Geldverdienen als Autor

  • Ist ja wirklich tragisch. Und dann kriegt auch noch dieser Philip Roth für Arme den mit fünfundzwanzig Riesen dotierten Deutschen Buchpreis. Obwohl er schon einen niegelnagelneuen Jaguar in der Garage hat, die zu einer Villa am See gehört.


    Wenn ich eine Fabrik betreibe, die am Tag genug Umsatz (bzw. Deckung) generiert, um 100 Arbeitern 20 € pro Stunde zu zahlen, aber ich beschäftige stattdessen 1.000 Arbeiter, ohne mehr Umsatz zu generieren, dann kann ich eben nur noch 2 € pro Nase zahlen. Das Problem sind nicht (nur) die ungerechten Verlag(sverträg)e oder die erschütternd niedrigen Tantiemen (wobei ja jedem freisteht, höhere Tantiemen auszuhandeln). Das Problem ist, dass man mit einem Buch, von dem 3.000 Exemplare verkauft werden, so oder so nicht satt werden kann, und das gilt für alle Beteiligten. Selbst wenn der Autor 100 Prozent Tantiemen bekäme, wären das bei 3.000 Exemplaren doch nur um die 26.000 € vor Steuern bei einem Taschenbuch. Nicht zuletzt deshalb sind ein paar Publikumsverlage dazu übergegangen, nur noch Titel ins Programm zu nehmen, bei denen hoch fünfstellige Erstauflagen kalkuliert werden können. Und 3.000 Exemplare sind ja nur der Durchschnitt. Viele Autoren verkaufen weit, weit weniger.


    Kein Mensch braucht all diese Bücher, aber es gibt sie trotzdem, und deshalb verdient man kein Geld damit. Gäbe es Mindestgarantien und ähnliche Mechanismen, gäbe es drastisch viel weniger Bücher, weil das Risiko für die Verlage unkalkulierbar würde. Dann hätte man zwar das gewünschte Ergebnis - veröffentlichte Autoren würden mehr verdienen -, aber den unschönen Effekt, dass alle anderen nichts mehr verdienen würden. Dass noch weniger unverlangt eingesandte Manuskripte veröffentlicht würden. Und so weiter. Man kann nicht beides haben, einen offenen, seinen eigenen Bedarf generierenden Buchmarkt und zugleich zigtausend Schriftsteller, die davon leben können, einmal pro Jahr für zwei Wochen in Schreibklausur zu gehen. Die gibt es nämlich auch. ;)

  • Lieber Tom,


    es kann nicht jeder höhere Tantiemen aushandeln. Die Verhandlungsposition auf der Autorenseite ist durchaus schwächer und nur wenige befinden sich auf Augenhöhe mit den Verlegern. Und trotzdem rate ich, verhandeln zu versuchen. Wer sich nicht traut, bekommt gar nichts, wer sich traut, bekommt wenigstens etwas. Meistens jedenfalls.

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  • Kein Mensch braucht all diese Bücher, aber es gibt sie trotzdem, und deshalb verdient man kein Geld damit.

    Das bringt´s auf den Punkt, Tom.


    Wer möchte, dass der Buchmarkt so relativ offen bleibt, wie er immerhin noch ist, muss sich als Schreiber den damit verbundenen Herausforderungen stellen. Und die bestehen eben im Wesentlichen darin, dass es ohne namhafte Verkaufserfolge keine anständige Kohle gibt. Leider lassen sich allzu viele jedoch keineswegs von den eigenen kläglichen Einkünften abschrecken. Statt Bilder zu malen oder zu hauen, Schnitz- oder Drechselwerk zu formen oder ihre unstillbare künstlerische Schaffenskraft im Ausdruckstanz auszuleben, schreiben sie ungehemmt weiter, überschwemmen die Welt mit mehr oder weniger unverkäuflichen Texten und beklagen von morgens bis abends ihr schweres Schicksal. Ach ja ...

  • Das bringt´s auf den Punkt, Tom.


