Pushback ...

  • ... ist das "Unwort" des Jahres 2021.


    Das ist für mich ganz persönlich die zweituninteressanteste Schlagzeile dieser Woche, nach der davon, dass die "Golden Globes" wohl verliehen worden sind.


    Womit ich nicht das grauenhafte Geschehen an den Flüchtlingsrouten verniedlichen will. Oder den grauenhaften Umgang mit Sprache. Auch durch die "sprachkritische Aktion". Der ist echt ein Unding. Und verursacht nur Unkosten.

  • Den Begriff kenne ich nicht.

    Das sind die, die die Unwörter entlarven. So werden sie jedenfalls in den Medien bezeichnet, für sich selbst haben sie eigentlich keinen gesonderten Terminus. Es handelt sich um eine recht kleine Gruppe von Leuten aus dem Umfeld der Philipps-Universität Marburg.

  • Ich musste unwillkürlich an die Boten früherer Epochen denken, die für das Überbringen einer schlechten Nachricht mit ihrem Leben bezahlten.


    Man kann sich mit einer Meinung kritisch auseinandersetzen. Mit jeder Meinung. Und man kann jemanden für das Vertreten einer bestimmten Meinung kritisieren, zu deren Begründung er oder sie neben anderen Wörtern auch das Wort Pushback verwendet. Aber das Wort selbst?


    „Pushback! Du böses, böses Wort, du! Ab auf dein Zimmer! Dafür gibts 100 Jahre Stubenarrest.“


    Und wie kann ein Wort zugleich ein Unwort sein?


    Der gleichen Logik folgend könnte man dann auch die Benutzung von Hämmern oder anderem potentiell gefährlichem oder gar für kriminelle Zwecke verwendbarem Werkzeug verbieten oder jedes Jahr ein "Unwerkzeug des Jahres" küren.


    Aber so etwas passiert wohl, wenn verbeamtete Demiurgenseelen Langeweile haben.

    Verbeamtet bin ich zwar nicht, aber so ein klitzkleinesbisschen von einer Demiurgenseele steckt vermutlich in jedem von uns.


    Deshalb hier schon mein Vorschlag für das Unwort des Jahres 2022: „Unwort“

  • Schon ulkig, wenn Leute, die Linguisten und Germanisten sind, mit so einer Wortschöpfung daherkommen, ja. Echt ein Unding. ;)


    Aber, um für die Idee eine Lanze zu brechen - es geht ja darum, Wörter (und deren Schöpfer/Nutzer) zu benennen, die stellvertretend in besonderer Weise den allgegenwärtigen Versuch zeigen, durch Sprachgebrauch Vorgänge zu entkräften, zu legitimieren, vor der gesellschaftlichen Ächtung zu bewahren, oder ihnen schlicht den Schrecken zu nehmen, aus welchen Gründen auch immer. Wofür "Pushback" eigentlich kein gutes Beispiel ist, denn Zurückstoßen ist genau das, was den Menschen dort passiert, im physischen wie im politischen Sinn. Aber das ist wie bei Literaturwettbewerben: Wenn alle eingereichten Geschichten schlecht sind, schmückt sich jener Mensch, der die beste der schlechten Geschichten geschrieben hat, obwohl er dennoch kein guter Autor ist.

  • Mit "pushback" ist zwar "zurückstoßen" gemeint, stimmt, aber gerade diese denglische Bitcoin-Bubble-Nonchalance finde ich ziemlich zynisch, wenn man bedenkt, was wirklich passiert. Man könnte fast meinen, da spricht so nen FDP-Fuzzi über seine viiieeeelen Aktiondepots.

    Deshalb finde ich die Wahl als Unwort so auf Anhieb gar nicht schlecht.

  • Man wählt für einen Umstand einen Anglizismus, den man mit einer Bedeutung auflädt, die die deutsche Entsprechung nicht hätte. Das ist die Grundlage vieler Fremdwörter. Ich finde das an dieser Stelle tatsächlich nicht übermäßig zynisch, aber, klar, einen gewissen Verniedlichungsfaktor soll derlei wohl immer haben.

  • Mich beglückt es (kein Scherz, ehrliche Selbstwahrnehmung), wenn durch die moralische Ächtung eines Wortes, gesellschaftliche Probleme auf eine Metaebene gehoben werden, die unmittelbar zur endgültigen Lösung desselben führen ;) Es ist doch sensationell, was korrekter Sprachgebrauch bewirken kann.

    Ich freue mich auch immer, wenn ich den schönen alten Aufkleber sehe, der das Wort Atomkraft ächtet, erinnert mich an alte Zeiten.

    Im Ernst: Wissenssoziologie hat eine wunderschöne, deutsche Denktradition, die leider viel zu wenig zelebriert wird.

    Nebenbei das die ich gerade auf dem Plotgenerator: https://blog.reedsy.com/plot-generator/