Zeit fürs Schreiben

  • Ich wollte diese Frage schon lange stellen, habe das aber immer wieder verschoben. Sie richtet sich vor allem an alle, die nicht "hauptberuflich" schreiben, und von denen gibt es ja einige unter uns.


    Wann schreibt Ihr?


    Vor allem die von Euch, die Job, Haushalt und Kinder irgendwie kombinieren müssen. Von einigen unter uns weiß ich, dass sie nicht nur ein Kind, sondern gleich eine Viererhorde großziehen. Plus Job. Und dauernd neue Bücher veröffentlichen. Woher nehmt Ihr die Zeit? Steht Ihr morgens um fünf auf, sitzt Ihr die halbe Nacht am PC, dopt Ihr Euch mit irgendwas Illegalem :D?


    Ich schreibe ja sogar in meiner "regulären" Arbeitszeit. Aber da ich eben auch noch einen anderen Job habe als nur das Schreiben, finde ich alleine dieses Management oft genug ziemlich schwierig. Wenn mein Sohn dann nach Hause kommt, ist endgültig Schluss mit allem, was Konzentration oder gar Kontemplation erfordert. Vor allem, weil ich nicht der Typ Autorin bin, die eben mal die halbe Stunde zwischendurch nutzen kann, um ein, zwei Seiten zu produzieren. Dafür muss ich mich in einen Text vertiefen. "Zwischendurch" gehen Lektorate, Korrektorate, aber nichts, was ein Eintauchen in ein Thema verlangt.


    Eifert Ihr etwa alle meinem angebeteten Hoffmann nach: morgens bei Gericht, nachmittags ein bisschen schlafen, dann Kneipe, und zwar ausführlich, dann Romane? Das Pensum schaffen wohl wirklich nur die wenigsten, und ich denke, Hoffmann hat mit so einigen Drogen ganz gut nachgeholfen.


    Ich frage mich wirklich manchmal, wie Ihr das zeitlich hinbekommt.

  • Gute Frage, Anja. Ich schreibe in der Regel am Abend, wenn die Kinder im Bett sind. Oder kurze Szenen, wann immer sie am Nachmittag mal beschäftigt sind. Meistens läuft es aber so, dass ich mir tagsüber schon Gedanken und Notizen darüber mache, was ich schreiben will. Manchmal entwerfe ich dabei ganze Dialoge und nehme sie mir dann abends noch mal genauer vor. Dank der Kinder habe ich gelernt, multitaskingfähig zu sein. Mittlerweile kann ich sogar schreiben, wenn neben mir der Fernseher läuft.

  • Hallo Sören,


    genau an Dich hatte ich bei meiner Frage auch gedacht.
    Aber Du hast doch auch einen Vollzeitjob, oder nicht?


    Ich kann tatsächlich nur schreiben, wenn völlige Ruhe herrscht. Ich werde schon aus dem Schreiben gerissen, wenn mein Sohn, was er sehr gerne macht, von draußen hereinplatzt und Schokolade, Taschengeld oder sonstige kleine Aufmerksamkeiten braucht. Meine Voraussetzungen fürs Arbeiten waren aber nie andere, und ich habe mich da leider auch nie anpassen können. Sonst bin ich, glaube ich, gar nicht so schlecht im Multitasking, ich kann ganz toll mit dem Kind Bio üben, gleichzeitig Unordnung aufräumen und zetern, dass er seinen Krempel gefälligst selber wegräumen soll :) Aber schreiben mit Kind oder Musik oder Rasenmäher im Hintergrund ... keine Chance.
    Bleibt immer noch, statt um sechs um fünf aufzustehen. Oder erst um 2 schlafen zu gehen, bei meinem Biorhythmus wohl eher Letzteres.


    Ich bewundere Dich echt. Gleich vier. Oder beschäftigen die sich gegenseitig? Das kann ja auch sehr entlastend sein.


