Songtextauszüge, Liedzeilen ... in Romanen

  • Liebe Kollegen,
    ich stelle eine alte Frage. Es tut mir leid, ich finde den Thread nicht, indem sie schon einmal beantwortet wurde. Ein Link dazu würde mir schon reichen.
    (Ich habe wirklich 10 Minuten gesucht mit sämtlichen Stichwörtern und ihn nicht gefunden, deshalb schlagt mich bitte nicht)


    Frage:
    in meinem nächsten Roman möchte ich hier und da mal eine Schlagerzeile zitieren, oder die Songzeile eines englischen Liedes.
    Nur einzeilig noch nicht einmal zweizeilig.Weil sie jemand summt oder ansingt.


    Es gibt da seitens von Veregern und der Lektoren diverse unterschiedliche Umgangsformen und Ratschläge.
    Von: Quellenangabe reicht, bis: das Nein das geht gar nicht, ich kenne jemanden der hat geklagt...

  • Keine ganze Strophe. Eine Textzeile oder zwei sind unproblematisch, es sei denn, der gesamte Liedtext besteht aus nicht mehr Zeilen.


    Aber das ist alles unwichtig, wenn die Verleger zu ängstlich sind.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Zitat

    Eine Textzeile oder zwei sind unproblematisch


    So ist es. Quelle (Band/Album/Erscheinungsjahr/Company/Komponisten) im Rubrum oder Impressum. Habe ich mehrfach gemacht, in Büchern mit Aufbau, Lübbe und Rowohlt, völlig problemlos. Auch ein ganzer Refrain ist eigentlich unproblematisch. Es kommt darauf an, dass durch die Einbindung in das eigene Werk etwas Neues entsteht.

  • Danke Männer - das ging schnell. Ich wünsch euch Liebe ohne Leiden ... ")"


    Zu spät! Besser hätte uns frühzeitig jemand gewarnt, dass das eine ohne das andere kaum zu haben ist. Andererseits … ob wir's geglaubt hätten? ?!?

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  • Zu diese Thema habe ich vor einigen Wochen ein Interview mit dem Medienanwalt Prof. Dr. Christian Russ geführt. Dort ging es eben um die Frage, wie weit man Songtexte in einem Roman zitieren kann. Dort heißt es konkret dazu:


    "Typische Fälle sind der Abdruck eines Fotos, eines Gemäldes, eines Gedichts oder – wie in Ihrem Beispiel – der Abdruck eines Songtexts. Das
    ist nur dann zulässig, wenn der Abdruck der wissenschaftlichen Auseinandersetzung dient und hierfür das zitierte Werk als Beleg für die eigenen Ausführungen abgedruckt wird. Dagegen geht es beim „Kleinzitat“ nur um Ausschnitte („einzelne Stellen“) eines bereits anderweitig veröffentlichten Werkes, die nun in einem selbständigen Sprachwerk (Roman, Essay, Gedicht oder Rede) zitiert werden. Hier geht es meist um die Frage des zulässigen Umfangs solcher „Stellen“. Dazu werden öfter Faustregeln von zwei bis drei Sätzen oder einigen Zeilen genannt. Da der mögliche Umfang eines Zitats aber von Fall zu Fall variieren kann, sind solche Faustregeln nur ungefähre Anhaltspunkte. Bei allen Zitaten gilt, dass der Urheber in üblicher Weise benannt werden muss, also direkt am zitierten Text, mit einer Fußnote oder an anderer Stelle im Buch." (Quelle: http://ein-buch-schreiben.com/rechtliche-fragen-autoren/)


    Eins bis zwei Zeilen sollten beim Zitieren mit Quelleangabe unproblematisch sein. Dies wäre das besagte Kleinzitat. Christian Russ ist ein anerkannter Fachanwalt im Bereich Medienrecht, hier würde ich auf seine Einschätzung vertrauen.

  • Guten Abend liebe Schreibverrückten, :-)


    ich habe mich gerade neu hier im Forum angemeldet, da mich ebenfalls die Frage zum Nutzungsrecht von Songzitaten beschäftigt.

    Konkret geht es in meinem Fall um eine Kurzgeschichte, in der ich Zitate aus "Am Fenster" von City einbauen möchte und mich jetzt frage, ob die unten genannten drei Stellen noch unter die Kleinzitat-Regelung fallen und ich mich mit der Länge schon im kritischen Bereich befinde.

    Der Songtest an sich ist, im Gegensatz zu anderen Liedern, ja auch eher kurz und zeichnet sich eher durch die Wiederholung dessen und das bekannte Violinensolo aus.


    https://www.songtexte.com/song…/am-fenster-g38a253b.html


    1.)

    Auf dem Küchentisch läuft das Radio. Eine Oldie Sendung spielt City „Am Fenster“.

