Es gibt noch Märchen: Facebook kauft WhatsApp

  • Manchmal ereignen sich moderne Märchen, zum Beispiel dieses hier: 1993 kommen ein Sechzehnjähriger und seine Mutter aus der Ukraine in die USA. Sie haben kein Geld, keine Wohnung und keine Freunde. Beide sprechen kein Wort Englisch. Die Mutter hat ihre Koffer mit Kugelschreiben und Schreibblöcken aus der Sowjetunion vollgestopft, damit sie in Amerika keine Schreibwaren kaufen muß. Das Schicksal will es, daß die Zwei in Kalifornien landen, wo sie zuerst einmal in eine Sozialwohnung ziehen und von Essensmarken und Sozialhilfe leben. Der junge Mann putzt nach der Schule in einem Discounter, seine Mutter arbeitet als Babysitter. Wenn die Mutter sich gedacht hat, sie hätte in Amerika das große Los gezogen, dann hat sie sich getäuscht, denn nach ein paar Jahren stirbt sie an Krebs. Der junge Mann ist jetzt ganz allein. Er hat Probleme in der Schule, putzt abends immer noch in seinem Discounter und träumt dabei von den Flüssen und Seen, den Wintern und Wäldern Rußlands. Obwohl seine Eltern in der Sowjetunion bettelarm waren, erinnert der Junge sich voller Sehnsucht an gute Bekannte, intensive Freundschaften und ein Leben, in dem einem wenig viel bedeutete.


    Nach außen hin wirkt der Junge wie ein gestrandeter Versager, in Wahrheit jedoch ist er intelligent, zielstrebig und fleißig. Mit Leihbüchern bringt er sich die Verwaltung von Computer-Netzwerken bei. Er wird Mitglied einer Hacker-Gruppe, besucht Kurse an der San José State University und überprüft als Praktikant die Netzwerke der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young auf Fehler. Und dann geht er den Weg, der ihm in seinem dunklen Drang wohl immer schon bewußt gewesen ist: Neun Jahre arbeitet er bei Yahoo!, einem der kalifornischen Vorzeige-Unternehmen schlechthin, damals größer, besser und profitabler als Apple und der größte Name in der Welt des Internets vor Google und Facebook. In seinen Jahren bei Yahoo! lernt der junge Mann alles, was es über Software, Internet und Big Business zu lernen gibt, knüpft Kontakte, arbeitet Tag und Nacht und spart sich eine halbe Millionen Dollar zusammen.


    2009 kauft der junge Mann sein erstes iPhone, und da weiß er auf einen Schlag, was er fortan tun wird. Er denkt noch einmal zurück an seine Kindheit in der Sowjetunion, erinnert sich, daß dort einige wenige Menschen oft ihr Leben lang befreundet waren, weshalb sie immer wußten, was der andere tat, sich ständig trafen, miteinander redeten, planten, diskutieren und sich unterstützten. Um informiert zu sein, um zu überleben, um in der grauesten aller kommunistischen Diktaturen ein bißchen Freude zu haben. Und da kommt dem jungen Mann eine Idee: Was, wenn es das auch in Amerika gäbe, wenn es einen Dienst auf dem Smartphone gäbe, durch den Menschen ständig, interaktiv und billig miteinander in Kontakt stehen könnten – überall, jederzeit und weltweit?


    Als diese Idee geboren ist, geht es Schlag auf Schlag. Der erste Geniestreich ist die Wahl des Namens: What’s up bedeutet auf Englisch: Was läuft? - ein üblicher Gruß zwischen jungen Menschen. Ein kleines Softwareprogramm, das man auf dem iPhone installieren kann, nennt sich Application, kurz: App. Beides kombiniert ergibt: WhatsApp. Im Februar 2009 wird die gleichnamige Firma gegründet. Die ersten Programmierer fangen an, aber die neue Software stürzt so oft ab, daß der junge Mann und zwei Freunde, die früher mit ihm bei Yahoo! waren, sich schon wieder nach Jobs umschauen. Aber die Gründer sind hartnäckig, und die Zeit arbeitet für sie. Jeden Tag wird eine Milliarde SMS-Nachrichten von Handy zu Handy um den Erdball geschickt. Diese winzigen Texte machen die Telefongesellschaften reich und die Nutzer arm, manche Dienste wie Black Berrys BBM erlauben nur Nachrichten für einen Geräte-Typ, Bilder und Filme verschicken geht gar nicht, das Einloggen ist umständlich, die ganze Bedienung mühsam und aufwendig.