    Ich selber denke immer wieder darüber nach, wie ich alles so koordinieren kann, dass ich noch ein bisschen Zeit für Romane oder wenigstens mal neue Konzepte heraushole.
    Bisher habe ich meinen persönlichen Stein der Weisen aber noch nicht gefunden.

  • … Sonst bin ich, glaube ich, gar nicht so schlecht im Multitasking, ich kann ganz toll mit dem Kind Bio üben, gleichzeitig Unordnung aufräumen und zetern, dass er seinen Krempel gefälligst selber wegräumen soll :)…


    Das ist kein Multitasking. Das ist nur eine scheinbar gleichzeitige Abfolge von Unarten (außer Bio üben).

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Interessantes Thema, Anja!
    Ich schreibe tatsächlich viel mehr und intensiver, seit die Kinder aus dem Haus sind. Am liebsten bin ich ganz allein. Wenn ich angesprochen werde, bin ich ja schon draußen aus dem Fluss. Ich schreibe oft nachts, manchmal bis halbdrei. Zum Glück bin ich selbständig und muss nicht um 8.00 Uhr antreten, ich kann ausschlafen, wenn ich erst mittags arbeiten gehe. Oder ich schreibe vormittags, wenn mein Liebster schon in der Praxis ist, gehe dann arbeiten, und setze mich spät abends wieder hin. Als die Kinder noch da waren, hatte ich einfach mein Schlafdefizit, weil ich nur nachts geschrieben habe. Und früh raus bin, um Frühstück und Pausenbrote zu machen. Tja, schlafen oder schreiben. Oder abwechselnd.
    Allerdings muss ich sagen, dass ich nach Schreiben plus Praxis auch echt fertig bin. Kaputt.
    Am liebsten schreibe ich im Urlaub. 2 bis 3 Stunden und dann frei. Mit Blick aufs Meer. Oder halt irgendwohin, wo es sehr schön ist.
    Fernseher stört mich nicht, Lärm stört mich nicht, ich schreibe oft mit Musik. Aber Telefon, Mails oder so dürfen nicht dazwischen kommen.

  • Am Anfang eines neuen Romanprojekts (und meistens nach Exposé und Vertragsabschluss) gehe ich für eine Woche in ein Hotel in Schreibklausur, da verfasse ich dann zwischen 150 und 180 Seiten, je nach Vorbereitung. Ansonsten schreibe ich, wann immer zwischendrin Zeit ist, gelegentlich im Büro, meistens aber abends, nach der anderen Arbeit, in der Kneipe. Zu Hause selten. Sehr selten. Da mache ich überwiegend Notizen.

  • genau an Dich hatte ich bei meiner Frage auch gedacht.
    Aber Du hast doch auch einen Vollzeitjob, oder nicht?


    Ich hatte die Anspielung schon verstanden.


    Ich bewundere Dich echt. Gleich vier. Oder beschäftigen die sich gegenseitig? Das kann ja auch sehr entlastend sein.


    Ich selber denke immer wieder darüber nach, wie ich alles so koordinieren kann, dass ich noch ein bisschen Zeit für Romane oder wenigstens mal neue Konzepte heraushole.
    Bisher habe ich meinen persönlichen Stein der Weisen aber noch nicht gefunden.


    Leider beschäftigen sich die Kinder die wenigste Zeit gegenseitig. Und selbst wenn das der Fall ist, dauert es meist nicht lange, bis einer von ihnen wegen irgendwas ankommt. Aber auch da findet man Gelegenheiten, um sich zumindest einige erste Gedanken darüber zu machen, wie man gewisse Szenen gestaltet und was darin passieren soll. Das sind die oben genannten Notizen.
    Die eigentliche Schreibarbeit findet in der Regel am Abend statt. Dann sind die Kleinen im Bett und die Großen wissen ebenfalls, dass Schicht im Schacht ist (was sie trotzdem nicht davon abhält, dann und wann anzukommen, aber auch daran gewöhnt man sich).


