmster" runder Geburtstag war übrigens der 30., da hab ich mich richtig alt gefühlt, ist das zu fassen?

    Das erste Lebensjahrzehnt, für das es zu dieser Zeit keinen eigenen Begriff gab, vorher war man Teenager oder Twen, jetzt war das plötzlich unerreichbar, musste man das Bestreben zeigen, erwachsen zu werden. "Thirtysomethings" sagt man ja noch nicht so lange, und der Begriff umfasst auch noch alles, was danach kommt, als wenn es keine Rolle mehr spielen würde, ob man nun dreißig oder neunzig ist. Ja, ich erinnere mich. Ein bisschen. Tatsächlich fiel das bei mir in eine Zeit, in der ich an sechs Tagen der Woche aufgelegt und während der restlichen Zeit gefeiert habe, und in Berlin war so viel los, dass man nicht zum Nachdenken kam. Und eigentlich habe ich mir nie so schrecklich viele Gedanken darüber gemacht, aber die sechste Null ist schon echt eine Ansage. Da sehnt man sich danach zurück, noch einmal fünfzig werden zu dürfen. :opa

    Ich finde den Titel echt total schön.

    Ich auch. Arbeitstitel war schlicht "Kleinmachnow" (weil es da in der Hauptsache spielt und hier und da eine Milieustudie ist), aber Reinhard Rohn, mein Lektor, der leider soeben den Aufbau-Verlag verlässt, dessen Geschäftsführer und Programmleiter "Unterhaltung" er außerdem war, wollte mal was Neues, Aufregenderes, Geheimnisvolleres probieren, und hat "Im Licht der Jahre" vorgeschlagen, und ich habe dann noch das Adjektiv beigesteuert. Da das geschehen ist, als der Roman erst zu zwei Dritteln fertig war, konnte ich das Motiv noch ein bisschen verwursten. Das Plattencover auf dem Titel kommt im Text übrigens auch vor.

    Ich mag "High Fidelity" auch sehr gerne (muss ich mal wieder lesen!) - tatsächlich ist das mein Lieblingsroman von ihm, aber ich fand nicht alle seine Bücher gut. "Im wechselnden Licht der Jahre" hat auch noch eine winzige Schnittmenge mit "Juliet, Naked" (das ich schlimm fand), denn in meinem Text kommt ein in den U.S. of A. sehr bekannter Singer-Songwriter vor, der sich in der Gegend, in der mein Held lebt, eine Villa kauft, und die beiden freunden sich an.


    Übrigens: Das Hörbuch zu "Im wechselnden Licht der Jahre" wird (wie auch das zu "Freitags bei Paolo") mein Freund, der Comedian, Schauspieler und Sprecher Thomas Nicolai einlesen, und der hat auch das Hörbuch zum letzten Hornby-Buch "Dickens und Prince" gemacht. 8)

    Beste aller 42er,


    Mitte Mai erscheint mein neuester und insgesamt dreizehnter Roman, der den besonderen Titel "Im wechselnden Licht der Jahre" trägt. Er erzählt die Geschichte von Alexander Bengt, der sein persönliches Glück und Idyll gefunden hat, dem aber die sechste Null droht, was ihm ganz erheblich zu schaffen macht. Und der sich so ein bisschen durchwurschtelt und nicht immer jeder Verantwortung stellt. Aber wenige Wochen vor dem schlimmen Geburtstag geschieht etwas, das alles durcheinanderwirft.


    "Im wechselnden Licht der Jahre" ist aber nicht nur eine Geschichte übers Älterwerden, sondern eine Liebesgeschichte und eine über Freunde und Nachbarn, über Musik und überraschende Bekanntschaften. Es ist, wie der Klappentext sagt, wie ein guter Song über Liebe, Leid und Glück.


    Und jetzt Achtung:
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    Äh.


    Propheten sind keine Leute, die hellsehen oder die Zukunft vorhersagen. Propheten verkünden Gottesworte. Das können auch Prophezeiungen sein, aber mit Hellseherei usw. hat das nur am Rande zu tun bzw. eher zufällige Schnittmengen.


    Nur, um das mal klarzustellen. Du bist kein Prophet, Marvin, sondern ein Hellseher oder Wahrsager. Dass für solche Fähigkeiten auch der Begriff "Prophet" verwendet wird, ist eigentlich unrichtig. Prophetie ist ein ganz anderer Prozess.

    Ich weiß nicht, ob du das so tiefsinnig gemeint hast, wie das jetzt da steht, aber sind wir das nicht alle?

    Was weiß ich denn, wie tiefsinnig ich bin. Ich habe ja keinen direkten Vergleich. ?!?


    Es bezog sich auf die Art von Zukunft, die normale Menschen nicht beeinflussen können. Also das Geschehen weit entfernt, in anderen Universen, oder sogar in den U.S. of A.

    Möglicherweise bist Du aber auch kein Prophet, sondern jemand, der die Zukunft beeinflussen kann. Das wäre dann eine noch größere Verantwortung.


    Ich meine, auch schon zwei, drei skurrile (<- das Wort muss ich bei jedem Versuch dreimal tippen, damend. Ich vergesse immer wieder, dass es zwei r und ein l sind) Dinge beschrieben zu haben, die es dann später gab, aber mir fallen im Moment keine konkreten Beispiele ein. Ich denke aber weiter nach.


