Wie sollen Autoren übers Netz recherchieren?

  • Autoren und Autorinnen, die auch bei facebook sind, werden sich wohl ab 1. Februar noch stärker mit dem Schutz ihres Surfverhaltens im Netz auseinandersetzen müssen. Besonders beim Recherchieren delikater oder krimineller Inhalte. Der TAGESSPIEGEL will mit diesem Artikel auf die neuen Datenrichtlinien bei facebook ab 30.01.2015 aufmerksam machen.

  • ?!? Was ist recherchieren über facebook?


    Recherchieren hast du als Überschrift gewählt und dann einen Link zu einem Facebook-Artikel gepostet. Was wolltest du uns damit sagen, Cordula?

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Dazu wird Facebook das Surfverhalten seiner Mitglieder auch außerhalb des Netzwerks verfolgen und das Verhalten auf besuchten Internetseiten und in Apps genau auswerten. Ziel ist es, die gesamte Internetbiografie des Nutzers zu erfassen.


    Das steht da. Muss ich das so verstehen, dass allein dadurch, dass ich ein fb-account habe, man nun alles, was ich auch außerhalb von fb im Internet mache, von denen überwacht und registriert wird? Unabhängig davon, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie die das machen, ohne dass ich bei fb eingeloggt bin: Das hätte in der Tat etwas Beängstigendes - keineswegs nur für Autoren und deren Recherchen, finde ich. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass sowas rechtmäßig sein soll.

  • Jedes Jahr das gleiche: facebook will an seinen Usern verdienen! Ohhhh Schreck! Wer hätte das gedacht?  
    Wen das noch wundert, der soll facebook schlichtewegs meiden.
    Was mich in den Artikeln immer wundert ist, dass mir als Verbraucher da eine solche Angst impliziert werden soll.
    Mannomann ich hinterlasse in jedem Mülleimer auswertbare Daten. Wens interessiert, bitteschön, dem ist nicht zu helfen.
    Mit Adblock und strengen Einstellungen fühle ich mich - und soweit ich weiß auch "meine" facebookies" - nicht belästigt.
    Ich nutze übrigens schon sehr lange auch die Paybackkarte beim Einkauf, zur Freude gemmeinnütziger Vereine, denen ein Fünfer monatlich so sicher ist. Dass jetzt irgendein Datenverarbeiter weiß, was ich einkaufe? Mir wurscht.
    ABER: Restunsicherheit vonwegen: kann mir doch ein Strick draus gedreht werden, an dem ich mit meinen Einkaufstaschen einmal aufgehängt werde?, die bleibt.

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    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • nicht zu einem facebook-Artikel, sondern zum Tagesspiegel-Artikel. Und den Artikel muss man lesen, um meine Frage zu verstehen.


    Deine Frage ist dennoch zu allgemein gestellt, denn es können ja nur aktive Facebook-Nutzer außerhalb Facebook kontrolliert werden. Das einfachste wäre demnach, sich von Facebook abzumelden. Der Schaden ist geringer, als man sich das vorstellen kann. Möglicherweise sogar nicht nennenswert.

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  • Lieber Horst-Dieter, deshalb schrieb ich auch:

    Zitat

    Autoren und Autorinnen, die auch bei facebook sind,

    Und ja, abmelden ist natürlich eine Möglichkeit.


    @ Stefanie, der Artikel macht nicht nur Angst, sondern er gibt auch konkrete Hinweise auf das, worauf fb-Mitglieder, die ihren Account nicht löschen lassen wollen, vielleicht in ihren Einstellungen jetzt besonders achten sollten/könnten

  • Stimmt, Cordula. Denke mal, wenn mehr facebook-Nutzer das praktizieren würden, müssten sich die Macher auch andere Strategien ausdenken. Ich fänd z.B. völlig okay, für diesen Service Geld zu zahlen, statt Daten. :)

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  • Jedes Jahr das gleiche: facebook will an seinen Usern verdienen! Ohhhh Schreck! Wer hätte das gedacht?  
    (...)
    Was mich in den Artikeln immer wundert ist, dass mir als Verbraucher da eine solche Angst impliziert werden soll.
    Mannomann ich hinterlasse in jedem Mülleimer auswertbare Daten. Wens interessiert, bitteschön, dem ist nicht zu helfen.

    So geistig simpel, wie du das hier unterstellst, sind sicherlich nicht alle, die sich zu diesem Artikel Gedanken machen, Stefanie.


    Was z. B. mich selbst betrifft, mache ich mir weder Illusionen über die Ziele des Geschäftsmodells Facebook, noch jagen mir diese Angst ein. Es ist mir klar, warum ich im 66. Lebensjahr anscheinend zur Zielgruppe für Lifta und Inkontinenzwindeln gehöre. Das stört mich sehr viel weniger, als dass es mich amüsiert. Hier geht es aber, und darauf weist Cordula mit diesem Artikel richtig hin, um andere Fragen. Die nämlich, ob ich ähnlich gelassen wie auf die Datensammlung zu Werbezwecken auf die totale Überwachung meines gesamten Verhaltens im Internet reagieren darf.


