Gregory David Roberts - Im Schatten des Berges

  • ASIN/ISBN: B01G1SAQ5S


    Ich habe das Buch bloß der Vollständigkeit halber gekauft und gelesen, weil ich zuvor schon Shantaram kannte. Nunmehr erscheint es mir, als hätte David Roberts den ohnehin zu lang geratenen Erstband mit dem Nudelholz auf zweitausend Seiten ausgewalzt.

    Mich hat schon Shantaram nicht von den Socken gerissen, ab der Buchmitte erschien mir die Lektüre wie die Abenteuer Old Shatterhands in Bombay und Afghanistan, nur, dass Karl May literarisch mehr drauf hatte als Roberts.

    Aber den Vogel abgeschossen hat der gute Lin, wie ihn seine indischen Freunde nennen, erst so richtig mit dem Nachfolgeband. Hier reiht sich ein Joint an den nächsten, eine Plattheit an die andere, eine kitschige Formulierung an die nächste, ein pseudophilosophischer Quatsch an den anderen. Es gibt kein Klischee, kein Stereotyp, in das Roberts nicht hineintappt. Vollgestopft mit Adjektiven und Adverbien, redundant, vorhersehbar, dialoglastig bis zum Geht-nicht-mehr.

    Natürlich fehlt auch ein allwissender Guru auf dem heiligen Berg nicht. Tiger gibt es auch, wir sind ja in Indien, dazu eine abstrakte Liebesgeschichte mit Lins götzenhaft angebeteter Karla, die bereits in Shantaram beginnt, um nach rund eintausendneunhundert Seiten endlich ihr Finale zu erreichen. Weiters der mysteriöse Mord an seiner Freundin Lisa, die seltsame Wandlung ihres Mörders vom Saulus zum Paulus und dann noch die geradezu pathologische Beziehung Lins zu seinem Motorrad, ebenfalls eine tragende Figur seines Werks.

    Zweitausend Seiten "Handlung", angesiedelt rund um das berühmte Cafe Leopolds, mitten in Colaba, gespickt mit fiktiven Mafiaklans, Bandenkriegen, Anschlägen, Morden und Bränden, die es dort nie gab. Und all das auf einem Schauplatz, der kaum größer ist als ein paar Dutzend Fußballplätze. Ansonsten: Haschisch, Haschisch, Haschisch ...

    Shantaram, du Friedvoller, ich kann meinen Lesefrust nicht verbergen. Hab mich rund 1000 Seiten lang durch deinen Bergschatten gequält. Bitte, schreib keinen dritten Teil! Alavida mere dost (Leb wohl, mein Freund!)

    „Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen, das wird wiederkommen, glaubt mir.“ (Bärbel Bohley,1991)

    6 Mal editiert, zuletzt von Manuela () aus folgendem Grund: Feinschliff

  • Danke für die Warnung.

    Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Und es gibt Rezis zu diesem Buch, die überschlagen sich geradezu vor Begeisterung.

    Offen gestanden mag ich den Typ sogar. Also, den David Roberts, nicht seine Romanfigur, so sehr er ihr auch ähnelt. Hab mir sogar extra von seinem Verlag ein langes PDF-Interview besorgt, in dem er ein wenig über sich und seine Art zu schreiben spricht. Fühle mich durchaus seelenverwandt.

    Und es gibt ja auch Absätze, Formulierungen, die mich sprachlich begeistern. Auch manche Figurenzeichnung, insbesondere im Weltbestseller-Erstling finde ich plastisch und lebendig. Aber das sind leider wenige Passagen. Insgesamt ist mir sein Werk handwerklich zu einfach gestrickt, zu pseudophilosophisch, zu esoterisch, zu zweifelhaft heldenhaft angelegt. Mit einem Wort: Literarisch seicht!

    „Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen, das wird wiederkommen, glaubt mir.“ (Bärbel Bohley,1991)