Wird KI das neue "Helferlein" für Autorinnen und Autoren?

  • Das sind doch tolle Aussichten! In absehbarer Zeit kann jeder Talentfreie einen Bestseller schreiben. Vielleicht kann die AI auch bald Bilder malen oder Skulpturen meißeln. Oder wie im Film Colossus die Welt regieren. Letzteres wäre gar keine schlechte Idee, angesichts der aktuellen Lage. ;)

    „Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen, das wird wiederkommen, glaubt mir.“ (Bärbel Bohley,1991)

    Einmal editiert, zuletzt von Manuela ()

  • Ich ziehe einen grossen Teil der Freude, die mir das Schreiben bereitet, aus meinen Ideen und Gedanken und deren schriftlichem Weiterspinnen. Ausserdem spüre ich so eine Art Ethos, der das Nutzen von KI ablehnt. Auf der anderen Seite habe ich aber nichts gegen die Nutzung von anderen Technologien, die vorherigen Schreibergenerationen nicht zur Verfügung standen. Zum Beispiel sich mit Streetview der Atmosphäre jeder x-beliebigen Strasse in London annähern zu können oder auch ganz einfach Synonyme zu finden, damit ein Wort nicht zu oft benutzt wird. Gerade bei längeren Texten kann ich mir vorstellen, das Tools wie ChatGPT eine sehr grosse Hilfe sein können, und ich frage mich, ob nicht am Ende das Ergebnis zählen sollte. Vor diesem Hintergrund wächst bei mir bei jeder technologischen Weiterentwicklung der Respekt vor Goethe und Co.

  • … Informationen aus dem Nichts zu gewinnen.

    Informationen aus dem "Nichts" gewinnen? Das war tatsächlich das Thema des diesjährigen Wettbewerbs um den Putlitzer Preis. :rofl

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Der KI fehlt die Fähigkeit Informationen aus dem Nichts zu gewinnen.

    Ich glaube nicht, dass es irgendeine technische oder biologische Instanz gibt, die dazu in der Lage ist, Informationen aus dem Nichts zu gewinnen. ;)


    Systeme wie ChatGPT arbeiten mit statistischen Methoden. Sie besitzen eine ungeheuer große Datenbasis, die von Menschen geschaffen wurde, und generieren ihre Antworten dadurch, dass sie schrittweise die Wahrscheinlichkeit des nächsten Begriffs bewerten. Dabei haben sie keine Ahnung vom Kontext, sie können nicht abstrahieren, sie wissen schlicht nicht, was sie da tun (es gibt kein Wissen und auch kein Bewusstsein). OpenAI hat keine Vorstellung davon, wie die Welt aussieht, oder was eine Jahreszahl von einem Verb unterscheidet. Ob dem System dadurch das fehlt, was wir als Intelligenz bezeichnen, nämlich die Fähigkeit, in bislang unbekannten Situationen vernünftige Entscheidungen zu treffen, kann ich noch nicht beurteilen. Und das System ist auf seine Weise kreativ. Zumindest sieht das, was es tut, nicht selten wie das Ergebnis kreativer Prozesse aus.


    Mich beschäftigt und erschüttert die Frage, ob wir Menschen nicht auch so gebaut sind. Also ob dieses Modell von Künstlicher Intelligenz, die ja keine Intelligenz ist, möglicherweise sehr viel mit unserer Funktionsweise gemein hat.


    Und, ja, das hat im Kulturbereich gravierende Folgen. Es wird noch mehr Folgen haben, perspektivisch, in allen Lebensbereichen.

  • Mich beschäftigt und erschüttert die Frage, ob wir Menschen nicht auch so gebaut sind. Also ob dieses Modell von Künstlicher Intelligenz, die ja keine Intelligenz ist, möglicherweise sehr viel mit unserer Funktionsweise gemein hat.


    In einem gewissen Sinne ist das vermutlich so. Wir sammeln das ganze Leben lang "Daten" (bei uns nicht nur Wissen sondern auch Erfahrungen) und verarbeiten diese bei jedem neuen Prozess. Mit dem Klitzekleinen Unterschied zur Maschine, das wir dabei nicht an Regeln gebunden sind, bzw. die Regeln, nach denen wir Informationen suchen und verarbeiten, steuern und verändern können, meistens - aber nicht immer - sogar bewusst. Zumindest in einem gewissen Rahmen. Unsere Kreativität ist deshalb zwangsläufig immer eine andere, als die einer Maschine. Das Beängstigende ist, dass die Ergebnisse nicht immer leicht zu unterscheiden.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Mit dem Klitzekleinen Unterschied zur Maschine, das wir dabei nicht an Regeln gebunden sind, bzw. die Regeln, nach denen wir Informationen suchen und verarbeiten, steuern und verändern können, meistens - aber nicht immer - sogar bewusst.

