Sendepause

  • Das war’s dann wohl: Mein 25, wenn nicht 30 Jahre alter Fernseher hat den letzten Mucks getan. Er lässt sich nicht mehr anschalten. Das wäre – wenn man denn jemanden fände, der es noch reparieren kann und wenn es noch die entsprechenden Ersatzteile gäbe – kein Todesurteil. Wahrscheinlich ist nur ein Relais kaputt, ein Kondensator – irgendeine Kleinigkeit, ohne die es aber nicht geht. Da es aber nicht die erste Reparatur wäre, und weil so ein Röhrengerät denn 2018 doch wie ein Dinosaurier aus grauer Vorzeit anmutet (doch, Fernbedienung hatte er schon, Farbe auch), wäre es ja mal Zeit für eine Neuanschaffung. So ein schicker Flachbildschirm, hat doch was! Der Reflex ist da: ohne Fernsehen geht’s nicht, also muss Ersatz her!


    Oder ginge es etwa doch? Ich merke nämlich, dass ich durchaus mehr Zeit für andere Dinge habe und die auch nutze. Es war ja schon eine (schlechte) Angewohnheit geworden, den Kasten anzuschalten, die Kanäle durchzuzappen, in der Gewissheit, irgendwo wird schon was Gescheites laufen. Und wenn nichts Gescheites, dann vielleicht was zum Staunen: Frauentausch, Dschungelcamp, oder wenn das nicht mehr reicht, die nächst-krassere Version der modernen TV-Unterhaltung. Wenn dieses Gewohnheits- und Verlegenheitsgucken zwangsläufig wegfiele, die Zeit wäre in jedem Fall besser eingesetzt.


    Heute auf einen Fernseher zu verzichten, ist ja auch längst nicht mehr so krass wie damals, als mein Fernseher noch das schickste Model im Laden war. 1988 kein Fernsehen – verdächtig! Hardcore-Öko? Mitglied einer Sekte? Heute könnte man immer noch zur Not Sendungen im Internet gucken. Spielfilme werden längst gestreamt, Serien auch. Man wäre gar nicht mehr vom Tagesprogramm abhängig. – Was aber wiederum dazu verführen würde, noch länger vor dem Bildschirm zu versumpfen … Egal: Vielleicht wird ein Fernseher, jedenfalls so, wie man ihn jetzt noch kennt, irgendwann so überflüssig wie ein Festnetztelefon.


    Überhaupt: Meine abonnierte Zeitschrift hat ihre von mir sehr geschätzte TV-Beilage (wegen der guten Tipps) ohnehin wegrationalisiert, hin zu einer Version, in der Frauentausch und Dschungelcamp als Highlight des Tages angepriesen werden. Allein deshalb würde es mich schon reizen!


    Also: Den Reflex, einen neuen Fernseher zu kaufen, einfach mal unterdrücken? Wenigstens testweise? Mal gucken …


    Wie haltet Ihr das? Lebt jemand TV-los glücklich? Oder könnte es sich zumindest vorstellen? Oder ist die Glotze immer noch unabdingbar?

  • Ich bin jetzt 21 und lebe seit 6 Jahren ohne Fernseher, nachdem ich ihn an meinen kleinen Bruder abgetreten habe.
    Ich habe trotzdem fast alles gesehen, was es zu sehen gibt. Ein Hoch auf das Internet, dass es einem ermöglicht Filme zu sehen, die irgendwo in Armenien ganz groß sind. Und man muss sich nicht mehr die immer gleichen Synchronstimmen anhören, sondern bekommt Trainspotting mit schottischen Akzent anstatt Hochdeutsch. Und ich bleibe vom Voyeristen-Fernsehen verschont.

  • Wir sind froh, dass ein Nachbar alles reparieren kann. Weil ewig alles neu, nervt sehr. Der Zwang dazu, obwohl sie machen es ja inzwischen so zwingend, dass man dann schon in den Wald ziehen muss.
    Nein, nicht fernsehlos, immer gerne Filme geschaut, ganze Studienzeit im Kino verbracht oder in Frankreich, wunderbare große neue Flachbildschirme, alles vernetzt, amazon prime usw. Aber - ich will immer weniger irgendwas sehen, und dann sind die neuen Bildschirme schön, wenn ich sehe, was ich will.

