Nina George, Bücherfrau des Jahres

  • Hallo, Jay.


    Zitat

    Also davor kann "man" doch nicht die Augen verschließen.


    Klar wird auch gedealt und bestochen und weiß der Geier was, aber doch nicht von "den" Männern im Interesse "der" Männer. Diese Unterstellung ist einfach ... ach, geschenkt.

  • wunderbar und schön wäre es,. Aber die Wirklichkeit in Jurys ist eine andere oder die Gleiche wie bis heute in Dörfern Baugrundstücke verteilt bzw. Baugenehmigungen erteilt werden. Also davor kann "man" doch nicht die Augen verschließen. Ich habe in den Jurys für einige sehr gute Schriftstellerinnen und Lyrikerinnen gekämpft bzw. eben gedealt.
    Es geht ganz sicher nirgends um gute Texte und Kunst. Bzw. ganz selten.


    Was ich aus dem ganzen herauslese ist, dass gemauschelt wird auf allen Seiten. Das finde ich absurd. Das bringt kein bisschen mehr Gleichberechtigung für Frauen. Und es wird Kultur und Literatur mit Füßen getreten.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Außerdem kann Kunst nur gewinnen, wenn möglichst viele Stimmen zu Wort kommen und Würdigung erfahren und Einnahmen erzielen (wenn sie Qualität haben natürlich). Einseitigkeit (zugunsten männlicher Autoren oder zum Beispiel junger AutorInnen) reduziert schlicht Qualität. Ich glaube überhaupt nicht an Verschwörungen, sondern an Haltungen, teils bewusst, teils unbewusst, zum Beispiel die, dass Männer besser ernsthafte Literatur schreiben können. Das gibt es sicher auch in Köpfen von Frauen. Zu denken, wir würden ausgerechnet im Literaturbetrieb von Ungerechtigkeit verschont bleiben, ist doch absurd. Gesellschaft wird sich da wohl abbilden wie bei der Polizei oder auf dem Bau oder in der Pflege auch. Nichts anderes kam bei der Studie heraus, z.B. im Hinblick auf Besetzung von Führungspositionen am Buchmarkt.

  • Was ich aus dem ganzen herauslese ist, dass gemauschelt wird auf allen Seiten. Das finde ich absurd. Das bringt kein bisschen mehr Gleichberechtigung für Frauen. Und es wird Kultur und Literatur mit Füßen getreten.


    Ganz so ist es nicht, Frauen in Jurys lesen sehr engagiert. Und eine Marion Poschmann wäre heute nicht da, wo sie ist usw. Es geht ja immer auch um Geld, Einnahmen, Macht. Einen Juryjob mit 1000 Euro dotiert gibt niemand gerne ab, genauso wenig wie die Vorstandsposten usw.
    Aber Heike hat es ja gerade geschrieben.


  • Aber Heike hat es ja gerade geschrieben.


    Was Heike geschrieben hat, kann ich nachvollziehen.
    Trotzdem: Mauschelei bleibt Mauschelei und Gerechtigkeit für wen auch immer wird damit nicht erreicht. Gut bezahlte Juryposten sind in meinen Augen auch ein Widerspruch.

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  • Es geht doch um die Forderung, dass mehr Frauen prominente und hochdotierte Literaturpreise gewinnen sollen. Das kommt mir vor, als würde man fordern, dass mehr grüne Rennwagen in der Formel 1 gewinnen. Ich mag unbedarft sein, obwohl ich auch schon eine Weile in der Branche unterwegs bin, aber mir kommt das absurd vor. Unabhängig davon, dass ich es schön finden würde, wenn mehr Leute Literaturpreise gewinnen würden, die sie auch verdienen. Ganz egal, welchem Geschlecht sie angehören, welche Hautfarbe, Schuhgröße, Beckentiefe oder Haartönung sie haben.


    @Heike: Es mag (noch ein paar) Männer geben, die glauben, besonders gute Literatur gäbe es nur von Männern. Es mag auch Männer geben, die nicht einmal wissen, dass sie das glauben. Es wäre schlecht, wenn diese Männer die Literaturpreisjurys beherrschen würden, was ich jedoch zu bezweifeln wage. Es wäre aber ebenso schlecht oder vielleicht sogar noch schlechter, Frauen Preise gewinnen zu lassen, nur weil sie Frauen sind.


