Die Piraten und das Urheberrecht

  • Schaut man sich an, was die Piratenpartei zum Thema "Geistiges Eigentum" und "Urheberrecht" sagt (hier zum Beispiel die Piratenpartei in Hessen), kommt man nicht umhin, der "Problemanalyse" einige Anerkennung zu zollen. Mir geht es zumindest so. Sie kratzen an einigen wichtigen Problemen, die Urheberrecht und Verwertung von geistigem Eigentum uns heute bescheren. Längst ist da nicht alles angeschnitten und manches muss sich in der Diskussion noch korrigieren lassen, aber es ist eine Diskussionsgrundlage.


    Schwach sind allerdings nach wie vor die Lösungsideen. Urhebern Geschäftsmodelle anzubieten geht völlig an deren Situation vorbei. Schriftstellern allen Ernstes Lesereisen als profitable Möglichkeiten zu empfehlen, die Einnahmenseite zu stärken, ist geradezu lächerlich und zeugt davon, dass sich die "modernen Seeräuber an Land" noch nicht ansatzweise mit der Situation der Urheber im Literaturmarkt beschäftigt haben. Hier besteht dringender Handlungsbedarf und zwar auf Seiten der Piraten. Wenn sie schon "Lösungsmöglichkeiten" bieten, dann sollten sie auch ins Gespräch gehen mit denjenigen, denen sie diese Lösungen anbiedern wollen.


    Horst-Dieter

    BLOG: Welt der Fabeln


    Die schönsten Schlösser und Burgen in Oberbayern und Bayerisch-Schwaben

    ASIN/ISBN: 3831335559


    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Das mit der Transparenz müssen wir noch üben, gell?


    Oben angegebener Link stammt aus der Linksammlung der AG Urheberrecht innerhalb der Piratenpartei:
    http://wiki.piratenpartei.de/AG_Urheberrecht#Linksammlung


    Sehr interessant und unbedingt jedem zu empfehlen, der sich für die Urheberrechtsdebatte interessiert, ist die 'Folge 78 - Urheberrecht' des Klabautercast-Podcasts:
    http://klabautercast.de/2011/11/30/folge-78-urheberrecht/


    Der Klabautercast wird übrigens von Martin 'maha' Haase produziert, der auch mitverantwortlich für das Blog neusprech.org ist. Von ihm wird auch der Podcast 1337kultur.de betrieben, der sich mir der Kultur der Nerds beschäftigt. Martin Haase ist Linguistikprofessor an der Uni Bamberg und mitglied der Piratenpartei Bayern.

  • Das mit der Transparenz müssen wir noch üben, gell?


    Oben angegebener Link stammt aus der Linksammlung der AG Urheberrecht innerhalb der Piratenpartei:
    http://wiki.piratenpartei.de/AG_Urheberrecht#Linksammlung


    Was heißt hier Transparenz? Ich habe die direkte Quelle verlinkt, die übrigens über die Linksammlung nicht erreichbar ist, da veraltet.

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    Emanuel von Bodmann


  • Was heißt hier Transparenz? Ich habe die direkte Quelle verlinkt, die übrigens über die Linksammlung nicht erreichbar ist, da veraltet.


    stimmt - da wird umgeleitet


    Aktuelle Positionspapiere und Anträge sind übrigens auf der oben angegebenen Webseite zum Urheberrechtspodcast verlinkt.


  • stimmt - da wird umgeleitet



    Da wird nicht umgeleitet. Da wird schlicht gesagt, dass die Adresse veraltet ist. Dann muss man manuell suchen


    Die Piraten, die ja glauben, das Internet wäre ausschließlich ihre Domäne, sind manchmal fürchterlich umständlich


    :baby

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    Verengung des freien geistigen Horizontes ist eine Gefahr in Zeiten des Massenkultes.
    Emanuel von Bodmann


  • Das ist ja ein ganz netter Schulaufsatz. Aber die Argumentation hakt doch hinten und vorne.


