Nie wieder Majonäse!

  • Das große Eszett gibt es als UNICODE-Zeichensatzbestandteil seit 1991 (%E1 %BA %9E, HTML ẞ ), weil Versalien und Kapitälchen (und die entsprechenden Umrechnungen) sonst uneinheitlich gewesen wären. Und dafür vor allem ist das große Eszett ja gedacht, um Unschönheitheiten wie "DEIN FUß STINKT" zu vermeiden. Denn es gibt auch mit der offiziellen Einführung des dazugehörigen Zeichens immer noch kein Wort, das mit Eszett beginnt. Der Buchstabe kommt ausschließlich als Binnenversalie zum Einsatz.

  • @Uve: Die größere Wichtigkeit vieler anderer Themen ist ein nichtdeterministisches Phänomen. Es gibt immer was. Auch in der anderen Richtung. Und, ja, man sollte sich noch einen Diesel anschaffen, unbedingt sogar, wenn man ein Kreuzfahrtschiff besitzt. Das ist dann auch ein guter Platz, um weitere Windräder aufzustellen.

  • Danke Tom und Alexander für diese Info.


    Manchmal frage ich mich, ob es keine wichtigeren Dinge als "Mayonaise" und ß gibt und weshalb man nicht vor dieser Reform darüber nachdachte. Wir haben als Schüler - ich gebe zu, bei mir ist es schon ein paar Jährchen her) auch gelernt Mayonaise zu schreiben, weshalb sollen es die Schüler heute nicht mehr können? Denglisch beherrschen die Kinder doch bestens ?!? .

  • Äh, Linda. Auch, wenn's nicht wirklich wichtig ist. Die korrekte Schreibung lautet "Mayonnaise", daran hat sich vor und nach der Reform der Reform der Reform nichts geändert. Zwei N. ;)

  • Wir haben als Schüler - ich gebe zu, bei mir ist es schon ein paar Jährchen her) auch gelernt Mayonaise zu schreiben, weshalb sollen es die Schüler heute nicht mehr können?


    Liebe Linda,


    vermutlich habt Ihr als Schüler gelernt, "Mayonnaise " (mit doppel-n) zu schreiben.   Ich stimme Dir zu: Bei meiner täglichen Arbeit schaue ich andauernd in den Duden, weil ich mir oft nicht absolut sicher bin wegen der Rechtschreibung, und so dürfte es vielen anderen Menschen auch gehen - aber das sollte ja nicht das Ende einer einheitlichen und verbindlichen Rechtschreibung bedeuten, die alle erlernen können und müssen.


    In Bezug auf die Korrektheit der Schreibweise sehe ich für mich einen Spagat: zwischen dummer und falscher Möchtegern-Arroganz und Laissez-Faire. Ich war noch ein Schüler, und die allererste "Neue Rechtschreibung" war noch nicht verabschiedet, da hörte ich den Vortrag eines Linguistik-Professors zu einer Vereinfachung der Orthographie, die er befürwortete. Er erzählte von einem Leser, der dem Professor nach der Lektüre eines seiner Artikel einen Brief geschrieben hatte, entrüstet über den Verfall der Sprache. Der Linguist sagte, er habe dem Briefeschreiber alle orthographischen Fehler rot angestrichen (es waren wohl viele) und den Brief sonst kommentarlos zurückgeschickt.


    Andererseits berichtete dieser Referent auch von teils haarsträubender Rechtschreibung bei seinen Studenten. Und da verstand er keinen Spaß.


    Die Schriftsprache soll unsere Gedanken möglichst klar und eindeutig ausdrücken. Beliebigkeit ist der Feind der Eindeutigkeit. Aus dem Bereich der Interpunktion ist bekannt, dass Kommata Leben retten können: "Wir essen jetzt, Opa."

    Natürlich gibt es wichtigere Dinge als Rechtschreibung: Liebe, Freundschaft, Schmerz, Hunger, Krieg, Leidenschaft ... aber dann gibt es eben auch noch so Kleinigkeiten: ob man "das" oder "die" Nutella sagt. Und ich finde es schön, dass es auch solche Fragen gibt. ;)

    Und ich finde es schön, wenn Leute wie Tom hier auch Links zur Rechtschreibung einstellen. Wir sind Autoren. Sprache ist unsere Waffe. Halten wir sie scharf.

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Zitat

    aber dann gibt es eben auch noch so Kleinigkeiten: ob man "das" oder "die" Nutella sagt


    Das ist keine Kleinigkeit. Die Nutella. Die Cola.


    Ihr habt doch einen an der Waffel, Ihr da unten. :hau:)

  • Ihr habt doch einen an der Waffel, Ihr da unten.


    Stimmt. :nick Und "wir" sagen hier auch "das" E-Mail und so. "Wir" sagen zu so etwas: "Standardvarietät". 8o (Und "unsere" Kollegen in der Schweiz kennen nicht einmal ein Eszett. Weder klein noch groß. Dafür sind unsere Keller gerade schön trocken. =) )

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)


  • Alle Angelsachsen - schwarz, weiß, matronig oder magersüchtig - lachen sich kaputt über unser "komisches B" , wie sie es nennen, das ist für sie so was Ähnliches wie ein Marsmännchen.


