Der Anschlag auf Charlie Hebdo ...

  • Nicht zu vergessen auf Genitalverstümmelung, Zwangsehen und Ehrenmorde, die heutigentags auch mitten in Europa durchgeführt werden. Genitalverstümmelung an Schwedischer Mädchenschule.
    Anbei: In Frankreich kam es in hunderten Schulen zu Störungen der Schweigeminute (Victory-Zeichen, Pfeifkonzerte und Allahu Akbar Rufe) von Schülern, anlässlich der mörderischen Anschläge auf das Satiremagazin Charlie Hebdo. KLICK MICH!
    Ist das die nächste Generation des angepassten, friedlichen Islams, von dem unsere politischen Führer, allen voran Fr. Merkel so gerne sprechen? Oder geht es bloß um schnöden Stimmenfang, wie ich vermute? Immerhin rund 550 000 Muslime leben derzeit in Österreich, das sind rund 7 Prozent der Bevölkerung, in Deutschland kursiert seit Jahren die Zahl von 4 Millionen. Es können aber auch gut doppelt so viele oder mehr sein. Man weiß das nicht so genau, denn diese Zahl stammt von der letzten Volkszählung aus dem Jahr 1987. Seither wurde keine mehr durchgeführt. Vermutlich will es kein Politiker so genau wissen, schon gar nicht öffentlich machen, in Zeiten von Pegida-Demonstrationen. 8-)

  • Die Frage ist doch: was ist Kultur?
    Etwas reines, humanistisches, aufgeklärtes, wünschenswertes?
    Oder ist Kultur das, was ist? Aktuelle Realität der Menschen, die in diesem Land leben?
    Ich glaube ja.
    Man kann nun hergehen und ausgrenzen und sagen, das und das ist nicht deutsch. Alles hier ist deutsche Realität. Das Oktoberfest, das komasaufen, die familiäre Gewalt, auch in sog. christlichen Familien, die Schlägerei auf der Kirchweih, der Unterschied in den Löhnen von Männern und Frauen.
    Und auch der Islam mit seinen Problemen und seinen unterschiedlichen Gläubigen.
    Das ist mein Begriff von Kultur, auch wenn das vielleicht nicht richtig ist.

  • Der Satz, der Islam habe mit dem Islamismus nichts zu tun, ist zu einem Mantra geworden. Das macht ihn ihn aber nicht richtiger. In Saudi-Arabien wird seit einer Woche an einem Blogger eine barbarische Prügelstafe vollzogen. Und warum? Wegen Beleidigung des Islam. Was war nochmal die Begründung der Terroristen von Paris? Natürlich führt die islamische Religion nicht zwangsläufig zum islamistischen Terror. Aber zu behaupten, dass der Islam nichts damit zu tun hat, heißt den Kopf in den Sand zu stecken, weil man über die entscheidenden Fragen nicht diskutieren will.


    Hamed Abdel-Samad, der mehr über Islam und Islamismus weiß, als wir alle zusammen, plädiert dafür, statt zwischen Islam und Islamismus zwischen Muslimen und Islamismus zu unterscheiden. Damit wird eine abtrakte Zuschreibung auf konkrete Menschen heruntergebrochen. Die allermeisten muslimischen Menschen, zumindest in Europa, lehnen die Terroranschläge entschieden ab, keine Frage. Aber ist selbst "Muslime" nicht eine zu große Verallgemeinerung? Wir haben uns angewöhnt alle Menschen türkischer, arabischer, iranischer oder sonstiger orientalischer Herkunft als Muslime zu bezeichnen. Sind die überhaupt alle "muslimisch"? Drängen wir da vielleicht manche igendwohin? Wenn ich mit einem Franzosen und einem Polen durch Istanbul schlenderte, fände ich die Sammelbezeichnung"die Christen" nicht wirklich angemessen. In meinem Selbstverständnis fühle ich mich nicht als Christ. Wir drücken aber ganz vielen Menschen den Stempel "Islam" auf, z.B. wenn es in Deutschland eine Islamkonferenz gibt, zu der die Vertreter aller möglichen islamischen Verbände eingeladen sind. Dass es den Islam als Organisation gar nicht gibt, macht die Sache zusätzlich kompliziert. Wer von uns würde sich von einer Christenkonferenz aus Vertretern diverser katholischer und evangelischer Verbände repräsentiert sehen?


