Die 20-Sekunden-Manuskriptprüfung

  • Im »Handbuch für Autorinnen und Autoren« - Uschtrin, 8. Auflage - steht auf S. 458 (den Verlagsadressen vorangestellt):


    Zitat


    Bei den großen Publikumsverlagen sollten Sie den Kontakt allerdings lieber gleich über eine Literaturagentur herstellen. Diese Verlage werden mit Manuskripten überschüttet. Nur eine Agentur, die als Fürsprecherin agiert, kann da noch durchdringen und Ihnen Gehör verschaffen …

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • mein lieblingsverlag schreibt auf seiner webseite: Senden Sie Ihre Unterlagen direkt an die Kontaktpersonen des für Sie interessanten Verlagsbereichs (Belletristik / Sachbuch / Kinder- und Jugendbuch).


    okay.
    aber nirgends sind die namen auf der webseite zu finden oder ich bin blind. kann auch sein. wenn sie das also so haben möchten, dann wäre es doch logisch, sie nennen die namen.

    Ähnliches ist mir schon oft aufgefallen.
    Es ist verständlich, dass die eingehenden Manuskripte (oder Anfragen) so früh und gut wie möglich kanalisiert werden sollen, das erleichtert den Arbeitsprozess ungemein. Aber warum pflegt man dann den Webauftritt nicht dahingehend? Ein weiteres Thema sind die, auf den Webseiten prangenden Rechtschreibfehler ...
    Ich habe wirklich kein Problem damit, wenn sich hier und da mal einer einschleicht aber bei einer Agentur sieht das ebenso schlecht aus, wie auf einem Anschreiben, bei dem es als Tabu gilt.

    Arno Grohs: Juliane


    [buch]B012O8E5GK[/buch]
    Genre: Belletristik (Entwicklungs-, Gesellschafts-, Frauenroman mit Spannungselementen)

    Einmal editiert, zuletzt von ArnoGrohs ()

  • Bei den großen Verlagen findet man die Namen der Lektoren selten, aber es gibt dafür Hinweise für Manuskripteinreichungen.


    no-names werden zu neobooks umgeleitet. die vorarbeit soll dort also die no-name-konkurrenz erledigen, die dort auch ihre werke einstellen, sich gegenseitig loben und so hoffen, dass rowolth, droemer und co. auf sie aufmerksam werden. tolles konzept (und eine stellenstreichungsmaße für lektoren?) das fördert bestimmt alle bestseller zu tage, die lektoren sonst übersehen hätten :drunter

  • Zitat

    manchmal siegt frechheit


    Manchmal (siehe Beispiel von weiter oben). Aber wahrscheinlich nicht bei Hanser, Rowohlt oder Suhrkamp. Dort unverlangt Manuskripte hinzuschicken hat eine ähnliche Erfolgswahrscheinlichkeit wie Flaschenpost mit Empfängerangabe.

  • Ich kann als Single auch nicht zugleich in jeder Bar der Stadt sein, obwohl in irgendeiner davon meine Traumfrau sitzt, nur wahrscheinlich nicht in derjenigen, in der ich gerade hocke. That's life.

    Wenn du deine Traumfrau in einer Bar suchst, sitzt das Problem an anderer Stelle.
    Ich habe die Aufgabe vor siebzehn Jahren gelöst und meine Traumfrau geheiratet.


    (danke für die Steilvorlage :prost )

    Arno Grohs: Juliane


    [buch]B012O8E5GK[/buch]
    Genre: Belletristik (Entwicklungs-, Gesellschafts-, Frauenroman mit Spannungselementen)

  • "Nun ja - der eigene Geschmack ist doch immer ausschlagebend. Auch ich
    habe meinen eigenen Geschmack, dennoch erkenne ich einen guten Text,
    selbst wenn ich so ein Buch nicht lesen wollen würde."

    Ist es nicht eher so, dass man auf den ersten Seiten erkennen kann, ob sich der Autor ausdrücken kann, die Orthografie, Interpunktion, ... passen?
    Ich wage zu bezweifeln, dass man auf den ersten Seiten feststellen kann, ob sich die Geschichte verkaufen lässt.



    "Verlagslektoren haben Verlagsprogramme. Bücher, die sie aufnehmen, müssen zu allererst ins Verlagsprogramm passen. Da hilft dem Neuling schon mal ein Blick aufs Programm und auf die Verlagsseite."
    Selbstverständlich. Wenn sich ein Autor VOR einem Anschreiben nicht auf der Seite der Agenur (des Verlages) über das Programm oder den (hoffentlich ersichtlichen) Ansprechpartner informiert, ist sowieso alles zu spät.



    "Ein Lektor ist eben auch ein Teil eines Wirtschaftsunternehmens - da kann man Glück haben, weil man gerade den Nerv der Zeit trifft, oder Pech - und das muss dann nicht an der Qualität eines Buches liegen."
    Der letzte Teil ist für viele Neulinge sicher der wichtigste, denn diese Aussage kommt oft nicht deutlich genug rüber.



