ZitatEs wäre aber hilfreich, wenn du dich ebenfalls äußerst.
Nun denn. Mein Ausgangspunkt ist mein Eröffnungsbeitrag:
ZitatMeines Erachtens muss Sex in der Nicht-Porno-Belletristik eine Funktion haben. Im Link ist formuliert: Er muss zur Entwicklung von Handlung und Charakteren beitragen. In den Sexszenen, die im DLF-Artikel dargestellt sind, fallen mir vor allem unpassende Vergleiche und schwülstige Sprache auf.
Als Mitautor eines Buchs über Sexpannen und Verfasser eines Sexratgebers geht es mir außerdem um eine natürliche Sprache und eine natürliche Einstellung zur Sexualität. Dazu empfehle ich uneingeschränkt die Bücher von „Dr. Ruth “. Sie schreibt natürlich Sachbücher, aber von ihrer Einstellung und Sprache zum Sex kann auch die Belletristik viel lernen.
Sexszenen sind natürlich nicht l’art pour l’art, sonst stehen sie in Pornos. Mir geht es aber nicht um moralische, sondern um literarische Wertung. Selbst wenn die Geschichte eine sodomistische, eine nekrophile Szene oder eine Vergewaltigung verlangt, dann ist das so.
Tschechows „Jedes Gewehr, das an der Wand hängt, muss auch schießen“ lässt sich m. E. auch auf Sexszenen übertragen: Sie müssen eine Funktion in der Geschichte haben, die Handlung vorantreiben oder die Figuren charakterisieren.
Das ist aber keine revolutionäre Erkenntnis. Ich finde die Funktion selbstverständlich und setze sie voraus.
Einige hier haben sich am flapsigen, mundartlichen Ausdruck „schnackseln“ gestört. Es ist bezeichnend für die Schwierigkeit, gute Sexszenen zu schreiben, dass es für die Tätigkeit kein
Verb gibt, das genauso neutral wie Sex ist.
Aus genau diesem Grunde gibt es ja den „Bad Sex Award“. Weil auch erfahrene, gute Schriftsteller immer wieder an Sexszenen scheitern. Zur Beurteilung von Sexszenen gibt es selbstverständlich Kriterien wie auch sonst in der Literatur, und die Jury des Awards legt sie an.
Wenn sie einen Text hervorhebt, in dem ein Mann seine große Lust damit vergleicht, dass er sein „Ding“ in die Sonne steckt, (autsch!) dann kritisiert sie einen häufigen Fehler bei Sexszenen: unpassende Vergleiche.
Schwulst und Verkrampftheit in Sexszenen sind häufig auch in sonst guter Literatur und bei hervorragenden Literaten, siehe die nominierten Sexszenen bei Murakami: „Ihr Atem vermischte sich mit seinem, wie von weither kommende Strömungen, die sich unbemerkt auf dem dunklen Meeresgrund begegnen." Für mich ist das schon kitschig.
Dem habe ich eine Szene entgegengestellt, die ich für sehr gelungen halte. Wie ist der Sex der Hauptfigur mit zwei Frauen, die eine seine Partnerin, die andere schon früh das Objekt seiner Begierde? – „Sturm!“ (übrigens ein eigener Absatz) Das hat Kraft. Das ist keine pubertierend, verschämte Schreibe, die sich in Schwulst und unpassende Vergleiche flüchtet.