Das Diktat der Politisch Korrekten

  • Huhu, Pearl.


    Zitat

    Ich habe ihm ja auch nicht geantwortet.


    Sondern wem?


    Das war m.E. keine Belehrung von Ulli, sondern nur ein Hinweis.

  • Und es ist nicht nur freie Meinungsäußerung, sondern üble Hetze.


    http://www.spiegel.de/kultur/g…istraegerin-a-957342.html




    "Es ist deprimierend, es ist beschämend, und zwar für den gesamten deutschen Literaturbetrieb, der sich so gern mit sich selbst beschäftigt und sich die Preise zuschanzt. Der Auftritt von Sibylle Lewitscharoff am 2. März im Staatsschauspiel in Dresden ist eine Zäsur."


    "Wie stehen sie (die Schriftsteller) zu einer Schriftstellerin, die bestimmte Menschen als "Halbwesen" bezeichnet?"




    "Sie beschrieb, darauf muss man erstmal kommen, die "Reichsfrauenführerin Gertrud Scholz-Klink" und besonders die "in frauenbewegten Kreisen immer noch hoch verehrte Leni Riefenstahl" als "Ahnenfiguren" der Emanzipation."




    Und das wollt ihr als freie Meinungsäußerung tolerieren??


    Und darum habe ich keine Meinung geäußert, sondern meinen nahen Einblick in das Beschriebene geschildert. Übrigens geifert sie auch gegen "Patientenverfügungen", die sicher manche von uns erstellt haben. Fehlt nur noch die Verdammung der Organspende, der Antibiotika usw.

  • Nein, ich finde nicht, dass eine Person mit öffentlicher Aufmerksamkeit (wie eine Büchner-Preisträgerin) einfach das Maul aufmachen und irgendwelche fundamentalistische Gülle ins System kippen darf, OHNE dass der Shitstorm losgeht. Den hat sie nämlich von Herzen verdient.
    Dieses System ist auf dem Weg zurück in eine rechtskonservative Richtung, in der bald jeder wieder über Schwule und Lesben hetzen darf und jeder "maximalpigmentierte" pseudotolerante Sprachauswuchs nur verschleiert, dass unten drunter wieder all die alten Sumpfblüten wuchern. Und zwar fröhlich und breit beklatscht.


    DAS hier ist jedenfalls eine gute Antwort auf diese kackbraune, erzchristliche Schandrede: http://www.staatsschauspiel-dr…an_sibylle_lewitscharoff/


    Und wer ein bisschen Zeit mitbringt, höre sich dies hier an: https://www.youtube.com/watch?v=YC0XQ6avoLY (Ein Qindie, btw ...)

  • Hallo, Susanne.


    Zitat

    Nein, ich finde nicht, dass eine Person mit öffentlicher Aufmerksamkeit (wie eine Büchner-Preisträgerin) einfach das Maul aufmachen und irgendwelche fundamentalistische Gülle ins System kippen darf, OHNE dass der Shitstorm losgeht.


    Tatsächlich haben diese Rede und die bislang nicht sehr prominente Autorin erst mit viertägiger Verspätung Aufmerksamkeit erhalten, weil ein "Shitstorm" losging. BTW - "Shitstorm" ist ja nur ein Neologismus für "Volkszorn", und das ist etwas, das man wirklich fürchten muss. Was ich bitte einzig in negativer Konnotation verstanden haben möchte. Danke.


    Und, energischer Widerspruch: Natürlich "darf" sie so oft sie will das Maul aufmachen und ihre fundamentalistische Gülle ins "System" kippen, genau wie Du das auch dürftest. Gegen die fundamentalistische Gülle kann man eine Menge sagen, vielleicht muss man sogar. An ihrem Recht, so zu denken und zu reden, ändert das rein gar nichts, Büchnerpreise und sonstwelche Deko hin oder her.


    Ehrlich, dieser Sofawiderstand gegen Andersdenkende - immerhin denken sie wenigstens - kotzt mich an.

  • Und darum habe ich keine Meinung geäußert, sondern meinen nahen Einblick in das Beschriebene geschildert. Übrigens geifert sie auch gegen "Patientenverfügungen", die sicher manche von uns erstellt haben. Fehlt nur noch die Verdammung der Organspende, der Antibiotika usw.


    Selbst wenn, sie darf es doch. Sie muss keine Patientenverfügung machen, braucht keine Organe spenden und kann eine antibiotische Behandlung ablehnen. Ihre Meinung, ihr Leben, ihr Recht.

  • Von einer freien Gesellschaft kann nur dann die Rede sein, wenn jede Meinung geäußert werden kann, wenn aber auch jeder Meinung widersprochen werden darf. Und das muss sich gerade dann zeigen, wenn es eine Meinung ist, die man ablehnt. Politik verlangt Streit, nicht Kunschelkonsens.


