Wiedergehört: Simon & Garfunkel

  • Diesen Monat war es wieder soweit: Ich kaufte mir die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Rolling Stone (April 2018). Der Grund war nicht nur das Titelthema sondern auch die beigefügte CD. Simon & Garfunkel prangte darauf. Bei der CD dann in kleinerer Schrift: Cover-Versions. Genau das interessierte mich, denn besonders in den Interpretationen anderer Künstler zeigt sich oft, welchen Gehalt die Songs tatsächlich haben. Begleitet haben mich die Songs von Paul Simon ein Leben lang. Grund genug, wieder einmal hinzuhören – und mich zu erinnern.


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    Anfang der Siebziger lief überall die letzte LP des Duos - Bridge over troubled water – und wir hatten die Melodien und Texte im Kopf. Neben dem Titelsong stachen für mich vor allem So Long, Frank Lloyd Wright, The Boxer, The Only Living Boy in New York und Song for the Asking heraus. Ganz und gar nicht mochte ich das verhunzte El Condor Pasa. Ärgerlich war auch, dass der Komponist der Melodie damals nicht genannt wurde. Atahualpa Yupanqui beschwerte sich darüber öffentlich. Irgendwann wurde dann der Name des Komponisten (Daniel Alomia Robles) angegeben, ich weiß aber nicht wann und finde dieses Stück nach wie vor in der S&G-Version nicht gut.


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    Mein Favorit war und ist jedoch das Album »Bookends«, 1968 herausgekommen. Sämtliche Stücke von einleitenden Bookends Theme bis zum abschließenden At The Zoo waren für mich gnadenlos genial - sind es auch heute noch. Beim Wiederhören klingt für mich nichts abgenudelt und auch die Cover Versionen der Rolling Stone CD (Harzy Shade Of Winter und Mrs. Robinson) stören diesen Eindruck nicht, verstärken ihn eher noch. Leider ist die Platte im Lauf der Jahre verloren gegangen. Ich habe heute nur eine CD zur Verfügung.


    Die Trennung des Duos schien mir immer irgendwie schlüssig zu sein. Zwar passte auf den Platten alles gut zusammen, aber wenn ich mir beispielsweise das Concert in Central Park ansehe und anhöre, habe ich das Gefühl, das im richtigen Leben es nicht so gepasst hat, wie man es auf Platten zusammenproduziert wurde. Zumindest gegen Ende nicht mehr. Am eindrucksvollsten zu sehen, wenn Art Garfunkel »Bridge over troubled water« ohne Paul Simon singt. Mein Eindruck war, dass Herr Garfunkel die Sahne des Duos war. Aber wenn man sich entscheiden muss Erdbeeren oder Sahne, wer nimmt dann die Sahne? Deshalb habe ich über die Jahre auch eher den musikalischen Weg von Paul Simon verfolgt. Trotzdem lag in den 80ern bis in die späten 90ern auch immer eine Musikkassette von Art Garfunkel im Auto. Manchmal habe ich dann doch auch seine Bright Eyes und Disney Girls hören wollen. Vielfältiger und vor allem abwechslungsreicher war die Musik, die Paul Simon nach der Trennung vorlegte. Zwei Alben im Besonderen sind es, die ich immer wieder gerne auflege.


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    Graceland aus dem Jahr 1986 liegt mir noch in einer Langspielplatte vor, die ich Anfang der 1990er in Dresden gekauft habe, als ehemalige DDR Pressung (des Amiga-Labels). Dieses Album nahm Paul Simon mit südafrikanischen Künstlern auf, was ihm einiges an Ärger einbrachte, da dort zu dieser Zeit immer noch Apartheid herrschte. Das er allerdings überwiegend mit schwarzen Künstlern aus Südafrika und Lesotho zusammenarbeitete, wurde dabei gern übersehen. Immerhin machte diese Platte die südafrikanischen Musiker in Europa und den USA bekannt und für einen Grammy im folgenden Jahr reichte es ebenfalls.


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    Das zweite Album ist »Songs from The Capemann«, die aus dem von Paul Simon komponierten gleichnamigen Musical stammen. Unsere jüngste Tochter wünschte sich dieses 1997 erschienene Album und brachte meine Aufmerksamkeit damit nach einer etwas längeren Simon-Abstinenzphase wieder zurück zu diesem Ausnahmekünstler. Lateinamerikanisch konnte er also auch.


    Zu nennen wäre noch »american tune«. Simon nutzt eine Melodie aus Bachs Matthäuspassion (O Haupt voll Blut und Wunden), die aber auf eine Melodie von Hans Leo Hassler zurück geht. Jahre später fand ich es dann bei Hannes Wader wieder, der daraus seinen »Tagtraum« gemacht hatte.

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    Emanuel von Bodmann


  • Die Interpreten waren mir bislang sämtlich nicht bekannt. Die ersten beiden Songs (Hazy Shade Of Winter … und The Only Living Boy …) entfernen sich nicht allzuweit vom Original. Der dritte Titel (Feelin' Groovy), ein Jahr später aufgenommen als das Original, wird so locker gespielt, wie es S&G vermutlich gerne gesungen und gespielt hätten. Beim vierten Stück (So Long, Frank Lloyd Wright …) irritieren zunächst die wuppernden Bässe, die ein Stück für den Diskogebrauch ahnen lassen, aber es ist faszinierend, wie dazu das Lied passt. Hat mir, trotz anfänglich aufwallendem Vorurteil gut gefallen. Wie ein Gegenschlag wirkt das fünfte Stück (Katy's Song). Scott Matthew singt so langsam, das man jeden Augenblick befürchtet, er höre mittendrin auf. Tut er nicht - er schafft es bis zum Ende. Jerry Leger klingt, als säße er bei uns im Wohnzimmer auf dem Sofa mit seiner Klampfe. Minimalismus scheint seine Grunddevise zu sein. Aber es passt und beschädigt das Original nicht. Mrs. Robinson, der 6. Titel fällt ein bisschen aus der Reihe. Er wird als Instrumental angeboten, mit Hammondorgel à la Klaus Wunderlich - naja, vielleicht ein bisschen fetziger, und mit einem fröhlich aus der Reihe tanzendem Bass. Das letzte Stück ist ein experimentelles Stück, bei dem Themen aus zwei Songs miteinander verwoben werden.


    Doch, ist eine interessante Hörerfahrung.

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  • Danke schön für die ausführliche Antwort. Eigentlich hatte ich erwartet, dass die Disturbed Version von Sound of Silence dabei ist. Ist ja oft genug durch die Medien gegeistert. ;)


    Auf den Rolling Stone CD-Beilagen sind eher nicht die Versionen drauf, die durch die Medien gegeistert sind.

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