Ähs und ähms

  • Vielleicht waren "Äh" und "Ähm" (oder "U" und "Um") die ersten deutlich artikulierten Laute, die ein merkwürdiges Wesen, das sich auf seinen Hinterbeinen aufzurichten begann, von sich gab, um mit seinesgleichen zu kommunizieren.


    ;-)


    Danke für den interessanten Artikel, Jürgen. Jetzt habe ich wieder ein neues Wort … äh … einen neuen Begriff gelernt: Häsitationsmarker-

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Der Artikel (und die Forschungsarbeiten, um die es darin geht) lässt (lassen) sich ziemlich viel Zeit damit, um auf einen vorhersehbaren Punkt zu kommen.


    Nach meiner persönlichen Erfahrung sind die Äh-Sager jene, die schnell antworten und also die Pausen zum Nachdenken innerhalb der Antworten nachholen, während jene, die seltener ähen, zögerlicher mit Antworten sind, also vorher überlegen, was sie sagen. Unterm Strich dürfte es auf eine Nullsumme hinauslaufen.

  • Auch beim (unwillkürlichen) Ähen zeigt sich, dass Vieles, was bei nachträglicher (abstrakter) Betrachtung als "Fehler" erscheint, in Wirklichkeit (konkret) eine wichtige Aufgabe hat, die sich nicht von selbst zu erkennen gibt. Die Sprache hat (fast) immer Recht, weil sie ein überindividuelles System mit eigenen Gesetzmäßigkeiten ist (die wir noch gar nicht alle kennen).

  • Überindividuell? ?!?

    Hoppla, dies habe ich übersehen.

    Sprache kann als überindividuelles System betrachtet werden, weil sie nach Regeln funktioniert, die den individuellen Sprechern nicht bewusst sein müssen. Am besten funktioniert Sprache noch, wenn man nicht überlegt, wie sie funktioniert. Dann ist sie das Allgemeine, mit dem man das Besondere, Individuelle ausdrücken kann.

    Das übermäßige Gendern zwingt ja einen zur permanenten Bewusstheit, dass man an der richtigen Stelle gendert, bzw. kein diskriminierendes Wort benutzt; so verschiebt sich die Aufmerksamkeit vom Inhalt, den man mitteilen will, hin zur Form. Das ist natürlich anstrengend und die Strafe dafür, dass man sich für schlauer halten will als das überindividuelle System.

  • …dass man sich für schlauer halten will als das überindividuelle Syste

    Das überindividuelle System "Sprache" ist schlauer als diejenigen, die es benutzen? :grübel:


    Können Systeme überhaupt schlau sein?

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  • Können Systeme überhaupt schlau sein?

    Ob alle Systeme, keine Ahnung, aber die Sprache ist ein Produkt des Geistes, daher enthält es Geist und ist auch schlau - selbst wenn man es für dumm oder gar geistlos halten möchte. Sprache ist das einzige nichtorganische, selbstregulierende, basisdemokratische und tatsächlich auch noch funktionierende System, das der Mensch geschaffen hat.

  • … Sprache ist das einzige nichtorganische, selbstregulierende, basisdemokratische und tatsächlich auch noch funktionierende System, das der Mensch geschaffen hat.

    Ich denke, dass der Begriff "schlau" oder meinetwegen "intelligent", niemals auf ein Produkt oder ein System, das der Mensch geschaffen hat, angewandt werden kann. Zumindest nicht in dem Sinne, wie Intelligenz üblicherweise definiert wird.

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  • Ich würde zum Beispiel sagen, dass der Natur eine Intelligenz innewohnt, von der wir uns nicht mal eine Vorstellung machen können. Insofern: Warum anderen Systemen nicht? Wobei ich Intelligenz nicht mit Schläue gleichsetzen würde und schon gar nicht mit Intellekt.

  • Aber es gibt ja den Ausdruck - und das Phänomen - Schwarmintelligenz. Wäre der nicht auch auf die Sprache anzuwenden? Insofern bin ich da bei Jürgens Auffassung: dass die Sprache den Geist derer enthält, die sie geschaffen haben.

  • Sicher kann man den Begriff der Intelligenz auch auf die Sprache anwenden, wenn man möchte. Insofern kann ich auch mein Handy als intelligent bezeichnen. Oder man lässt es und beharrt auf dem Standpunkt, dass zu Intelligenz ein intentionales Wesen mit Bewusstsein gehört.

    Im Übrigen frag ich mich auch, ob man von der Sprache als existierendes Etwas reden kann (dem man dann Eigenschaften zuschreibt) oder ob das metaphysischer Schnökes ist.

  • dass man sich für schlauer halten will als das überindividuelle System.

    1. meinte ich "schlauer" wohl mehr im metaphorischen Sinn. Wer also viel äht und ähmt, folgt einer Regel oder Logik, die er nicht bewusst intendiert hat, die seine Rede aber strukturiert und verständlicher macht. Insofern ist die Sprache "schlauer" als sein Nutzer und all seine Kritiker.

    2. ist Sprache durchaus auch schlau, wenn man sie als eine geistige Objektivation, indem sich das Denken in ein besonderes Sein einbildet, betrachtet. Sie existiert nur in Schriftform unabhängig vom Geist, aber beim Sprechen stellt sie eine Subjekt-Objekt-Einheit dar. Aber dieses in die Konkretisation übergegangene Denken bildet auch Regelmäßigkeiten aus, die dem Sprecher nicht alle bewusst sind (=überindividuelles System). Mit anderen Worten: Der Sprecher verleiht dem Gesprochenen seine Schlauheit. Beispiel: Wenn ich das Wort "Mensch" benutze, setze ich die Gleichheit der Menschen (voraus), weil ich jeden einzigen individuellen Menschen unter einem Wort-Allgemeinen subsumiere (also auch "unsichtbar" mache). Meine These lautet, dass der Gleichheitsgedanke, der in der "Erklärung der Menschenrechte" zur Zeit der Französischen Revolution zum Durchbruch kam, in dem Wort "Mensch" schon (unbewusst) vorgebildet gewesen ist.