    Ist schon interessant, wie sich solche Fälle gerade gegenwärtig häufen. In Youtube kann man nicht nur einen Clip sehen, wie kürzlich eine Podiumsdiskussion mit Thilo Sarrazin von einem Mob verhindert wurde." Hau ab! Hau ab"-Gegröhle statt Widerspruch. Bei Herrn Edathy geht es sogar eine Stufe weiter, der tut nicht Verbotenes, er sagt nicht Verbotenes, er begehrt auf verbotene Weise. Und der ansonsten achso solidarischen SPD fällt nichts anderes ein, als darüber nachzudenken, wie man ihn am besten rausschmeißt.

  • Hallo, Susanne.


    Zitat

    sie darf es nicht, OHNE dass ein *nenneswieduwillst* über sie hereinbricht


    Exakt. Man darf so etwas derzeit nicht, ohne dass ein Mannenneeswiemanwill über einen "hereinbricht". Es wird nicht die Meinung oder Aussage oder das Thema diskutiert, sondern die Person wird mit Dreck beschmissen, bis sie darin versinkt. Das ist übrigens ein erzreaktionärer Ansatz. Unter anderem die hier erwähnte katholische Kirche hat das jahrhundertelang praktiziert, um die eigene Meinungshoheit zu gewährleisten.


    Ich halte es für mindestens so wichtig, einer Meinung widersprechen zu dürfen, wie eine Meinung zu haben und zu äußern. Aber es geht hier nicht um Widerspruch. Sondern um den Versuch, eine Person zu zwingen, sich so zu verhalten und (wenigstens vorgeblich) so zu denken, wie es die politisch korrekte (und selbsternannte) Elite vorschreibt. Mit Verlaub, das ist dichter an irgendwelchen extremen Ideologien als die Verwendung irgendwelcher Termini, die von den braunen Verbrechern beschmutzt wurden.

  • Hallo, Susanne.


    Um nicht falsch verstanden zu werden - ich verstehe Deinen Zorn über das, was diese Frau gesagt hat, vorausgesetzt, Du kennst tatsächlich die gesamte Rede und nicht nur die paar Zitate. Ich teile ihn sogar. Es ärgert mich, wenn Menschen so denken. Ich halte das ganz persönlich für engstirnig und rückschrittlich und intolerant und wasweißichnochalles. Aber, noch einmal: Jeder Mensch hat absolut das Recht, engstirnig, rückschrittlich, intolerant oder sonstwas zu sein. Das wäre vielleicht sogar ein guter Anlass, mit ihr in einen Diskurs einzutreten, um erstens zu verstehen, warum sie so denkt, und zweitens den Versuch zu unternehmen, sie dazu zu bringen, ihren Ansatz zu überdenken. Aber ich käme im Traum nicht auf die Idee, zu versuchen, diese Frau für ihre Meinung mit Dreck zu beschmeißen, sie an den Pranger zu stellen, gar zu versuchen, sie zu bedrängen, eine andere Meinung anzunehmen, sie sonstwie zu ächten und/oder lächerlich zu machen. Lächerlich ist aus meiner Sicht vielleicht ihre Meinung, aber die kann nie so lächerlich sein, dass es sich dafür lohnt, Existenzen zu vernichten. Was mithin aber zum lässigen Tagesgeschäft der vermeintlichen Weltverbesserer gehört. Wer nicht denkt wie wir, dem machen wir den Garaus.

  • Also ich verstehe Deine Haltung, Tom. Du hast ja auch Recht: Die Meinungsfreiheit ist einer der Grundpfeiler, auf den sich eine Demokratie stützt. Aber genauso fällt es mir auch schwer, jemandem NICHT den Mund zu verbieten, wenn er/sie so etwas von sich gibt. Aber es stimmt: Wenn man sowas macht, handelt es sich nicht mehr um Rede-/Meinungsfreiheit. So schwer es auch fallen mag.

    "Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." - Albert Einstein
    "Gib jedem Tag die Chance, der schönste Deines Lebens zu werden." - Mark Twain
    "Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt." - Mahatma Gandhi

  • Pearl: " ... möchte man diese Frau L. verprügeln."
    Das erschreckt mich genauso, wie das was Frau L. sagte.

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    "... es gibt nur ein Begegnen: im Gedichte
    die Dinge mystisch bannen durch das Wort."
    (Gottfried Benn, Statische Gedichte, "Gedichte")

  • Aber bitte: Die Auseinandersetzung (und zwar die ernsthafte!) über das, was sie gesagt hat, findet doch statt! Dass nebenbei empörte und wütende Stimme auch einfach nur sagen: "Die hat doch einen Sprung in der Schüssel" ohne sich weiter mit dem Inhalt auseinanderzusetzen, ist ebenso legitim (bei einer öffentlich stattgefundenen Äußerung wie der ihren) wie jeder zehnseitige Essay dazu. Du kannst nicht meinungsfreiheittechnisch das eine verteidigen und das andere verteufeln, Tom. Das ist schizophren.

  • Zitat

    Du kannst nicht meinungsfreiheittechnisch das eine verteidigen und das andere verteufeln, Tom.


    Das meinte ich vorhin mit meiner Frage, wo hört eine Meinung auf und wo fängt sie an?
    Jeder darf also eine haben, aber wenn es zu viele auf einen Haufen sind, werden sie erst unangenehm, dann gefährlich...usw


    Das eine ist die meinung an sich und das andere ist die Zusammenballung von Meinungen und die Gewalt die davon ausgeht.