    Im Übrigen ist es schwer, hier die Behauptungsebene zu verlassen. Man bräuchte die Ergebnisse diverser Literaturpreisvergaben, bei denen das Material tatsächlich anonymisiert vorlag, und dann noch ein paar weitere statistische Daten (u.a. zur Geschlechterverteilung bei den Nominierungen). Das Köpfezählen beim Deutschen Buchpreis u.ä. ist nicht wirklich evident. Es liefert nicht einmal Indizien. Außerdem macht eine einzige Herta Müller das alles wieder zunichte. ;)

  • Tom
    Niemand fordert eine Quote oder dass Preise nach Geschlecht vergeben werden. Die Arbeit für mehr Gleichberechtigung ist doch viel komplexer. Wie kann man zum Beispiel mehr talentierte Frauen ermutigen, Schriftstellerinnen zu werden? Was hält sie ab? Vielleicht die offenkundige Überzahl männlicher Lehrkräfte und Absolventen in Hildesheim? Das sind doch Fragen, die man untersuchen muss, und dazu gibt es Forschung. Gut so.


    Und übrigens existieren so viele gute Frauen im Literaturbetrieb, dass die Jurys durchaus ein bisschen paritätischer besetzt werden könnten. Warum denn nicht? Beim Bachmannpreis geht das. Der ist auch extrem transparent, was sowieso für einen Preis spricht.
    Ich bin zum Beispiel auch gegen etliche Altersbegrenzungen. Wozu? Da wäre doch die Vorgabe "noch keine Buchveröffentlichung" viel sinnvoller.


    Ich verstehe die Reflexe nicht, Ungerechtigkeit gegenüber Frauen immer gleich ins Reich der Fabel zu verbannen. Es gibt mittlerweile seriöse Zahlen, und die Forschung muss weitergehen. Auch den schreibenden Frauen zuliebe, vor allem aber der Literatur zuliebe.

  • Hallo, Heike.


    Ich halte die Ungleichbehandlung von Frauen nicht für eine Fabel, wie ich auch mehrfach ausgeführt habe. Ich halte die Kausalitäten, die u.a. im von Dir verlinkten Text suggeriert werden, gerade in Bezug auf Literaturpreisvergaben und -jurys, jedoch für halbwegs fabel-haft.

  • @Heike: Da ist wohl mit allen wissenschaftlichen Untersuchungen und die gibt es sowohl rückwärts in die Geschichte hinein (auch für Malerinnen, Komponistinnen), wie das alles auch gewachsen ist bis heute in die Lebensumstände von Frauen hinein(wer wem den Rücken frei hält), wer warum welche Jobs hat, wer wie im Kunstbetrieb wie bezahlt verankert ist, wer was domestiziert, die Macht hat einfach nicht im Diskurs beizukommen.
    Lieber Tom - Preise, Stipendien usw. bedeuten die Möglichkeit konzentriert und abgesichert schreiben zu können. Stipendienplätze bei denen Frauen ihre Kinder mitbringen können wie in Schreyahn und sogar zur Schule/Kindergarten gehen lassen können, bedeuten dass auch diese Autorinnen große Werke in Angriff nehmen können.


    Jurys könnten längst paritätisch oder eben wenigstens mit zwei Frauen besetzt sein. Wenn das nämlich so ist, verläuft die Arbeit auch etwas anders.


    Lieber HD - warum soll Juryarbeit nicht gut bezahlt werden? Also sie ist es in der Regel, weil es früher eine reine Männerdomäne war, wo es eben feuchtfröhlich locker zu ging^^ Plus Hotel, Fahrtkosten reichlich.


  • Lieber HD - warum soll Juryarbeit nicht gut bezahlt werden? Also sie ist es in der Regel, weil es früher eine reine Männerdomäne war, wo es eben feuchtfröhlich locker zu ging^^ Plus Hotel, Fahrtkosten reichlich.


    Kostenerstattung und einen kleinen Obolus für die Juryarbeit - ja das darf selbstverständlich sein. Aber wenn Juryarbeit "gut bezahlt" wird, dann entstehen "Pfründe", die keiner mehr aufgeben möchte und an dieser Stelle geht sämtliche Objektivität flöten.

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  • @Heike: Da ist wohl mit allen wissenschaftlichen Untersuchungen und die gibt es sowohl rückwärts in die Geschichte hinein (auch für Malerinnen, Komponistinnen), wie das alles auch gewachsen ist ….


    Diese "wissenschaftlichen Untersuchungen" zu Komponistinnen interessieren mich. Mich hat das vor einiger Zeit schon mal umgetrieben, warum es so wenige bedeutende Komponistinnen gibt. Das Männer sie von allem abgehalten haben - was in Einzelfällen zutrifft! - kann es nicht sein, denn bei den Malern und in der Literatur beispielsweise lassen sich trotz allem nicht wenige Begabungen ausmachen. Es gibt viele überragende Musikerinnen, aber geniale Komponistinnen kaum.


    Nachtrag: Frauen können das, es wird ja von einigen bewiesen. Meine Frage ist: Warum wollen es so wenig?

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  • Lieber HD, bei Blogbuster musste die Jury 15 Romane lesen, hatte einen Tag gemeinsame Sitzung und zwei Auftritte auf der Messe. Das macht niemand umsonst. Ich finde, gute Arbeit sollte schon auch gut bezahlt sein. Aber dann sollte auch wirklich gelesen werden (müssen).

