Veröffentlichungswege: Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken, Erfahrungen

  • Und wieder eine Zwischenbemerkung.


    Der Veröffentlichung in Partnerschaft mit Verlagen steht schon seit Jahren und Jahrzehnten die Selbstveröffentlichung ("Selfpublishing") gegenüber. Autoren haben ihre Manuskripte in Druckereien geschleppt und dann quasi per Bauchladen verkauft - zuweilen sogar recht erfolgreich. Der Münchener Autor Matthias Praxenthaler ließ 2.000 Exemplare seines Romans "Horst der Held" drucken, verkaufte einzelne Exemplare monatelang auf der Straße, bis dtv aufmerksam wurde und ihn ins Programm nahm. Seither - es fand in den Neunzigern statt - sind dort drei oder vier Bücher von ihm erschienen.


    Mit dem Aufkommen des On-Demand-Prints (BoD, also Book on Demand, oder PoD, also Print on Demand), namentlich der Herstellung kompletter, einzelner Bücher in kurzer Frist und mit vergleichsweise günstigen Kosten, gab es so etwas wie einen "Zwischen-Siegeszug" der Selbstveröffentlichung, ungefähr gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts. Vor allem Autoren, die es nicht zur Zusammenarbeit mit Verlagen gebracht haben oder dies prinzipiell nicht wollten, wählten diesen Weg. Er war zunächst an einige wenige Hersteller gebunden, die Bücher waren recht teuer, die Vertriebswege überschaubar - entweder über die Online-Shops der jeweiligen Dienstleister oder, später stark anwachsend, über die Online-Buchhändler. Der stationäre Buchhandel hat sich mit solchen Titeln höchstens ausnahmsweise beschäftigt. Das ist auch heute noch so.


    Aktuell stellt sich die Situation aber völlig anders dar, was im wesentlichen zwei Aspekten zu verdanken ist: Der vergleichsweise rasanten Verbreitung von E-Book-Readern ungefähr ab dem Jahr 2010 und der Öffnung des Online-Händlers Amazon explizit für diesen Markt. Mit dem "Kindle Direct Publishing" (KDP - für E-Books) und später mit "AmazonCreateSpace" (ACS - für Print) hat der Händler zwei direkte, sehr schnelle und, vor allem, für Autoren kostenlose Wege geschaffen, um Texte zu publizieren und über den Shop des Marktführers per Mausklick zu verbreiten. Ergänzt um einfach zu bedienende und elegante Softwarelösungen, die es auch Laien ermöglichten, ansehnlich gestaltete Werke zu veröffentlichten, nahm die Zahl der Selbstveröffentlicher plötzlich sprunghaft zu. Ergänzt um den parallelen Siegeszug der sozialen Netzwerke - allen voran Facebook - und Methoden des Viralmarketings gelang es einigen Autoren, auf diesem Weg direkt erfolgreich Texte zu publizieren und damit so viel Geld zu verdienen, dass es so manch einem vergleichsweise erfolgreichen Verlagsautor die Peinlichkeitsröte ins Gesicht trieb.


    Obwohl es Konkurrenz für Amazon gibt, kann man hier - wenigstens derzeit - getrost nicht nur von Marktführerschaft, sondern von -beherrschung sprechen. Via KDP werden inzwischen tausende Titel pro Monat publiziert. Dienstleister sind auf dem Markt erschienen, die die dort fehlenden Angebote - Ausstattung, Lektorat, Marketing - in unterschiedlichen Qualitäten übernehmen, natürlich kostenpflichtig. Das Segment hat auch neue Formate und Textarten hervorgebracht; ein Buch muss nicht mehr um die 200 Seiten mindestens lang sein, um veröffentlicht zu werden. Neben erzählender Prosa haben sich auch einige andere Textarten vergleichsweise erfolgreich entwickelt. Der Hauptanreiz dieses Publikationswegs besteht jedoch offensichtlich im Vergütungssystem: Während man als Verlagsautor mit Beteiligungen (Tantiemen) im Bereich von 6 bis 20 Prozent des Nettoladenpreises leben muss, erhalten KDP-Autoren bis zu 70 Prozent vom Verkaufspreis, der allerdings in aller Regel deutlich unter dem Ladenpreis vergleichbarer Bücher liegt. Mit ACS ist die Systematik auch längst nicht mehr auf E-Books beschränkt. Die zwar on demand hergestellten gedruckten Bücher sind überwiegend in Tagesfrist lieferbar. Ein weiterer, besonders bestechender Aspekt: Sämtliche Bücher werden auf Augenhöhe neben Verlagspublikationen angeboten. Konsumenten, die sich nicht mit Verlagsnamen beschäftigen, erkennen höchstens an Ausstattung und/oder Textqualität, dass es sich um eine - ganz wertfrei - andere Art von Angebot handelt. Allen positiven Merkmalen steht allerdings hier ein negatives gegenüber: Der Vertrieb ist auf Amazon beschränkt. Selbst die Zusammenarbeit mit Distributoren, die zwischen Selfpublishern und Veröffentlichungsportalen stehen, bewirkt in aller Regel kaum nennenswert höhere Verkäufe über die anderen Plattformen, was schlicht an deren Reichweite liegt: iTunes, GoogleBooks und ähnliche haben im Vergleich sehr kleine Marktanteile. Amazon forciert und fördert das Programm, betreibt also ganz offensiv den Versuch, die Gleichbewertung von Verlagstiteln und selbstveröffentlichten Büchern voranzutreiben - sogar ein bisschen mehr als das. Warum und mit welcher Zielsetzung das geschieht, muss hier nicht diskutiert werden.