    "Lila Anschreiben mit 1000 Smileys und angeblich ach so lustig klingenden Beschreibungen nerven aber nun mal.
    Texte ohne Absätze nerven.
    Eeeeeeeeeeeeeeeendlooooooooooooos viele Satzzeichen nerven ebenso, wie endlos viele Buchstaben!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    Das sind ganz grundsätzliche Dinge.
    Einen Text, der voller Fehler strotzt, will man nicht lesen. Dazu habe ich mal gehört: "Wieso? Dazu gibt es dann doch die Lektoren!" Ähn. Nein."

    Welcher seriöse Autor sollte das anders sehen?



    "Die ersten Seiten entscheiden - sind sie nicht gut ... tja, dann war es das."
    Diese Aussage ist für mich fragwürdig aber ich verstehe natürlich den leidigen Zusammenhang mit der fehlenden Zeit.



    "Und natürlich macht man Fehler - das weiß man ja erst hinterher. Dann, wenn eine andere Agentur, ein anderer Verlag aus dem abgelehnten Werk einen Bestseller macht. Aber Rowlings und Jurassic Parcs gibt es nur selten."
    Meinst du wirklich?
    Ich denke eher, dass da draussen jede Menge unentdeckte Rowlings rumlaufen.
    Aber das ist nicht die Schuld der Lektoren, sondern auf die Umstände (fehlende Zeit) zurückzuführen.


    In diesem Sinne ... :prost

    Arno Grohs: Juliane


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    Genre: Belletristik (Entwicklungs-, Gesellschafts-, Frauenroman mit Spannungselementen)

  • Ich hatte es Anfang der "Nullerjahre" fast zum Debüt bei KiWi geschafft (ich befand mich gerade in einer sehr kurzen agentenfreien Phase), mit einem Anschreiben, in dem ich den sehr geehrten Damen und Herren damit gedroht hatte, nie wieder Bücher von denen zu kaufen, wenn sie meines nicht veröffentlichen. Es scheiterte dann daran, dass die Lektorin, die das lustig gefunden hatte, ins Sachbuch wechselte.

    Der war gut ... oder doch tragisch?

    Arno Grohs: Juliane


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    Genre: Belletristik (Entwicklungs-, Gesellschafts-, Frauenroman mit Spannungselementen)

  • was sind traumfrauen eigentlich für wesen? ich hab noch nie eine in echt gesehen :lupe


    8-)

    Ich vermute, dass du falsch an die Sache herangehst.
    Manchmal ist es ganz einfach ... hast du einen Spiegel im Bad?

    Arno Grohs: Juliane


    [buch]B012O8E5GK[/buch]
    Genre: Belletristik (Entwicklungs-, Gesellschafts-, Frauenroman mit Spannungselementen)


  • Ist es nicht eher so, dass man auf den ersten Seiten erkennen kann, ob sich der Autor ausdrücken kann, die Orthografie, Interpunktion, ... passen?
    Ich wage zu bezweifeln, dass man auf den ersten Seiten feststellen kann, ob sich die Geschichte verkaufen lässt.


    Oh doch! Zieht der Anfang nicht in das Buch rein, werden es auch die Leser nicht kaufen.
    Sagen wir mal so - der Anfang ist grottig, aber der Plot eigentlich gut - dann lese ich noch weiter hinten ein paar Stellen. Aber meist zeigt der Anfang, wo die Reise hingeht.



    "Ein Lektor ist eben auch ein Teil eines Wirtschaftsunternehmens - da kann man Glück haben, weil man gerade den Nerv der Zeit trifft, oder Pech - und das muss dann nicht an der Qualität eines Buches liegen."
    Der letzte Teil ist für viele Neulinge sicher der wichtigste, denn diese Aussage kommt oft nicht deutlich genug rüber.


    Leider, leider, leider ist das Meiste, was auf die Schreibtische kommt Murks. Ganz ehrlich - etwa 98%. Mindestens. Und meist, wenn die Qualität gut ist, das Buch aber gerade nicht passt, schreibt man: schicken Sie uns etwas anders.



    Du würdest dich wundern. ")"



    "Die ersten Seiten entscheiden - sind sie nicht gut ... tja, dann war es das."
    Diese Aussage ist für mich fragwürdig aber ich verstehe natürlich den leidigen Zusammenhang mit der fehlenden Zeit.


    Siehe oben.

  • Oh doch! Zieht der Anfang nicht in das Buch rein, werden es auch die Leser nicht kaufen.
    Sagen wir mal so - der Anfang ist grottig, aber der Plot eigentlich gut - dann lese ich noch weiter hinten ein paar Stellen. Aber meist zeigt der Anfang, wo die Reise hingeht.

    Mit der Erklärung ist es nachvollziehbarer und verständlicher.