    Ein schönes Beispielt:"Bei den heutigen Lebenserwartungen ergibt das typische Schutzfristen von deutlich über einem Jahrhundert. Die Integration der Werke in das gesellschaftliche Kulturgut wird also um mehrere Generationen verzögert. Die Auswirkungen auf die kulturelle Entwicklung sind noch nicht absehbar."
    Wo bitteschön sind denn aktuelle Werke aus Literatur, Musik oder Film nicht ins gesellschaftliche Kulturgut integriert? Ich muss das Buch oder die CD/DVD eben kaufen, oder eine Eintrittskarte ins Konzert oder ins Kino. Zugänglich wird hier offensichtlich generell als umsonst zugänglich verstanden. Weil es ja kein "natürliches Anrecht auf Vergütung" für Urheber gibt.Entschuldigung, aber das ist doch Schwachsinn auf Stelzen.


    Und den Verweis auf die Wickipedia halte ich auch nicht für so selbstverständlich. Es wird offensichtlich als das Normalste von der Welt betrachtet, dass Menschen in ihrer Freizeit umsonst ihr Wissen für alle Welt zur Verfügung stellen. Geistiges Eigentum, was für eine antiquierte Vorstellung. Aber dann seien wir doch wenigstens knosequent. Schaffen wir Netzwerke, in denen Hobbybastler für umsonst Handwerkerarbeiten durchführen, Häuser bauen, Taxi fahren oder Polizist spielen. Es findet sich bestimmt jemand, der so was gern als Hobby macht, ab und zu zumindest. Wo gibt es denn ein natürliches Recht auf Bezahlung irgendeiner Leistung.


    Ach so, bei Musik und Texten usw. gibt es durch die Digitalisierbarkeit die Möglickeit unbegrenzten Kopierens, und das ist schwer zu kontrollieren. Da steht gleich Orwells großer Bruder vor der Tür. Aber auch Ladendiebstähle lassen sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht verhindern. Warum also überhaupt in Überwachung und Detektive investieren. Geben wir es doch frei. Jeder darf sich im Supermarkt nehmen was er braucht. Oder führen wir auch hier eine Flatrate ein.

  • Wer weiß... vielleicht gibt es bei den Piraten ja recht wenig Kulturschaffende (wobei das mit ihrer Haltung zum Urheberrecht einen direkten Zusammenhang haben könnte =) ). Aber machen wir doch mal die Gegenprobe: Die Piraten wollen, dass die (geistige) Arbeit anderer Leute kostenfrei für jedermann zur Verfügung steht? Dann gehen sie doch bestimmt mit gutem Beispiel voran und stellen alles, was sie so im Berufsleben produzieren (Software, Dienstleistungen, wasauchimmer) doch bestimmt auch der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung. Sicher doch.


    ... oder ist es doch so, dass es viel einfacher ist, über das Eigentum anderer zu bestimmen? :kotz2

  • Das, was die Piraten da in ihrem »Schulaufsatz« kritisieren ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Siegfried hat sich eine kritische Passage rausgegriffen und hier und da sind noch einige andere Ecken zu finden, aber ganz neben der Spur liegen sie mit ihrer Kritik meines Erachtens nicht. Das alles - Musik-, Film-, Softwareindustrie und Literaturbetrieb - in einen Topf geworfen und umgerührt verhindert vorläufig eine differenziertere Kritik der Piraten. Wenn sie das erst einmal auseinandergedribbelt haben, wird man ihre Kritik nicht mehr leichtfertig von der Tischplatte schieben können.


    Hahnebüchen sind aber ihre Lösungsvorschläge, das schrieb ich ja schon Eingangs. Das werden sie auch nicht besser hinbekommen, solange sie sich nicht mit den Betroffenen und ihrer Situation praktisch auseinandersetzen.

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  • Ein schönes Beispielt:"Bei den heutigen Lebenserwartungen ergibt das typische Schutzfristen von deutlich über einem Jahrhundert. Die Integration der Werke in das gesellschaftliche Kulturgut wird also um mehrere Generationen verzögert. Die Auswirkungen auf die kulturelle Entwicklung sind noch nicht absehbar."
    Wo bitteschön sind denn aktuelle Werke aus Literatur, Musik oder Film nicht ins gesellschaftliche Kulturgut integriert? Ich muss das Buch oder die CD/DVD eben kaufen, oder eine Eintrittskarte ins Konzert oder ins Kino. Zugänglich wird hier offensichtlich generell als umsonst zugänglich verstanden. Weil es ja kein "natürliches Anrecht auf Vergütung" für Urheber gibt.Entschuldigung, aber das ist doch Schwachsinn auf Stelzen.


    es geht hier ja auch nicht ausschließlich um den 'Konsum' der Kulturgüter, sondern auch darum, diese zu verwenden, um daraus neues zu schaffen. Das ist beispielsweise bei Software ein wichtiger Aspekt, aber auch bei Musik, wo aus teilen verschiedener Lieder neue Tracks erstellt werden. So genannte Mash-Ups erfreuen sich in gewissen Kreisen großer Beliebtheit.