    Allerdings fehlen hier alle Leistungen, die ein Verlag übernimmt, von der Ausstattung über das Lektorat bis zum Vertrieb. Diese Leistungen müssen die Autoren selbst übernehmen oder einkaufen. Presse und Buchhandel interessieren sich für dieses Segment nur ausnahmsweise. Die Wahrnehmung durch die Leser fällt sehr uneinheitlich aus und scheint sich überwiegend auf bestimmte Genres zu konzentrieren. Die Demokratie des Angebots präsentiert nicht nur Selfpublisher und Verlagsautoren auf Augenhöhe, sondern auch gute und schlechte Selfpublisher. Da es keine Kriterien für die Inverlagnahme gibt, die ja auch faktisch nicht existiert (Amazon ist Händler), werden alle Texte publiziert, von denen sich die Autoren die Publikation wünschen.


    Neben den SP-Großverdienern gibt es auch eine große Gruppe von SP-Gutverdienern, die in relativ hoher Taktung und sehr zielgerichtet fast regelmäßig Texte publizieren, die auf diesem Weg ordentlich viel Leser erreichen. Da die Margen im Schnitt zehnmal so hoch sind wie bei der Verlagsveröffentlichung, muss man auch nur ein Zehntel der Titel verkaufen, um das gleiche zu verdienen. Allerdings sind Reichweite und Zielgruppe begrenzt.


    Ergänzung: Eine Anmerkung zum Margenvergleich ist erforderlich. Die Distanz zwischen im Schnitt sieben bis acht (Verlagsvertrag, Debüt) und bis zu 70 Prozent bei der Selbstveröffentlichung ist groß. Allerdings übernehmen Selfpublisher auch alle nötigen Leistungen, die sonst in die Verantwortlichkeit der Verlage fallen, selbst, entweder in Eigenleistung oder über Dienstleister. Demgegenüber hat ein Autor, der mit einem Verlag zusammenarbeitet, abgesehen vom Aufwand für die Manuskriptherstellung und -bearbeitung (Zeit, Recherchekosten u.ä.) keine weiteren Kosten mehr - im Idealfall bekommt er mit dem Vertragsabschluss eine Garantiezahlung ("Vorschuss"), die nicht zurückgezahlt werden muss, wenn das Buch die nötigen Verkaufszahlen nicht erreicht. Für Ausstattung, Satz und Marketing müssen Selfpublisher selbst sorgen. Der hierfür nötige Aufwand, zeitlich wie direkt finanziell, schmälert die Einnahmen. Das sollte man bei entsprechenden Kalkulationen und Vergleichen berücksichtigen, wobei der konkrete Aufwand individuell sehr unterschiedlich ausfallen kann. Wer einen Lektoratsservice in Anspruch nimmt, muss unter Umständen vierstellig in Vorleistung gehen, bei professioneller Covergestaltung verhält es sich ähnlich, und auch Online-Marketing kostet Geld. Anders gesagt: Die sehr viel höhere Marge ist ja nur möglich, weil es - unter anderem - bestimmte Leistungen nicht gibt. Die Erbringung oder Inanspruchnahme solcher Leistungen kostet dann wieder einen Teil des Geldes, das man mehr einnimmt. Und auch der Zeitaufwand ist natürlich sehr viel höher.

  • Ich habe einige Beiträge korrigiert, weil ich versehentlich von "Midlist" gesprochen habe, wo "Backlist" gemeint war.


