Ludwig Tieck: Der gestiefelte Kater

  • Drei von fünf Sternen (für Fans)

    In seinem Radiofeature von 1959 nennt Arno Schmidt ihn das Wunderkind der Sinnlosigkeit. Gemeint ist der Romantiker Ludwig Tieck.

    Das mit der Sinnlosigkeit passt ziemlich gut auf den gestiefelten Kater. Der ist zwar – zumindest formell – ein Bühnenstück und passt hier vielleicht nicht richtig hin in die Buchvorstellungen, aber doch eher ein Stück, das im Grunde für das Lesen gedacht ist. Das deutet schon das Figurenverzeichnis an, das weniger Verzeichnis ist als Witz und Spiel. Zum Beispiel werden dort auch Rebhühner genannt, deren „Rolle“ lediglich darin besteht, vom König verzehrt zu werden. Auch das Publikum findet sich in dem Verzeichnis (an letzter Stelle hinter den Affen), was bereits verrät, dass es hier um ein Spiel im Spiel geht. Das Märchen vom gestiefelten Kater darf für die Handlung (wenn man von einer solchen sprechen möchte) ein paar Versatzstücke liefern. Im Wesentlichen aber geht es um eine heillose Vermischung von Fiktion und Realität (die freilich auch nur gespielt ist, aber das liegt in der Natur der Sache). Das Publikum unterhält sich (über das Stück), spricht mit den Figuren (nicht unbedingt mit den Schauspielern)und auch mit dem Dichter, der sich ebenfalls auf der Bühne blicken lässt. Das Schauspiel, das vorgeführt wird, wird selbst zum Thema. Der Kater, wenn er aus seiner Rolle fällt und scheinbar nicht mehr der Kater ist, klettert katzengewandt auf einen Baum. Zu diesem Verdreh- und Spiegelspiel passt der gestiefelte Kater überhaupt perfekt. Denn selbst in diesem Spiel im Spiel ist er ja nur ein verkleideter Kater, also einer, der so tut, als sei er keiner.