  • http://www.spiegel.de/kultur/g…skandalrede-a-957412.html


    Zitat:


    Was bringt scheinbar gesunde, gutsituierte Menschen dazu, unverdrossen über Dinge zu reden, die sie nicht betreffen, sondern nur die Trägheit ihres Geistes offenbaren? Homophobie, Angst vor Randgruppen und Ekel vor in Retorten gezeugtem Leben sagen nur etwas über den Verstand der lallenden Kritiker aus. Sie sagen: Ich bin am Ende mit meiner Weisheit. Ich will nicht denken, ich will mich nicht neu orientieren. Ich will keine Welt, in der alle Menschen gleich sind. Ich habe mir meinen Status als überlegener, heterosexueller weißer Mensch zwar nicht hart erarbeitet. Er war einfach da. Doch er ist besser als das, was bei euch einfach da ist.

  • Ich denke, es wird da gefährlich, wenn die Leute nicht mehr sagen: was Frau Dingens /Herr Dingens gesagt hat, find ich Scheiße - sondern wenn es nur noch heißt: sie / er ist Scheiße.


    Eine Meinung zu haben, die zu anderen Meinungen konträr ist, muss erlaubt sein.
    Und es wird dann kritisch, wenn eine Meinung nur noch niedergebrüllt wird.

  • Das meinte ich vorhin mit meiner Frage, wo hört eine Meinung auf und wo fängt sie an?
    Jeder darf also eine haben, aber wenn es zu viele auf einen Haufen sind, werden sie erst unangenehm, dann gefährlich...usw


    Das eine ist die meinung an sich und das andere ist die Zusammenballung von Meinungen und die Gewalt die davon ausgeht.


    Es wäre halt gut, es würden Meinungen zur Sache geäußert. Das darf durchaus deftig werden.
    Meinung über Menschen oder Verachtung der Menschen, die eine Meinung äußern ist momentan aber eher die Reaktion...ob in der Presse, im TV oder im Netz:
    Es wird emotioinalisiert und gegen Personen, die sich aus dem Fenster gelehnt hat (oder gerade geschubst wird) regelrecht gehetzt.

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    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Einzelmeinungen, und wenn sie noch so gaga sind, machen das Kraut nicht fett. Aber wenn Meinungen zu Bewegungen werden und Bewegungen zu Macht und Macht zu Diktatur, dann wird es schwierig. Angeblich wurde in Dresden anfangs ja heftig applaudiert, ehe dann nachgedacht wurde. Ich bin selbst ein wenig zwiegespalten, wo für mich die Grenze beginnt. Man muss nicht immer den kleinen Gefreiten aus Braunau hernehmen. Aber der wurde auch zunächst belächelt. Die, die anfangs sagten: "Ach, lasst ihn doch, den Spinner", bezahlten ihre Haltung nicht selten mit dem Leben. Wobei die Schriftstellerin zum Glück keine Politikerin mit Ambitionen ist.
    Wenn man jedoch über den großen Teich guckt und sieht, was dort der reaktionär-bigotte Mob alles auf die Beine stellt, dann kriegt man das Gruseln. Ich denke, Madam würde sich in diesem Sumpf zumindest äußerst wohlfühlen.

  • Ein Shitstorm ist auch nicht meine Form der Auseinandersetzung. Und natürlich darf jeder seine Meinung sagen. Sie ja offensichtlich auch. Das ist doch oft das Argument der Reaktionären, es gebe ein Tabu. man dürfe bestimmte Dinge nicht sagen. Aber in Wahrheit darf man alles sagen, nur dass man halt Reaktionen damit auslöst. Auch solche, die ich verwerflich und unangebracht finde. Aber ich bin wirklich, wirklich froh, dass es Reaktionen gibt. Die meisten sind übrigens differenziert und inhaltlich, zumindest die, die sich verbreiten. Wer liest denn diese anonymen Shitstormer?
    Und ja, ich finde diese Person ätzend. Und andere Personen ähnlicher Meinung auch. Nicht nur die Meinung, sondern die Menschen, die sich entwürdigend und menschenverachtend über Menschen äußern. Entsprechend auch die Shitstormer. Aber dass die Aufregung über den Shitstorm gewaltiger ist als die über eine intelligente Frau, die so einen öffentlichen Vortrag nutzt, um andere mit Scheiße zu bewerfen, das kann ich nicht nachvollziehen. Weder wird sie eingesperrt, noch irgendwie diskriminiert oder verfolgt. Sie muss halt bloß diesen Quatsch lesen, wenn sie unbedingt will und ins Internet geht.


    Ich wünsche ihr nur von Herzen, dass sie nun keine Preise mehr bekommt und mit ihrer Literatur kein Geld mehr verdient. Dass sie sich ins Aus katapultiert hat wie damals diese Eva Hermann. Wahrscheinlicher ist, dass sie an Popularität gewinnt, in Talkshows eingeladen wird und einen Bestseller schreibt: in Deutschland darf man nicht sagen, dass... Ach, den gibt es ja jetzt schon von Sarrazin.