    Zur Erläuterung: Die sog. Backlist umfasst diejenigen Titel, die im Sortiment der Verlage aus früheren Programmen enthalten sind. Der Schwerpunkt beim Marketing liegt natürlich vor allem auf den aktuellen Programmen, aber die älteren Titel bleiben lieferbar, insofern Nachfrage besteht. Die Liste all dieser Titel nennt man eben Backlist. Sie reicht oft viele Jahre zurück, aber in Ausnahmefällen sind Bücher, die vor kurzem noch aktuell waren, nicht in der Backlist enthalten, weil sie einfach nicht nachgefragt wurden. Je stärker Autoren im Programm stehen und je intensiver sie allgemein nachgefragt werden, umso länger wird auch die Backlist mit ihren Titeln sein. Auslaufende Verträge werden dann sogar verlängert.


    Als "Midlist" bezeichnet man die Titel und zuweilen auch Autoren, die in den aktuellen Programmen nicht zu den Spitzen- oder Schwerpunkttiteln gehören, denen also in der Vermarktung keine gesteigerte Aufmerksamkeit zukommt. Das bedeutet nicht unbedingt, dass nicht auch diese Autoren bzw. Titel gehörige Auflagen- und Nachfragezahlen haben können, aber zumeist handelt es sich um Publikationen, bei denen die Erwartungen weniger hoch sind. Es gibt einige Verlage, die quasi nur noch mit Spitzentiteln hantieren. Andere bestücken diese "solide Basis" mit regelmäßig publizierenden Hausautoren, die ganz gut gehen, mit Debüts und hierzulande noch unbekannten ausländischen Autoren.

  • Plattform- und anbietergebundenes Selfpublishing (Amazon KDP/ACS)


    - Erreichbarkeit
    - Reichweite/Marktabdeckung (jedoch prinzipiell begrenzt auf den Anbieter)
    - Verdienstmöglichkeiten - je Buch und insgesamt - von :drunter bis
    - Reputationschancen (mit Ausnahmen)
    - Geschwindigkeit (Intervall zwischen Anbahnung und Veröffentlichung)
    - "Künstlerische Freiheit"/Einflussnahme
    - Beteiligung am Produktionsprozess
    - Persönliche Anbindung/Umgang (aber der Service hat einen sehr guten Ruf!)
    - Loyalität (wie lange bleibt man auf der Backlist, zweite Chancen u.ä.) - keine Bewertung, da hier irrelevant
    - Marketing
    - Transparenz (weil man alles selbst macht)
    - Abdeckung der Publikationswege (Print, E-Book, Hörbücher usw.)
    - Lizenzvermarktung - keine Bewertung, da hier irrelvant
    - Lektorat/Korrektorat :drunter
    - Qualität der Ausstattung (Cover, Satz, Klappe) - keine Bewertung, da Eigenleistung