    Aber wen interessiert denn nun ernsthaft die Meinung eines Volkes, deren Umrechnungsfaktoren für Maße und Gewichte einem todkranken Hirn entsprungen sein müssen? Wenigstens müssen wir in Deutschland nicht unsere Schrift mit Häkchen und anderen Schnörkeln verzieren, um dem Volk mitzuteilen, wie man die Wörter ausspricht, wie es unsere Nachbarn in Macronnesien tun.

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    kaelo.de

    2 % aller Menschen besitzen einen IQ >130, die restlichen 98 % nicht. Das erklärt meine Skepsis gegenüber Mehrheitsmeinungen. (Kaelo)

  • Zitat

    Wenigstens müssen wir in Deutschland nicht unsere Schrift mit Häkchen und anderen Schnörkeln verzieren, um dem Volk mitzuteilen, wie man die Wörter ausspricht,


    Immerhin gibt es Punkte, die mitteilen, dass aus einem Vokal ein Umlaut wird (ä,ö,ü). Andererseits werden Lautunterschiede gar nicht mitgeteilt, wie zum Beispiel bei "gehen": das erste e wird total anders ausgesprochen als das zweite (wenn dieses nicht sogar stumm bleibt: "gehn").
    Aber was "Majonäse" angeht, feiern die Vorurteile wieder fröhlich Urständ. Diese Schreibweise hat nix mit der "neuen Rechtschreibung" zu tun. Im Sprachbrockhaus von 1951 stehen beide Schreibweisen gleichberechtigt nebeneinander, im Duden von 1956 wird "Mayonnaise" nur als "besser", damit "Majonäse" nicht als falsch eingestuft, 1973 fällt die Wertung weg und es heißt nur noch: "eindeutschend für..."; im Großen Duden der DDR von 1977 sind beide Formen gleichberechtigt

    ASIN/ISBN: 395494104X


    "schönheit ist das versprechen, daß das werden kann, was wir uns wünschen." (Ronald M. Schernikau: Die Tage in L.)

    2 Mal editiert, zuletzt von Jürgen ()

  • Und wurde nicht sogar früher im Deutschen die Mayonaise mit der Verdoppelungstilde geschrieben? Und dann fiel die Tilde weg, und die eine Hälfte der Leute wusste, noch, wofür sie gestanden hatte und schrieb die Mayo fortan mit zwei n, und die andere Hälfte weiterhin mit einem n? Denkbar.

  • Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wird "Majonäse" im Duden geführt (und unter "Mayonnaise" auch wie ein Fremdwort erläutert: "kalte, sämige Tunke"). Dies lässt darauf schließen, dass die Tunke in den Sprachgebrauch kam, als das Verdoppelungszeichen längst unüblich geworden war. Aber auch hier ist die Lösung wohl viel einfacher: "Majonäse" entspricht einfach unserer Aussprache, das "o" wird lang ausgesprochen und darf daher nicht durch einen Doppelkonsonanten ("nn") gekürzt werden.
    Der Poeng dieser ganzen Geschichte: Die Schreibweise "Majonäse" ist im Grunde ein wunderbares Beispiel für eine sich von unten, von den Schreibern selbst durchgesetzte und seit über 50 Jahren bewährte Rechtschreibung, auf die die "Kritiker" der Rechtschreibreform so gerne rekurrieren. Die Kritiker regen sich über etwas auf, was sie eigentlicht beklatschen müssten. Und jetzt wird mit der Reform der Reform der Reform etwas wegreformiert, was längst ein Teil des "Abendlandes" geworden ist ;) .

  • Fakt ist, das "gesprochen" nicht gleich "geschrieben" ist. In keiner Sprache. Die Bemühungen, zu Regelungen zu kommen, die einerseits eine vernünftige Interpretation des Geschriebenen zulassen und andererseits auch von vielen vernünftig umgesetzt werden können (rechte Schreibung) sind bei der deutschen Sprache vielfältig. Der Grund, warum es bei uns darüber überhaupt noch solche Diskussionen gibt, liegt u.a. darin, dass es erst sehr spät Bemühungen darum gab. Die Engländer und die Franzosen hatten sich da schon viel früher festgelegt mit dem Erfolg, dass ihr gesprochene und geschriebene Sprache weiter auseinanderklafft als bei uns.


    Dass wir das "ß" weiterhin nutzen können finde ich gut und es stört mich herzlcih wenig, wenn in Nachbarländern darüber gelacht wird. Lachen ist gesund.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • [quote]Immerhin gibt es Punkte, die mitteilen, dass aus einem Vokal ein Umlaut wird (ä,ö,ü). Andererseits werden Lautunterschiede gar nicht mitgeteilt, wie zum Beispiel bei "gehen": das erste e wird total anders ausgesprochen als das zweite (wenn dieses nicht sogar stumm bleibt: "gehn").


    "U" und "Ü" sind zwei unterschiedliche Buchstaben (warum Umlaute und das ß nicht im Alphabet auftauchen, ist mir allerdings schleierhaft), aber mit "gehen" untermauerst Du meine Behauptung: Der Teutone weiß auch ohne Ackzongdingenskirchen, wie das Wort ausgesprochen wird, wohingegen unser macronnesischer Nachbar ohne seine Ackzongs offenbar auf'm Schlauch stehen würde - sonst würde er seine Wörter ja nicht damit verzieren (wobei ich mich immer frage, wie ein Franzose wohl "Désirée" ohne die Fliegenschisse aussprechen würde …)

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