    Zitat


    Und den Verweis auf die Wickipedia halte ich auch nicht für so selbstverständlich. Es wird offensichtlich als das Normalste von der Welt betrachtet, dass Menschen in ihrer Freizeit umsonst ihr Wissen für alle Welt zur Verfügung stellen. Geistiges Eigentum, was für eine antiquierte Vorstellung. Aber dann seien wir doch wenigstens knosequent. Schaffen wir Netzwerke, in denen Hobbybastler für umsonst Handwerkerarbeiten durchführen, Häuser bauen, Taxi fahren oder Polizist spielen. Es findet sich bestimmt jemand, der so was gern als Hobby macht, ab und zu zumindest. Wo gibt es denn ein natürliches Recht auf Bezahlung irgendeiner Leistung.


    Wer sagt denn, dass der Handwerker nicht für seine Arbeit bezahlt werden soll. Schön wäre aber, wenn die Baupläne für ein Haus zumindest nach einer gewissen Frist frei für jeden zur Verfügung stünden.
    [/quote]


    Ach so, bei Musik und Texten usw. gibt es durch die Digitalisierbarkeit die Möglickeit unbegrenzten Kopierens, und das ist schwer zu kontrollieren. Da steht gleich Orwells großer Bruder vor der Tür. Aber auch Ladendiebstähle lassen sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht verhindern. Warum also überhaupt in Überwachung und Detektive investieren. Geben wir es doch frei. Jeder darf sich im Supermarkt nehmen was er braucht. Oder führen wir auch hier eine Flatrate ein.[/quote]
    Beim kopieren digitaler Güter wird vervielfältigt und nicht gestohlen - der Vergleich mit dem Ladendiebstahl hinkt an dieser Stelle ganz gewlatig. Mal abgesehen davon hat noch keine Überwachungskamera irgendein Verbrechen verhindert - zumindest gibt es keine Belege dafür.

  • Die Piraten wollen, dass die (geistige) Arbeit anderer Leute kostenfrei für jedermann zur Verfügung steht?


    Hier liegt offensichtlich ein Missverständnis vor. Die Piraten setzen sich für die Überarbeitung des Urheberrecht dahingehend ein, neben Urheber und Verwerter auch stärker den Verbraucher/Konsumenten zu berücksichtigen. Etwa dahingehend, dass Werke, die unter das Urhebergesetz fallen (was ja wegen der niedrigen Schöpfungshöhe keinesfalls nur Kunst betrifft) deutlich früher gemeinfrei werden.

  • Das alles - Musik-, Film-, Softwareindustrie und Literaturbetrieb - in einen Topf geworfen


    Das liegt aber daran, dass das Urheberrecht an dieser Stelle nicht differenziert. Jedes mal eben geknipste Handy-Foto fällt unter das Urheberrecht. Meines Erachtens ein Grund mehr, das Urheberrecht zu überarbeiten. Ich würde da auch gerne sehen, dass die Schöpfungshöhe angehoben wird.


  • Wer sagt denn, dass der Handwerker nicht für seine Arbeit bezahlt werden soll. Schön wäre aber, wenn die Baupläne für ein Haus zumindest nach einer gewissen Frist frei für jeden zur Verfügung stünden.


    Oha, da begibst Du Dich jetzt aber echt auf Glatteis. Der Architekt soll die Baupläne freigeben - okay, ebenso wie der Komponist, Songwriter, Autor und so. Stellen wir uns mal vor, der Architekt ist von der Piratenpartei und demgegenüber aufgeschlossen. Wäre ich der Auftraggeber, der den Architekten teuer für den Entwurf seines Hauses bezahlt hätte, wäre ich hier sehr sauer und würde schon verlangen, dass andere mir einen Teil meiner Kosten vergüten, so sie nach dem freigegebenen Bauplan selbiges bauen. Oder von diesem ausgehend ein ähnliches. Oder so.