    Da, wie zuvor erwähnt, die Potenz von Amazon auf diesem Markt einer Marktbeherrschung fast gleichkommt, ist Amazon faktisch auch der einzige Anbieter, bei dem sich plattform- und anbietergebundenes Selfpublishing derzeit lohnt, also die Verwendung der Systeme (KDP/ACS) ohne den Umweg über Distributoren oder Dienstleister. Der Begriff "Selfpublishing" deutet an, dass man bei diesem Veröffentlichungsweg selbst zum Verleger wird - Verlagsleistungen sind im Angebot nicht enthalten, aber auch nicht beabsichtigt. Im Ergebnis fällt die Qualität der angebotenen Produkte sehr unterschiedlich aus, reicht also von hochprofessionell bis zum Extremdilettantismus. Der Autor ist zugleich Verleger und deshalb alleiniger Entscheider in allen Aspekten, vom Projektentwurf über Redaktion und Herstellung bis zum Marketing. Eine Einflussnahme findet nicht statt. Welchen Text man auch immer publizieren möchte, er wird veröffentlicht. Im Sortiment, also bei der Titelsuche, unterscheiden sich Selbstveröffentlichungen nicht prägnant vom Verlagsangebot, und wer sich auf dem Buchmarkt nicht auskennt, wird vielleicht sogar überhaupt keine Unterschiede bemerken. Die Anteile am Verkaufspreis, die an die Autoren ausgezahlt werden, liegen bei KDP bei bis zu siebzig Prozent (die Konditionen bei ACS, der Printvariante, müsste ich suchen). Tatsächlich geht mit der KDP-Veröffentlichung inzwischen die nahezu unumgehbare (weil für hohe Downloadzahlen nötige) Notwendigkeit einher, auch am Ausleihprogramm "Kindle Unlimited" teilzunehmen, wobei Kunden gegen eine Monatspauschale von 9,99 € beliebig viele Titel herunterladen können. Die Margen in diesem Bereich sind deutlich niedriger und orientieren sich sogar daran, ob und wie viel der Kunde tatsächlich gelesen hat. Da bei Eigenerbringung aller nötigen Zusatzleistungen (Ausstattung, Satz) praktisch keine direkten Vorlaufkosten anfallen, beginnen die Einnahmen beim Selfpublishing mit dem ersten verkauften Titel, also quasi am Veröffentlichungstag - Verlagsautoren müssen demgegenüber bis zu zwei Jahre nach einem Vertragsabschluss auf die Publikation warten. Meines Wissens rechnet Amazon die Tantiemen monatlich ab und zahlt sie weitestgehend sofort aus (bitte korrigieren, wenn nicht mehr aktuell).
    Als KDP-Autor kann man diverse Marketingangebote wahrnehmen und/oder (kostenpflichtig) buchen. Viele Autoren verteilen Titel unmittelbar nach dem Erscheinen für eine Zeit kostenlos (Verschenkaktionen), um damit einen hohen Rang in den Amazon-internen Charts zu erreichen und auch für andere Kunden sichtbar zu werden. Diese Charts haben eine große Bedeutung: Die Krux des Systems besteht insbesondere für Neuautoren darin, eben sichtbar zu werden - wer Titel und/oder Autor nicht direkt sucht, wird ihn auch nur zufällig finden, weshalb zuweilen Buchtitel gewählt werden, die Zufallstreffer ermöglichen. Autoren, die bereits als Verlagsautoren bekannt sind oder waren, erreichen ihr Zielpublikum leichter. Das Selbstmarketing spielt hier eine wesentliche Rolle, aber auch schon die Positionierung der Titel (Genre, Kategorisierung) hat erheblichen Einfluss auf den späteren Verkaufserfolg. Besonders nachgefragt ist Genreliteratur, also vergleichsweise leichte Unterhaltung, dazu Erotik, Spannungsliteratur usw. Aber es gibt auch Ausreißer, was für Genres und Neuautoren gilt. Anspruchsvolle Literatur hat allerdings nur sehr geringe Erfolgschancen. Da der Zustrom von Nachwuchsautoren anhält, während sich zugleich eine gewisse Sättigung auf Konsumentenseite einzustellen scheint, gibt es große Nachfrageunterschiede. Das virale Marketing über soziale Netzwerke und andere Plattformen hat enorme, insgesamt aber abnehmende Bedeutung, da es sehr viele gibt, die genau diesen Weg zu nutzen versuchen. Die Erkenntnis, dass die Qualität des Angebots insgesamt eher gering ist, hat viele Autoren dazu gebracht, sich professionelle Dienstleistungen einzukaufen und/oder sich in Gruppen zusammenzuschließen, die Qualitätssiegel vergeben, um den höheren qualitativen Anspruch zu verdeutlichen (z.B. "Qindie"). Beim Selfpublishing stehen eben alle nebeneinander - erfahrene Autoren und unerfahrene Neulinge. Das gilt auch für die handwerkliche Einschätzung.
    Selfpublishing wird auch - und zwar zunehmend - von Verlagsautoren genutzt, deren Backlist-Titel ausgelaufen oder aus anderen Gründen (Nachfragerückgang) aus den Sortimenten genommen worden sind.
    Da der Verdienst am Einzeltitel sehr hoch ist, verdienen Autoren, die hier einige tausend Exemplare absetzen können, ein Vielfaches von dem, was Verlagsdebütanten für die gleiche Anzahl verkaufter Exemplare erhalten würden. Allerdings muss hier der höhere Aufwand gegengerechnet werden - und von selbst verkaufen sich via Selfpublishing höchstens Texte mit sehr einschlägigen Titeln (bei Neulingen).
    Selfpublisher werden von der Presse nur wahrgenommen, wenn das Thema an und für sich verarbeitet wird oder exorbitante Verkaufserfolge vorliegen. Die Tatsache, dass Selfpublishing bei vielen renommierten Buchpreisen explizit ausgeschlossen ist, hat zur Einrichtung diverser Literaturpreise für Selfpublisher geführt. Mit der Entscheidung für diesen Veröffentlichungsweg geht die Möglichkeit einher, sich einer starken Community anzuschließen - viele Selbstveröffentlicher sind gut vernetzt, tauschen rege Informationen aus und helfen einander.
    Dem hohen möglichen Einzelverdienst stehen der begrenzte Markt (Amazon-Kunden) und die vielen Garnichtsverdiener gegenüber, was vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass das Angebot auf die Gesamtmenge bezogen viel Schlechtes enthält - viel mehr als im Vergleich bei Verlagsveröffentlichungen (bezogen auf die Gesamtauflage). Aber die Gruppe der Gutverdiener mit solider Fanbasis und regelmäßigem Ausstoß hat bemerkenswerten Umfang. Die große Nachfrage nach Genreliteratur hat zu hoher Taktung der Veröffentlichungen und insgesamt einer Verkürzung der Einzeltitel (bezogen auf die entsprechende Buchlänge) geführt. Beim Selfpublishing gelten viele Regeln, die es bei Verlagsveröffentlichungen gibt, nicht. Es gibt allerdings auch keine Backlist, sondern einfach nur: verfügbare Titel. Der Buchhandel widmet sich diesem Segment nur höchst selten. Einige Selfpublisher wechseln zu Verlagen, wenn entsprechende Angebote eingehen, oder verwenden beide Veröffentlichungswege parallel.
    Selfpublishing hat einige große Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind: Die hohen Margen, die kurze Zeit zwischen Manuskriptbeendigung und Veröffentlichung, die große Entscheidungsfreiheit, die fehlende Notwendigkeit, sich mit Agenturen und Verlagsleuten herumzuschlagen. Dem stehen einige Nachteile gegenüber, die jeder aus dem zuvor genannten selbst extrahieren kann - sie sind zuweilen auch vom Einzelfall abhängig.
    Eine nötige Ergänzung: Das es faktisch so gut wie keine Kontrollinstanzen gibt, muss das Risiko für Autoren erwähnt werden, in rechtliche Fallen zu tappen. Es gibt einige Plagiatsfälle, die sehr bekannt geworden sind, und Versuche, Fan-Fiction (z.B. zu "Star Trek") zu verkaufen, ohne die entsprechenden Lizenzen einzuholen oder sogar zu vergüten - derlei kann mit drastischen, sogar existenzbedrohenden Folgen einhergehen. Da die Titel praktisch sofort an den Start gehen und im Extremfall vorher von niemandem als dem Autor selbst gelesen worden sind, ist auch die Gefahr groß, Persönlichkeitsrechte zu verletzen, in unsachgemäßer Weise Tatsachenbehauptungen aufzustellen (gegen Firmen oder Personen) und also Schadenersatzforderungen zu riskieren - und vieles mehr. Es ist davon auszugehen, dass gerade im sich schlecht verkaufenden Bereich viele Titel schlummern, die Abmahn- oder sogar Staatsanwälte zum Jubilieren bringen würden. Schon die Verwendung von längeren Zitaten - aus Songtexten oder anderen Texten - ist mit Vorsicht zu behandeln. All diese Aspekte werden natürlich in der Zusammenarbeit mit größeren Verlagen beachtet. Hier trägt man diese Verantwortung und das damit einhergehende Risiko ganz allein. Auch Amazon kann nur sehr eingeschränkt haftbar gemacht werden.

