Perspektive

  • Hallo!


    Endlich, das Erstlektorat ist durch.

    Jetzt muss ich mich um die Verbesserungsvorschläge kämpfen. Bis jetzt bin ich mit der Lektorin ganz zufrieden.

    Sie hat gut aufgepasst und die eine oder andere Schwachstelle aufgedeckt.


    Wie seht ihr das mit dem Perspektivwechsel?

    Gibt es da eine Faustregel von nicht mehr als drei, wie mir die nette Lektorin schrieb?

    Ich habe acht. Drei davon belegen jeweils nur ein Kapitel. Natürlich stecken da meiner Meinung nach wertvolle Informationen für den Leser drin. Die soll ich nun einfach löschen. Eventuell sogar vier.


    Wie handhabt ihr das? Habe ich es tatsächlich übertrieben, aus der Sicht von acht verschiedenen Personen zu schreiben?


    Grüße

    Birgit

  • Wenn Perspektive auch tatsächlich "aus dem Inneren der fraglichen Person" bedeutet, dann sind acht Perspektiven wirklich viel. Ich habe noch nie davon gehört, dass es die von Deiner Lektorin erwähnte Regel geben soll, aber es kursieren viele Regeln, die nicht jeder kennt, darunter durchaus vernünftige (der Protagonist sollte immer mindestens eine positive Eigenschaft mehr haben als der Antagonist, aber der Antagonist sollte nicht nur negative Eigenschaften haben). Es kommt, finde ich, wie bei so vielem auf das Ergebnis und die Wirkung an. Ich habe letztens Heike Dukens "Wenn das Leben Dir eine Schildkröte schenkt" gelesen und besprochen; auch Heike arbeitet mit vielen Perspektiven, wechselt sogar personale und Ich-Erzähler ab. Das funktioniert ganz gut, bis zu dem Moment, als sich eine Perspektive erstmals wiederholt - durch die häufigen Wechsel erwartet man das u.U. nicht mehr. Es muss also gut gemacht sein. Das ist übrigens die Goldene Regel fürs Schreiben schlechthin. 8)

  • Ich sehe auch ein, acht ist etwas viel. Aber vier belegen ja nur jeweils ein Kapitel inklusive Prolog.

    Ich hatte bisher noch nie so ein gründliches Lektorat und bin etwas verunsichert. Gerne möchte ich glauben, dass es sich um eine Person handelt mit richtig gutem Gespür für Texte. Aber ich kenne sie ja nicht.

    Jedenfalls habe ich das erste angesprochene Kapitel umgeschrieben, jetzt aus der Sicht des Hauptprota. Bis auf wenige Details tut es der Geschichte keinen Schaden an.

    Wie das mit den anderen Kapiteln wird, da muss ich erst mal schaun. Ich bin ja nicht verpflichtet alles zu streichen. Hoffe ich mal .

  • Ich hab das nicht so ganz verstanden, aber hoffe mal, dass du nicht innerhalb eines Kapitels die Perspektive wechselst. Eine Zahl kenne ich auch nicht, aber ich verwende höchstens 2 Perspektiven. Manchmal, ganz, ganz selten, 3 - da ist aber dann eine auktoriale dabei.

  • Das Problem, das ich sehe, ist die Lesererwartung. Eine Figur, die es "verdient", dass man aus ihrer Perspektive schreibt, nährt bei den Lesern die Erwartung, dass es sich um eine "Hauptrolle" handelt. Ich erwarte dann weitere Kapitel aus der selben Perspektive. Wird aber in allen folgenden Kapiteln nur "über" diese Person geschrieben, fände ich es etwas merkwürdig. Da würde mir die Konsistenz fehlen. Derartige Konstrukte kenne ich aus Romanen, bei denen (eher unwichtige) Nebendarsteller etwas aus ihrer Perspektive erzählen, weil alle anderen nicht in der Lage dazu sind. Die tauchen aber selten für ein ganzes Kapitel auf, sondern werden eher als Hilfsmittel eingesetzt und spielen oft für den weiteren Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr.


    Es wäre zu überlegen, ob die Perspektive eines bereits eingeführten Protagonisten nicht die gleichen Informationen liefern könnte. Eine allgemein gültige Antwort kann es nicht geben. Manche Geschichten würden vielleicht nicht funktionieren. Es muss also Gründe geben. Die Wahl deiner Perspektiven sollte entweder einen Mehrwert bieten, oder notwendig sein.

  • Ich kenne mich mit den "offiziellen" Regeln beim Schreiben nicht aus. Als Leser finde ich es allerdings störend, wenn die Perspektiven zu schnell gewechselt werden. Am liebsten habe ich es, wenn sie die meiste Zeit bei einer Person bleibt. In einem Epos, bei dem viele Beteiligten mitspielen, darf man ruhig alle 50 Seiten mal eine neue Perspektive finden. Interessant fand ich es, Robin Hobbs (eigentlich Margaret Astrid Lindholm Ogdens) Weitseher-Chroniken zu lesen. Sie schreibt in der 1. Person, da er aber in die Köpfe anderer sehen kann, sieht er somit auch einiges in der 3. Perpektive, also aus der Sicht anderer. Ich schließe mich Toms und Sternenimperators Meinung an . alles kann gut sein, wenn man es richtig macht. :thumbup:

  • Ich verwende selbst gern Perspektivwechsel, wenn es der Handlung dienlich ist. Deine Lektorin hat allerdings recht damit, dass es nicht zu viele sein sollten. Meiner Meinung nach kann man das aber nicht verallgemeinern. Die Frage ist, ob dein Manuskript dadurch verwirrend wird oder nicht. Liest sich das Buch trotzdem schlüssig, bereichern die Perspektivwechsel den Text und machen ihn nachvollziehbarer? Sodass z.B. die Absichten der einzelnen Charaktere so für den Leser besser verständlich sind etc.? Oder drängt sich an irgendeinem Punkt in dem Text die leise Frage "Hä...?" im Hinterkopf auf?

    Solange ein Buch dadurch gewinnt, sollte man um Perspektivwechsel keinen allzu großen Bogen machen. :)

  • Hallo Bettina,


    das Erstlektorat ist jetzt durch. Ich habe tatsächlich zwei Perspektiven löschen können, ohne dass es großen Schaden genommen hat. Allerdings gab es da noch zwei weitere, die sie gerne löschen wollte, die aber geblieben sind.

    Ich konnte mit der Lektorin sehr gut zusammenarbeiten und aus meiner Geschichte mehr rausholen. Jetzt warte ich auf das Detailektorat.


    LG