Ein Leben nach der Absage

  • Aber irgendwann muss man sagen: "Jetzt ist es soweit fertig, dass es in die Öffentlichkeit kann."

    Das ist wie mit dem Computer. Wenn du ihn aus dem Laden schleppst, gibt es schon was besseres. Nur, in Buch kannst du für die zweite, überarbeitete Auflage noch Verbesserungen und Korrekturen anbringen. Beim Computer eher nicht.

  • Ich kenne nur sehr wenige Autoren, die das nicht kennen. Es kursieren jede Menge Sharepics unter Autoren zu diesem Thema, meistens Cartoons, in denen die Autoren in verschiedenen Stati zu sehen sind, zwischen unfassbarer Euphorie, weil das soeben vollendete Werk absolut bahnbrechend ist, und nicht endenwollender Niedergeschlagenheit, weil jeder andere Text besser ist als ausgerechnet dieser. Kein Manuskript ist immer nur einfach gut, das schwankt von Tag zu Tag, und manchmal beschleicht mich der Gedanke, dass Schriftstellersein automatisch mit einer Art bipolarer Störung einhergeht (ohne diese unerträgliche Beeinträchtigung damit kleinreden zu wollen). ;)


    Oft bleibt diese Skepsis dem eigenen Werk gegenüber sogar dann noch bestehen, wenn es Verkaufserfolge feiert und/oder mehrfach prämiert wird.

    Mein Freund zeichnet Hobbymäßig "Comics". Er hat mir gerade folgendes Bild geschickt (Aufgrund der 1 MB Beschränkung der Uploads musste ich es etwas "zuschneiden")


    *Seine Nachricht: „Sag im Forum liebe Grüße und zeig ihnen den Entwurf, vielleicht bringt sie das auf andere Gedanken ;) “ *


    Zumindest mir habt ihr geholfen, jetzt weiß ich, dass ich nicht alleine mit diesem Gefühl bin :)

    1.jpg

  • Vielleicht sollte man als Autor gar keine fremden Bücher lesen, weil das doch immer nur frustrierend sein kann: Sind sie besser, als die eigenen Elaborate , ist man ob seiner eigenen Unzulänglichkeit frustriert; sind sie schlechter, ist man verärgert oder neidig, weil jene mit ihrem Mist so viel Erfolg haben.

    Deshalb lese ich am liebsten die Klassiker. Da die alle längst tot sind, kann ich sie nicht beneiden und wenn sie besser sind, bin ich nicht traurig, denn wer kann schon an die Titanen heran reichen? ;)

  • ... und wieder eine Absage - andere Agentur, anderes voll eingereichtes Manuskript. "Gut erzählte Geschichte" angeblich, aber angesichts der schwierigen Situation bz bz bz ... Von den anderen Agenturen ... nischt ...


    Ich weiß noch nicht mal, was ich dazu schreiben soll. Ich bin vor allem gefrustet und enttäuscht. Und es ärgert mich, dass ich heute kein einziges Wort schreiben konnte, weil eine kleine Stimme in meinem Kopf schreit, dass es sowieso nur Schrott ist.


    Was natürlich Quatsch ist. Ich schreibe gut, gewitzt und unterhaltsam. Ich recherchiere fundiert und pointiert. Meine Geschichten reißen mit und man kann sich auch ein wenig in die Charaktere verlieben. Sag ich mal so.


    Und jetzt mache ich es wie Trump und wiederhole es immer wieder, bis ich es selbst glaube. Morgen bewerbe ich mich neu.

  • Manchmal erwischt man auch einfach den falschen Zeitpunkt. :/ Schade, dass es nicht geklappt hat (ich glaube ich habe dir auch schon in einem anderen Forum geschrieben ;)).

    Wäre natürlich schön, wenn die Agentur einen Hinweis geben würde, woran es denn gelegen hat.

  • Danke Kiana!

    Es ist wieder das gleiche Spiel - die "schwierige Situation" wird vorgeschoben. Dann hätte man das MS ja auch gar nicht erst anfordern brauchen, denn die Situation hat sich in den letzten vier Wochen nicht geändert. Ist also nur eine faule Ausrede.