  • Und noch eine nötige Ergänzung: Im Prinzip muss man davon sprechen, dass Selfpublishing - konkret in dieser Situation, aber auch z.B. in Zusammenarbeit mit Distributoren - einen bestimmten Autorentyp bzw. eine Typengruppe bevorzugt. Derjenige, für den das Schreiben in erster Linie und vor allem aus dem Schreibprozess selbst besteht, der sich nach dem Abschluss der Redaktionsphase vielleicht noch einer kurzen Lesetour, am liebsten aber sofort dem nächsten Projekt widmen möchte, wird nicht unbedingt glücklich werden. Selfpublishing verlangt viel Einsatz, da nicht nur die Gestaltung und ähnliche Aufgaben selbst übernommen oder wenigstens betreut werden müssen. Es ist eine andere Form von Präsenz und Interaktion gefordert, auch und vor allem nach der Veröffentlichung. Zuweilen wird in den einschlägigen Foren davon gesprochen, dass ungefähr die Zeit, die man für das Schreiben selbst investiert hat, noch einmal für Folgetätigkeiten anfällt - mal mehr, mal weniger, je nach Situation und Standing. Der Begriff Selfpublishing betrifft nicht nur den Veröffentlichungsprozess, sondern auch die involvierten Personen: Man veröffentlicht sich selbst, und eigentlich markiert der Terminus sogar - nach meinem Dafürhalten in durchaus richtiger Weise -, die Prioritätenverschiebung vom Schreiben zum Veröffentlichen hin. Der stille, zurückhaltende Autor, der schon ins Schwitzen gerät, wenn ein Leserbrief eintrudelt oder ein Regionaljournalist anruft, der mit Facebook nicht zurechtkommt und Twitter für einen Schokoriegel hält, wird sich, vorsichtig ausgedrückt, umschauen - und zwar vergeblich nach Lesern. Hemdsärmeligkeit, Sendungsbewusstsein und hohe Kommunikationsbereitschaft sind die Aspekte, die für erfolgreiches Selfpublishing im Normalfall erfüllt sein sollten.

