Mein Paris-Roman "Baise-moi donc!" ist erschienen

  • Hallo Leute,


    Ich habe doch glatt ein Buch mit 560 Seiten geschrieben und auch schon veröffentlicht.


    Eigentlich wollte ich das nicht. Eigentlich wollte ich eine MILF-Geschichte mit 40 oder 50 Seiten schreiben und beim Schreiben ein bißchen lachen. Aber dann hat die Story eine Eigendynamik entwickelt und mir ist nach und nach eingefallen, was man aus dem Plot alles machen kann.


    In Wirklichkeit mag ich diese schlamperte, halbchaotische Arbeitsweise überhaupt nicht – aber einmal in meinem Leben, in dem alles so spießig durchkalkuliert, abgezirkelt und vorausgeplant ist, habe ich mich den Kräften der Entropie überlassen.


    Ich könnte Euch jetzt hier was vorlügen und davon schwadronieren, was das für eine lustige Zeit gewesen ist – so ganz ohne äußere Hindernisse drei Jahre lang im Schnitt am Tag 500 Wörter zu schreiben, zweimal im Jahr nach Paris zu fahren und die Schauplätze des Romans alle dreimal mit dem Stadtplan in der Hand abzumarschieren und sich dabei mit den ewig unfreundlichen Kellnern, den andauernden Streiks (U-Bahn, Museen) und dem miesen Essen abzufinden.


    Aber so lustig war es gar nicht. Ich habe noch nie so hart über einen Plot und die dazugehörigen Figuren nachgedacht wie bei diesem Buch, habe noch nie so viel recherchiert und noch nie so viel an einem Text geändert, herumkorrigiert und neugeschrieben. Aber das ist natürlich einfach durch die schiere Masse an Text bedingt; ab 80.000 Wörter (ich habe hier 195.000) wird es immer schwieriger, den Überblick zu behalten.


    Trotzdem waren das gute Jahre, weil ich gemerkt habe: Ich verfüge über die Disziplin, die Power und die Fantasie, einen so langen Roman zu schreiben.


    Post coitum omne animal triste – und hier geht das natürlich auch so. Nachdem ich jahrelang an praktisch nichts anderes als dieses Buch gedacht habe und während des letzten Jahres jeden Tag fertig werden wollte, fehlt mir jetzt die ganze Sch… plötzlich. Jetzt gehen mir meine Figuren, die ich inzwischen so gut kenne wie meine eigenen Kinder, ab. Ich vermisse sie und fühle mich leer und unbeschäftigt.


    Ich weiß es nicht, ob dieses Buch, an das ich so viel Liebe, Energie und das bißchen Talent, das ich besitze, verschwendet habe, fern von Lesern, Kritikern und Öffentlichkeit in irgendeiner obskuren Amazon-Kategorie verdämmern wird, was ich natürlich schade fände – aber ich bin trotzdem froh, es geschrieben zu haben.


    Noch vor fünf, sechs Jahren wäre mir allein der Gedanke, ein so langes Buch zu schreiben, als eine einzige Spinnerei erschienen. Viermal habe ich einen Roman jeweils zwischen 30.000 und 40.000 Wörtern abgebrochen, und es war allein die Erinnerung an dieses Versagen, das mich immer wieder angetrieben hat, weiterzuschreiben.


    Ansonsten klage ich zu viel. Es geht mir eigentlich ganz gut. Ich habe seit 2013 nur über Kindle Direct Publishing ein paar tausend Bücher als E-Books verkauft und komme jeden Monat ziemlich stetig auf 100 Verkäufe. Das ist nicht viel, aber ich schreibe weder Serien noch in einem bestimmten (und gerade angesagten) Genre), noch mache ich Werbung oder preise mich in den sozialen Netzwerken schamlos an.


    Amazon druckt ja seit einiger Zeit auch Bücher, weshalb ich dieses Buch auch in gedruckter Form anbieten werde. Mit NEO-Books will ich mir dann noch einen zweiten Vertriebskanal eröffnen.


    Natürlich hätte auch ich gerne einmal die eine oder andere Rezension von einem der vorderen Amazon-Rezensenten oder eine Besprechung in einer echten Zeitung. Bis dahin wird es noch ein langer Weg sein, aber dieses Mal werde ich tatsächlich versuchen, Kritiker aktiv zu kontaktieren.


