Literatur-Rätsel: Wer war der Autor, der einer Prostituierten 100.000 Euro bezahlt hat?

  • Unser Autor hat sich nach zwei frühen literarischen Erfolgen dafür entschieden, hoher Regierungsbeamter zu werden, was ihm nicht so schwer fiel, weil er studierter Jurist war.


    Viele Jahre hat er dann als hoher Beamter gearbeitet und war in dieser Tätigkeit auch sehr erfolgreich und von seinen Vorgesetzten außerordentlich geschätzt. In dieser Zeit hat unser Autor zwar noch geschrieben, aber nichts mehr veröffentlicht, weshalb er in der literarischen Öffentlichkeit nach und nach vergessen wurde.


    Bald nachdem er seine neue Stelle angenommen hatte, lernte unser Autor bei irgendeiner Betriebsfeier die Frau eines anderen Verwaltungsbeamten kennen, in die er sich leidenschaftlich verliebte. Seine Liebe wurde erwidert, aber nicht so, wie unser Autor sich das vorgestellt hatte. Seine Angebetete, die älter als unser Autor und mehrfache Mutter war, bestand auf einer rein platonischen Beziehung. Dem hat unser Autor zähneknirschend zugestimmt, aber es ist ihm wirklich sehr schwer gefallen. 10 Jahre lang hat er versucht, mit seiner Geliebten ins Bett zu kommen, und 10 Jahre lang hat sie ihn zurückgewiesen.


    Nach 10 Jahren hatte unser Autor allerdings genug. Er wollte jetzt unbedingt mit einer Frau ins Bett, und wenn nicht mit dieser, dann eben mit einer anderen. Also hat er sich aus dem Staub gemacht und ist unter falschen Namen ins Ausland gereist. So rasch und überstürzt ging die Abreise vor sich, daß er weder bei seinem Vorgesetzten Urlaub beantragt hat, noch seine Geliebte informierte, was diese ihm nie mehr verziehen hat.


    Den – zu seinen Lebzeiten nie veröffentlichten – Tagebüchern des Autors kann man entnehmen, wie sich die sexuelle Anspannung in ihm nach und nach gesteigert hat, z.B. daran, daß er ausführlich über Prostituierte nachdenkt und einmal auch vermerkt, daß eine Prostituierte ihn auf der Straße angesprochen habe.


    Am Ziel seiner Reise angelangt, hat unser Autor erst versucht, Frauen so kennenzulernen, z.B. auf Partys, bei Konzerten oder in der Oper etc. Aber obwohl unser Autor keineswegs schlecht aussah und außerdem klug und gebildet war, ist ihm das nicht gelungen. Also blieben nur Prostituierte. Da unser Autor anspruchsvoll war und große Angst vor Geschlechtskrankheiten hatten, was er seinem Vorgesetzten brieflich offen mitteilte, kamen keine Mädchen von der Straße in Frage, sondern nur das, was man heute als "Hobbynutten" bezeichnet, also Frauen, die ganz normal einen Beruf haben, aber nebenher für Geld mit Männern ins Bett gehen.


    So eine hat unser Autor schließlich gefunden und sie fürstlich bezahlt, was ihm leichtfiel, weil er vermögend war. Später hat unser Autor stets den Eindruck erwecken wollte, ihm wären die Frauen sein Leben lang zu Füssen gelegen, er hätte also nie auf Prostituierte zurückgreifen müssen. Lange hat man ihm das auch geglaubt, bis ein etwas indiskreter Schnüffler unter seinen Biographen genau den Scheck, mit dem unser Autor seine kleine Freundin bezahlt hat, in den Archiven einer Bank gefunden hat. Der Scheck lautete auf eine enorme Summe, in heutigem Geld wären es wohl 100.000 Euro. Kein schlechter Deal für eine Bedienung in einem Wirtshaus, die, was sie allerdings nicht wußte, in die Literaturgeschichte eingehen sollte.


    Als er sich ausgetobt hatte, ist unser Autor wieder nach Hause gefahren, wo seine alte Freundin mit ihm kein Wort mehr gewechselt hat. Seine neue gewonnene sexuelle Erfahrung hat unser Autor dazu genutzt, einen Schwung erotischer Gedichte zu schreiben, die er später sogar veröffentlicht hat, was vielen, die ihn von früher her kannten, mißfiel.

  • Sollte das unser Johann Wolfgang G. aus F., später wohnhaft in W. sein und seine platonische Freundin Charlotte heißen?

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


    Einmal editiert, zuletzt von Horst-Dieter ()

  • Ein bißchen schade, daß das so schnell ging, aber wer was weiß, der weiß was.

    Aber die Verpackung war gut. Ich habe das Rätsel ein zweites Mal gelesen und nach versteckten Fallen gesucht, konnte aber keine finden. Erst dann habe ich mich getraut, die Lösung zu posten.


    Ich werde versuchen, ein ähnliches allgemein gehaltenes Rätsel zu einer ähnlich bekannten Schriftstellerpersönlichkeit (nur nicht so hoch angesiedelt) zu verfassen und noch heute online zu stellen.

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  • Aber die Sache mit der Prostituierten hat mich irritiert.

    Sie hieß Faustina – kann man sich das vorstellen? -, war die verwitwete Tochter eines Gastwirtes mit Kind, hat also Geld gebraucht, und sie hat Erfahrung mitgebracht, was für die Römischen Elegien sicher ein Glücksfall war.


    Ich habe das zuerst bei Eissler gelesen, und da erschien es mir recht überzeugend: Kurt R. Eissler, Goethe: Eine psychoanalytische Studie 1775-1786 (2 Bände) (dtv Kultur & Geschichte)

  • Hanns-Josef Ortheil hat aus der Episode einen Roman gemacht: "Faustinas Küsse"


    Erzählt wird das Ganze aus der Sicht eines Herumtreibers, dessen Geliebte Faustina ist (allerdings ohne Bezahlung) und der sich ziemlich lange lustig macht über Goethe und seinen verweichlichten Werther. So lange, bis er vom Geheimrat und Faustina erfährt ... Schön zu lesen.