Das Schwule Museum in Berlin ist nicht schwul. Das Deusche Historische Museum nicht deutsch und historisch (sondern ein Museum der deutschen Geschichte). Und dieses Buch ist keine "intellektuelle Autobiographie". Obwohl es im Untertitel so steht. Das Leben des Autobiographen soll nicht intellektuell dargestellt sein, sondern es geht um die Geistesgrößen, die den Intellekt des Autors durch sein Leben geformt haben.
Mann, war das jetzt eine Korinthenkackerei! Aber ich kann's nicht ändern: Der Untertitel ist das Einzige, was mir an diesem Buch zu kritisieren einfällt. Und der stammt nicht vom Autor, sondern aus der deutschsprachigen Übersetzung des Verlags (Suhrkamp). Hier ist das Buch:
ASIN/ISBN: 3518428683 |
Wie wurde Mario Vargas Llosa also zu DEM Vargas Llosa? Zu dem Mann, der seine Rede zum Nobelpreis nonchalant und en passant in unter fünf Minuten hielt? Zum weltbekannten Schriftsteller, der auch gegen Albert Fujimori um die Wahl zum Präsidenten Perus kandidierte?
Vargas Llosa teilt seine "intellektuelle Autobiographie" ein in Kapitel über die Denker, die ihn entscheidend beeinflusst haben dabei, ein Liberaler zu werden. (Wegen dieses Buchs war ich heute in der Juristischen Uni-Bibliothek in Salzburg und habe mir die Hayek-Bibliothek im Toskana-Trakt angeschaut - ganz unten im Keller, eine Schande.)
Es geht um die Denker, die für Vargas Llosa den Liberalismus besonders prägen und denen gemein ist, dass sie Etatismus, Nationalismus und Kollektivismus ablehnen, Freiheit und Individuum in den Vordergrund ihrer Überlegungen stellen.
"Der Ruf der Horde" ist eine Formulierung aus Karl Poppers "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde". Sie bezeichnet die tribalistischen Neigungen, die den modernen Menschen immer noch kennzeichnen und ihn empfänglich machen für Populismus, Vargas Llosa schreibt: "Die Schlacht ist noch nicht geschlagen, und dazu kommt es wahrscheinlich nie. Der Ruf der Horde, die Anziehungskraft, die von dieser Form des Daseins (der geschlossenen Stammesgesellschaft) ausgeht, in der das Individuum sich der mühsamen Verpflichtung der Freiheit ebenso begibt wie der Souveränität, die Ratio walten zu lassen – im freiwilligen Joch einer Religion, einer Doktrin oder eines Herrschers, der für ihn die Verantwortung übernimmt und Antworten gibt auf all seine Probleme –, dieser Ruf schlägt im Herzen der Menschen offenbar tiefste Saiten an. Denn ein ums andere Mal wird er von Nationen und Völkern oder, in den offenen Gesellschaften, von einzelnen Menschen und Gemeinschaften gehört, die alles daransetzen, sie wieder zu schließen und die Kultur der Freiheit abzuschaffen."
Die Kapitel behandeln Adam Smith, José Ortega y Gasset, Friedich August von Hayek, Karl Popper, Raymond Aron, Isaiah Berlin und Jean-François Revel. Vargas Llosa lässt durchblicken, dass innerhalb dieser Größen ihm Hayek und Popper noch einmal besonders am Herzen liegen.
Ein fabulöses Buch für solche, die sich mit der Ideengeschichte des Liberalismus beschäftigen wollen, geschrieben von einem großen Literaten und übersetzt von einem Träger des Paul-Celan-Preises.