    [buch]B072PXNNWM[/buch]

  • Glückwunsch, Thomas!
    Und danke für den ausführlichen Bericht zum Schaffensprozess. Du hast wirklich viel Kraft, Energie, Geld in das Projekt gesteckt und ich wünsche dir dafür ganz doll viele Leser!
    Chapeau et bonne chance!
    :chapeau:klatsch

  • Hallo Andrea,


    vielen Dank! Ich fühle mich einigermaßen wohl und zufrieden. Irgendwann muß man mit einem Projekt fertig werden.


    Aber ich habe halt deutlich mehr Talent zum Schreiben als dafür, mich und meine Bücher zu vermarkten. In Wahrheit kotzt mich dieses ganze Werben um (Gefälligkeits-)Rezensionen, dieses Scharren und Wieseln um Zuspruch, Lob und Lese-Empfehlungen total an. Ich finde meine Bücher sollten allein deshalb gelesen erden, weil sie eine spannende Handlung, geschliffene Dialoge und gut und psychologisch überzeugend gezeichnete Charaktere haben – und nicht, weil sie randvoll mit Sex und Gewalt sind und Figuren in ihnen ab und zu politisch konservative Positionen vertreten.


    Mein Problem ist: Meine Erzeugnisse passen in kein Genre, und ich will auch nicht in einem Genre für eine genau berechnete Zielgruppe schreiben. Ich will einfach nur gute Bücher schreiben.


    Dieses Buch hatte zu Anfang den schönen Titel "Baise-moi donc! – Fick mich doch!" – aber das vermaledeite F-Wort hat Amazon dazu bewegt, mich in die Erotik-Kategorie einzusortieren, was mich sofort in einer unterirdischen Nachbarschaft angesiedelt hat, aus der ich fast nicht mehr herausgekommen wäre, weshalb ich hektisch das Cover geändert und aus dem "Fick mich" ein schales "Küß mich" gemacht habe, was das Wort "baiser" seiner ursprünglichen Bedeutung nach allerdings sowieso ausdrückt. An der Rubrik "Kunden, die diesen Artikel angesehen haben, haben auch angesehen" kann man immer noch sehen, wo ich da zuerst aufgeschlagen bin.


    Aber dieses Buch gehört in keine Schmuddel Ecke – und ich will da auch nicht hin, obwohl genau da mehr E-Books verkauft werden als in jeder anderen Kategorie. Das ist nur deshalb kaum einem bekannt, weil Amazon die Erotik-Bücher in den Verkaufsstatistiken ganz bewußt nicht mitzählt, weil sonst auf den ersten 1000 Plätzen ausschließlich Pornos stünden.

  • Herzlichen Glückwunsch!
    Gerade wollte ich jemandin (diese Schreibweise leihe ich mir mal von A. Schmidt aus) fragen, die französisch kann, was der Titel bedeutet... aber, okay, lass ich mal lieber, wie auch immer: Das wird bestimmt eine sehr interessante Lektüre. (Das c hab ich mir jetzt geklemmt.)
    Viele Grüße
    Jürgen

  • Hallo TWJ,


    viel Erfolg für Deinen neuen Roman. Ist das Dein zweiter oder sogar schon der dritte?


    Enchanté Madame,


    das ist jetzt mein dritter Roman. Aber beim nächsten stelle ich mich nicht mehr so deppert an und schreibe einfach so aufs Geratewohl dahin. Da will ich nach knackigen 80.000 Wörtern fertig sein.


    Jaja, während du dich am Voralpenrand in deiner bukolischen Idylle dem leichten Leben hingibst, schreiben andere in fensterlosen Verliesen tief unter der Erde an Büchern, die keiner braucht.

  • Herzlichen Glückwunsch!
    Gerade wollte ich jemandin (diese Schreibweise leihe ich mir mal von A. Schmidt aus) fragen, die französisch kann, was der Titel bedeutet... aber, okay, lass ich mal lieber, wie auch immer: Das wird bestimmt eine sehr interessante Lektüre. (Das c hab ich mir jetzt geklemmt.)
    Viele Grüße
    Jürgen


    Der Titel bedeutet archaisch-eigentlich: "Küß mich doch", aber das Verb "baiser", das bis zum Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich "küssen" bedeutete, hat seitdem eine Pejoration durchgemacht in Richtung auf das bekannte F-Wort.


    "Baiser" bedeutet heute tatsächlich "f...en", während "küssen" heute ausschließlich mit "embrasser" ausgedrückt wird, was ursprünglich jedoch "umarmen" bedeutete.