  • Wenn man schon vom geforderten/erfolgreichen "Autorentyp" spricht, dann muss man das fairerweise auch im Kontext von Verlagsveröffentlichungen erwähnen. Tatsächlich ist die Autorenpersönlichkeit auch dort relevant, mit steigender Verlagsgröße umso mehr. Autoren erlangen zwar nur ausnahmsweise die Form von Prominenz, die z.B. Schauspieler erreichen, bei denen mediale Präsenz zur Berufsbeschreibung gehört, aber die Vermarktbarkeit der Autorenperson ist durchaus ein relevanter Aspekt, wobei es nicht nur um die Schätzings und Fitzeks geht. Es ist leichter, Autoren und Titel zu verkaufen, die sich auch entsprechend präsentieren lassen. Zudem gewinnt die (Bereitschaft zur) Selbstvermarktung auch hier immer mehr an Bedeutung. Viele Verlage, und zwar längst nicht nur die kleineren, gehen davon aus, dass sich Autoren auch selbst um entsprechende Präsenz bemühen, in Leserforen aktiv werden, Leserunden begleiten, ihre Facebook-Accounts pflegen und eben jene Angebote wahrnehmen, die geeignet sind, Person und Buch bekannter zu machen. Mit der Abnahme der Bedeutung des Feuilletons haben elektronische Medien an Bedeutung zugenommen. Das einzige herkömmliche Medium, das tatsächlich noch in wirklich bemerkenswerter Weise Bücher verkauft, ist das Fernsehen, das sich in den letzten Jahre auch stärker um die Präsentation von Schriftstellern bemüht. Wer auch in Gegenwart einer Fernsehkamera gut aussieht und etwas zu sagen weiß, hat zuweilen bessere Karten. Autoren, die ohnehin aus diesem Bereich kommen, sowieso.

  • Interessiert das hier eigentlich irgendwen?

    Ganz ehrlich?: Ich weiß nicht. Die Postings sind mir zu lang. Ich bin hin- und hergerissen, ob ich das alles lesen soll, um zu erfahren, ob´s mich interessiert.
    Geht´s auch kürzer?

  • Kürzere Postings wären sicher hilfreich. Aber die Länge hat auch was - ich habe jetzt mehrfach hineingeschaut und inzwischen kommt mir manches sogar verkürzt vor. Das ist jetzt aber nicht die Aufforderung, noch längere Postings zu machen :nein2 Noch mehr Text - und es könnte ein Buch draus werden.

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    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Es interessiert mich sehr und wahrscheinlich könnte und sollte ich auch ein Beurteilung der verschiedenen Möglichkeiten des Publizierens abgeben - aber ich habe im Moment schlicht nicht die Zeit - noch nicht einmal, um alles zu lesen.
    Sorry. Aber prinzipiell finde ich es spannend.

  • Ich habe das so verstanden, dass es eine Sammlung für - naja nicht unbedingt die Ewigkeit ist, aber für erstmal. Und dass man jetzt nicht alles sofort lesen muss, wenn man sich interessiert, sondern das dann tun kann, wenn man Muße hat.


    Und auch so, dass das hier nicht unbedingt zu kommentieren ist, sondern als Info erstmal steht. Eben zum Lesen in Ruhe. Deshalb auch die Ausführlichkeit. Ich finde das schon sehr interessant, aber das ist ein Thema, das jetzt nicht pressiert, sondern das man eben mit Muße bedenken kann...

  • Jetzt oute ich mich auch mal, dass ich hier still und heimlich mitlese. Jeden einzelnen Beitrag, ja. Ich finde das Thema hochinteressant, doch um ehrlich zu sein habe ich nicht sehr viel Ahnung vom titelgebenden "Veröffentlichen" dieses Threads. In der wenigen Zeit, die mir täglich zur Verfügung steht, versuche ich zu lesen und so viel und so gut wie möglich zu schreiben. Veröffentlichungen sehe ich als Konsequenz von guten Texten. Tom, Du schreibst hier so eine Art schillernden Reiseführer über die interessantesten und abgründigsten Ecken von, sagen wir mal, New York, und ich paddle gerade mit dem Schlauchboot über den Atlantik -- ungefähr an der Stelle wo die Titanic untergegangen ist. Aber ich bin bald da und freue mich auf die Sachen, die Du da über Hanser und Suhrkamp schreibst! ;)

  • Wie schon gesagt, mich interessierts und ich habe bis jetzt jeden Beiteag gelesen. Danke, Tom, für die Zusammenstellung. Mit gibt das auf alle Fälle Orientierung, auch Sennerinnen klar ist, dass jeder Verlag quasi seine eigene Sternchenliste hätte, legte man es darauf an.