    Wer möchte, dass der Buchmarkt so relativ offen bleibt, wie er immerhin noch ist, muss sich als Schreiber den damit verbundenen Herausforderungen stellen. Und die bestehen eben im Wesentlichen darin, dass es ohne namhafte Verkaufserfolge keine anständige Kohle gibt. Leider lassen sich allzu viele jedoch keineswegs von den eigenen kläglichen Einkünften abschrecken. Statt Bilder zu malen oder zu hauen, Schnitz- oder Drechselwerk zu formen oder ihre unstillbare künstlerische Schaffenskraft im Ausdruckstanz auszuleben, schreiben sie ungehemmt weiter, überschwemmen die Welt mit mehr oder weniger unverkäuflichen Texten und beklagen von morgens bis abends ihr schweres Schicksal. Ach ja ...


    Ab wann sind Einkünfte denn kläglich? Und wenn man schon Einkünfte hat, kann man nicht darauf hoffen, dass es mehr wird?
    Die meisten mehr oder weniger erfolgreichen Autoren haben doch auch mal klein angefangen.
    Da gab es nicht direkt die 25 000 € Garantie und den Bestseller als erstes Buch - auch das gibt es, ist aber noch seltener.
    Ich weiß zwar nicht genau, wie das bei euch - Tom und Didi - war, aber auch ihr werdet doch zu Anfang kleine Brötchen gebacken haben.
    Wer legt denn fest, wer lieber drechseln oder schreiben sollte?


    Ich habe mir damals eine Frist von 5 Jahren gesetzt. In der Zeit wollte ich es geschafft haben, dass ein Buch von mir bei einem ordentlichen Verlag herauskommt. Da gabs aber auch noch keine Ebooks und kein Selfpublishing.
    Hätte ich es in der Frist nicht geschafft, hätte ich vermutlich für mich weiter geschrieben ... aber nur für mich.

  • Hallo, Ulli.


    Das ist doch sowieso alles nicht generalisierbar. Und deshalb - und nur dagegen richtete sich mein defätistischer Einwurf - ist es auch nahezu schwachsinnig, eine Verbesserung einzufordern, die man sich nicht wünschen kann. Und die dann auch wieder ungerecht wäre.


    Ja, ich habe mir auch mehrere Limits gesetzt, bestimmte Auflagenhöhen/Verkaufszahlen, dazu Richtlinien wie konsequent steigende Garantien usw. Alles mit gewissen Toleranzen ausgestattet, weil es selten ununterbrochen super läuft, selbst wenn es insgesamt so aussieht. Das gilt auch umgekehrt. Nicht jeder Rückschlag sollte sofort das Karriereende markieren.


    Tatsache ist, dass man theoretisch mit dem belletristischen Schreiben in kurzer Zeit relativ viel Geld verdienen kann. Tatsache ist auch, dass die meisten Autoren - gute, vergleichsweise erfolgreiche, gestandene Autoren - nicht sehr viel Geld mit dem belletristischen Schreiben verdienen, weil die Tantiemen niedrig sind, weil die Vorarbeiten nicht bezahlt werden, weil die Backlist eingedampft wird, weil die Texte unverfilmbar sind, weiß der Geier. Aber, und nur darauf wollte ich hinaus: Die Lösung dieses Problems besteht nicht darin, finanzielle Rahmenbedingungen festzulegen, Mindesttantiemen und -vorschüsse einzufordern und all das. Weil das keiner bezahlen kann oder will, und weil es totaler Blödsinn wäre, einem Autor, der sowieso nur tausend Leser erreicht, dafür auch noch die Rosette zu versilbern. Ganz hart gesagt. Selbst wenn es diese tausend Menschen total glücklich macht, dass es diese Bücher gibt. Das ist ein anderes Spielfeld.


    Ja, deutschsprachige Autoren haben nur den deutschsprachigen Markt, der auch noch zu einem Teil von Lizenzen beherrscht wird. Sehr viele Leute wollen daran mitverdienen, dass deutsche Konsumenten pro Jahr sechs, sieben Bücher lesen. Das ist ärgerlich und schön zugleich, ein Ausdruck der kulturellen Vielfalt und Freiheit, auch jener, nicht lesen zu müssen. Hier irgendwie fördern einzugreifen, würde einen Unterhaltungsmarkt regulieren, der sich nicht regulieren lässt - und auf natürliche Weise recht gut selbst reguliert, nämlich dadurch, dass nicht einfach jeder sofort reich wird, der einen Verlag für sein Zeug findet.

