Recherche und korrekte Darstellung in Roman, Erzählung

  • Tom - dir ist es wichtiger, eine Geschichte GUT zu erzählen, auch wenn dann Römer Tomatensuppe schlürfen. Das ist deine Ansicht. Die Frage hier im Fred war wie das ankommt - so hab ich das jedenfalls verstanden.


    Und ich kann ja nur vo mir erzählen. Wenn du in deinen Leichtmatrosen irgendetwas über das Hausbootfahren erzählst, was völliger Bullshit ist und Leser das wissen, sind sie mal so - mal so --- meiner Erfahrung nach. Die einen wollen korrekte Darstellungen, die anderen eine gute Geschichte, auf Teufel komm raus.

    Wenn man einen Roman schreibt (und eben kein Sachbuch) hat man nicht die Auflage, so korrekt wie möglich zu schreiben. Aber was, wenn du eine Schleusendurchfahrt völlig falsch schilderst und ein Leser nimmt das für bahre Münze? Wahrscheinlich ist das sein Pech und niemand nimmtz sich einen Schirm und versucht zu fliegen, nur weil er von Mary Poppins gelesen hat.


    Ich versuche halt, so gut wie möglich zu recherchieren - aber manchmal geht auch das daneben. Aber egal, letztendlich schreibe ich Romane, die von irgendwem irgendwann irgendwie in Schubladen gesteckt werden. Auch von dir, lieber Tom.


    Was ist denn der Grund der Frage? Der Kaffeesatz der Frage?

    Kann man als Autor schreiben, was man will ? Egal ob wahr oder falsch?


    Meine Antwort wäre - solange man es so gut macht, dass man gelesen wird, dann schon.

    Aber ob man erfolgreich ist oder nicht, hat auch mit anderen Faktoren zu tun.

  • Was aber häufig vorkommt, ist die fehlerhafte Darstellung einer Berufswelt. Nehmen wir mal als Beispiel den Journalisten. Der macht fast nie alltägliche Schreibtischarbeit, sondern, sofern er Protagonist in einem Roman ist, hat er meist einen Berufsalltag, von dem die wirklichen Journalisten manchmal nicht mal mehr träumen würden, weil viel zu stressig oder gefährlich ;) .

    Nun, ich hatte das Glück, genau zu jener Sorte Journalisten zu gehören, die wenig Schreibtischarbeit machten. Dafür war ich viel unterwegs und habe - jetzt rückblickend - tatsächlich oft, nicht immer, das Journalistenleben führen können, wie es in manchem Film beschrieben ist.

  • Zitat

    und ich verstehe auch nicht, dass Du Dir Sachen anziehst, die Dir nicht passen


    Das ist, mit Verlaub, pure Egozentrik. Und bei aller Liebe, Ulli - wie Du HDs allgemeine Anmerkung auf Facebook in einen persönlichen, frauenfeindlichen (!) Angriff uminszeniert hast, empfinde ich als äußerst problematisch.


  • Das ist, mit Verlaub, pure Egozentrik. Und bei aller Liebe, Ulli - wie Du HDs allgemeine Anmerkung auf Facebook in einen persönlichen, frauenfeindlichen (!) Angriff uminszeniert hast, empfinde ich als äußerst problematisch.

    >>

    Zitat



    und ich verstehe auch nicht, dass Du Dir Sachen anziehst, die Dir nicht passen<<


    Das Zitat war von Horst-Dieter und nicht von mir. Und wenn du jetzt schon meinen persönlichen Facebookaccount hier reinziehst, dann hast du vielleicht dort auch gelesen, was ich dort dazu noch geschrieben habe. Da du nicht möchtest, dass man hier im ÖFFENTLICHEN Bereich Dinge liest, die du in abgetrennten Bereichen schreibst, kannst du vielleicht auch verstehen, dass ich das auch nicht möchte. Danke.

  • Was mich immer wieder ärgert, ist die Bezeichnung "Sauerstoffflasche", wenn die Rede ist vom Tauchen.

    Es ärgern einen beim Lesen und Filmeschauen ja gern die Sachen, von denen man was versteht. Nein, Sauerstoffflaschen heißen offenbar genauso wenig Sauerstoffflaschen wie Buchhändleri/nnen den ganzen Tag dekorativ in ihren wunderschönen, butzeligen Lädchen stehen und ätherisch anmutende Gespräche über Literatur führen (oder Ermittler stets einsame Wölfe ohne Familie, dafür mit traumatischer Vergangenheit sind. Oder Journalisten nichts anderes tun als als amorphe Meute über arme Medienopfer herzufallen). Die wenigsten Nicht-Taucher, Nicht-Buchhändler oder Nicht-Kommissare wird das kratzen - und wer ist schon Taucher etc.? Das würde ich wohl eher locker sehen.