  • Für die Einschätzung der Chancen und Risiken des Selfpublishings über Distributoren sowie entsprechend zu BoD fehlen mir Informationen oder indirekte Erfahrungen - hier würde ich um Hilfe bitten.

  • Der Vollständigkeit halber:


    "Verlagsveröffentlichung" über Dienstleistungs-, Pseudo- oder Zuschussverlage


    - Erreichbarkeit
    - Reichweite/Marktabdeckung :drunter
    - Verdienstmöglichkeiten :drunter
    - Reputationschancen :drunter
    - Geschwindigkeit (Intervall zwischen Anbahnung und Veröffentlichung)
    - "Künstlerische Freiheit"/Einflussnahme
    - Beteiligung am Produktionsprozess :drunter
    - Persönliche Anbindung/Umgang
    - Loyalität (wie lange bleibt man auf der Backlist, zweite Chancen u.ä.) - keine Bewertung, da hier uninteressant
    - Marketing :drunter
    - Transparenz
    - Abdeckung der Publikationswege (Print, E-Book, Hörbücher usw.) - einige publizieren sogar parallel E-Books
    - Lizenzvermarktung :drunter
    - Lektorat/Korrektorat - zuweilen soll es das tatsächlich geben, meistens kostenpflichtig (Zusatzleistung)
    - Qualität der Ausstattung (Cover, Satz, Klappe) (Schemaausstattung)


    "Autoren gesucht!", "Wir veröffentlichen Ihr Manuskript!" - so und mit ähnlichen Slogans werben die sog. Dienstleistungsverlage für ihr Angebot. Beide Slogans stimmen auch - die Bücher werden "veröffentlicht", Autoren werden dringend gesucht, weil das Geschäftsmodell dieser Firmen darauf basiert, Einnahmen zu generieren, indem man die Autoren für die Veröffentlichung zur Kasse bittet, in hoch vier- bis solide fünfstelligen Größenordnungen. Tatsächlich handelt es sich nicht um Buchverlage, die der allgemeinen Definition dieses Begriffs entsprechen, aber da dieser Begriff auch nicht geschützt ist, kann ihn jeder verwenden.
    Mit wohlklingenden Namen - von "Deutsche Literaturgesellschaft" bis "Cornelia-von-Goethe-Literaturverlag" - und unter Zuhilfenahme von Anzeigen in der Yellow Press oder von Systemen wie etwa GoogleAdWords (einfach mal nach "Verlag" googeln) werben diese Firmen für sich, und sie buhlen bevorzugt um Nachwuchsautoren (im weitesten Sinn), die keine oder wenig Kenntnisse davon haben, wie der Buchmarkt arbeitet - oder bereits am Buchmarkt gescheitert sind. Zugegeben, diese Kenntnisse wären aus der Sicht der meisten dieser Autoren auch unnützes Wissen, denn das, was sie herstellen, genügt zu einem Gutteil keinem wie niedrig auch immer angesetzten Qualitätskriterium. Neben den ahnungsarmen Anfängern besteht eine große Teilzielgruppe dieser Firmen aus älteren Menschen, die Lyrik verfasst oder die eigene Lebensgeschichte aufgeschrieben haben, und dies mit der Vorstellung verbinden, sich den lebenslangen Traum vom Autorendasein zu erfüllen.


    Über diese Firmen, die alle Prinzipien des Buchmarkts einfach umkehren, findet man hier im Forum und anderswo reichlich Informationen, deshalb wäre es müßig, dies hier zu wiederholen. Wer glaubt, dass es dennoch irgendwie um Literatur geht, dass die Arbeiten wahrgenommen, gar die Manuskripte überhaupt gelesen werden, sollte sich, wie im Eingangsposting dieses Threads erwähnt (und verlinkt), die Geschichte von Rico Beutlich zu Gemüte führen.

  • Der Vollständigkeit halber:


    "Verlagsveröffentlichung" über Dienstleistungs-, Pseudo- oder Zuschussverlage



    - Transparenz



    Den Stern verstehe ich nicht. Nach allem was ich weiß müsste da eher der nach unten weisende Daumen hin.