  • Hallo in die Runde,


    das klingt hier für mich so ein wenig danach, dass die Preise oder die Gewinne so schlecht sind, weil es jetzt offenen Markt gibt durch Selfpublisher. Aber hieß es nicht "immer" schon, dass man als Autor / Autorin nicht genug verdient? Das war doch auch schon vor "BoD, Amazon, ..." der Fall.


    Und ich frage auch, ab wann sollte man als Autorin das Schreiben aufgeben? Wie oft liest man, dass erfolgreichere Autoren erstmal 5-15 Bücher schrieben, die in der Schublade lagen? Und nach dem ersten Erfolg konnten auch die vermeintlichen Staubfänger an den Mann, sprich Verlag gebracht werden?


    Und ist es nicht so, dass sogar einige Geld mit dem Schreiben verdienen konnten, die bei den Verlagen niemals eine Chance gehabten haben oder hätten?


    Es ist schwierig. Leider.


    Viele Grüße


    Manon

  • Ich finde diese Artikel und das Gejammer darüber, dass der Markt dies ... der Markt jenes .. und man es doch anders besser machen könnte - irgendwie so blöd.
    Ich lebe vom Schreiben, aber ich schreib auch mitunter 6 Bücher im Jahr. Unterschiedliche Genres.
    Susanne Oswald schreibt noch mehr. Es gibt Einige im Verein, die den Buchmarkt mit Sachbüchern bedienen - viele Bücher, nicht viel Geld, aber unterm Strich reicht es. Alexander und Anja zum Beispiel.
    Da macht es die Masse.
    Die, die jammern, stellen sich ein Leben wie das von der Rowling vor - aber Hallelujah, wie oft passiert so etwas?
    Wie oft gelingt jemanden wie Donna Tart ein Bestseller, der ihr die Zeit und das Geld gibt, zehn Jahre bis zum nächsten Buch zu haben?
    Das sind Ausnahmen.
    Es gibt mehrere Wege - entweder man schreibt viel und schnell für Geld und daneben auch noch ein "Lieblingswerk", oder man hat noch einen Brotjob. Variante drei ist der Partner, der einen mitfinanziert. Oder man ist schon in Rente. ?!?")":evil

  • Hallo, Manon.


    Nein, mit dem "offenen Markt" habe ich mich nicht auf Selfpublisher bezogen; die gab es schon immer, dazu Vanity-Publishing in allen Varianten und ähnliche Phänomene. Neu ist derzeit nur, dass in diesen Bereichen auch mal (bezogen auf die Menge der Autoren jedoch ausnahmsweise) Kasse gemacht wird, also Leute vergleichsweise gut Geld verdienen. Das verleitet dann zuweilen zum gefährlichen Vergleich der Margen und Tantiemen.


    Nein, der Literaturmarkt ist generell offen - es bedarf keiner Qualifikation, es gibt keine Regularien oder Regulative. Jeder, der möchte, kann einen Text schreiben und versuchen, ein Buch daraus machen zu lassen, und jeder, der will, kann eine Firma gründen und die dann "Verlag" nennen. Es gibt keine Kontingente oder Mengenbegrenzungen, und nur relativ überschaubare staatliche Kulturförderung, die hier eingreift. Der einzige Mechanismus, der nahezu allen direkt produzierenden Teilnehmern (Autoren) ab einem gewissen Punkt und unter bestimmten Umständen zur Verfügung steht, ist die Künstlersozialkasse. Vertragliche Vereinbarungen können alles enthalten, was man sich hineinzuschreiben traut, es gibt keine Normen oder Ober- und Untergrenzen; auch der Ver.di-Normvertrag ist nur ein Vorschlag, der übrigens selten akzeptiert wird. Und so weiter. Das meinte ich mit "offenem Markt".