    Das mit den erinnerten Wahrheiten, was Ulli schreibt, stimmt schon. Mir ist das gerade selbst passiert, bei einem Text über eins meiner damaligen Lieblings-Kinderbücher. Ohne darüber nachzudenken, war ich sicher, dass der kleine Wassermann eine grüne Haut hat und habe das auch so geschrieben. Gestern habe ich das Buch für eine Kundin ausgepackt und neugierig hineingeschaut. Der Wassermann ist nicht grünhäutig. Er hat dicke, rote Backen. Grüne Augen, grüne Haare, aber keine grüne Haut. ich möchte gar nicht wissen, was sich sonst noch alles an falschen Erinnerungen in meinem Geschriebenen tummelt!

  • und wer ist schon Taucher

    In Deutschland geht der Statistik nach immerhin eine halbe Million Menschen regelmäßig tauchen. Das heißt, sie haben eine Ausbildung genossen und wissen, dass sie nicht mit Sauerstoff tauchen, sondern mit Pressluft. Das dürften deutlich mehr Menschen sein als es Buchhändlerinnen in Deutschland gibt.


    Davon abgesehen, dass meiner Meinung nach der Leser auch belletristischer Bücher durchaus bestimmte Darstellungen als korrekt dargestellt in sein Wissen aufnimmt (dass es 1480 schon Kartoffeln in Europa gab, dass die Römer zu Zeiten Jesu schon Tomatensuppe schlürften), geht es schon mal gar nicht , in einem Buch einen Berufstaucher behaupten zu lassen, er tauche mit Sauerstoff. Damit wird ja dann sogar noch ein Fachmann als Idiot dargestellt.


    Aber das ist nur meine unmaßgebliche Meinung.

  • In Deutschland geht der Statistik nach immerhin eine halbe Million Menschen regelmäßig tauchen.

    Echt, so viele? Das wusste ich nicht. Da wird es dann der Literatur zuträglich sein, wenn die Schnittmenge derer, die tauchen und derer, die Bücher darüber schreiben, möglichst groß ist. Oder die Schnittmenge derer, die Bücher übers Tauchen schreiben und der tauchenden Verlagslektoren. Oder die derer, die die die Bücher lesen, und derer, denen die Sauerstoffflasche trotz allem schnurzpiepenwurscht ist. Ach, es muss immer so viel zusammenkommen, damit es passt! ")"


    Nein, im Ernst. Mein Vergleich hinkt ja auch. Buchhändler und Sauerstoffflaschen, naja. Das eine ist ein Klischee, das andere eine schlicht falsche Bezeichnung, die es nach Möglichkeit zu vermeiden gilt, da gebe ich dir Recht! Wenn ich je so ausführlich über Taucher schreiben würde, dass ich sogar ihre Arbeitsgeräte erwähne, dann würde ich mich (und sollte man sich) wenigstens minimalstnötig schlau machen und vielleicht sogar mal mit jemandem reden, der etwas davon versteht. Allein schon, weil ich weiß, dass ich mich da auf unsicherem Terrain bewege. ich finde das sogar eine Frage des Respekts den Lesern gegenüber.


    Aber mich über sowas ärgern? Lieber nicht. Früher habe mich auch über die dekorative Buchhändlerin geärgert. Aber wenn Lieschen Müller und Hänschen Meier pfiffige Köpfe sind, werden sie sich schon denken können, dass Buchhändler auch mal richtig arbeiten, und dass Mordkommissare viel Schreibtischkram machen und sich bestimmt auch viele nette Familienmamas und -papas unter ihnen finden werden.

  • Zitat

    Da du nicht möchtest, dass man hier im ÖFFENTLICHEN Bereich Dinge liest, die du in abgetrennten Bereichen schreibst, kannst du vielleicht auch verstehen, dass ich das auch nicht möchte. Danke.


    Damit hast Du natürlich recht. Das ist unverzeihlich; ich bitte dennoch herzlichst um Entschuldigung, vollständig ironiefrei.

  • Also wenn ich von echten Berufstauchern erzähle, dann tauchen die natürlich chuck-norris-like ohne irgendwelche Luftflaschen durch den Marianengraben :pfeif...

  • Hallo Ben,


    Du warst also auch mal Journalist. Ich auch, allerdings in der Kultur, und das ist noch mal was ganz anderes, kein bisschen investigativ oder dergleichen:). Dafür kenne ich mich aber auch in der (klassischen) Kulturszene ganz gut aus. Und ich fürchte, wenn man da das Alltagsleben so eines Künstlers zum Roman machen wollte, viel an Aufregung käme nicht dabei heraus. Insofern glaube ich, dass man hier zu Lasten der Authentizität ruhig auch ausschmücken darf.