    Die Frage ist, ob das technisch betrachtet wirklich so ist. Oder ob es uns nur so vorkommt und wir eigentlich auch lediglich simplen statistischen Methoden folgen, technisch betrachtet. Kognitive Prozesse sind nach wie vor nicht erklärbar; das System, nach dem unser Gehirn arbeitet, ist noch weitgehend intransparent. Was wir wissen, das ist, dass es auf chemischen Vorgängen basiert. Gut möglich (ich halte es sogar für wahrscheinlich), dass dieses Chemical Computing genauso arbeitet wie ChatGPT & Co. Dass die Ergebnisse unseres Denkens also eigentlich nur Ergebnisse statistischer Methoden sind.

  • Die Frage ist, ob das technisch betrachtet wirklich so ist. Oder ob es uns nur so vorkommt und wir eigentlich auch lediglich simplen statistischen Methoden folgen, technisch betrachtet. Kognitive Prozesse sind nach wie vor nicht erklärbar; das System, nach dem unser Gehirn arbeitet, ist noch weitgehend intransparent. Was wir wissen, das ist, dass es auf chemischen Vorgängen basiert. Gut möglich (ich halte es sogar für wahrscheinlich), dass dieses Chemical Computing genauso arbeitet wie ChatGPT & Co. Dass die Ergebnisse unseres Denkens also eigentlich nur Ergebnisse statistischer Methoden sind.

    Da das System, nach dem unser Gehirn arbeitet, wie du schreibst noch weitgehend intransparent ist, gehe ich davon aus, dass die Art und Weise wie ChatGPT & Co arbeiten eher ähnlich wie unser Gehirn arbeitet, also deren Leistung, eine Abbildung ist (wie gut oder schlecht können wir gar nicht genau sagen). So wie KI arbeitet, ist auch von menschlichen Gehirnen erdacht, basiert also auf menschlicher, nicht maschineller, Kreativität.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • HD, wir reden ganz dicht aneinander vorbei.


    OpenAI und ähnliche Systeme sind nicht intelligent, weil sie kein Wissen verarbeiten, weil sie keine inhaltlichen Zusammenhänge herstellen können, weil sie schlicht keine Vorstellung davon haben, worum es geht. Sie reihen nach - immerhin ziemlich komplexen - statistischen Verfahren Wörter aneinander. Die Systeme wissen nichts um die Bedeutung der Wörter. Sie simulieren Intelligenz, das aber mit verblüffendem Erfolg.


    Was mich umtreibt, ist die Frage, ob das bei uns unterm Strich nicht möglicherweise ähnlich funktioniert.

  • HD, wir reden ganz dicht aneinander vorbei.



    Was mich umtreibt, ist die Frage, ob das bei uns unterm Strich nicht möglicherweise ähnlich funktioniert.

    Ganz dicht aneinander vorbei heißt ja vielleicht, das wir uns trotzdem hören … ;)


    Wenn wir "ähnlich" funktionieren, funktionieren wir ja nicht gleich. Das wäre für mich nicht beängstigend. Im Grunde vermute ich sowieso, das alles was wir schaffen, sowieso immer ähnlich ist. Beängstigend wäre es, wenn wir wir "gleich" funktionieren. Das halte ich jedoch (vielleicht auch nur zur eigenen Beruhigung) vorläufig für unmöglich.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Ich glaube nicht, dass es irgendeine technische oder biologische Instanz gibt, die dazu in der Lage ist, Informationen aus dem Nichts zu gewinnen. ;)

    Das ist ein rein mechanistischer Ansatz und darum ging es mir überhaupt nicht. KI ist nicht in der Lage, neue Erkenntnisse (Informationen) zu gewinnen, die nicht auf bereits Bekannten beruhen. KI beherrscht die wissenschaftliche Arbeitsweise, dass das Ziel Erkenntnis und der Weg dahin der Zeifel an bestehender Erkenntnis ist, nicht - sie kann sich nicht selbst in Zweifel ziehen. Insofern ist KI für mich an einer ganz anderen Stelle gefährlich. Sie bildet die mainstreamige Vorstellung von Wissenachaft ab - das Ziel ist Konsens und der Weg dahin ist, ihr (der Wissenschaft) zu folgen.


    Die Informationen aus dem Nichts sind Informationen, die einfach festgelegt werden und nicht bewiesen, also mit vorherigen Informationen verknüpft werden. Kurz ausgedrückt - die KI würfelt nicht.