    Ein wirkliches Patentrezept gibt es für die Schreiberei nicht. Da muss jeder seine eigenen Rituale finden. Wichtig ist nur, am Ball zu bleiben.

  • Ich würde mir (nicht wirklich) Kinder wünschen, die wenigstens für ein paar Stunden in Kita oder Schule gehen. Mein (Vollzeit-)Job beginnt um 7 Uhr morgens und hat open end am Abend. Niemals planbar, was den Dienstschluss angeht, urlaubsmäßig sehr, sehr eingeschränkt planbar. Schreiben? Ja, das habe ich nachts getan, ab 2 Uhr oder so vor der Arbeit. Das kann ich nicht mehr, dazu bin ich zu alt bzw. ich habe den Drive nicht mehr. Und schon damals musste mein Männe immer unterm Schreiben leiden, weil ich gar keine weitere Zeit mehr übrig hatte, weil ich tot nach Hause kam. Jetzt? Nach der Arbeit zuletzt. Aber da muss ich inzwischen erstmal abschalten, was heutzutage meist gar nicht möglich ist, weil mein Job der ist, der er ist. Leider muss man ja irgendwie Geld verdienen. Und dazu habe ich Tiere, die versorgt werden wollen und in den letzten Jahren extrem aufwendig versorgt werden mussten. Sprich: Schreiben? Gar nicht mehr. Zeit neben allen unabdingbaren Tätigkeiten ist 5-6 Stunden. Hms. Man muss ja auch mal irgendwann schlafen...

  • Niemand muss Bücher schreiben. Er sollte es sogar lassen, wenn er beginnt, Gründe dafür zusammenzusuchen, warum es in seinem speziellen Fall zeitweise oder dauerhaft nicht geht. Das ist überhaupt kein Beinbruch und auch nichts, wofür man sich entschuldigen müsste.
    Es werden eh viel zu viele Bücher zu schreiben versucht.

  • Ich erlaube mir allerdings, das in Karens Fall besonders schade zu finden. Ja, es werden zu viele Bücher zu schreiben versucht, allerdings überwiegend von gnadenlos talentlosen Leuten. Das ist in diesem Fall anders.

  • Ich erlaube mir allerdings, das in Karens Fall besonders schade zu finden. Ja, es werden zu viele Bücher zu schreiben versucht, allerdings überwiegend von gnadenlos talentlosen Leuten. Das ist in diesem Fall anders.

    Zweifellos. :dhoch

  • Hallo Didi,


    meinst Du damit mich?
    Das wäre aber wirklich schade, wenn ich ganz aufhören würde. Schließlich rechnen mein Agent/in und ich fest mit einem Bestseller in Auflagenstärke von Harry Potter und Co. :) Mindestens.


    Nein, ernsthaft, ich zumindest schiebe keine Gründe vor, um nicht schreiben zu müssen. Die Gründe, die mich vom Schreiben außerhalb meiner "Arbeitszeit" abhalten, kennst Du zum Teil sogar. Und hast Du nicht selber erst mit dem Veröffentlichen von Romanen angefangen, nachdem Du Deine berufliche Laufbahn beendet hattest und die Kinder ausgezogen waren? Es gibt eben neben einer Vielzahl von Ausreden auch wirkliche Sachzwänge, die einen vom Schreiben abhalten können. Geld verdienen etwa, solange man eben noch nicht bei harrypottermäßigen Verkaufszahlen angekommen ist. Das Schreiben wirft derzeit noch nicht genug Geld ab, um auf einen anderen Job verzichten zu können.
    Wenn das dagegen als virtueller Tritt in den Hintern gedacht war, gut, dann nehme ich den jetzt an, vielleicht brauche ich den ja :)


