Landschaftsroman - ein neues oder altes Genre?

  • In seiner aktuellen Werbeaussendung preist Bastei-Lübbe ein Buch als »Landschaftsroman« an. Auf dem Buchcover steht zwar »Norwegenroman« …


    [buch]3404168844[/buch]


    … im E-Mail-Flyer findet man als Untertitel aber »Landschaftsroman.


    Stöbert man ein bisschen im Internet, findet man heraus, dass es die Bezeichnung »Landschaftsroman« schon gab. So findet man in der Dissertation »Marchfelderzählungen. Studien zur prosaepischen Darstellung einer Landschaft« unter Punkt 4.2 auf Seite 42 f. dazu folgendes:



    Nun ja. Wenn man eine Schublade braucht, kann man sich eine bauen. Aber wird sie in diesem Fall wirklich benötigt? Warum mag Bastei-Lübbe sich dazu entschlossen haben, hier ein Genre zu benutzen, das bislang noch überhaupt nicht im Gebrauch war?


    In der gleichen Aussendung zeigt Bastei-Lübbe dann auch noch Titel unter dem Begriff »True Crime« an, was bislang eher aus dem Film bekannt ist.


    Erleben wir jetzt gerade den Beginn von unzähligen Generemutationen?

    Dateien

    • Landschaft.jpg

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    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Der Landschaftsroman ist wahrscheinlich der historische Roman, bezogen auf die Fläche statt auf die Zeit.


    Nach dem Motto: "Schönheit ist Tiefe der Fläche" (Christian Friedrich Hebbel).


  • Nun ja. Wenn man eine Schublade braucht, kann man sich eine bauen. Aber wird sie in diesem Fall wirklich benötigt? Warum mag Bastei-Lübbe sich dazu entschlossen haben, hier ein Genre zu benutzen, das bislang noch überhaupt nicht im Gebrauch war?

    Bös, wie ich bin, vermute ich dahinter keinesfalls einen selbstlosen Beitrag zur Differenzierung in der Literaturwissenschaft, sondern einen Marketing-Hintergrund. Ich könnte mir vorstellen, dass irgendwelche Verkaufsstrategen auf die Idee gekommen sind, diesen kuscheligen Begriff aufzugreifen. Dieses "Nähe-und-Vertrautheit-und-Heimatliebe" - Geschwurbel war ja schon bei den sog. Regionalkrimis ein Riesenerfolg. Die Leute suchen offenbar etwas Heimeliges. Das spiegelt sich ja auch in den unsäglichen TV-Schmonzetten wie Bergdoktor o. ä. wieder. Landschaft, so vermute ich, ebenso wie Bettina, soll hier wohl den etwas verstaubten Begriff Heimat ersetzen. Landschaftsroman klingt warm und freundlich und nah und kuschelig, aber nicht so spießig und omahaft wie Heimatroman.


    Alles Vermutungen, wie gesagt.

  • NEUERSCHEINUNG!


    W.R. Wolff
    Die mordende Heide


    Dieser düstere Landschaftsroman hat es in sich. Tag für Tag, Nacht für Nacht verschwinden Menschen in der Heide spurlos. Alte, Junge, Männer, Frauen, Hunde, Schafe. Plötzlich sind sie einfach weg. Knut Knies, Fachmann für Landschaftskriminalität will der Sache auf den Grund gehen. Er und seine Assistentin Cora Puckel machen sich auf die Suche nach dem düsteren Geheimnis der Heide. Werden sie es finden? Oder wird die Heide beide selbst verschlingen und das Geheimnis hüten, bis das letzte Lebewesen der Landschaft verschwunden ist?


    Ein atemberaubender Thriller. »Wenn ich nicht selbst schon weg wäre, würde ich mir nach der Lektüre dieses Romans wünschen, lieber gleich als später verschwunden zu sein« sagt Arno Schmidt posthum zu diesem zeitaktuellen Landschaftsthriller.

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    Emanuel von Bodmann


  • So was wie "Der Schluchtenbrunzer vom Höllental" käme da wohl weniger gut; besser vielleicht "Das Allgäu schlägt zurück"?


    Oder »Tödliche Förde«

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    Emanuel von Bodmann


  • Bei einem Landschaftsroman steht eindeutig die Landschaft(sbeschreibung) im Vordergrund.



    So gesehen müsste man allerdings, dank seiner vielen detaillierten Beschreibungen, auch "Herr der Ringe" dazu zählen. :D

    stümmt...weshalb ich nach dem Besuch in Elronds Haus dann auch ausgestiegen bin. Laaaaangweilig! :gaehn

    [buch]3866855109[/buch]


    "Sinn mag die äußerste menschliche Verführung sein." - Siri Hustvedt

  • Dass es sich um Marketing handeln dürfte, darin gebe ich dir Recht. Der Begriff klingt erst mal neu, interessant, ist noch nicht abgenutzt. Ich hätte ihn aber bei Suhrkamp erwartet. Kann man mal wieder sehen ...
    Aber kuschelig? Nein. Das assoziiere ich mit Landschaft gar nicht. Für mich ist Landschaft - neben anderen Facetten - auch ein philosophischer Begriff, aber nicht ein Nachfolge-Kandidat für Heimat. Aber vielleicht habe ich auch nur zuviel (??) Stifter und Rosei gelesen. Von Rosei empfehle ich: Entwurf für eine Welt ohne Menschen (1975). Das ist ein Landschaftsroman (wegen der Kürze eher eine Landschaftserzählung), und weil keine Menschen darin auftreten, der Landschaftsroman.

    Non quia difficilia sunt, multa non audemus, sed quia non audemus, multa difficilia sunt. Seneca
    [Nicht weil es schwierig ist, wagen wir vieles nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist vieles schwierig.]


  • So gesehen müsste man allerdings, dank seiner vielen detaillierten Beschreibungen, auch "Herr der Ringe" dazu zählen. :D



    "Der Herr der Ringe" würde in die Unterkategorie "Fiktionaler Landschaftsroman" gehören.



    Topi

    Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben,
    wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann.


    Mark Twain

  • Norwegenromane scheint es mehrere bei Bastei-Lübbe zu geben.


    Mein Eindruck: Wir pappen eine Geschichte vor die Kulisse einer Landschaft, die möglicherweise grade im Kommen ist bzw. wo eine Menge Leute Urlaub machen oder machen wollen, die Landschaft spielt also eine gewisse Rolle, ist aber möglicherweise auch austauschbar (könnte vielleicht auch in Schweden spielen), und haben damit ein Verkaufsargument.


    PS: Warum soll True Crime mehr eine Schiene fürs Fernsehen (Film) sein? True Crime-Bücher hat's immer gegeben.