    Ja, fehlendes Feedback ist wirklich das Problem - mal wieder. War es zu derb, zu modern formuliert, zu schwer auf eine Zielgruppe anzuwenden, zu sexlastig, zu blutrünstig, zu knapp formuliert, zu schlecht recherchiert, zu doof erklärt, zu platt formuliert, zu langweilig erzählt, und und und...

    Hach, ich will auch gar nicht rumjammern. Heute ist einfach nur ein schlechter Tag. ||

  • Das ist dann echt frustrierend, wenn es keine konkrete Begründung ist. :(


    Hast du vielleicht noch mögliche neue Testleser, die einen frischen Blick auf das Mansukript werfen können? Entweder können die dir dann Mut machen dranzubleiben, oder du hast einen Hinweis, was vielleicht noch verbessert werden könnte.


    Ich hoffe es geht dir morgen besser und du kannst dich jetzt irgendwie ablenken.

  • Ich weiß noch nicht mal, was ich dazu schreiben soll. Ich bin vor allem gefrustet und enttäuscht. Und es ärgert mich, dass ich heute kein einziges Wort schreiben konnte, weil eine kleine Stimme in meinem Kopf schreit, dass es sowieso nur Schrott ist.

    Hallo Silke,


    Kopf hoch! Das mit der Stimme und den abgelehnten Manuskripten kennt vermutlich jeder hier, ebenso die schwach formulierten Standartabsagen der Agenturen.


    Da opfert man Zeit, macht sich Hoffnungen und setzt alles auf eine Karte, nur um dann den nächsten Dämpfer einzustecken. Als würde man einer Person im Regen den Schirm reichen und dann doch wieder zurückziehen.


    Ich kann deine Lage gut nachvollziehen, ich weiß nicht ob es dir hilft, aber hier kann bestimmt jeder ein Lied von solch einer Situation singen.


    Das Leben geht weiter, ich drücke dir ganz Fest die Daumen.


    Viele Grüße


    Basti

  • Gönn' Dir 'nen Schnaps oder so...

    Zu allem Überfluss habe ich mir einen Dry January verordnet! Keine Writer's Tears für mich (nur die echten).


    Das Leben geht weiter, ich drücke dir ganz Fest die Daumen.

    Danke, Basti! War einfach nur ein Scheiß-Dreckstag gestern. Ist ja nicht so, dass ich die Absage nicht irgendwie erwartet hätte, aber egal, wie sehr man sich stählt ... naja, es wird schon wieder.


    Ich hab zur Abwechselung just mal in dein Forumprofil geschaut und fand z.B. gar nix...

    Ich weiß ja nicht, was du dort erwartet hast zu finden?


    Danke jedenfalls für deine aufmunternden Worte. Ich schreibe ja bereits am nächsten, aber momentan wollen die Worte so gar nicht so übers Keyboard flutschen. Aber ich denke mal, in ein paar Tagen ist mein verletzter Stolz wieder ein wenig zusammengeflickt und dann klappt es wieder.

  • Da dein Gesamtmanuskript angefordert wurde, könntest du nicht doch mal anrufen und nachfragen? Was hast du zu verlieren? Vielleicht gibt’s ja doch einen benennbaren Grund, der dir beim nächsten Manuskript weiterhelfen könnte.
    Ich würde ein paar Tage abwarten, bis der sehr nachvollziehbare Frust nicht mehr in der Stimme zu hören ist, und dann anrufen.


    PS: Vielleicht wäre eine Möglichkeit, nach persönlichen Tipps zu fragen, was man beim nächsten Buch besser machen könnte oder vermeiden sollte. Eventuell kann man dann heraushören, woran es wirklich gelegen hat.

  • Hallo, Silke.


    Ich kann nichts wirklich Neues beisteuern, außer, dass wir das alle erleben, immer wieder, ganz egal, wie weit wir sind oder uns wähnen. Und die Situation ist im Moment tatsächlich, äh, anspruchsvoll. Die Verlage agieren sehr zurückhaltend, es gibt quasi kein Live-Geschehen, Neuerscheinungen gehen unter, wenn man nicht gerade eine Drogeriemarktkette als Werbeplattform hat, und die Leser scheinen sich auf Bewährtes zu konzentrieren. Es wird überall abgewartet. Isso. Also war das möglicherweise nicht nur eine Floskel. Man weiß es nicht. :achsel


