Buchhandlungen werden geschlossen (nicht überall), Verlage fahren ihre Programme zurück oder verschieben sie – dabei haben wir selten so viel Zeit zum Lesen gehabt. Zwischenmenschlich dürfen wir nur auf einmeterfünfzig Abstand, aber das Buch (oder den Reader) dürfen wir ganz nah ans Gesicht halten. Die großen Publikumsverlage werden wohl besser davon kommen als die Kleinen, deshalb wäre es als Leser nicht verkehrt, gerade diese ein wenig zu stützen in dieser virenbelasteten Zeit. Möglichst durch Direktbestellungen, denn da bleibt mehr für die Verlage hängen, als wenn es durch die Buchhandelsketten oder gar durch den Regenwald geht.
Hier mein erster Tipp: Günther Emigs Literatur-Betrieb. Als erstes empfehle ich schon mal die Jahrbücher von "Hammer und Veilchen". Darin sind Kurzgeschichten und Kurzprosa vom Feinsten zu finden (u.a. von Tanja Dückers) und zwar aus den letzten sechs Jahren. Insbesondere für die Leserinnen und Leser interessant, die noch meinen, die deutsche Kurzgeschichte wäre in den 1950er Jahren entstanden und in den 1960ern gestorben. Wer Kurz nicht mag, kann es auch ganz lang haben, nämlich das "Kätchen von Heilbronn". Wem Kleist dazu einfällt, liegt nicht falsch, in diesem Fall aber total daneben. Günther Emig hat nämlich einen 3200 Seiten langen Kolportageroman wieder aufgelegt, allerdings nur als E-Book. Und auch sonst lohnt sich, im Angebot dieses Kleinstverlages zu stöbern, da ist noch manches andere interessante zu finden.
Meine Güte - statt den x-ten Fantasyroman mit dem immer gleichen Personal, dem hundertundelften Thriller um die Weltverschwörung oder die abermillionenste Liebesschmonzette - lest doch mal was anderes!