    Cordula: Das ist ja das Dilemma. Ich will absolut noch nicht, dass mein Sohn auszieht, dafür ist er auch noch etwas zu jung. Aber wenn er zuhause ist, komme ich nicht mehr besonders gut zum Schreiben. Mir fehlt da definitiv Sörens Ausgeglichenheit :)

  • Ich finde mich in allen Beiträgen wieder.
    Am Stück und in der Tiefe schreibe ich im Urlaub (so wie Heike zwischen 2-6 Stunden am Tag) oder anderen Auszeiten die ich mir nehme(da ich freiberuflich bin-immer dann, wenn wenig Aufträge reinkommen)
    Wenn ein Buch beim Verlag liegt, schreibe ich fast täglich morgens als erstes 2-3 Stunden. Auch in der Zeit des Lektorat und Korrektorats - das mache ich gleich nach dem Aufstehen, noch bevor ich Mails checke oder Telefone abhöre.


    Zwischen der Arbeit und de Familie, wenn ich Energie über habe, "überliste" ich mich selber, indem ich mir sage: ich setze mich nur eine halbe Stunde dran- nur mal drüber gucken, kleine Fehler ausmerzen... Aber dann weiß ich, wenn es mich packt gehe ich auch in die Tiefe und das kann dann auch mal zwischendurch passieren, obwohl ich gar keine Zeit hatte. Dann kann ich auch die Familie, das Türenklappern ... ect. Ausblenden - meine Familie mag das nicht so, ich mag das auch nicht so - wenn man ab und zu wieder auftauchen muss - es ist anstrengend und nicht das Optimum - aber egal - Ich nehme es mir einfach nicht vor und freue mich wenn es passiert.

  • Ich habe das Glück, das ich in meinem Brotjob eine Zeit im Jahr habe, in der nicht viel los ist. Will heißen, ich schreibe hptsl. von Februar bis April. Die Planung mache ich meist vorab, weil Planung kann ich auch, ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen. Wenn ich dann richtig loslege, schreibe ich von morgens bis abends. Wie sehr ich mich stören lasse, hängt dabei auch vom Buch ab. Wenn ich richtig drin bin, dann kann ich im Wohnzimmer neben dem zockenden Sohn und vor laufendem Fernseher schreiben. Der Sog zieht mich dann einfach weiter von Szene zu Szene. Aber das klappt leider nicht immer, manchmal tue ich mir schwer. Dann brauche ich in der Tat Ruhe. Ich habe auch schon nachts bis 3 Uhr geschrieben. Tolle Zeit. Schön ruhig, niemand ruft an, allein mit den Katzen. Das geht auch mal, wenn es eng wird. Und mein Sohn, derweil 16, stört insgesamt weniger als mein Mann. Denn mein Sohn ist mit kurzen geistesabwesenden Antworten zufrieden, mein Mann dagegen erwartet tiefschürfende Antworten und das geht leider nicht. ;)

  • Was hast Du denn für Katzen? Meine treiben sich nachts draußen rum :)
    Aber die nächtliche Ruhe im Haus und draußen liebe ich auch. Nur muss ich im Moment um sechs Uhr aufstehen, und da gehen solche Arbeitsexzesse bis um drei höchstens ab und zu. Und ich büße dafür am nächsten Morgen :D .
    Das Verhältnis von Mann und Kind ist hier umgekehrt: Kind will diskutieren, Mann kommt hervorragend klar, wenn Frau nicht quasselt :).

  • Hallo Didi,


    meinst Du damit mich?
    Das wäre aber wirklich schade, wenn ich ganz aufhören würde.

    Ich krieg hier noch die Krise. Ich habe darauf hingewiesen, dass sich niemand dafür entschuldigen müsse, wenn er keine Zeit, Energie oder was weiß ich hat, zu schreiben. Und dass eh zu viel geschrieben würde. Weder habe ich damit dich, noch irgendjemand sonst zum Aufhören aufgefordert. Wie käme ich auch dazu?