"Nebel über der Küste" ...

  • Es ist absolut sinnlos, sich über Geschmack zu streiten. Von mir aus darf jeder die gekürzte Fassung auch für eine gute Alternative halten.


    Aber mit scheinbarer Logik an Prosa heranzugehen (z. B. Fragen zu stellen wie "gibt es unsichtbaren Nebel?" oder sein Unverständnis für "bleierne" Lautlosigkeit zu artikulieren), um möglichst viele Wörter einzusparen, käme mir nun mal nicht in den Sinn. Die Marotte, so viele Adjektive wie möglich einzusparen und alles auf Knappheit zu kürzen, ist ja derzeit en vogue. Wir haben sie an anderer Stelle ausgiebig diskutiert.


    Ich hatte diesen kurzen Absatz übrigens nur hier zitiert, um den Nebel über dem Meer zu zeigen, wie der Protagonist ihn in diesem Falle erlebt. Es handelt sich dabei also nicht um eine für jeden zutreffende Erfahrung mit Nebel und schon gar nicht um die naturwissenschaftliche Beschreibung des Zustandes wassergesättigter Luft. Und zur Diskussion wollte ich die Passage schon gar nicht stellen. Sie steht genau so im letzten Roman, denn meine Lektorin hatte keine solchen Bedenken wie Manuela. Also lohnt es sich gar nicht, sich jetzt daran abzuarbeiten. Und sooo wichtig sind die paar Sätze nun ja auch nicht. :D

  • Didi,


    da stimme ich Dir zu. Das Buch ist vom Verlag angenommen, lektoriert und gedruckt worden, das sollte eigentlich als Bestätigung genügen (mal abgesehen davon, dass es jetzt auch noch gekauft werden muss natürlich :)).


    Was das Einsparen der Adjektive betrifft, das ist zum Teil Geschmackssache. Wenn nicht, würden wir bei einer durchgenormten Literatur landen.


    Und jetzt mal unabhängig von Deinem Buch und bitte nicht darauf beziehen: Selbst Heftromane haben ihre Leser und damit ihre Berechtigung. Obwohl die sprachlich vielfach unter allen Maßstäben liegen. Aber wem's gefällt. Ich komme nämlich als Mutter eines Weniglesers oder eher eines Intermet-Kurzhäppchenlesers immer mehr zu der Überzeugung, dass es gut ist, wenn das Kind überhaupt liest. Zugegeben, über Heftromane wäre ich nicht ganz so glücklich und ich versuche auch immer wieder, ihm anspruchsvolle Jugendbücher unterzujubeln. Aber wenn es denn der hundertste Band der "Drei ???" sein soll, naja. Besser als gar nichts mehr zu lesen. Und besser, als sich an eine Lesekultur zu gewöhnen, bei der die Leute spätestens nach zehn Zeilen keine Lust mehr haben.


    Und noch mal: Das hier hatte nichts mit Deinem Roman zu tun, den kenne ich nämlich noch gar nicht, habe aber vor, das zu ändern :)


    Noch ein Nachtrag: Ich war ja lange Kulturjournalistin. Und da bin ich immer wieder auf den Satz gestoßen, man müsse dem Publikum "auch einmal etwas zumuten". Ich meine: Ja, gut, als Mutter ist es noch meine Aufgabe, meinem Kind das beizubringen, was ich für wertvoll und gut halte. Aber irgendwann hat die Erziehung ein Ende. Das Publikum, so zumindest meine Erfahrung, lässt sich nämlich nicht erziehen. Man kann es immer wieder mit Anregungen versuchen, aber Erziehung funktioniert in dieser Hinsicht bei erwachsenen Menschen nicht mehr. Das fiel mir nur gerade noch ein zu dem Thema.


  • Was das Einsparen der Adjektive betrifft, das ist zum Teil Geschmackssache. Wenn nicht, würden wir bei einer durchgenormten Literatur landen.



    Genau, nämlich bei "Handwerk" ohne jede Inspiration. Möbel von IKEA sind praktikabel (meistens), man kann nämlich drauf sitzen (wenn man die Stühle nicht zu lasch zusammengeschraubt hat). Eine mit IKEA-Möbeln eingerichtet Wohnung sieht so aus wie jede mit IKEA Möbeln eingerichtet Wohnung. Vielleicht will man ja nicht mehr, dann ist da nichts gegen zu sagen. Wenn die Ansprüche höher liegen, greift man vielleicht zu anderen Subjekten.

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    Emanuel von Bodmann


  • Abgesehen von vielen oder wenigen Adjektiven finde ich es einigermaßen schräg, wenn ein bereits veröffentliches Buch eines Autors redigiert wird, der vorher schon einige andere Bücher erfolgreich veröffentlicht hat.
    Oder sollen wir auch mal Jo Nesbö oder Dan Brown redigieren? Gut, bei Nesbö geht das ohnehin nur in der Übersetzung.
    Aber klar, ich könnte auch Goethe noch etwas auf Vordermann bringen, der kann das inzwischen sicher gebrauchen, ist ja auch eine völlig antiquierte Sprache bei dem :D.

  • Liebe Anja, hallo H. Dieter!


    Ich habe kein Buch rezensiert, sondern bloß einen Absatz daraus. Das ganze Buch wäre mir vermutlich zu viel Arbeit. Weiters nehme ich an, dass H. Dieter diesen Absatz nicht zufällig eingestellt hat, sondern weil er ihn (wie alle bisherigen Gratulanten) für besonders gelungen hält. Anbei, wenn dieser Text ein Lektorat vor Drucklegung durchlaufen hat, würde ich mir einen anderen Lektor suchen, aber das ist meine private Meinung.
    Mit persönlichem Geschmack hat mein Kommentar wenig zu tun. Inhalt mag Geschmacksache sein, aber nicht der sprachliche Bereich. Dafür gibt es konkrete Parameter und die sehe ich hier nicht erfüllt.
    In einem Satz: Diese Leseprobe ist mAn extrem adjektivlastig und sprachlich ungenau. Es ging mir nicht vorwiegend darum, Adjektive zu reduzieren, denn dann bliebe kaum noch etwas übrig, sondern Überflüssiges wegzulassen, ohne die Aussage zu verändern. Schon beim ersten Lesen stieß mir der Eröffnungssatz auf, deshalb habe ich in meiner Alternative "sanft" mit "anfangs" getauscht. Die restliche Kritik habe ich bereits in meinem vorherigen Kommentar angeführt und möchte mich jetzt aus dieser Diskussion zurückziehen.
    Ein letztes noch: Ob ein Text veröffentlicht ist oder nicht, ist mir völlig gleichgültig und mAn kein Qualitätskriterium. Das Argument, meiner Lektorin hat es gefallen, zählt für mich ebenfalls nicht, erinnert mich vielmehr an energische Proteste diverser Autoren in einem deutschen Kurzgeschichtenforum, wo ich ebenfalls ab und an kommentiere, die in etwa folgendermaßen lauten: Ich habe den Text zuvor meiner Deutschlehrerin vorgelegt, sie hat gesagt, der Text ist gut. Tja, was sollen Dilettanten meines Zuschnitts dann noch vorbringen? :)


    Ich diesem Sinne wünsche ich Dir, H.Dieter, viele Verkäufe und begeisterte Leser.


    Manuela