    Und denken wir das mal weiter - dann werden alles Baupläne (im allerweitesten Sinne) Freiwild. Alle. Jedes T-Shirt, jeder Kühlschrank, jedes Auto, jedes ...


    Jetzt weiß ich es - Du bist Chinese!


  • Oha, da begibst Du Dich jetzt aber echt auf Glatteis. Der Architekt soll die Baupläne freigeben


    Naja, angenommen ein Architekt entwirft ein Einfamilienhaus im Auftrag eines Bauherren, dann wird er dafür bezahlt werden. Es wäre aber meines Erachtens wünschenswert, wenn danach der Bauplan frei zur Verfügung stünde.

  • Es wäre aber meines Erachtens wünschenswert, wenn danach der Bauplan frei zur Verfügung stünde.

    Auch, wenn DU dafür ein paar Tausender hingeblättert hast? Sorry, da gehe ich nicht mit. Ich habe nämlich meinen Architekten für mein Häusle teuer bezahlen müssen. Warum kriegen andere das für nass???? Bitte nicht missverstehen. Das ist jetzt keine Missgunst. Aber dein System ist meiner Ansicht nach nur fair, wenn der Architekt von vornherein kostenlos arbeitet. Und nun mal ganz locker die Frage: warum sollte er das tun? Warum dafür jahrelang studieren und dann stunden- tage- wochenlang arbeiten? Für das bedingungslose Grundeinkommen? Ich bitte dich!

  • Auch, wenn DU dafür ein paar Tausender hingeblättert hast? Sorry, da gehe ich nicht mit. Ich habe nämlich meinen Architekten für mein Häusle teuer bezahlen müssen. Warum kriegen andere das für nass???? Bitte nicht missverstehen. Das ist jetzt keine Missgunst. Aber dein System ist meiner Ansicht nach nur fair, wenn der Architekt von vornherein kostenlos arbeitet. Und nun mal ganz locker die Frage: warum sollte er das tun? Warum dafür jahrelang studieren und dann stunden- tage- wochenlang arbeiten? Für das bedingungslose Grundeinkommen? Ich bitte dich!


    wenn das keine Missgunst ist, was ist das dann? Was wenn jemand anderes erst die Möglichkeit bekommt ein Eigenheim zu bauen, weil er die Kosten für den Architekten spart? Außerdem muss man davon ausgehen, dass die Pläne für die anders gearteten Voraussetzungen noch überprüft werden müssen. Schlimm wäre aber, wenn eine tolle Idee anderen verwehrt bliebe, weil der Architekt ein zweites mal an seiner Idee verdienen möchte - oder sein Entwurf als Unikat versteht.

  • Was wenn jemand anderes erst die Möglichkeit bekommt ein Eigenheim zu bauen, weil er die Kosten für den Architekten spart?



    Weil wir dann froh sein können nicht in einem Erdbebengebiet zu leben... Türkische Verhältnisse (beliebig zu ersetzen durch andere Kulturkreise, in denen es Gang und Gäbe ist, auf solche Dienstleistungen aus Kostengründen zu verzichten)

  • Weil wir dann froh sein können nicht in einem Erdbebengebiet zu leben... Türkische Verhältnisse (beliebig zu ersetzen durch andere Kulturkreise, in denen es Gang und Gäbe ist, auf solche Dienstleistungen aus Kostengründen zu verzichten)


    Nur weil der Bauplan frei verfügbar ist, heißt das ja noch lange nicht, dass deshalb statische Vorschriften ausgehebelt werden. Nur weil ein Porträtfoto Gemeinfrei wird, heißt das nicht, dass die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person deshalb nicht mehr gelten.

  • Nur weil der Bauplan frei verfügbar ist, heißt das ja noch lange nicht, dass deshalb statische Vorschriften ausgehebelt werden. Nur weil ein Porträtfoto Gemeinfrei wird, heißt das nicht, dass die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person deshalb nicht mehr gelten.




    Du wirfst da jetzt aber einiges ganz ungemein durcheinander....