  • Wir haben seit 2009 keinen Fernseher und fehlt uns auch nicht - wenn mein Mann Serien sehen will, dann schaut er sie am Laptop. Dafür gehen wir verhältnismäßig oft ins Kino - bei uns war es anfangs eine reine finanzentscheidung (wir waren Studenten, der Fernseher war kaputt und wir konnten uns keinen neuen leisten), inzwischen wollte ich keinen mehr ")"

  • Heute hat unser Sohn uns seinen riesigen Flachbildfernseher angeboten. Jetzt ist ein Kind im Haus und sie wollen so etwas, was das ganze Zimmer domminiert, nicht mehr haben. Wenn sie irgend etwas sehen wollten, ginge das ohnehin am Computer. Ähnlich war es, als bei uns die Kinder kamen. Wir hatten ohnehin vorher schon weitgehend fernsehlos gelebt. Das alte Röhrengerät, das wir noch aus der Verwandtschaft mit in die Ehe bekommen haben, hatte längst seinen Geist aufgegeben und war durch einen kleinen roten, tragbaren Fernseher, die damals, Mitte der 70er Populär wurden, ersetzt. Auch noch mit Schwarzweißbild übrigens. Den haben wir dann nach Geburt unseres ersten Kindes im Schrank versteckt und nur zu seltenen Fällen mal vorgeholt, wenn die Kinder abends schliefen. Das hat gut funktioniert und wir haben nichts vermisst. Dann kam unser Sohn in die Schule und wurde dort damit konfrontiert, dass der Lehrer mit seinen Erstklässern besprach, was sie sehen könnten und was besser nicht. Da war unser Sohn schockiert - nämlich darüber, dass die anderen schon so etwas wie Fehrnsehn täglich haben durften. Dass trotz allem – zum Beispiel zu Freunden gehen und dort Fernsehn gucken - die Flimmerkiste bei uns nicht zu dominant wurde, half wesentlich, das wir als Erwachsene nicht zu sehr fehrnsehfixiert waren und wir zusammen mit den Kindern einiges unternahmen und abends auch zusammen saßen, Spiele machten und Vorlasen.


    Nein, den riesigen Fernseher nehmen wir auch heute nicht. Der würde unseren Blick nach draußen einschränken.

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Meine Eltern haben einen Fernseher neuerer Bauart, den kein Mensch mehr bedienen kann. Wenn der Kabelanbieter mal wieder seine Kanäle wechselt, hangelt man sich durch zig Menüs und Untermenüs und kriegt's doch nicht hin. Zauberei ist das nicht, logisch, geht alles - aber *will* man sich damit beschäftigen? Ich nicht. Auch das ist ein Punkt, der gegen eine Neuanschaffung spricht.
    Reparaturcafé, das wäre es - aber schlepp das Teil mal dahin. Ich bin an und für sich durchaus für den Erhalt von Dingen, vor allem auch, weil ich den Eindruck habe, die neueren Geräte halten weniger lang (Verschwörungstheorie? Vielleicht ja, vielleicht nein).
    Aber: Wie man's auch dreht und wendet: Das Gerät hat seine beste Zeit hinter sich. Je mehr Geld man investiert hat, desto mehr meint man, man müsse daran festhalten - auch Quatsch!
    Aber die hunderte Stunden aufgenommener Sendungen auf der Festplatte möchte man ja vielleicht auch mal sehen ...
    Neue Sachen sowieso.
    Irgendwann wird Ersatz hermüssen. Ich bin zu alt, um "Tatort" auf dem Handy zu gucken. (Obwohl, erwähnte ich, dass mein Handy von 2004 ist :D ? Womit sich diese Variante auch erledigt hätte.)
    Momentan geht's mir überraschend gut ohne TV. Hätte ich gar nicht gedacht. Ich denke, ich hungere den Reflex, automatisch zur Fernbedienung greifen zu wollen, noch ne Weile aus. Dann sehe ich weiter :)