    Leider, leider, leider ist das Meiste, was auf die Schreibtische kommt Murks. Ganz ehrlich - etwa 98%. Mindestens. Und meist, wenn die Qualität gut ist, das Buch aber gerade nicht passt, schreibt man: schicken Sie uns etwas anders.

    Das ist sicher auch der großen Anzahl von Autoren geschuldet. Die Rückmeldung finde ich wichtig.


    Vielen Dank für deine Ausführungen.

    Arno Grohs: Juliane


    [buch]B012O8E5GK[/buch]
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  • Um es mal zusammenzufassen:


    Etwa eine Drittelmillion unterschiedliche (!) Romanmanuskripte macht jährlich seine Runde durch die Verlage. Lektoren von Publikumsverlagen bekommen davon je Jahr und Nase ungefähr 3.000 auf den Tisch (gut, das Gros wird vermutlich von Volontären ausgefiltert). Gesucht werden günstigstenfalls zwei oder drei Debüts, eher aber nur eines oder überhaupt keines. Die ganz großen Verlage holen sich ihre neuen Autoren nur ausnahmsweise auf diesem Weg. Er ist in diesen Fällen auch nicht der richtige. Meistens. Fast immer.


    Es geht also nicht darum, die Manuskripte zu finden, die später alle Erfolge der Pottererfinderin in den Schatten stellen oder sämtliche Preise abräumen werden. Es besteht die fast absolute Gewissheit, dass man diese Manuskripte selbst dann nicht finden würde, wenn man jedes intensiv prüfen würde, auch über die legendären ersten vier Seiten hinaus (wenn es der Delinquent denn geschafft hat, ein brauchbares Anschreiben zu verfassen). Weil es nämlich auch noch an der Person hängt, die prüft. Ich kann im selben Haus an zwei, drei, zehn Lektoren geraten, und während einer mein Zeug brillant findet, wird ein anderer schon meinen Namen nicht mögen. Der Dritte hasst alle Manuskripte, die mit dem Wort "Ich" beginnen, der vierte alles, was aus dieser Perspektive erzählt wird. Und, und, und. Anders gesagt: Es gibt auch erfolgreiche Lektoren, die Rowling oder Murakami scheiße finden. Und dazu haben sie jedes Recht. Weil sie keine Paketverpacker bei Amazon sind, sondern Menschen, denen programmatischer Einfluss zuerkannt wird. Dabei nimmt man in kauf, dass geschmäcklerische Aspekte zum Tragen kommen, dass also Gutes (aus der Sicht anderer) durchs Rost fällt. Diesen Kollateralschaden federt die enorme Größe des Angebots leicht ab. Man sucht nämlich sowieso nicht. Man sucht zwar neue, gute Autoren, aber nicht sonderlich intensiv in diesen Müllbergen, die die Post da täglich bringt. Sondern eher nachlässig bzw. (zunächst) recht oberflächlich - so, wie es der Mann geschildert hat, über dessen Blogbeitrag wir hier reden. Zwanzig Sekunden sind da schon viel. Dann schaut man lieber nach, was die Agenturen anbieten, mit denen man zusammenarbeitet. Wer da gerade einen Nachwuchspreis gewonnen oder im Kleinverlag einen Achtungserfolg gefeiert hat oder auf Lesebühnen umjubelt wird. Statt dreitausend Mal pro Jahr erste vier Seiten zu lesen, von denen - wie Ulli richtig ausgeführt hat - 11.760 Mist sind, weil entweder ungenießbar oder nicht ausreichend interessant für die Massenproduktion.


    Letztlich ist also fast egal, welche vermeintlichen Regeln man einhält, wenn man die Partnerschaft mit einem bestimmten Verlag sucht. Die entscheidende Voraussetzung besteht darin, eine sehr gute Geschichte anzubieten, die für diesen Verlag interessant wäre. Wenn einem das gelingt, braucht man keine Ratschläge für Formalien bei der "Bewerbung". Weil man dann intelligent und selbtbewusst und professionell genug ist, um so etwas zu wissen. Das, was dieser Mann da (be)schreibt, sind keine Tipps, sondern Erfahrungen. Es geht nicht darum, die Regeln einzuhalten, die er da vermeintlich aufstellt. Diese Regeln werden ohnehin nur von Leuten gebrochen, die auf Lektorenschreibtischen nichts zu suchen haben.

  • Das, was dieser Mann da (be)schreibt, sind keine Tipps, sondern Erfahrungen.

    "Dieser Mann da" ist übrigens selbst Autor und Verleger, Inhaber des österreichischen Verlages edition a. Und ja, ich nehme auch an, dass es ein Kompendium seiner eigenen Erfahrungen ist, was er da zusammengestellt hat.

  • Danke für die Zusammenfassung Tom, sie ist in sich schlüssig und bringt es auf den Punkt.
    Und das Beste an der Geschichte ist, dass ich etwas gelernt habe.

    Arno Grohs: Juliane


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    Einmal editiert, zuletzt von ArnoGrohs ()