Kann eine Stimme wie eingefroren klingen?

  • Guten Abend,


    Heute habe ich meine gesamte Freizeit investiert um ein fertiges Kapitel Korrektur zu lesen.


    Dabei bin ich auf folgenden Satz gestoßen: "Seine Stimme klang wie eingefroren."


    Ich fand schon beim ersten Lesedurchgang, dass etwas an ihm nicht stimmte, allerdings bin ich zuerst nicht darauf gekommen. Nachdem ich diesen Satz also einige Male laut ließ, viel mir auf was an ihm so seltsam war. "Kann eine Stimme überhaupt eingefroren klingen?", frug ich mich. Irgendwie hört sich das ziemlich unrealistisch an.


    Was meint ihr dazu? Geht das oder sollte ich den Satz löschen und anders formulieren?


    Vielen Dank für eure Mühe,


    Selene

  • Ich verstehe nicht, was du mir damit erzählen willst. Hat er Angst? Ist er schockiert? Geht das aus dem Kontext hervor? Was diese Metapher angeht - sie ist für meine Begriffe ziemlich unglücklich. Vielleicht solltest du diesen Satz umformulieren.

  • Das ist in jedem Fall ein ziemlich schiefes Bild, denn wie soll eine eingefrorene Stimme klingen? Stumm, würde ich sagen, denn etwas Eingefrorenes ist starr.


    Ich bin allerdings auch niemand, der schiefe, verzerrte Bilder oder sogar störende Bilder grundsätzlich ablehnt. Es gibt Stellen, an denen setze ich sie ganz bewusst ein. Die eingefrorene Stimme allerdings klingt für mich ohne Kontext nicht danach, als wäre das Bild schön genug, um auch schief hängen zu dürfen.

  • Zitat

    Ich verstehe nicht, was du mir damit erzählen willst. Hat er Angst? Ist er schockiert? Geht das aus dem Kontext hervor?

    Er hat große Angst, dieser Satz stammte aus einer Szene, in der es um Leben und Tod ging.


    Zitat

    Das ist in jedem Fall ein ziemlich schiefes Bild, denn wie soll eine eingefrorene Stimme klingen? Stumm, würde ich sagen, denn etwas Eingefrorenes ist starr.


    Stimmt, eigentlich müsste eine eingefrorene Stimme stumm sein, sonst ergebe es keinen Sinn. Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht... :kopfhau

    Zitat

    Hallo Selene,


    ja, man liest diese Phrase öfters mal, irgendwo. Und gerade darin liegt auch das Problem. Sie ist abgelutscht. Verbraucht. Da würde ich mir einen frischeren, und damit besseren Vergleich einfallen lassen. :)


    Da hast du Recht. Vielleicht kam mir der Satz auch so eigenartig vor, weil ich diesen Vergleich schon mal irgendwo gelesen habe. Stellt sich nur die Frage wo. ?!?

  • Ich halte die Formulierung nicht für völlig unmöglich. Klar, eine Stimme ist etwas Bewegliches, etwas das schwingt. Man kann das "eingefroren" dann als tonlos, ausdruckslos verstehen. Eine eingefrorene Stimme transportiert in diesem Sinne zwar noch Information, aber sonst nichts. Das Problem ist, dass das verwendete Bild wohl nicht präzise genug das hervorbringt, was eigentlich an Stimmung ausgedrückt werden soll.


    Alternativ könnten sich die Stimmbänder wie eingefroren anfühlen (wenn aus Perspektive des Redenden geschrieben wird).

  • Liebe Selene,


    Du könntest auch schreiben "seine Stimme klang, als hätte sich Raureif darüber gelegt" (Wahrnehmung der anderen)
    oder "er hatte das Gefühl, als habe sich Raureif auf seine Stimmbänder gelegt" (eigene Wahrnehmung der Figur).


    Ich finde es gut, dass Du versuchst genaue Ausdrücke und Metaphern zu finden. Das ist unser tägliches Brot und wichtig für gute Bücher!


    Lieber Gruß DianaH

  • Eine Stimme die klingt ist immer eine Wahrnehmung von Anderen. Wenn es aber ihn betreffen soll, würde ich eher die Worte im Mund gefrieren lassen. - Zeigt für mich an, dass das eiskalte Grauen ihn sprachlos macht.

  • Selene, du versuchst hier in einem dramatischen Moment einen Effekt einzubauen, indem du einen stilistischen Widerspruch schaffst - hübsche Poesie, obwohl von nackter Angst die Rede ist. Die Frage ist, ob du nicht den Text an dieser Stelle überfrachtest. Die Gefahr bei diesem Stilmittel ist zudem, dass so etwas leicht ins Melodramatische oder sogar ins Lächerliche abdriften kann. Braucht der Text es überhaupt, dass du die Todesangst auf diese Art betont? Ist das nicht schon längst klar? Ich will dir in keiner Form vorschreiben, wie du etwas zu schreiben hast, sondern einfach nur anregen, in dieser Richtung zu denken. Die Möglichkeit, einen Satz einfach zu streichen, hast du immer.


    Er gilt nicht als der absolute Guru des schönen Stils, aber in "Das Leben und das Schreiben" kommt Stephen King auch auf Dialoge zu sprechen. Wenn ich mich richtig erinnere, schreibt er dort, dass in den meisten Fällen ein "sagte er" aus rein handwerklicher Sicht völlig ausreichend ist. Man kann das sehen, wie man will - für mich hat diese These durchaus ihre Berechtigung.

  • Vielleicht bei ihr


    Nein, dass kann nicht unmöglich sein, ich habe noch nie eines ihrer Werke gelesen. Trotzdem Danke für deine Mühe! :)

    Zitat

    Du könntest auch schreiben "seine Stimme klang, als hätte sich Raureif darüber gelegt" (Wahrnehmung der anderen)
    oder "er hatte das Gefühl, als habe sich Raureif auf seine Stimmbänder gelegt" (eigene Wahrnehmung der Figur).


    Ich finde es gut, dass Du versuchst genaue Ausdrücke und Metaphern zu finden. Das ist unser tägliches Brot und wichtig für gute Bücher!


    Vielen Dank für deine Beispiele und dein liebes Kompliment! :)
    Leider muss ich dir gestehen, dass deine Vorschläge nicht in meine Geschichte passen. Ich bin der Überzeugung, mein Protagonist würde nie Wörter wie Raureif verwenden, um etwas zu beschreiben, da ist sie schon etwas dramatischer. Zwar keine Heulsuse, aber schon ziemlich gefühlvoll.



    Zitat

    Bei längerem Aufenthalt in starkem Frost wird jede Stimme einfrieren...


    Stimmt, erinnert mich gerade an eine ziemlich komische Geschichte, auf die ich ungerne eingehen werde. :rofl