Neues Altes aus Frankreich - Die Gebrüder Grimm

  • VIelen Dank dOrit von gESTERN, Kinder-und Hausmärchen der Brüder Grimm sind aufgeschriebene Erzählungen. Soweit ist das schon bekannt. In der Jubiäumsausgabe von Reclam, 3 Bände, im dritten Band, sind alle Märchen mit Herkunftnachweise und auch die Originalanmerkungen aufgezeigt. Die Brüder Grimm haben vieles umgeschrieben, zeitgemäßig und moralisch einwandfrei, der Zeit geschuldet. Das Rothkäppchen, von Perrault, chaperon rouge, ist eine Erzählung zu dem Rotkäppchen. In anderen Ländern wird das Märchen ähnlich erzählt. Das ist das schöne bei den Märchen, überall in der Welt werden sie erzählt, überall in der Welt bleibt der Kern des Märchen, es wird aber jeweilig angepasst.

  • Das ist schön dargestellt, aber viel zu oberflächlich. Auch Perrault hat die Märchen "bearbeitet". Da älteste Fassung des Rotkäppchens beispielsweise stammt aus italien. Es stimmt auch nicht, dass die Grimms ihre Quellen "immer" verheimlicht haben. In der ersten Auflage ihrer Märchen wurden in einem umfangreichen Anhang die Quellen erwähnt. Ab der zweiten Auflage fielen sie fort, vermutlich, weil sich niemand dafür interessierte und die Märchen in der Anfangszeit ohnehin in Deutschland schwer verkäuflich waren. Der Erfolg setzte nicht spontan, sondern langsam ein. Mitgeholfen haben bei der Sammlung nicht nur die beiden erwähnten "Hugenottinnen", sondern auch viele andere. Beispielsweise haben Annette von Droste-Hülshoff und ihre Schwester an der Sammlung mitgearbeitet.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


    Einmal editiert, zuletzt von Horst-Dieter ()

  • Die Brüder Grimm haben vieles umgeschrieben, zeitgemäßig und moralisch einwandfrei, der Zeit geschuldet.

    Genauer: Sie (d.h.v.a. Wilhelm) haben diese spezielle Form des Kunstmärchens, eben das Grimmsche Märchen, erfunden. Sie scheinen sich nie offen zu ihrer Urheberschaft geäußert zu haben, allenfalls implizit, da sie die Märchen unter ihren Namen veröffentlichten.

  • Genauer: Sie (d.h.v.a. Wilhelm) haben diese spezielle Form des Kunstmärchens, eben das Grimmsche Märchen, erfunden.…

    Eine sehr plakative Behauptung! Brentano, Goethe, Novalis, Tieck und Fouqué – um nur ein paar Beispiele zu nennen, haben sich schon früher mit Märchenstoffen beschäftigt und tatsächlich Kunstmärchen - nämlich ganz neu erfundene - geschaffen. Das was Wilhelm Grimm gemacht hat, die Volksmärchen in eine spezielle Form zu bringen, darf man keineswegs damit vergleichen. Überhaupt sollte diese "redaktionelle" Arbeit, aus der sprachlich auch etwas besonderes geworden ist, nicht mit diesen Kunstmärchen in Verbindung gebracht werden. Übersehen wird meist auch, dass Bearbeitungen und Veränderungen schon durch die mündliche Weitergabe (bei manchen Stoffen über Jahrhunderte) stattgefunden haben.


    Wer sich mit diesem Thema auseinandersetzen möchte, findet in diesem kleinen Reclamheft eine grundlegende Einführung:


    ASIN/ISBN: 3150176506


    Das Buch "Felix Karlinger: Grundzüge einer Geschichte des Märchens im Deutschen Sprachraum, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1983" geht umfassender auf das Thema ein, unter anderem auch auf den Einfluss von Perrault und besonders dessen Quellen. Leider ist das Buch vergriffen und kann nur noch antiquarisch beschafft werden (oder in Bibliotheken - vielleicht).

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  • Möglich auch, dass die Grimms - der Volksseele gleichsam den Puls fühlend - meinten, die Märchen bloß zu reinigen, ihnen also ihre wesensmäßige Form wiederzugeben, die im Laufe der Jahrejahrejahre ein bisserl verschütt gegangen war. Insofern war da gar nicht so sehr der Gedanke von Urheberschaft, sonder nur von Heberschaft.

    Kann sein, dass ich sowas in Safranskis Romantik-Buch gelesen hab.

  • Das was Wilhelm Grimm gemacht hat, die Volksmärchen in eine spezielle Form zu bringen, darf man keineswegs damit vergleichen

    Ich erlaube es mir mal, sie nicht nur mit den Märchen Fouques etc. (die sowieso kein Mensch mehr liest) zu vergleichen, sondern die literarische Leistung auch noch höher einzuschätzen.

  • Jürgen

    Das bleibt Dir natürlich unbenommen, es verzerrt aber m.M. nach den Blick auf das, was Kunstmärchen sind und das, was die Grimms – und insbesondere Wilhelm - tatsächlich wollten. Nicht ohne Grund hat man schon vor längerer Zeit den Begriff "Buchmärchen" zur Abgenzung von den echten Kunstmärchen eingeführt.

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  • Kunstmärchen haben einen klar zuordenbaren Autor, der sie sozusagen geplottet hat. Außerdem gehen sie, anders als Volksmärchen - egal, ob bereinigt oder nicht - nicht immer gut aus (z.B. bei H.C. Andersen). Auch ist ihr Personal oft weniger märchenhaft angelegt, Magie vermischt sich mit Realität, beschriebene Orte gibt es oft in der realen Welt.

    Urheberschaft würde auch ich das bei den Grimms nicht nennen, Heberschaft trifft es sehr gut.