Hallo,
in einem anderen Zusammenhang kam die Frage auf, was es mit der Wendung "es macht Sinn" auf sich hat. Ein Abstecher ins Internetz belehrt, "'Sinn machen' wird niemals Sinn ergeben". Und der unvermeidliche Max prägte das goldtene Wort: dies sei ein "primitiver Übersetzungsanglizismus" von "it makes sense".
Das kennt man ja, wenn unserer Sprache was Neues einfällt, dann werden die Sprecher als dumm, faul und primitiv beleidigt, weil sie angeblich aus dem Englischen eine Wendung klauen, statt eine schon vorhandene deutsche zu benutzen.
Aber "Sinn machen" macht durchaus Sinn, wenn man sich mal nüchtern darauf einlässt.
Sich von anderen Sprachen beeinflussen zu lassen, ist nun keine spezielle Eigenart des Deutschen, das gilt natürlich auch für das Englische. Sinn / sense kommt von lat. sensus, machen / make von griech. mássein, was "Lehm kneten für den Häuserbau" heißt. Bildhaft übersetzt heißt "Sinn machen" also: es wird gerade der Sinn geknetet. Dies scheint ein neuer Bedeutungsaspekt zu sein. Während "es hat Sinn" bedeutet, dass ein Sinn schon fertig, vorhanden ist (hier dominiert der perfektive Bedeutungsaspekt), hebt "Sinn machen" gerade auf den Prozess des Sinnentstehens, des Knetens ab, kurz bevor er ganz fertig ist (hier dominiert der durative Aspekt). Die Wendung "Sinn ergeben" scheint zwischen beiden Aspekten zu schweben, jedoch wird dabei der Prozess vom Ende, vom Ergebnis ("ergeben") her akzentuiert. Simsalabim: so füllt also "Sinn machen" gerade eine Bedeutungslücke in unserem Wortschatz, die sonst nur umständlich umschrieben werden könnte.
Ob nun diese Wendung wirklich aus dem Englischen abgeguckt wurde? Erstens: na und? ist das schlimm? Zweitens sind das Deutsche und das Englische so sehr miteinander versippt und verschwägert, dass es auf solchen Kinderkram auch nicht mehr ankommt. Drittens: Vielleicht sind diese Wendungen in beiden Sprachen auch unabhängig von einander, aus der jeweils eigenen Sprachlogik entstanden, um gerade das Prozessuale auszudrücken, womit die indogermanischen Sprachen, die immer um ein Ding, das Substantiv, kreisen, so ihre Schwierigkeiten haben. Insofern hat "Sinn machen" sogar eine welteröffnende Dimension, als sie uns keine fix und fertige Welt präsentiert, die uns überwältigt, sondern eine Welt, die sich im Fluss befindet und in der der Sinn erst noch geknetet wird.