Was mein Lieblingsgedicht ist? … äh …

  • Sonst gibt's aus dem Barock viele schöne Gedichte.

    Zum Beispiel die erotischen Gedichte von Celander.


    An die manierliche Brunette

    Ode


    1.

    Ich thu dir alles zu Gefallen,

    Es sey auch immer, was es sey,

    Ich will, mein Kind, in allen Dingen

    Gehorsamst dein Geboth vollbringen,

    Das würckt die feste Liebes-Treu.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.


    2.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.

    Ich ziehe dir das Hembdgen an,

    Ich will mit schwartz-polirten Zwecken

    Dir selbst geschickt die Hauben stecken,

    Das hat dir keiner noch gethan.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.


    3.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.

    Ich lege dir recht nett und schön,

    Wie deine Mutter ihren Rocken,

    Das Haar in rundgerollte Locken,

    Das wird galant vor andern stehn.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.


    4.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.

    Ich küsse deinen Zucker-Mund,

    Ich streichle deine zarten Wangen,

    Wo Tuberos und Nelcken prangen,

    Und mache dir mein Lieben kund.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.


    5.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.

    Ich schencke dir ein göldnes Band,

    Ich schmiege mich an deine Brüste,

    An das entzückte Lust-Gerüste,

    Und thale mit der weissen Hand.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.


    6.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.

    Ich krable dich auf deinen Bauch,

    Sowohl bey Tag als Finsternissen

    Bin ich auf deinen Dienst beflissen,

    Befiehl, du hast mich zum Gebrauch.

    Ich thu dir alles zu Gefallen.


    7.

    Drumb thu mir auch was zu Gefallen.

    Denn ich begehre gar nicht viel,

    Nimm mich, annehmlichste Brunette,

    Dreymal die Woche mit zu Bette,

    So krieg ich mein verlangtes Ziel.

    Ach! thu mir solches zu Gefallen.


    8.

    Ach! thu mir solches zu Gefallen,

    Und stärcke meine matte Brust,

    Du solt allein mein Schätzgen bleiben,

    Ich will mit dir die Zeit vertreiben,

    Ich lieb in glutbeseelter Lust

    Ach! thu mir dieses zu Gefallen.




     
                    

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Vorsicht beim vollständigen Zitieren der Werke noch lebender oder erst kürzlich (< 70 Jahre) verstorbener Dichter*_<:>_*innen.

  • Wie bereits erwähnt, habe ich kein Lieblingsgedicht anzubieten. Aber es gibt so viele lesens- und hörenswerte. Eines davon stammt von Hermann Hesse, den ich als seelenverwandt empfinde. Hier geht's zum Gedicht: Stufen

    Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt!

    (Mohamdas Karamchand Gandhi)

  • Die "Stufen" von Hesse werden ja leider immer zitiert. So gut es ist, das Gedicht, man kann es dann irgendwann nicht mehr sehen. Hesse hat aber auch andere Lyrik vorgelegt, kantigere und subjektivere. Habe ich hier im Forum schon mal vorgestellt.

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  • Die "Stufen" von Hesse werden ja leider immer zitiert. So gut es ist, das Gedicht, man kann es dann irgendwann nicht mehr sehen. Hesse hat aber auch andere Lyrik vorgelegt, kantigere und subjektivere. Habe ich hier im Forum schon mal vorgestellt.

    Interessante Vorstellung, bin dem Link gefolgt. Da ich nostalgisch/melancholisch/depressiv veranlagt bin, mag ich am liebsten die Gedichte von seiner Indienreise. Ganz besonders dieses oder jenes.

    Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt!

    (Mohamdas Karamchand Gandhi)

  • Eine meiner liebsten Dichterinnen ist Emmy Ball-Hennings, deren Gedichte nun inzwischen vollständig vorliegen.


    Ich bin so vielfach in den Nächten.

    Ich steige aus den dunklen Schächten.

    Wie bunt entfaltet sich mein Anderssein.


    So selbstverloren in dem Grunde,

    Nachtwache ich, bin Traumesrunde

    Und Wunder aus dem Heiligenschrein.


    Es öffnen sich mir viele Pforten.

    Bin ich nicht da? Bin ich nicht dorten?

    Bin ich entstiegen einem Märchenbuch?


    Vielleicht geht ein Gedicht in ferne Weiten.

    Vielleicht verwehen meine Vielfachheiten,

    Ein einsam flatternd, blasses Fahnentuch.


    ASIN/ISBN: 3835335030

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  • Bei Gedichten kommt es, wie im Leben überhaupt, auf die richtigen Zusammenhänge an:

    Das Kind hängt an der Mutter

    Der Bauer hängt am Land

    Der Protestant an Luther

    … das Ölbild an der Wand

    Der Weinstock hängt voll Reben

    … der Hund an Herrchens Blick

    Der Eine hängt am Leben

    … der Andere hängt am Strick (auch Heinz Erhardt) :verleg3

    Es gibt nichts Vollkommenes unter der Sonne und es wäre töricht, dieses zu beanspruchen! (Lou Andreas Salomé)

    Einmal editiert, zuletzt von Zwergteutone () aus folgendem Grund: …. hatte einen Schreibfehler bei "Erhardt" gemacht …. vielleicht habe ich auch den Fehler gemacht, überhaupt zu zitieren, das wird sich noch herausstellen …

  • Nochmal Emmy: Die oben erwähnte Gesamtausgabe der Gedichte ist natürlich ein Glücksfall, aber Emmy im Kleinformat ist auch nicht zu verachten. Im hochroth Verlag Leipzig ist 2013 ein kleines Heftchen mit Gedichten von Emmy Ball-Hennings erschienen, das man klein aber fein nennen kann;: hochaufgetürmte Tage. Ob es Emmys beste Gedichte sind, darüber kann man streiten, mir sind sie aber die liebsten. Oft bin ich schon von einzelnen Sätzen gefangen, etwa: "Jetzt muss ich aus der großen Kugel fallen", oder: "Betrunken taumeln alle Litfasssäulen", und: "Meine Worte sind ganz anders wie ich". Die Gedichte des Heftchens sind zwischen 1913 und 1939 entstanden.

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