    WhatsApp ändert all das auf einen Schlag. Das WhatsApp-Programm ist kostenlos, alle Nachrichten, egal wohin, im ersten Jahr ebenfalls, danach kostet es pro Jahr 89 Cent. Die Applikation funktioniert auf allen intelligenten Handys, jeder Benutzer sieht immer, wer wann, wie und wo online ist, und die ganze Welt des Internets, also Bilder, Musik, Filme und Internet-Links, können damit verschickt werden. Nach zwei harten Jahren, während derer die Firmengründer von ihren Ersparnissen leben, kommt der Erfolg schnell, massiv und weltweit. Im Oktober 2011 wird jeden Tag eine Milliarde Nachrichten über WhatsApp verschickt, im April 2012 sind es zwei Milliarden, zur Jahresende 2013 benutzen 200 Millionen Menschen weltweit WhatsApp, werden jeden Tag 400 Millionen Bilder und 30 Milliarden Nachrichten darüber ausgetaucht.


    Am 19. Februar besuchte der junge Mann, der übrigens Jan Koum heißt, wieder einmal das Sozialamt der Stadt Mountain View, wo er und seine Mutter vor sechzehn Jahren ihre ersten Lebensmittelmarken empfangen hatten. Nur war es diesmal, um Milliardär zu werden. Auf den Treppen des Sozialamtes unterzeichnete Kouma einen Vertrag mit Facebook Inc., in dem Facebook - das größte soziale Internet-Netzwerk der Welt - WhatsApp zu einem Preis von neunzehn Mrd. US-Dollar erwirbt.


    Warum nun soll ein Internet-Gigant wie Facebook, der sechstausend Mitarbeiter, einen Jahresumsatz von einer Mrd. US-Dollar und eineinhalb Milliarden Mitglieder hat, ein Unternehmen kaufen, das mit 50 Mitarbeitern in gemieteten Räumen ohne Firmenschild sitzt und kein Geld verdient? Die Antwort ist einfach: Weil WhatsApp 450 Millionen junge Nutzer hat, die darüber am Tag 50 Milliarden Nachrichten versenden, während Facebook, dessen Mitglieder im Schnitt vierzig Jahre alt sind, kaum noch wächst. Facebook kauft damit nicht Umsatz und Gewinne, sondern junge Nutzer auf der ganzen Welt und nimmt einen potentiell extrem gefährlichen Konkurrenten aus dem Markt. Das wird sich nochmals als ein sehr geschickter Schachzug erweisen.

  • Ihr Lieben,


    wie Ihr seht, haben wir - nach langer Abwägung - alle Beiträge dieses Themas mit Ausnahme des Eingangspostings in den Sandkasten verschoben. Es ist also nach wie vor lesbar - auch in der Öffentlichkeit - Aber bei aller Meinungsfreiheit und allem Verständnis: Die hier erfolgte Reaktion ist in ihrer Form nicht mehr für den Portalbereich unseres Forums akzeptabel. Wir bitten alle Forenteilnehmer, sofern sie möchten, nun zum Ausgangsposting erneut zu diskutieren und Stellung zu beziehen, aber ohne persönliche Entgleisungen oder derartige persönliche Angriffen.
    Michael: Sofern Du möchtest, bitten wir, ein neues Thema mit Deinem Eingangsposting zu erstellen und empfehlen, ein paar mehr Worte als Begleittext zu formulieren, um Missverständnissen von vornherein entgegenzuwirken.
    @TWJ: Du solltest Dir dann bitte ein wenig mehr Zeit nehmen, auf das Thema Karrikatur zu antworten und bitte ohne persönliche Attacken.


    Danke :blume

  • @TWJ: Du solltest Dir dann bitte ein wenig mehr Zeit nehmen, auf das Thema Karrikatur zu antworten und bitte ohne persönliche Attacken.


    Ich bin vollkommen einverstanden, ja sogar froh! Meine Entschuldigung steht – aber ich möchte keine solche Karikatur mehr sehen! Ich kann irgendwie auch nicht mehr! Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr …

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    Michael: Sofern Du möchtest, bitten wir, ein neues Thema mit Deinem Eingangsposting zu erstellen und empfehlen, ein paar mehr Worte als Begleittext zu formulieren, um Missverständnissen von vornherein entgegenzuwirken.


    Nicht nötig. Danke Dir, Cordula, und Euch für Eure Mühe,
    Michael