  • "Baiser"... Jupp, kenn ich auch, aus dem berühmten Lied: "Aber bitte mit Sahne", da kommt ein "Sahne-Baiser" vor... Moment, "Sahne"?? Gott, was fürn Schweinkram haben wir uns damals in der Hitparade reingezogen!

  • "Un Baiser s'il vouz plait", bestellte meine Schwester einst als Austauschschülerin in einer französischen Bäckerei. Die Heiterkeit war groß und meine Schwester völlig fertig, als ihr ihre Freundin erklärt hat usw.


    Herzlichen Glückwunsch zur Fertigstellung, Thomas! Ich finde sämtliche deiner Bemerkungen dazu sehr nachvollziehbar!

  • Herzlichen Glückwunsch, lieber TWJ. Ich war auch über das "baiser" gestolpert, es war mir aber schon klar, dass du nicht "embrasser" gemeint hast. Der Titel ist spannend und bringt dir hoffentlich zufriedene Leser ein, denn nicht jeder ist post coitum triste. 560 Seiten sind schon eine Herausforderung, auch für den Leser. Dagegen wären 60 Seiten MILF eher ein Coitus interruptus gewesen.
    In diesem Sinne: nicht traurig sein, freu dich über viele Leser, ein paar Dukaten und jede Menge Anerkennung.
    Grosses bises, Bettina :knuddel2

  • Jaja, während du dich am Voralpenrand in deiner bukolischen Idylle dem leichten Leben hingibst, schreiben andere in fensterlosen Verliesen tief unter der Erde an Büchern, die keiner braucht.


    Ich weiß ja immer noch nicht, wo Du wohnst. Aber hier sollen es heute 34 Grad werden. Idylle ...? :)
    Auf alle Fälle viel Erfolg für die "Bücher, die keiner braucht". Bei Gelegenheit verrätst Du mr dann noch, wie man neben Job und Kindern über 500 Seiten schreibt. Und vor allem: wann :)

  • Ich weiß ja immer noch nicht, wo Du wohnst. Aber hier sollen es heute 34 Grad werden. Idylle ...? :)


    Da du seit einiger Zeit so einen netten, gutaussehenden, klugen und auch noch extrem belesenen Freund hast, mußt du jetzt auch nicht mehr wissen, wo ich wohne. :sonne


    Und ja: bei mir hat es jetzt genau 34,8 C° - und daran ist allein Donald Trump schuld.

  • Bei Gelegenheit verrätst Du mr dann noch, wie man neben Job und Kindern über 500 Seiten schreibt. Und vor allem: wann :)


    Ich habe drei Jahre lang -fast - jeden Tag und immer am Morgen, nachdem die Kinder aus dem Haus waren, 500 Wörter geschrieben, manchmal waren es auch 700 oder 800, und an einigen, wenigen Tagen habe ich 1000 Wörter geschrieben.

  • Nicht schlecht. Und Dein Hauptjob? Du bist meines Wissens Unternehmensberater, oder nicht?



    Ja, ich bin Unternehmensberater – und genau deshalb kann ich mir meine Zeit einigermaßen frei einteilen. Und ich muß jetzt doch mal eines sagen: Bei meinem letzten Roman, da war ich einfach besessen. Da hatte ich eine gute Story, da wollte ich was sagen, da wollte ich dieses ganze wirre Gebräu zu Musik, Klavierspielen, Swinger Clubs, Frankreich und Paris, das seit Jahren in meinem Kopf herumwabert, einfach mal aus mir herauskotzen.


    Ich wohne mit dem Zug nur zweieinhalb Stunden von Paris, also bin ich andauernd hingefahren und dort herumgelaufen, weil ich Paris bei allen Nachteilen (Streiks, blöde Kellner, uralte U-Bahn, umständliches Getue) immer noch ungeheuer romantisch finde.

  • Schön, dich wieder zu lesen, TWJ!


    Nur von ein ganz klein bisschen Talent kann man sicherlich nicht sprechen, auch wenn du dich an den Verlustierteufel verkauft hast ...


    Das mit der Disziplin kaufe ich dir sogar ab.


    Herzlichen Glückwunsch zur neuen Veröffentlichung, auch wenn ich denke, dass sich deine Texte zusätzlich als interessante und gebildete Kunstwerke lesen lassen.