    Den Sinn der Verschiebung von Islam auf Muslime sehe ich darin, dass der Fokus von einer Religionsgemeinschaft auf einzelne Menschen verlegt wird, die mehr oder weniger - oder vielleicht gar nicht - religiös sind. Eine Lösung kann nur darin bestehen, dass der Islam für die hier lebenden "Muslime" irgendwann zur Folklore wird, was für viele ja schon gilt. So wie das Christentum für die meisten Christen. Der Islam wäre dann nicht mehr das wichtigste Identifikationsmerkmal, sondern ein Resonanzraum fürs Gemüt an manchen Feiertagen. Er wäre säkularisiert.

  • Siegfried


    Zitat

    Den Sinn der Verschiebung von Islam auf Muslime sehe ich darin, dass der
    Fokus von einer Religionsgemeinschaft auf einzelne Menschen verlegt
    wird, die mehr oder weniger - oder vielleicht gar nicht - religiös sind.


    In Österreich wurde in den letzten beiden Jahren eine breit angelegte Befragung von Christen und Muslimen zu ihren religiösen Anschauungen durchgeführt. Dabei wurden rund 120.000 Personen befragt.
    75 Prozent der Muslime gaben an, dass ihnen die religiösen Gebote wichtiger wären, als die Gesetze des Landes, in dem sie leben.
    Rund 25 Prozent der Christen hatten die gleiche Meinung.


    Quelle: ORF, Radio Ö1

  • Charlie Hebdo hat auf seinem neuesten Cover wieder was mit Mohammed. Jetzt fragen manche: muss das denn sein? Ich persönlich finde ehrlich gesagt etliche Karikaturen von Charlie Hebdo geschmacklos. Ich fand übrigens auch das berühmte Titanic-Cover mit dem Papst, der sich in die Soutane gepinkelt hat, geschmacklos.


    Aber darauf kommt es nicht an. Toleranz und Meinungsfreiheit heißt nicht, dass ich mich damit identifizieren muss. Toleranz und Meinungsfreiheit zeigen sich gerade dann, wenn ich nicht mit einer Meinung übereinstimme. Das muss einer abkönnen. Und jetzt zurück zum Islam: Gerade dann, wenn ich einem Muslim zumute, dass er mit einer bösen Mohammed-Karikatur umgehen kann, nehme ich ihn wirklich ernst und behandle ihn auf Augenhöhe. Wenn wir von vornherein sagen, so etwas sollten wir nicht machen, um nicht unnötig zu provozieren, dann sagen wir letztendlich: Reiz die Irren nicht! Und dann nehmen wir diese Leute eben nicht ernst, sondern behandeln sie wie unreife Kinder.


    "The white mans burden" - nur anders herum.

  • Siegfried: :like
    Hamed Abdel Samad ist die klügste, am wenigsten polemische und obendrein "ganzheitlichste" Stimme zum Geschehen der letzten Zeit.
    Im ersten TV-Interview mit ihm, live aus Ägypten, dachte ich schon: Wow! Der nennt die Probleme beim Namen, vereint die westliche Sicht mit der seiner Wurzeln und ist dabei so unaufgeregt und klar!
    Er, sein "Kumpel" Broder, Todenhöfer (der mir zwar manchmal zu heftig ist), Steinmeyer und (ja ich werde jetzt bestimmt Haue bekommen) Gysi, wären mein Traumteam als ständige Gutachter und Sachverständige hier bei uns im eigenen Land, um unserer großen und kleingeistigen Politik auf die Finger zu schauen und zu hauen. das sind alles "Über-den-Tellerand-Schauer! Dringend nötig.

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Siegfried: :like
    Hamed Abdel Samad ist die klügste, am wenigsten polemische und obendrein "ganzheitlichste" Stimme zum Geschehen der letzten Zeit.
    Im ersten TV-Interview mit ihm, live aus Ägypten, dachte ich schon: Wow! Der nennt die Probleme beim Namen, vereint die westliche Sicht mit der seiner Wurzeln und ist dabei so unaufgeregt und klar!
    Er, sein "Kumpel" Broder, Todenhöfer (der mir zwar manchmal zu heftig ist), Steinmeyer und (ja ich werde jetzt bestimmt Haue bekommen) Gysi, wären mein Traumteam als ständige Gutachter und Sachverständige hier bei uns im eigenen Land, um unserer großen und kleingeistigen Politik auf die Finger zu schauen und zu hauen. das sind alles "Über-den-Tellerand-Schauer! Dringend nötig.


    Die Gelegenheit, mich für die Sache der Frau einzusetzen, lasse ich mir nicht entgehen.


    Deshalb nominiere ich noch Seyran Ates und Necla Kelek.

  • :dafuer ...wobei: Frau Kelek...aber gut...
    Danke, dass du an die Quote denkst, Siegfried! Wäre mir nicht aufgefallen, dass ich nur Kerls aufgezählt habe.
    Und jetzt, wo du's sagst, hätte ich auch gern Gertrud Höhler dazu. Nur so, als zusätzlich verunsicherndes Element.