    Wenn man jetzt also dahergeht und Forderungen an den Mann bringen will, die genau das ändern, ist dieser Markt nicht mehr offen. Tatsächlich müsste man ihn aktiv verschließen, denn es wäre kaum machbar, alle potentiellen Teilnehmer mit Mindesteinnahmen und -garantien auszustatten. Das meinte ich mit "Rosette versilbern". Natürlich gibt es sehr, sehr, sehr gute Bücher, die wenige Leser erreichen, und sehr, sehr, sehr schlechte, die von vielen gelesen werden, aber beide Einschätzungen sind überwiegend ziemlich subjektiv. Um hier Verfahren anzusetzen und Grenzen festzulegen, müsste man jedoch damit anfangen, das zu kategorisieren. Das funktioniert vielleicht in Nordkorea, aber nicht hier.


    Wer vom Schreiben leben will, kann das schaffen - siehe Ullis Ausführungen. Wer davon leben will, alle zwei bis fünf Jahre einen Bildungsbürgerentwicklungsroman zu schreiben, der muss Glück haben. Und das ist gut so.

  • Als ich den Artikel verlinkt habe, dachte ich nicht an eine solche Diskussion, wie sie sich jetzt entwickelt hat (was aber völlig egal ist, Freds entwickeln sich immer irgendwo hin). Warum ich den Artikel gut finde, liegt daran, dass er die vielen Menschen, die meinen, sie müssten jetzt auch mal schreiben, die finanzielle Wahrheit deutlich macht, und sie es dann doch vielleicht bei dem einen Buch (oder gar keinem) belassen. Im Sinne von Aufklärung, nicht im Sinne von Jammern. Auch für alle anderen, die meinen, der Schriftstellerberuf sei irgendwie cool und würde sich auch finanziell lohnen, weil sie immer nur in der Presse die Ausreißer nach oben hin lesen, selten über den durchschnittlichen Ablauf.

  • Hallo, Cordula.


    Ich denke, es geht (auch im Artikel) um beides - um Aufklärung und Entzauberung, aber auch um eine schwierige Situation aus Sicht der Betroffenen. Nina George, die ich wirklich sehr schätze, ist derzeit ja vor allem in Sachen "Autorenrechte" unterwegs, weshalb davon auszugehen ist, dass ihr dieser Aspekt besonders wichtig ist. Insofern trifft die Diskussion durchaus den Gegenstand der Berichterstattung.

  • Ich persönlich halte die Variante, dass Schriftsteller auch noch einen Brotberuf haben, für gar nicht so schlecht. Ich persönlich bekomme durch meinen Beruf auch Input fürs Schreiben, das gilt wahrscheinlich ebenso für Straßenkehrer, Finanzbeamte und Rechtsanwälte. Ein bisschen Kontakt zum realen Leben ist für manche Schreibtischtäter ganz gut. Sind das die besten Schriftsteller, die in Leipzig studiert haben und dann in ihrem Kämmerlein sitzen und über die Welt draußen schreiben?
    Wenn dadurch, dass man vom Schreiben oft über lange Zeit nur schlecht leben kann, zahlenmäßig weniger gute Bücher entstehen, ist das allerdings sehr schade. Manchen Schriftstellern würde ich mehr Luft gönnen, zum Teil greift ja die Kulturförderung genau da ein mit unzähligen Stipendien und Preisen.
    Wer reich werden will, sollte Banker oder so was werden. Und wer gute Bücher schreibt, die auf Interesse stoßen, sollte gut verhandeln. Und bis dahin sich die Nächte und Wochenenden um die Ohren schlagen. Olaf Petersenn von Kiwi hat mal gesagt, Autoren wollen immer gleich in der Bundesliga spielen, anstatt sich hochzuarbeiten aus der Amateurliga mit viel Training, Fleiß und Talent.

  • Lustig finde ich ja immer meine Teilnehmer in den Workshops, die ankommen und von mir den letzten Schliff fürs Projekt wollen, damit sie dann reich werden. Gibt es immer wieder und zwar aus allen Alters- und Berufsgruppen. Denen werde ich heute Abend den Link empfehlen.
    (Was vielleicht die eine oder andere Hausfrau davon abhält, ihre Biografie in den Äther zu werfen...) :rofl