Nicht so viele Details bitte ;)

  • Ich lese (eigentlich) sehr gerne die Thriller von Tom Wood und Will Jordan.

    Aber beide Autoren neigen dazu, viele Situationen (für mich) viel zu detailliert zu beschreiben. Im letzten Roman von Tom Wood habe ich zwischendurch manche Seiten nur noch überflogen, ohne was von der Handlung zu verpassen. Bei Will Jordan ist es noch extremer – die Bücher sind sehr dick und ich finde man könnte da locker 10-20 % des Inhalts streichen (je nach Buch).


    Ich lese die Bücher dennoch, weil sie gut geschrieben sind und die eigentliche Handlung spannend ist. Ich frage mich aber:

    Wieso merkt das der Lektor nicht kritisch an? Ja gut, man muss Atmosphäre schaffen, aber ich muss nicht ständig zwei oder drei Seiten mit Kampfszenen lesen, in denen es darum geht, wer wem gerade wohin boxt. Oder wie die Umgebung nun bis ins kleinste Detail aussieht.

    Vielleicht bin ich als Leser bloß zu ungeduldig und ich muss mal nach anderen Thriller-Autoren schauen. ;)


    Aber wie handhabt ihr das als Autor? Seid ihr eher Freunde der detaillierten Beschreibung oder fasst ihr euch kurz und setzt mehr auf Dialoge?

  • Erstens glaube ich, dass das Geschmackssache ist. Bei vielen modernen Romanen und z.B. Krimis wird es oft nahezu weggelassen - meist ist ja gar nicht wichtig, wie genau das Wohnzimmer von Gisela aussieht und eigentlich will ich ja nur wissen, wer der Axtmörder ist und wen er als nächstes abschnetzelt.

    Ich mag detaillierte Beschreibungen sehr gerne und verwende sie selbst auch viel. Vielleicht beschreibe ich nicht ganz so viel, dass man 10-20% meines Contents streichen könnte, aber mir ist an manchen Stellen einfach wichtig, meine genaue Vorstellung von einer Szenerie oder einer Person abzugeben. Bei "Herr der Ringe" z.B. wird ja auch oft "kritisiert", dass Tolkien über Seiten Infodumps und Beschreibungen gibt. Ich habe mir das Buch jetzt endlich mal besorgt, um mir da ein bisschen was abzuschauen. Ich denke nämlich, wer es nicht lesen will, der überfliegt es eben, so wie du das beschrieben hast. Für mich gehört es bei meinem Genre (hauptsächlich Fantasy) einfach irgendwie dazu, dass ich über eine halbe Seite einen Zauber beschreibe oder drei Seiten Kampfhandlung oder den Ausblick über eine Stadt, damit meine Welt etwas Farbe und Gestalt bekommt. Bei einem Roman, den ich gerade schreibe, beschreibe ich z.B. viel weniger, weil es halt in der "Menschenwelt" spielt; jeder kennt die Szenerie und muss sie nicht erklärt bekommen.

    Aber ich bin natürlich auch noch kein verlegter Autor und kann deshalb nichts dazu sagen, wie "der Markt" oder der Lektor das sieht.


    LG :saint:

  • In meinen Fantasyromanen beschreibe ich auch etwas mehr als in den Krimis, aber immer noch dezent. Ich habe mal ein Buch von Tolkien angelesen, das war nicht meins. Zum Glück war es nur ausgeliehen, denn je dicker ein Buch, desto mehr kostet es auch. ;)

    Die Bücher von Will Jordan lese ich weiter, weil sie trotz 650-850 Seiten preislich noch im Rahmen sind mit 10-12 Euro. Bei Fantasyroman zahlt man dann schnell 16-18 Euro pro Buch – das wäre mir dann zu teuer, wenn ich so viele Seiten bloß überfliege.

    Ich hoffe dir gefällt das Buch von Tolkien und wünsche viel Spaß beim Lesen.

  • Ich habe mir gerade die Geschichte "Q'topia" von Frank Schulz angehört, die an Beschreibungen von Details eines Bachlaufs geradezu überquillt. Die Aufgaben dieser Beschreibungen gehen über die Mobilisierung der Leserfantasie weit hinaus. Sie sorgen für den schulztypischen Erzählwitz, die Sprachmelodie, aber auch auf den Verweis auf andere Zusammenhänge, zum Beispiel bekommt anhand dieser Geschichte der Begriff "konkrete Utopie" eine neue Bedeutung. Aber (für mich großes Aber) mir fehlt etwas der allegorische Charakter dieser Details, der Verweis auf die "Geworfenheit" der menschlichen Existenz etc. Kann natürlich auch sein, dass ich vor lauter Binsen und Röhricht den Bruch nicht seh :)

  • Ich habe mir gerade die Geschichte "Q'topia" von Frank Schulz angehört, die an Beschreibungen von Details eines Bachlaufs geradezu überquillt. Die Aufgaben dieser Beschreibungen gehen über die Mobilisierung der Leserfantasie weit hinaus. Sie sorgen für den schulztypischen Erzählwitz, die Sprachmelodie, aber auch auf den Verweis auf andere Zusammenhänge, zum Beispiel bekommt anhand dieser Geschichte der Begriff "konkrete Utopie" eine neue Bedeutung. Aber (für mich großes Aber) mir fehlt etwas der allegorische Charakter dieser Details, der Verweis auf die "Geworfenheit" der menschlichen Existenz etc. Kann natürlich auch sein, dass ich vor lauter Binsen und Röhricht den Bruch nicht seh :)

    Danke für den Link, aber das klang mir nun alles zu abschreckend, um reinzuhören. ;) Den Autor kenne ich nicht.

    Klingt aber so, als würden die Details nicht nur der Beschreibung eines Ortes/einer Situation dienen, sondern einen ganz anderen Zweck erfüllen. Und dann ist das ja wieder eine andere Absicht, als ich sie in einem Thriller vermuten würde. Oder aber ich sehe da den Wald vor lauter Bäumen nicht. :/

    Ich mag Details, wenn sie die symbolische Ebene und Atmosphäre generieren, wenn sie Dinge, Orte, Figuren charakterisieren und natürlich wenn sie als Leitmotive ganze Bedeutungskomplexe heraufbeschwören.

    Gilt das für dich als Autor oder auch als Leser?

  • Frank Schulz gehört zu den besten und originellsten Romanciers der Republik. Sein „Onno Viets“ war ein Bestseller, aber seine Hagener Trilogie ist besser.