    Zwei Beispiele, die mir einfallen: Im Zuge von Recherchen zu einem meiner Politthriller habe ich mich häufiger bis in die hintersten Winkel obskurer Verschwörungsthreads pantürkischer Faschisten (teilweise mit klar terroristischen Motiven) vorgewagt. Nachdem mir dabei mehrfach mein PC durch irgendwelche Abwehrviren (oder wie sowas heißt) um die Ohren geflogen ist, haben mir Fachleute spezielle, weiß Gott nicht billige Programme installiert. Seither geht das besser. Und für den Verfassungsschutz-Thriller, den ich seit zwei Jahren (neben meinen "normalen" Kriminalromanen) in Arbeit habe, bin ich häufig lange und intensiv auf den ekelhaften Seiten von Alt- und Neonazis, von Rassisten, Holocaustleugnern etc.


    Mir kommt bei diesem Artikel automatisch die Frage: Hat Facebook künftig (oder heute schon) einen Einblick in dieses Nutzerprofil? Und wenn ja, was geht die das an? Daraus lassen sich ja keine Werbeaktionen - und wenn doch, genau die falschen - konstruieren. Kann mein Nutzerprofil, das - von außen betrachtet - einen Menschen mit scheinbar höchst gefährlichen Ambitonen ausweist, mir dadurch selbst gefährlich werden, zum Beispiel durch Weitergabe?


    Wie gesagt, ich bin überhaupt nicht ängstlich, was dies betrifft. Aber ich stelle mir schon Fragen.

  • du hast mich im Grunde gerade paraphrasiert.  
    Ich habe keine Angst, mach mir aber so meine Gedanken. Und der Artikel und viele in der letzten Zeit zielen meiner Meinung nach redundant auf - nicht geistig simple - aber wahrscheinlich unbedarfte User ab.
    Und ja: facebook und Co sind ganz sicher bereits in der Lage uns gläsern zu durchschauen. Frage: ist da ein Klima der Angst gewollt? Wird da ein Machtgefüge regelrecht aufgebaut?


    Meine Fragen richte ich übrigens am meisten an mich selbst: Wieso macht mir - die ich mich damals ja sogar gegen die Volkszählung gewehrt habe - der Datenklau immer noch nichts aus? Wahrscheinlich erst dannn, wenn ich direkte Auswirkungen spüre, irgendeine Konsumpolizei vor meiner Tür steht, bzw. sie eintritt um mich zu maßregeln? Klingt salopp, ist aber ernst gemeint. Was treibt mich und uns da um?

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    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Facebook bietet anderen Web-Anbietern die Möglichkeit, eine Authentifizierung des Nutzers durchzuführen, indem dessen Facebook-Authentifizierung geprüft wird. Dadurch spart sich so manch ein Anbieter die eigene Benutzerverwaltung. Gleichzeitig weiß Facebook, welche solcher Dienste man benutzt. Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Sobald auf Websites bestimmte Plugins verwendet werden, die zum Beispiel anzeigen, wie viele der eigenen Freunde auch "Spiegel online" mögen, entsteht eine entsprechende Verbindung, die auch Auswertungen gestattet. Und so weiter.

  • Danke für den Link, auch wenn mir das im Grunde schon klar war. In meinem brandneuen Manuskript geht es um einen Polizistenmord und der Roman spielt teilweise in der radikal linken Szene. Deshalb hatte ich auf Facebook ein paar linksanarchistische Seiten abonniert um dort stumm mitzulesen. Am selben Tag bekam ich einen Gruppenvorschlag: "Gedenken an die im Dienst getöteten Polizeikollegen".
    Zu dem Zeitpunkt wusste aber noch niemand, dass ich über einen Polizistenmord schreiben wollte. Das gruselt mich ein bisschen.


    Und ich bin mir auch sicher, dass bei all meinen Recherchen über Waffen und die Ausstattung von USK-Polizisten schon mehr Leute bei mir mitlesen als mir lieb ist. Wie ich damit umgehe, weiß ich noch nicht. Wohl Augen zu und durch, denn ums Recherchieren kommen wir ja nicht rum.

  • Es freut mich, dass jetzt jedenfalls alle den Hintergrund für meinen Überschrift verstanden haben =) Genau darum ging es mir. Als Autor recherchiert man Dinge im Netz, die man als Privatperson niemals suchen würde. Diese Suchen und Aufrufen der Seiten könnten nun aber Inhalt eines allgemeinen umfassenden Netzprofils meiner Person führen, das- wiederum unter Umständen - bei jemandem landet, der nicht weiß, dass ich Autorin bin ...
    Bislang habe ich in diesem Fall gerade nach eingehender Recherche meinen Browserverlauf komplett gelöscht. Ich befürchte aber, dass diese "kompakten" Nutzungsprofile von fb & Co. damit in keinster Weise gelöscht sind.

  • Letzteres fürchte ich auch, Cordula. Die Recherche unserer Altvorderen in großen Bibliotheken mag zeitraubender, komplizierter, sicher auch weniger effektiv gewesen sein - öffentlich gemacht haben sie sich aber immerhin nicht damit.

