Junge Literaturgattung Fan-Fiction?

  • Unter dem Titel „Eine Milliarde ist ein Argument“ berichtete der Stern im Februar über das Buch „After Passion“ von Anna Todd.


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    (Mittlerweile ist der 2. Teil erhältlich, Teil 3 und 4 werden schon beworben.)


    Die Story ist nicht unbedingt neu: Frau und Mann treffen sich, Frau verfällt Mann, körperlich und seelisch und alles, Mann will eigentlich nur „das Eine“. Viel Sex, viel Seelenpein, hin und her und her und hin. Eigentlich wie „Fifty Shades of Grey“, meint der Stern, nur ohne SM. Soweit, so unoriginell.


    Allerdings, so der Stern, hat Todd „einen Kunstgriff eingebaut“. Ihr Held sei quasi auf der Folie eines real existierenden Menschen – oder besser: dessen Bühnen-Alter-Egos – entstanden. Die Autorin hat sich offenbar des Sängers Harry Styles (kenne ich nicht) von der britischen Boyband One Direction (kenne ich auch nicht) bedient (ist aber auch egal, die Generation, um die’s geht, kennt ihn). „Fan-Fiction“ hieße diese „junge Literaturgattung“.


    Ok, „Fan-Fiction“ also. Soll ja bei „Fifty Shades of Grey“ auch schon der Fall gewesen sein. Aber wieso jetzt „junge Literaturgattung“? Vor 30 Jahren gab’s das auch schon! (Und wahrscheinlich nicht erst seit dann.) Damals noch gedruckt, oder eher kopiert. Mehr oder weniger zusammengeschusterte Hefte mit schmalzig-schwülstigen Geschichten über Popstars und Schauspieler. Damals, in diesen fernen papierenen, schwarz-weißen, internetlosen Zeiten. Oder ist eine Literaturgattung, wenn sie mindestens 30 Jahre auf dem Buckel hat, noch jung? Eher ist’s so, dass das Zeug damals nur eine Handvoll Leute zu lesen bekam und deshalb auch nicht groß wahrgenommen wurde? Während man heute, wie Todd, augenscheinlich Romane auf dem Handy verfassen und via Internet im wahrsten Sinne unters Fan-Volk bringen kann – Romane, die dann auch noch (von wegen, das Buch ist tot!) zu gedruckten Büchern werden.


    Natürlich darf man heute, um keine Rechte zu verletzen (Persönlichkeitsrechte oder eher Markenrechte), nicht mit realen Namen von Stars arbeiten. So heißt der Held in Todds Roman auch Hardin Scott. Man durfte es früher auch nicht – aber da hat offenbar noch kein Hahn danach gekräht, weil es in so kleinem Rahmen ablief, keiner eine müde Mark damit verdient hat (?) und man es wahrscheinlich, wenn einer überhaupt Wind davon bekam, stillschweigend duldete. Fans halt, lass die mal machen. Und heute? Eine Milliarde Klicks (wenn’s gut läuft)!


    Ach ja … In irgendeinen Karton im Keller müsste ich auch noch so ein paar Frühwerke haben. Das Problem: Die Stars von vor dreißig Jahren locken heute keinen mehr :D !

  • Zitat

    Damals noch gedruckt, oder eher kopiert. Mehr oder weniger zusammengeschusterte Hefte mit schmalzig-schwülstigen Geschichten über Popstars und Schauspieler.

    Schon richtig, aber damals lag das in der Schublade herum. Heute schreiben Jugendliche Fan- Fiction mit zwei Daumen in ihr Handy und stellen der Text ist gleich online, kann bewertet werden oder auch nicht. Ist doch ne gute Schreibübung.

  • Ach ja … In irgendeinen Karton im Keller müsste ich auch noch so ein paar Frühwerke haben. Das Problem: Die Stars von vor dreißig Jahren locken heute keinen mehr :D !

    Wieso nicht - versuch es doch einfach mal. :roll


    Was ich immer wieder faszinierend finde, ist die Tatsache, welche Bücher es in die Besprechung schaffen. Ab und zu kommen mir da Zweifel.

    "Die Welt ist groß, und sie hat Raum für jedes erdenkliche Ende und für jede Menge Anfänge"
    aus: Eureka Street, Belfast von Robert McLiam Wilson