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • So. Jetzt noch einmal zum Satz: "Der Islam gehört zu Deutschland." Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat der Welt ein Interview gegeben, in dem er auf seine angenehme nüchterne Art über Themen redet, die stark emotionalisieren. Darin die Passage:



    Zitat

    [b]Die Welt: [/b]Dient die Bundeskanzlerin der Integration, wenn sie feststellt, der Islam gehöre zu Deutschland?
    [b]Papier: [/b]Der Satz ist dann richtig, wenn er besagen soll, dass die Millionen Muslime, die in Deutschland leben und knapp zur Hälfte auch deutsche Staatsbürger sind, zu Deutschland gehören. Mit diesem Satz kann nicht gesagt sein, dass der Islam die deutsche Staatsordnung, Rechtsordnung, Gesellschaftsordnung und Kultur geprägt hat. Im ersten Sinne ist der Satz unangreifbar.


    Bislang kam ich gar nicht auf die Idee, man könne den Satz ernsthaft von Wulff/Merkel ... auch im zweiten Sinne verstehen. Die nahe liegende Interpretation ist in der Tat unangreifbar.


    Papier redet im Interview über viele Dinge, die auch in diesem Thread angesprochen sind. Etwa auch über den "Blasphemie-Paragraphen", das Abendland, Gefahr von Islamisierung, PEGIDA, Integration, Terrorbekämpfung ... Sachlich und nüchtern. Sehr angenehm

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Zum Satz: "Die Attentate von Paris haben etwas/nichts mit dem Islam zu tun." - Der Hamburger Filmproduzent Ali Hakim folgert heute logisch in der "Welt": "Doch wenn die Attentate etwas mit dem Islam zu tun haben, dann hat es zwingenderweise auch etwas mit mir zu tun."


    Die Conclusio:


    Zitat

    Genau das geht in die richtige Richtung, Frau Merkel. Danke. #JeSuisCharlie #JeSuisMusulman #JeSuisAllemand

    Zitat


    Um nun endlich die eigentliche Frage zu beantworten. Hat der radikale Islamismus mit dem Islam zu tun? Zumindest nicht mit meinem Islam.

    Soll ich jetzt aufhören, Moslem zu sein?

    Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten. (William Somerset Maugham)

  • Ali Hakim muss nicht aufhoeren, Moslem zu sein, denn wenn er so lebt, wie er angibt, ist er keiner. Eher das muslimische Pendant zu dem, was wir als Taufscheinchristen bezeichnen. Menschen, die statistisch einer Religionsgruppe angehoeren, sich aber kaum um deren Gebote scheren. Und, Irrtum Hr. Hakim, Luther hat nicht das Christentum reformiert, dies lag wohl in seiner Absicht, vielmehr hat er es in zwei Glaubenslager gespalten, von der altkatholischen und den orthodoxen Kirchen mal abgesehen. Und selbst die evangelische Reformationskirche (eine Minderheit innerhalb der Christen) zerfiel in zwei Strömungen, das Augsburger und das Helvetische Bekenntnis. Von einer reformierten einheitlichen Christenheit sind wir meilenweit entfernt, ganz aehnlich, wie der Islam auch.

  • Dass sich das christliche Abendland an die eigene Nase fassen muss, Manuela, ist klar.
    Eine (ge)wichtige Stimme dazu auch gestern in der Zeit: Bundesrichter Thomas Fischer, zu Kriegen im Namen eines christlichen Gottes, zynische Rechtsverschiebungen und die Frage ob wir überhaupt einen Maßstab anlegen dürfen an Menschen, deren Not wir nicht in der Lage sind, zu empfinden.
    "Sind die Terroristen nun Feinde oder Bürger?"

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Falls es hier ein wenig Dialektik sein darf: Die modernere Auffassung des Islam besagt im Grunde nur, dass man ein guter Mensch sein* und an einen alleinigen Gott glauben solle. All die anderen Inhalte des Koran hätten nur in der Zeit gegolten, zu der sie niedergeschrieben worden seien. Diese Auffassung des Islam, der wohl bei weitem die meisten deutschen Moslems anhängen, ist moderner als die hierzulande häufigste Interpretation des Christentums mit ihren Doktrinen und ihren Institutionen Katholische und Evangelische Kirche.


    Fanatismus hat also mit dem Islam zu tun - aber lediglich mit seiner konservativen, antimodernen Form.



    * -> praktischer Imperativ, -> Jesus. Das findet sich wohl auch bei den alten Chinesen.