    "Einmal wissen dieses bleibt für immer

    Ist nicht Rausch, der schon die Nacht verklagt"


    --

    2.)

    In der Küche spielt das kleine Radio auf dem Tisch noch immer ihr Lied.

    „Ist nicht Farbenschmelz noch Kerzenschimmer.

    Von dem Grau des Morgens längst verjagt“


    --


    3.)

    In der Küche – das Radio.

    „Einmal fassen tief im Blute fühlen. Dies ist mein und es ist nur durch dich“.


    Das Lied als solches hat für meiine Protagonistin eine besondere Bedeutung bzgl Erinnerungen an ihre Vergangenheit.


    Vielen Dank für eure Einschätzung und einen schönen Sonntagabend noch!


    LG

    Nordlicht

  • Hallo nordlicht85,


    zur rechtlichen Seite steht alles bereits im Thread.

    Für mich ergibt sich eher die Frage, warum muss der Songtext unbedingt in deinen Text? Du gibst den Text wieder, der aus dem Radio kommt. In welchen Bezug stehen die Textzeilen zu deiner Protagonistin? Wenn schon den Text zitieren, dann muss das Ziel eine Interpretation des Textes sein und das kann nicht durch das Radio, sondern nur durch die Protagonistin erfolgen.

  • Zitat

    Wenn schon den Text zitieren, dann muss das Ziel eine Interpretation des Textes sein und das kann nicht durch das Radio, sondern nur durch die Protagonistin erfolgen.

    Interpretation durch das Radio? What? :kratz2


    Nix muss. Man kann alles machen, so lange man es gut macht und es funktioniert.


    (Edit: Diese Zitate sollten rechtlich in Ordnung sein, wenn die weiter vorne im Thread erwähnten Aspekte berücksichtigt werden.)

  • Zitat

    Warum, wieso, weshalb verstehe ich auch nicht so recht, schließlich sind es doch Zitate?

    Wenn es denn Zitate sind bzw. bleiben. Die Grenzen zwischen Kurzzitat, Langzitat und Vollzitat sind nicht ganz klar definiert (okay, ein Vollzitat ist ein Vollzitat), und es geht darum, dass man das geistige Eigentum eines anderen nicht missbraucht, um daran zu profitieren. Zumal ja auf dem Buchumschlag nur Dein Name steht und nur Du Geld für das Buch bekommst.


    Deshalb gibt es Regeln und Grenzen. Die sind leider ein bisschen schwierig zu finden und auszuloten. Siehe oben.

  • Hallo nordlicht85,


    neben dem Zitatproblem sehe ich noch ein ganz anderes - das Textzitat, wenn ich einen Bezug zu dem Song habe, lenkt mich vom eigentlichen Text ab. In meinem Kopf wird der Handlungsfaden unterbrochen und meine persönlichen Bilder zu dem Song tauchen auf. Wenn dann immer so zeilenweise ein Zitat kommt, würde ich wahrscheinlich schnell genervt sein.

    Für mich ist der Grund interessant, warum ist das ihr Lieblingssong? Was passiert in diesem Moment in ihrem Kopf? Wird das durch den Text, die Melodie oder durch ein spezielles Arrangement getriggert? Dann stellt sich die Verbindung zwischen ihr und dem Song für mich her; mit einem Textzitat funktioniert das nicht. In diesem Moment sehe ich den Song mit ihren Augen und mehr mit meinen.

  • Hallo nordlicht85 mit Grüßen aus dem Norden (Helsinki),


    ich hab auch mal gelesen, dass Songtexte (Ausnahme: urheberfreie Traditionals) als Sonderform nicht so einfach zitiert werden können, weiß aber leider nicht mehr, wo. Silkes Link hilft dir da vielleicht weiter. Bei deinem Beispiel finde ich heikel, dass der Song so gut wie keinen Text hat und du mit den vier, fünf Zeilen gleich einen erheblichen Anteil zitierst.


    Mir sagt weder Gruppe noch Song etwas, aber das sieht nach einer aktuell aktiven Band aus - die sind doch bestimmt in den sozialen Medien unterwegs, schreib die doch mal an. Gib den Arbeitstitel deines Projektes an und den VÖ-Ort bzw. geplanten Termin. Wenn du von denen bzw. deren Agentur die Genehmigung bekommst, setzt du "Auszüge aus Lied XY verwendet mit freundlicher Genehmigung Name Urheber + Vertrieb" ins Impressum und bist auf der sicheren Seite.


    Ich hab das so gelöst mit je einem Zitat aus einem Film und aus einem finnischen Roman, die nicht Teil des Fließtextes waren, sondern Kapiteln vorangestellt werden sollten. Und auch mit Fotos, die ich in Sachtexten verwenden möchte - hab noch nie eine Absage bekommen, und teils sind daraus sogar nette Fernfreundschaften oder Kooperationen draus entstanden.