    Wenn Dir fünfzig Leute gesagt haben, dass Du klasse aussiehst, und dann geht einer an Dir vorbei und murmelt: Alter, bist Du aber hässlich, dann denkst Du nicht: Mag er ja meinen, aber fünfzig Leute finden mich schön, also bin ich wohl schön. Sondern Du denkst: Da sagt einer die Wahrheit, während mich alle anderen nur anlügen, weil sich Menschen nun einmal tagein, tagaus anlügen, um sich das Leben leichter zu machen. Du könntest sogar Schönheitswettbewerbe gewonnen haben und als Model arbeiten. Die eine negative Aussage verkleistert alles. So sind wir gestrickt, aber die gute Nachricht, die nicht neu sein dürfte, lautet: Wir kommen darüber hinweg. Krönchen richten und all das. Morgen ist ein neuer Tag. Die Sonne geht wieder auf. Auf einen Winter folgt ein Frühling, auf Krieg Frieden undsoweiter.


    Ich habe, glaube ich, noch nichts Literarisches von Dir gelesen, aber ich lese Deine bemerkenswerten Postings, und ich glaube, die erfrischende Selbsteinschätzung, die Du von Dir gegeben hast, könnte zutreffen. Es ist nur leider nicht leicht, in dieser verkackten Branche Fuß zu fassen. Gerade jetzt. Aber eigentlich immer. Ohne eine satte Portion Dickfelligkeit, Geduld und, ja, ein bisschen Glück übersteht man die Anbahnungsphase nur schwer.

  • Da dein Gesamtmanuskript angefordert wurde, könntest du nicht doch mal anrufen und nachfragen? Was hast du zu verlieren?

    Ja, das Gespräch hatten wir schon mal, liebe Kerstin. Ich habe natürlich gleich eine E-Mail hinterher geschickt - das hat letztes Mal bei einer anderen Agentur ganz gut geklappt. Wenn nicht, dann bleibt wohl nur das Telefon.


    Tom - "bemerkenswert". Das versüßt mir doch prompt den Tag. Du hast natürlich recht. Bei allem. Man hört immer nur das Negative. Deshalb bin ich so froh, dass ich kein Topmodel geworden bin. Keine Ahnung, wie man in der Branche überlebt.

    Danke nochmals an alle für eure offenen Ohren. Mir ist soeben aufgegangen, dass ich auch mehr auf meine Figuren hören sollte. Da ließ doch die Agnes erst vorgestern über einen Freund ausrichten (wie man erahnen kann, strotzt die Geschichte vor Wettermetaphorik):


    «Und dann sagte sie am Ende, dass du unverzagt sein sollst. Dass nach jedem Regen immer Sonnenschein kommt.»


    Ich sollte mehr auf meine Charaktere hören!

  • Liebe Silke,

    ich kann deine Gefühlslage absolut nachvollziehen, auch wenn ich das eigentlich nicht kann. Ich will damit sagen, dass ich nicht in der gleichen Situation stecke wie du, aber mich wohl sehr ähnlich fühle. Ich habe noch keine einzige Anfrage irgendwo hin geschickt und habe auch nicht vor, das in nächster Zeit zu tun und trotzdem bin ich furchtbar deprimiert. Ich bastel seit Jahren vor mich hin und habe dabei (mal abgesehen von der zurecht niederschmetternden BT-Runde) weder positives noch negatives Feedback. Aber da ist eben besagte Stimme in meinem Kopf, die mir ganz deutlich sagt, dass ich nur Müll fabriziere. Und momentan glaube ich dieser Stimme. Ich denke nicht, dass sie mich mal soweit kriegt, mit dem Schreiben aufzuhören, aber vielleicht sollte ich einfach den großen Traum an den Nagel hängen, jemals etwas zu veröffentlichen.

    Ich bin eigentlich kein Mensch, der jemals aufgibt und das solltest du auch nicht. Das klingt jetzt -im Schatten meiner vorangegangenen Zeilen - sicher nicht besonders überzeugend, aber es müssen jetzt noch einige aufmunternde Worte fallen: Du machst das super! Weiter so! Kopf hoch! Du bist spitze! Du kannst sicher super skaten/kochen/schreiben/dichten/malen/Klavier spielen/operieren und fallschirmspringen! Schicke Frisur! Toller Look! Du bist die Beste!