  • Geht mir ähnlich. Obgleich ich ja so harmlose Dinge wie Jahrgangsgeschenkbücher mache, muss ich auch da zwengs Recherche auf bestimmte Seiten gehen. Wenn ich also z. B. einem Geburstagskind, das 1934 auf die Welt kam, seine Kindheit in Erinnerung rufen will, muss ich mich im Jahr 1934 rumtreiben und natürlich auch schauen, wie das damals mit Aufzucht, Pflege und Haltung von Kleinkindern im Dritten Reich so war. Usw.


    Daraus folgt: Aha - der Typ (also ich) interessiert sich also fürs Dritte Reich. Frage: Wer interessiert sich dann für diesen Typen. Der Verfassungsschutz?


    Was mir ebenfalls aufgefallen ist: Ich habe kurzzeitig - auch zu Recherchezwecken - einen Zweitaccount bei Facebook angelegt. Dorthin bekam ich interessanterweise die gleichen Freundschaftsangebote o. ä. geschickt wie auf meinen "normalen" Account. Plugins?


    Ich denke derzeit ernsthaft darüber nach, meinen Account wieder zu löschen, obwohl wenn ich auf diese Weise viele nette Menschen wiedergetroffen habe, die mir schon verlustig gegangen schienen ...

  • Ich habe auch schon ... problematische Recherchegebiete aufgesucht. Aktuell arbeite ich an einem Text, in dem ein Jugendlicher vorkommt, der eine Bombe bauen will. Für solche Suchanfragen (Wie geht das? Was braucht man? Wo bekommt man es?) verwende ich ein älteres Netbook, das über diverse Verschleierungssysteme ins Netz geht, einen Sandbox-Browser verwendet und noch einiges an weiterem Schnullibulli. Tatsächlich aber ist das blanker Irrsinn. Wir beugen uns dem Generalverdacht und der Tatsache, dass es Datenschutz faktisch nicht mehr gibt. Und umgekehrt macht gerade der Versuch, seine Identität zu verbergen, noch verdächtiger. Davon abgesehen ist das ein Ding der Unmöglichkeit, seine Identität tatsächlich zu verbergen. Es mündet in Selbsttäuschung.


    Brave New World.

  • Am Ende steht für mich die Frage: Will ich auf die vielfältigen Möglichkeiten verzichten, meine Sachen (Bücher, Lesungen, Besprechungen etc.) über Facebook unters Volk zu streuen? Schließlich habe ich vor drei Jahren meinen fb-account nur zu diesem Zweck eingerichtet. Ohne ihn wäre fb für mich leicht verzichtbar, im Gegenteil: Ich weinte ihm keine Träne nach, denn es kostet Zeit.

    Dann sehe ich mir die Feedbacks an, sehe, wie positiv sich diese "Werbeplattform" für mich als relativ unbekannten Autor bisher ausgewirkt hat und gerade im Moment im Hinblick auf mein neues Buch wieder auswirkt. Die "Tatsache, dass es Datenschutz faktisch nicht mehr gibt" (Tom) ängstigt mich durchaus. Und ich entscheide mich dennoch, den Pakt mit dem Teufel fortzusetzen.

    Aus Eitelkeit, Gefallsucht und materieller Gier, um die Motive einmal ungeschminkt zu benennen, die einzig nur die meinen sicher nicht sind - für viele fb-accounts.






  • Ich habe neulich gelesen, dass auch anonymisierende Browser wie das Tor-Netzwerk von den USA der NSA überwacht werden. Fazit des Artikels war, jeder, der sich auf der Tor-Website informiert hat, steht auf ihrer Liste.
    Momentan ist noch ein gewisser Trost für mich, dass die gesammelten Datenmengen bisher wegen ihrer schieren Menge unauswertbar sein müssen.


    Überwachung aus (angeblichen) Sicherheitsaspekten macht mir dabei weniger Angst. Denn wenn irgendjemand genauer bei mir nachschaut, wird er ohne Mühe feststellen, dass ich eine harmlose Schwabinger Apfelschnitzmutti bin. Bedenklich finde ich, dass irgendwann private Konzerne die Daten in die Finger bekommen werden oder sie schon haben. Was, wenn die großen Versicherungskonzerne Zugriff auf unzählige Gesundheitsdaten haben? Dann gibt es Krankenversicherungen nur noch für Gesunde. Survival of the fittest.


    Andererseits steht uns mit dem Internet so ein Schatz zur Verfügung, der allein durch persönliche Kontakte oder Bibliotheken überhaupt nicht zu heben wäre. Darauf will ich nicht verzichten. Auf Facebook möchte ich auch nicht verzichten. Es ist nicht alternativlos, ich kenne etablierte Autoren, die überhaupt nicht online sind. Aber es macht Spaß, direkt mit den Lesern in Kontakt zu kommen, habe ich festgestellt. Und mit lieben Kollegen in losem Kontakt zu bleiben, die man nur einmal im Jahr sieht.