    Liedtexte innerhalb der Geschichte - wie du es planst - finden sich ja ab & zu in KGs, die Leute im Internet einstellen und ich hab im Laufe der Zeit gemerkt, dass es für mich nie funktioniert. Und zwar egal, ob ich das Lied kenne oder nicht. Dietmar hat dasselbe angesprochen: Es reißt einen aus der Ebene des Erzählten auf die Ebene des Autors (da will ich als Leser nicht hin, ich will in der Fiktion bleiben), und du kannst nie damit rechnen, dass all diese Emotionen und Assoziationen, die du mit dem Song verbindest, auch bei anderen genauso laufen. Es ist sogar unwahrscheinlich bis unmöglich.


    Dann sieht in fremden Augen so etwas Eingespleißtes ggfs. aus wie eine Krücke oder gar Faulheit, um die Dinge, die du damit verbindest, nicht mit eigenen Worten auszusagen bzw. zeigen zu müssen. Es ist in jedem Fall eine Abkürzung, für die du dich fremden Materials bedienst - also egal, wie nun die rechtliche Seite aussieht: Das halte ich unter diesem Gesichtspunkt überdenkenswert. (Abgesehen davon finde ich die Lyrics nicht so prickelnd / tiefgründig / interessant und ich zumindest kann damit nix anfangen - aber vielleicht könnte ich etwas mit deiner eigenen Figur anfangen, die ja bis zu dem Punkt in deiner Geschichte vorgestellt und verankert sein sollte, weißt du, was ich meine?)

  • Zitat

    Dann sieht in fremden Augen so etwas Eingespleißtes ggfs. aus wie eine Krücke oder gar Faulheit, die Dinge, die du damit verbindest, mit eigenen Worten auszusagen bzw. zu zeigen.

    Einspruch.


    Ich zitiere Songtexte ausgesprochen gerne (meine Romane enthalten aber auch Songtexte, die ich mir selbst oder unter Mithilfe von Freunden ausgedacht habe, weil ich einfach gerne über Popmusik und ihre Bedeutung schreibe), und ich stelle ihnen regelmäßig Songtextauszüge voran, die natürlich entsprechend kenntlich gemacht werden. Das hat an dieser Stelle ähnliche Gründe wie früher die ganzen Goethe-Zitate vor fulminanten Romaneinstiegen (die dann in der Schublade blieben).


    Ein Songtext ist eine geteilte Erinnerung. Bei populäreren Songs kann man davon ausgehen, dass die Leser sofort auch die Melodie im Ohr haben, die Stimmungen beim früheren Hören des Songs, eigene, erlebte Geschichte, Zeitkolorit, Zeitgefühl. Man stellt eine unmittelbare und sehr, sehr direkte Verbindung her, und zwar in beide Richtungen. Bestimmte Songs haben auch nur bestimmte Leute gehört, ein Songtext von „Joy Division“ sagt anderen Leuten etwas als ein Songtext von „Abba“. Klar könnte man auch einfach nur den Song erwähnen (was man ja sowieso kann), aber manchmal sind die Texte überaus klug und helfen dabei, etwas zu verdeutlichen, das man so direkt selbst nicht sagen will.

  • Mir sagt weder Gruppe noch Song etwas, aber das sieht nach einer aktuell aktiven Band aus - die sind doch bestimmt in den sozialen Medien unterwegs, schreib die doch mal an.

    Das wird schwer werden. Die Texterin, Hildegard Maria Rauchfuß, ist schon 24 Jahre tot. Die Band City gibt es nicht mehr. Sie hat sich nach 50 Jahren Bühnenleben am 31.12.2022 offiziell, als Liveband, aufgelöst. Der Song "Am Fenster" wurde 1974 komponiert, erschien aber erst 1977 auf Schallplatte.


    Die Rechte am Text liegen wahrscheinlich bei der Stadt Leipzig.

    Zitat

    Nach ihrem Tod kaufte die Gruppe City den dichterischen Nachlass und übergab ihn zur Nutzung der Stadt Leipzig.


    Quelle


  • Die Rechte am Text liegen wahrscheinlich bei der Stadt Leipzig.

    Interessant. Hat die Autorin die Texte der Stadt vermacht? Normalerweise gehen die Rechte von Urhebern an die Erben und bleiben dort bis 70 Jahre nach dem Tod vergangen sind.

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Interessant. Hat die Autorin die Texte der Stadt vermacht? Normalerweise gehen die Rechte von Urhebern an die Erben und bleiben dort bis 70 Jahre nach dem Tod vergangen sind.

    Nein, City hat den dichterischen Nachlass von den Erben gekauft und der Stadt Leipzig zur Nutzung übergeben, siehe Zitat und Quelle in meinem Beitrag. Rauchfuß ist in Leipzig gestorben. Mein erster Anlaufpunkt wäre also das Kulturdezernat der Stadt Leipzig.