    Liebe Grüße und 'n Drückerchen

    Caro

  • Liebe Caro, danke auch an dich für diese aufbauenden Worte! Es hilft total!


    Um zu deiner eigenen kleinen Welt zu kommen: Ich erinnere mich an die BT-Runde und an die Kritik dort. Ich kann mir vorstellen, dass das weh getan hat! Aber du musst natürlich bedenken, dass da nicht du oder dein Talent bekrittelt werden, sondern der Text.


    Alles, aber auch wirklich alles, was in der BT-Runde angemerkt wurde, kann erlernt werden. Es ist ein Handwerk. Kritik ist eines der Werkzeuge, die man nutzen kann, andere Autorentechniken abgucken ein anderes, Ratgeber und Tipps das nächste. Ich habe in den letzten zwei, drei Jahren enorm dazu gelernt, aber dazu gehörte eben auch, dass ich mich der Kritik stellen musste.


    Als mein anderes MS von einer Agentur abgelehnt wurde (und ich habe mich diesbezüglich hier ausgeheult), bin ich aus allen Wolken gefallen (schon wieder eine Wetter-Metapher, muss ich mir merken). Jedenfalls, ich fand bis dato den Text unfehlbar. Dann kam auf Anfrage die Kritik der Gutachterin.


    "Klischeehafte Charaktere" - Autsch!!!


    Aber dann habe ich darüber nachgedacht und festgestellt, dass sie recht hatte. Die Figuren waren schwach. Also habe ich mich hingesetzt und alles gelesen, was ich über Charakterisierungen usw. lernen konnte. Andere Geschichten daraufhin analysiert usw.


    Ich gehe jetzt total planerisch vor, überlege mir jeden Abschnitt der Geschichte ganz genau, bringe Wendungen hinein und lasse meine Figuren sich entwickeln und strahlen, mit all ihren Stärken und Schwächen. Das habe ich früher nicht gemacht, und entsprechend war das Ergebnis. Testleser haben diese Schwäche übrigens nicht erkannt, deshalb ist die Einschätzung von Profis wie hier im Forum schon sinnvoll. Jetzt schreibe ich die komplette Geschichte noch einmal neu und mag es schon viel besser.


    Was ich damit sagen will: Gib nicht auf! Stelle dich deinen Schwächen und arbeite daran, sie zu verbessern. Wenn du willst, dass du eines Tages auf die ein oder andere Weise publiziert oder wenigstens gelesen wirst, dann eigne dir all diese kleinen Tricks und Kniffe an, die Leser zu schätzen wissen. Wenn du lieber für dich schreiben willst, ist das natürlich auch ok, aber es klingt so, als wäre das nicht dein Ziel. Ich weiß, ich hab gut reden. Meine BT-Runde steht noch aus ...

  • Erstmal muss ich vollkommen zustimmen: Was in der BT-Runde kritisiert wurde, war absolut korrekt und ich habe gestern angefangen, dieses Werk sprachlich zu überarbeiten. Auch die Stellen, die mir selbst nicht gefallen haben, sind jetzt dran und werden zum Teil radikal gelöscht und umgeschrieben. Ich muss wohl dazu sagen, dass ich unglaublich an diesem Buch hänge, weil es mein erstes ist und ich inzwischen schon knappe 10 Jahre in den Aufbau der Fantasy-Welt gesteckt habe (mal ganz abgesehen davon, dass der zweite Teil auch schon fertig ist). Deshalb versuche ich alles mir Mögliche, um den ersten Teil noch hin zu biegen, denn mein größter Albtraum wäre es, wenn ich ausgerechnet dieses riesige Projekt einmotten müsste, weil es "zu schlecht" ist. Insgesamt knappe 1500 Normseiten schreibt man weder "einfach mal so neu" oder wirft sie gleich ganz weg. Naja, kommt Zeit, kommt Rat. Ich klammere mich jetzt an die Hoffnung, dass das Überarbeiten Wirkung zeigt, schließlich meinte sogar meine Erstleserin, sie habe gemerkt, wie sehr ich mich vom ersten zum zweiten Teil gesteigert habe.

    Danke dir auch für die aufmunternden Zeilen<3