    Was Fehler in historischen Romanen betrifft, denke ich auch, wer sich nicht auskennt, wird es nicht bemerken, insofern kann ich sogar damit ein bisschen nachlässig sein, auch wenn ich mehrere Historiker kenne, die sich unmäßig über "unmittelalterliche" Mittelalterromane aufregen. Nun war eben auch das Mittelalter nicht ganz so romantauglich, und erst recht war das nicht die Märchen- und Abenteuerwelt, zu der es in historischen Romanen gemacht wird.


    Würde man sich da wirklich an ALLE Fakten halten, würde man etwa die Mentalität des MAs authentisch darstellen, dann wäre diese Welt unserer vermutlich sogar so fern, dass sie als Roman gar nicht mehr spannend wäre.

    Ich gebe aber zu, Iris Kammerer hat das für die Zeit, in der ihre Romane spielen, wirklich gut hinbekommen. Aber man kann in ihren Romanen eben auch nicht so "schwelgen", wie sich das die meisten Leser historischer Romane vermutlich wünschen.


    Ich glaube, als Autor muss man immer diesen Balanceakt zwischen Fakten und Fiktion einhalten. Die Glühbirne ins Mittelalter zu verlegen, ist peinlich. Aber einen Roman so auszuschmücken, dass er eben doch das Außergewöhnliche statt des Alltags schildert, sollte erlaubt sein.

  • Hallo Anja,


    ich bin auch überzeugt, dass man in historischen Romane schummeln kann. Wobei ich früher tatsächlich auch die in den Büchern beschriebenen Details für wahr genommen habe.


    Und als Kulturtante kan man aber sowas von investigativ recherchieren. Zumindest in einem Buch als heldenhafte Protagonistin. Zum Beispiel nach dem "Verschbollenen Manuskript von Hellmuth Karasek". Oder dem "Gestohlenen Bildnis des Francis Bacon" oder "Der Arme Poet, der aus dem Bett fiel und nass wurde".

  • Hallo Tom,


    zuerst aufgefallen ist es mir bei Andreas Eschbach. Im Jesus-Video gibt es eine Sequenz, in der es ums Tauchen geht. Und dann vor nicht allzu langer Zeit bei einer Autorenkollegin, deren Namen ich lieber nicht nennen will, die aber eine Reihe von Normandie-Krimis geschrieben hat.

  • Meiner Meinung nach hat die "Sauerstoffflasche" nicht in erster Linie mit Recherche und sachlicher Richtigkeit zu tun, sondern mit dem Sprachgebrauch. In der Umgangssprache hat "Sauerstoff" eben häufig die Bedeutung von "Luft zum Atmen". Das bedeutet also, dass die "Sauerstoffflasche", insofern sie zum Tauchen oder zur Wiederbelebung gebraucht wird, Luft zum Atmen enthält. Diese Wortverwendung ist kein Zeichen von Ungebildetheit etc. , sondern im Gegenteil: Ein Ganzes nach einem Teil von ihm zu benennen, kann man auch Synekdoche oder pars pro toto nennen.

    Okay: Im Dialog unter Fachleuten sollte der Fachbegriff auftauchen, aber sobald der Taucher mit einem Laien spricht, könnte er wieder in die Umgangssprache zurückfallen und "Sauerstoffflasche" sagen. Das würde ihn für den Leser evtl. sogar sympathisch erscheinen lassen. Wenn er jedoch nachdrücklich und mit einem Vortrag untermauernd auf "Pressluftflasche" besteht, zeigt er sich als eine andere Person.

    Bei der Frage "Sauerstoff-" oder "Pressluftflasche" kommt es also darauf an, wie man die Person gerne charakterisiert haben möchte.

    Ich kenne die Sauerstoffflasche noch von früher, wo sie als Beispiel für ein Wort mit drei aufeinanderfolgenden Konsonannten herhalten musste (wie auch Pappplakat), während die Schiffahrt natürlich nur mit zwei f geschrieben werden durfte.

  • Auch von mir herzliche Begrüßung im Forum Ben und vielleicht einen freundschaftlich sarkastischen Rat: die Leute mögen hier wohlmöglich nicht mit Leuten zu reden, die ihren Taucherkampfanzug noch nicht an der Garderobe abgegeben haben (Stichwort: Marinetaucher, Minentaucher etc...)

    Vielne Dank, ostelbe.

    Kannst du mir bitte deinen Ratschlag erläutern? Ich verstehe nicht ganz …