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  • Ich habe mich zu diesem einen Stern durchgerungen, weil es unter diesen Firmen auch solche gibt, die verhältnismäßig offen mit den geringen Chancen hantieren und die zu erwartenden Auswirkungen der Publikation durchaus kommunizieren, wenn man fragt. Klar, eine Buchkalkulation wird man vermutlich von keinem bekommen, und selbst die Nennung der konkreten Auflagenhöhen gehört schon zum Luxus, aber ein bisschen was im Hinblick auf die Darstellungsehrlichkeit scheint sich in den vergangenen Jahren getan zu haben.
    Die Kategorisierung ist natürlich insgesamt ein Witz. Niemand, der noch alle Latten am Zaun hat ... und so weiter. ;)

  • Hallo, Kamelin.


    Die von Dir genannten Aspekte betreffen weniger die von mir definierte "Erreichbarkeit" (wie leicht oder schwer ist es, auf diesem Weg zur Veröffentlichung zu kommen), als vielmehr die persönliche Anbindung, den Umgang und die Kontakte - das war ein anderer Punkt.

    Oups, sorry, Missverständnis.


    Interessiert das hier eigentlich irgendwen? Oder sollte ich mir besser dieses Buch kaufen? ;)

    Ich hatte diesen Faden so aufgefasst, dass hier jeder Autor seine Erfahrung mit seinem/n Verlag/en in das Sternesystem einfügt, um angehenden Autoren Kriterien an die Hand zu geben, die ihnen dabei helfen sollen herauszufinden, welche Publikationsform die Richtige für sie ist. Mit hätte das in den Anfangsjahren mit Sicherheit geholfen.

  • Ergänzung: Bei Epubli schließt man auch als Selbstveröffentlicher einen Vertrag, der epubli Rechte gewährt, die sonst nur Verlage bekommen, obwohl epubli die Aufgaben eines Verlages nicht oder nur ansatzweise übernimmt. Selbst Lagerhaltung muss dort der SP bezahlen, andererseits aber die Verwertungsrechte komplett an epubli abtreten bis dahin, dass dieser sogar die Rechte an dritte weitergeben kann ohne dass dem Autor Mitspracherecht gegeben ist. Für ernsthaft an Selfpublishing interessierte Autoren ist epubli derzeit keine Option.


    Da Tom auch nach näheren Modalitäten bei Selfpublishing-Verlagen gefragt hat, eine kurze Ergänzung zu deinem Beitrag über epubli.
    Das ist sicher alles richtig, was du schreibst. Es gibt allerdings ein paar wichtige Ergänzungen.
    Der Vertrag bei epubli ist nicht laufzeitgebunden angelegt und kann mit einer Frist von 5 Tagen! gekündigt werden. Das bedeutet, man könnte bei sich bietender Gelegenheit sehr schnell zu einem anderen Verlag wechseln. Im Unterschied zu BoD gibt es auch keine irgendwie gearteten Einstiegs-, Jahres- oder Folgekosten (ausgenommen einmalig 15 Euro für die ISBN-Nr., falls man sie überhaupt benötigt).
    Ich habe auch bei epubli, was das Geschäftsmodell angeht, nicht den Eindruck -vielleicht täusche ich mich ja- dass der Verlag so sehr an den Weiterverwertungsrechten interessiert ist. Dort wird offenbar gut an der Produktion der Bücher verdient.

    Später Zeiten Traum
    [buch]3844295968[/buch]
    ISBN: 978-3-8442-9596-2
    .......................................
    Von Rosen und Menschen
    [buch]3737530947[/buch]
    ISBN: 978-3-7375-3094-1
    .......................................
    Warst Du der Wind
    [buch]3741835544[/buch]
    ISBN: 978-3-7418-3554-4
    ....................................
    "... es gibt nur ein Begegnen: im Gedichte
    die Dinge mystisch bannen durch das Wort."
    (Gottfried Benn, Statische Gedichte, "Gedichte")

  • Lieber Joachim,


    epubli überlässt Risiko und Finanzierung komplett den Autoren, lässt sich aber Rechte zu sichern, die selbst für normale Verlage zu weit gehen. Im Prinzip gibt der Autor seine kompletten Verwertungsrechte aus der Hand und hat auch keinerlei Mitspracherechte mehr darüber, was epubli macht. Es wird sicher so sein, dass die in den allermeisten Fällen kein Interesse haben, Werke von Selfpublishern weiterzuverwerten. Das man aber generell den Eindruck haben kann, dass die das nie machen, bezweifle ich. In meinen Augen ist der Vertrag von epubli nicht gut. Selbst wenn man kündigt behalten sie sich ja das Recht vor, für Werbezwecke das Erzeugnis des Autors auch weiter zu verwenden. Das schränkt schon mal die Möglichkeit, zu einem Verlag zu wechseln, erheblich ein. Welcher Verlag will ein Werk, mit dem ein anderer noch Werbung (für eigene Zwecke) machen kann?


    Horst-Dieter

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    Emanuel von Bodmann