  • Ob KI kreativ sein kann, und wenn ja, inwiefern, ist natürlich super spannend für uns Schreiberlinge.


    Die Quintessenz bzgl. ChatGPT lautet meiner Ansicht nach allerdings: Nein, kann sie nicht, denn Kreativität bedeutet, das Unwahrscheinliche zu kombinieren. ChatGPT arbeitet aber immer nur mit Wahrscheinlichkeiten. Kreativität ist in der Logik des Algorithmus also ein Fehler und wird daher von ihm nicht ausgespuckt.


    (ausführlicher in einem Artikel auf literaturcafe.de, den ich da kürzlich veröffentlicht hab)

  • Ich glaube nicht, daß eine fortschrittliche KI in irgend einer Weise den Autoren frommen wird. Genauso wenig wie Roboter dem Arbeiter helfen, sondern stattdessen dem Fabrikanten, wird auch eine Text-KI eher den Verlegern helfen, die Autoren einzusparen. Gewiß, eine KI wird nicht so bald in der Lage sein, anspruchsvolle oder gar künstlerische Werke zu generieren, aber für die Masse an Mainstream-Material, für den Buchmarkt und das Fernsehen, wie Krimis, Liebesschnulzen, Telenovelas u.ä. wird es wohl schon reichen.

    Bei den bildenden Künsten kommt es darauf an. Echte Künster verdienen heute ihr Geld auch nicht mit schönen Bildern, sondern mit Farbklecksen und rostigen Blechdosen, die auf ein Brett genagelt werden. Wenn selbst Kunstprofessoren nicht unterscheiden können, ob ein modernes Schmierbild von einem "Künstler", einem Dreijährigen oder einem mäßig begabten Schimpansen gemalt wurden, wie soll da eine KI nicht mithalten können? Auch in der Musik dürfte es nicht so schwer sein, Noten zu Harmonien und Melodien zusammenzufügen. Pop- und Schlagermusik sind nicht sehr anspruchsvoll und oft sehr ähnlich gestrickt. Moderne E-Musik klingt sowieso schräg. Da fällt das gewiß keinem auf.

  • …Auch in der Musik dürfte es nicht so schwer sein, Noten zu Harmonien und Melodien zusammenzufügen. Pop- und Schlagermusik sind nicht sehr anspruchsvoll und oft sehr ähnlich gestrickt. Moderne E-Musik klingt sowieso schräg. Da fällt das gewiß keinem au

    Es gibt schon seit mehr als zwei Jahrzehnten eine Software, die Tonsatz beherrscht, und zwar in unterschiedlichen Stilen.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Im heutigen SZ-Magazin konfrontieren Redakteure Herbert Grönemeyer mit Texten, die sie ChatGPT in seinem Stil haben schreiben lassen. Was der Barde aus dem Ruhrpott dazu zu sagen hat, un wat er davon am halten is, dat kann in dem Interwju nachgelesen werden.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Im heutigen SZ-Magazin konfrontieren Redakteure Herbert Grönemeyer mit Texten, die sie ChatGPT in seinem Stil haben schreiben lassen. Was der Barde aus dem Ruhrpott dazu zu sagen hat, un wat er davon am halten is, dat kann in dem Interwju nachgelesen werden.

    Grönemeyer ist leider hinter der Bezahlschranke, okay, ich fand seine früheren (musikalischen) Werke auch besser als die heutigen. ChatGPT entspricht im allgemeinen Sinne einer Von-Neumann-Maschine. Der C64 ist das auch. Was für eine "Maschine" das menschliche Gehirn ist, ist noch völlig unbekannt. ChatGPT fehlen wesentliche Dinge, wie Bewusstsein und Willen. Seine Entscheidungen sind nichts weiter, als ein abgearbeiteter Wahrscheinlichkeitsbaum. Natürlich kann es (das ChatGPT?) auch mal daneben liegen, dass ist aber nicht mit menschlichem Irren zu vergleichen. ChatGPT kann automatisch dazulernen, aber eben nur mit Informationen, die ihm erzählt werden. Und, das ist für mich der wichtigste Punkt, ihm fehlt Lebenserfahrung. Das ist etwas, was einer Maschine nicht darstellbar ist - Lebenserfahrung gibt's nicht im Schnelldurchlauf, die Zeit für diese Erfahrungen muss real gelebt werden.

    Zum Glück entscheiden wir Menschen nicht ausschließlich nach Wahrscheinlichkeiten, sondern nach Tagesform, Emotionen, aber eben nicht 100% rational. Wir können unser Handeln nicht immer rational begründen, das ist für eine Maschine unverständlich. Ihr Handeln ist immer reproduzierbar; unseres nicht.