  • Lieber HD, bei Blogbuster musste die Jury 15 Romane lesen, hatte einen Tag gemeinsame Sitzung und zwei Auftritte auf der Messe. Das macht niemand umsonst. Ich finde, gute Arbeit sollte schon auch gut bezahlt sein. Aber dann sollte auch wirklich gelesen werden (müssen).


    Von "umsonst" spreche ich ja nicht. Das jedoch in den Jurys gute Arbeit geleistet wird, müsste m.E. belegt werden. Es ist ja im Grunde so, dass eine Jury machen kann was sie will, denn es kontrolliert ja niemand.

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    Emanuel von Bodmann


  • Lieber HD, die Jurys machen auch was sie wollen, Deals. Doch gelegentlich werden sie schon "kontrolliert", weil Staatsekretäre, Institutionen etc. eine Idee haben, wie das alles sein soll. Wie es ausgehen soll. Manchmal wird auch wirklich gut gearbeitet. Nein, es lässt sich so etwas nicht kontrollieren, und letztlich ist das trotz alledem auch gut, sonst wären wir in einem anderen Staatswesen. Aber darum es ja ursprünglich nicht, sondern um die fabelhaften Frauen und wie es ihnen rundum in diesem Staat ergeht, ob schreibend oder Alte Leute pflegend.

  • Deals werden doch überall gemacht, ob mit guter oder nicht so guter Arbeit. Aber- der Ursprung dieses Freds ist Nina George. Niemand muss/soll ihr in allem zustimmen. Aber sie bricht Themen auf, die viele von uns betreffen, sie diskutiert, sie setzt sich ein. Sie setzt Dinge durch.
    Dabei kommt mir ein böser Gedanke: Wäre Nina George unattraktiv, da möchte ich nicht die Häme hören, die sich dann damit und ihrer Arbeit vermischen würde.
    Niemand oder kaum einer würde sich über dies und jenes eines engagierten Mannes aufregen. Man würde seinen Einsatz und sein Wissen achten. Sein Bauch (als Beispiel) wäre völlig uninteressant. Was auch richtig ist.


    Himmeldieberge, kann man nicht sagen, Nina macht einen tollen Job?

  • Danke, Monika! Ich habe auf Facebook heute eine haarsträubende Diskussion über Ninas Rede mitverfolgt, bei der Frauen und Männer gleichermaßen über Nina hergezogen haben. Ich kenne Nina persönlich, finde sie menschlich, ihre Energie und Hilfsbereitschaft großartig. Müssen wir in jeder Suppe ein Haar finden?


    Ich sag's: Nina macht einen tollen Job. Himmeldieberge.


    Das Urthema, das wir diskutieren, ist natürlich nicht auf die Literaturbranche beschränkt. Wie gut, dass manche Frauen (und Männer) ihren Mund eben nicht halten.

  • Nina ist einfach beeindruckend, außerdem mit unfassbarer Verve und Klugheit bei der Sache, die ihr auch noch extrem wichtig ist. Aber sie (was - gemeint ist das "sie" - vereinfachend ist, denn sie steht ja längst nicht allein und/oder nur für sich selbst) schießt an dieser Stelle m.E. einfach ein wenig übers Ziel hinaus - und entwertet dadurch in gewisser Weise die anderen, absolut berechtigten Forderungen. Literaturpreise sollten in erster Linie, eigentlich aber ausschließlich das Werk bewerten, die Person ansonsten höchstens vor diesem Hintergrund. Alles andere sollte irrelevant sein, und damit auch das Geschlecht, in positiver wie in negativer Hinsicht. Und Mauschelei sowieso, egal aus welcher Richtung und mit welcher Intention.


    Ich fühle mich übrigens auch von Nina George und ihren Mitstreitern und Mitstreiterinnen vertreten. Es geht ja nicht "nur" um Geschlechtergerechtigkeit, was auch immer das wäre, ist oder sein kann.

  • Noch mal kurz - abseits der Genderdiskussion: Ich halte Ninas Wahl zur "Bücherfrau des Jahres" für mehr als angemessen, für sehr verdient, und ich bewundere Nina für ihren unglaublichen Einsatz, ganz abgesehen davon, dass ich Respekt vor ihrem Können und ihrer Intelligenz habe. Sie macht, liebe Monika, in der Tat "einen tollen Job", das würde ich jederzeit unterschreiben. Und das hat wiederum nichts mit bestimmten Schlussfolgerungen zu tun, die sie zieht, und die ich für fragwürdig halte.


    Kritik an bestimmten Aussagen einer Person bedeutet ja nicht die Herabwürdigung der Person selbst oder ihrer Verdienste.