    Und, klar, das ist eine Frage der Statistik, aber auch eine Frage der höheren Wahrscheinlichkeit. Ich kann mich an Trumps goldene Schuhe nicht erinnern, aber irgendwie klingt das nach einer hohen Wahrscheinlichkeit. ;)


    So oder so, ich bete Dich vorsorglich an, wenn das für Dich okay ist. :anbet

    Um ein Amazon-Produkt bzw. ein Buch in einer Nachricht zu verlinken, musst Du die ISBN-10 oder die ASIN (wenn es kein Buch ist) kopieren, in Deine Nachricht einfügen, markieren und dann in der Schaltflächenleiste über der Nachricht auf das Buchsysmbol klicken, damit die ASIN/ISBN-10 mit den {buch}/{/buch}-Tags (eigentlich in eckigen Klammern, aber dann würde man sie hier nicht sehen) umgeben wird, was auch manuell ginge. Und das isses dann auch schon. Kann man bereits in der Vorschau sehen.

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    Danke, HD, auch für den Stern Abzug, den ich gerne kassiere. Ich halte die Sagrada für Blendwerk, und ich war auch schon drinnen. Masse und Effekte. Architektonisch sicher in einer Paralleldimension zu seiner Zeit, aber unterm Strich ist das Ding reiner Zuckerguss.

    Heute schon gefiekt?


    viersterne.gif


    Eigentlich wollte ich keine umfangreiche Rezension schreiben. Das, was Walter Moers da (schon wieder) tut, lässt sich ohnehin nicht mit normalen Maßstäben messen oder mit anderen Büchern vergleichen. Also in aller gebotenen Kürze:


    Wenn man die zweiundvierzig Euro Kaufpreis verdaut hat, kann man damit anfangen, sich über ein großes, prächtig wirkendes Buch zu freuen, allerdings hätte die stolze Investition auch ein paar Tupfer Farbe verdient gehabt. Um nicht missverstanden zu werden - die mächtige Schwarte ist hinreißend ausgestattet und gestaltet, und es lohnt sich allein für die mehr als hundert fantastischen Zeichnungen darin, aber wenn man schon eine so magische Summe abdrückt, darf man erwarten, dass auch die Leistung in der Kür stimmt. Andererseits kommt der zamonische Charme in Schwarzweiß möglicherweise sehr viel besser rüber als in tausenden (oder wenigstens: hundertzwölf) von Farbtönen.


    Das Buch ist ein Briefroman - es enthält in der Hauptsache neunzehn Briefe, die der legendäre zamonische Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz an seinen Freund Hachmed Ben Kibitzer geschrieben, aber nie abgeschickt hat. Sie erzählen vom, äh, Aufenthalt auf der legendären Insel Eydernorn (ein nicht sehr schwer zu lösendes Anagramm), die Mythenmetz besucht hatte, um seine eingebildeten Atemwegserkrankungen therapieren zu lassen. Aus diesem von Anfang an abenteuerlichen Trip in eine mehr als originelle Teilwelt Zamoniens wird nach und nach eine handfeste und ausgewachsene, spektakulär endende Heldenreise. Der Weg dorthin ist gespickt, nein, überflutet mit unglaublichen Einfällen, in denen es um die eydernornische Kultur geht, um Flora und Fauna, um die Kunst, um Mythen und Geschichte, um das Essen und die merkwürdigen Bewohner der eigenartigen Großinsel. Vor allem aber geht es um die plusminus einhundertelf sensationellen Leuchttürme, die mit ihren schratigen und geheimnisvollen Wärtern den Kern des Geheimnisses der Insel bilden, das sich von Mythenmetz nach und nach offenbart.


    Es ist im besten Sinn komplett irre, was sich Moers da alles ausgedacht hat, dessen beeindruckende Fantasie hier wieder einmal alles in den Schatten stellt, was es an vergleichbarem gäbe, gäbe es Vergleichbares. Gibt es eher nicht. Aber all das Ausgedachte ist außerdem jederzeit Satire und Anspielung und Liebeserklärung und alles zugleich, was man auch getrost ignorieren kann, und dann liest man halt "einfach" ein unfassbares All-Ager-Märchenbuch mit einem Helden, der keiner sein will, es aber eigentlich jederzeit total schick findet, einer zu sein.


    Allerdings. Die hohe Schlagzahl an atemberaubenden Einfällen kann nicht ganz wettmachen, dass der Spannungsbogen der Geschichte eher ein recht willkürlicher Polygonzug ist, vor allem aber, dass es so richtig spannend eigentlich nie wirklich wird. Das ist eigenartig, weil echt eine Menge passiert, doch irgendwie bleibt eine gewisse Distanz, fehlt es an Mitreißendem. "Die Insel der Tausend Leuchttürme" ist, um einen nichtliterarischen Vergleich zu wählen, ein Mammutbauwerk wie die "Sagrada Familia", aber genau wie diese scheint das Buch hauptsächlich aus einer (aus Mythenmetschen Abschweifungen mühselig gebauten) riesigen Fassade zu bestehen. Das ist ganz seltsam, aber so ist mein Eindruck. Die Geschichte zündet irgendwie nicht, und das ist leider sehr schade. Die Lektüre ist trotzdem meistens ein großer Spaß.


    ASIN/ISBN: 332860006X