Wie läuft eigentlich die Entscheidungsfindung im Verlag ab?

  • Mich würde mal interessieren, wie da der Prozess ist, wenn neue Manuskripte gesichtet werden.


    Entscheidet der Lektor allein, in Rücksprache mit dem Programmchef, oder gibt es regelmäßige Konferenzen, wo das Ganze den anderen präsentiert wird? Was muss er dafür vorbereiten?

    Und wie oft würden diese Konferenzen stattfinden (wöchentlich, vierteljährlich, nur einmal für den Herbst und dann wieder für Frühjahr ...)?

    Werden Titel kurzfristig in bereits geplante Programme aufgenommen?


    Oder kann man das gar nicht so pauschal sagen, weil jeder Verlag anders vorgeht?


    Fragen über Fragen.

  • Üblicherweise entscheiden die Lektoren und -innen in Abstimmung mit der Programmleitung, ob ein Titel für die Inverlagnahme infrage kommt oder nicht, was nicht nur von der Qualität des angebotenen Textes abhängt, sondern auch davon, wie viele Plätze noch frei sind, welche Titel sonst im fraglichen Programm (Frühjahr/Herbst) schon gesetzt sind, wie eventuell die Quoten aussehen und ob es Konkurrenz im eigenen Haus/selben Programm gäbe, was aber auch dazu führen kann, dass ein Vertrag angeboten wird, aber für ein späteres Programm. Eigentlich sind es die Programmkonferenzen, die die endgültige Entscheidung auf Vorlage der Programmleitung und des Lektorats treffen, wo dann noch Marketing und Vertreter hinzukommen, die den Markt sehr gut kennen und einschätzen können, ob sich Titel anbieten lassen. Diese Konferenzen finden bei großen Publikumsverlagen zweimal im Jahr statt, jeweils für das kommende Jahr. Aber es gibt zwischendrin auch immer wieder die Möglichkeit, Titel einzuschieben, und wenn Auktionen stattfinden oder besonders interessante Texte angeboten werden, wird natürlich auch schneller entschieden (Lektorat in Abstimmung mit der Programmleitung), so dass auf den Programmkonferenzen auch Titel vorgestellt werden, die schon für das jeweilige Programm feststehen, weil sie längst gekauft sind. Viele Verlage lösen sich immer mehr von der starren Semestertaktung oder mischen sie mit spontanen Platzierungen. Das passiert bei besonders aktuellen Titeln sowieso.

  • Vielen Dank Sören Prescher und vielen Dank besonders an Tom für die sehr ausführliche und aufschlussreiche Antwort.


    Habe jetzt auch gesehen, dass Hans Peter Roentgen darüber 2003 ein Büchlein geschrieben hat. Ich werde es mir beizeiten mal zu Gemüte führen, auch wenn bestimmt einiges outdated ist.


    Lieben Dank noch einmal für diese Erklärungen. Die waren echt hilfreich.